Die ersten beiden Kilometer liefen der spätere Sieger Nils Schallner vom PTSV Jahn Freiburg und Thorsten Banzhaf TSV Riedlingen noch zusammen. ©Bienwald Marathon
Bienwald-Marathon in Kandel – 37ste Ausgabe
In Wikipedia steht ganz nüchtern und sachlich über den Bienwald-Marathon:
„Der Bienwald-Marathon ist ein Marathon in Kandel, Rheinland-Pfalz, der seit 1976 jedes Jahr vom TSV 1886 Kandel e. V. veranstaltet wird. Er ist mittlerweile ein Klassiker unter den Marathons, der wegen seiner schnellen Streckenführung bekannt ist…“
Das zweite Wochenende im März ist deshalb für viele Laufbegeisterte zu einem festen Termin in ihrer Jahresplanung geworden. Wie kommt es, dass ausgerechnet ein Marathon abseits aller Moderouten bereits sein 37. Jubiläum feiert?
Einige Antworten, die uns erreichten:
Harald Fritz von der SWR-Laufgruppe Baden-Baden schreibt uns: „Perfekte Organisation und auch Note eins für die freundlichen Helfer/Innen vor, während und nach dem Lauf. Überaus erfreulich und motivierend, dass in jeder Altersklasse, also auch Ü70 bzw. Ü75 die drei Erstplatzierten ausgezeichnet werden.“
Und Thomas Düputell: „Ein Marathon, der die perfekte Balance findet zwischen High-Life an der Strecke und ruhigen Abschnitten, auf denen man die Einsamkeit des Langstreckenläufers spüren und meditativ laufen kann.“
Vielen Dank.
Der Erfolg hat also Gründe: So früh im Jahr gibt es nur wenige andere Marathons. Ein weiterer Punkt: Auf der 100 % asphaltierten und flachen Route kann man mindestens so schnell laufen wie bei einem Stadtmarathon mit Brücken und Unterführungen. Eher schneller. Man bleibt fast komplett draußen in der Natur. Es gibt keine Abgase zu riechen, nur diverse Läuferparfums umschmeicheln vor allem beim Start die Nase. Wer unterwegs merkt, dass er doch noch nicht fit für einen kompletten Marathon ist, der kann unterwegs auf Halbmarathon umsteigen.
Der wesentlichste Vorteil des Bienwald-Marathons ist es aber, dass sich dieser Kurs eigentlich sehr gut für persönliche Bestzeiten eignet. Kandel bietet die Gelegenheit, bereits zu Beginn der Saison ein schnelles Rennen zu laufen.
Am Start werden die fast 1800 Teilnehmer von Ministerpräsident Kurt Beck begrüßt und pünktlich um 10:00 Uhr auf die Strecke geschickt. Dank Champion-Chip Zeitmessung ist es egal, ob die letzten zwei Minuten später über die Startlinie kommen. Jeder bekommt später seine tatsächlich gelaufene Zeit auf seine Urkunde gedruckt. Im Gegensatz zu manch anderem großen Lauf gibt es hier auf der kompletten Strecke kein Gedränge. Die Straßen sind immer breit genug. Jeder Kilometer ist markiert, und alle 5 Kilometer gibt es Wasser, Iso, Tee, Bananen und Orangen, gegen Ende auch Cola. Die fünf Brems- und Zugläufer sind durch gelbe T-Shirts mit entsprechender Aufschrift und durch Luftballons gekennzeichnet.
Dass die Sieger im Bienwald dennoch etwas länger brauchen als die Gewinner der ganz großen Stadtmarathons, liegt nicht an der Strecke sondern eher daran, dass die internationalen Spitzenläufer nun mal lieber in Berlin oder anderswo Startgeld kassieren und bei guter Leistung auch noch eine Siegprämie einstecken können.
Die ca. 700 Marathon- und 1300 Halbmarthonläufer werden zusammen auf die Strecke geschickt. Sie sind nur an der Startnummer zu unterscheiden. Die Nummern bis 800 sind für den Marathon reserviert.
Rennverlauf Halbmarathon
Die ersten beiden Kilometer liefen der spätere Sieger Nils Schallner vom PTSV Jahn Freiburg und Thorsten Banzhaf TSV Riedlingen noch zusammen. Nach 3 km kann Thorsten das Tempo nicht mehr mithalten. Nils Schallner läuft die restlichen Kilometer ein einsames Rennen gegen den Wind und die Uhr. Trotzdem kann er sein angepeiltes Tempo bis zum Schluss ins Ziel durchhalten. Seine Zeit 1:09:24. Der 32jährige Nils möchte später im Jahr seine Marathonbestzeit von 2h23min verbessern. Deshalb läuft er hier in Kandel den Halbmarathon, um nach umfangreichem Wintertraining eine erste Standortbestimmung zu haben. Thorsten Banz kam in 1:10:33 knapp hinter Nils ins Ziel.
Beide sind zum ersten Mal in Kandel. Sie sagen später im Ziel, Kandel sei eine Insiderstrecke. Wer gute Zeiten laufen möchte, muss hier auf der flachen schnellen Strecke laufen. Beide sind mit dem Lauf sehr zufrieden.
Thorsten Banz Nils Schallner
Beim Rennen der Frauen lieferte sich Julia Wagner und der Kandeler Stammgast Eve Rauschenberg ein Kopf an Kopf Rennen. Eve, die letztes Jahr den Bienwald-Marathon gewonnen hatte, konnte auf dem letzten Drittel der Strecke das Tempo von Julia nicht mehr mitgehen, die in persönlicher Bestzeit von 1:21:06 souverän gewann. Eve Rauschenberger wurde in der Zeit von 1:21:44 sichere Zweite. Beide konnten ihre persönlichen Bestzeiten verbessern. Eve liebt die Kandeler Strecke besonders. Sie mag die langen Geraden und kann sich voll auf den Lauf konzentrieren. Julia liebt es etwas kurzweiliger. Ihr wären viele Besucher an der Strecke lieber als die vielen Bäume im Bienwald.
Rennverlauf Bienwald-Marathon
Nach dem Wendepunkt des Halbmarathons auf der Bildstraße laufen die Marathonis alleine weiter bis zum Wendepunkt in Schaidt. Es wird bedeutend ruhiger auf der Strecke. Nur einige Zuschauer und die „Jockgrimer Feierbatscher“ sorgen mit ihrer „Guggemusik“ für Stimmung an der Strecke. Allerdings musste man schon bis Schaidt kommen, um sie dort am Streckenrand zu hören.
Manche Läufer brauchen diese Ruhe, um sich voll aufs Laufen zu konzentrieren. Es sind die Kilometer, wo die Läufer in sich reinhören, vollständig auf ihren Körper konzentriert sind, um ja nicht zu überpacen. Der Mann mit dem Hammer soll möglichst keine Gelegenheit haben, das angeschlagene Tempo einzubremsen.
Rennverlauf Marathon
Thomas Dehaut von der LLG Landstuhl lief zunächst ein einsames Rennen vorneweg. Am Halbmarathon-Wendepunkt betrug sein Vorsprung fast eine ganze Minute vor seinen Verfolgern. Der spätere Sieger Michael Sommer vom EK Schwaikheim befand sich da noch in der dritten Verfolgergruppen. Er ergriff als alter Taktikfuchs spät die Initiative und überholte bei km 34 Thomas Dehaut, der später noch bis auf den fünften Platz zurückfiel. Michael Sommer konnte seinen Vorsprung auf Achim Zimmermann vom SV Mindelzell weiter ausbauen und erreichte in 2:36:03 eine hervorragende Siegerzeit.
Achim war im Ziel trotzdem überaus froh. Er konnte seine Bestzeit um fast 2 Minuten auf 2:37:03 verbessern. Hansjörg Dörr wurde zum Schluss in 2:37:19 Dritter im Zieleinlauf und Thomas Dehaut wurde hinter Martin Fischer am Ende in 2:42:11 guter Fünfter.
Bei den Frauen gewann Pamela Veith vom TSV Kusterdingen. Leider verfehlte sie mit der Zeit von 3:00:18 denkbar knapp die 3h Grenze. Für eine bessere Zeit fehlten ihr die langen Vorbereitungsläufe über den Winter. Dankbar war sie unserem Brems- und Zugläufer, der ein perfektes Tempo für die Zeit unter 3h vorgelegt hatte.
Pamela Veith im Ziel
Alle, die unterwegs aufgepasst hatten, konnten die berühmte Wildkatze an verschiedenen Stellen der Strecke beobachten. Anmerkung: Es handelt sich um ein besonderes Exemplar, das uns vom Büro des Naturschutzgroßprojekts Bienwald freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde.
Es wurde aber in Kandel nicht nur gelaufen. Auch für die interessierten Zuschauer und Begleitpersonen wurde gut gesorgt. Der Marathonexpress brachte Ortsunkundige oder auch Lauffaule bequem und direkt zu den interessantesten Streckenabschnitten. Auf der Marathonmesse in der Bienwaldhalle gab es viele Produkte aus der Region und jede Menge Angebote rund ums Laufen.
So eine Großveranstaltung braucht natürlich viele Unterstützer. Die meisten der etwa insgesamt 135 Helfer sind schon jahrelang bei Wind, Regen, Kälte, Schnee, kurz bei jedem Wetter, dabei. Sie betreuen die 2000 Teilnehmer auf der Strecke mit Wasser, Tee, Elektrolyt, Obst usw. und versorgen sie auch im Ziel. Was da so alles verbraucht wird ist enorm. Sind die Läufer vorbei, beginnt das Einsammeln der weggeworfenen Becher und anderem Unrat. Da kommen zwei Kleinlaster Müll zusammen, die entsorgt werden müssen.
In der Bienwaldhalle werden die Läufer und Besucher an unserem Kaffee-, Speisen- und Getränkestand versorgt. Die selbst gebackenen 135 Kuchen ergeben 1620 Stücke, die verteilt werden. Dazu werden 2600 Tassen Kaffee gekocht und ausgeschenkt. Etwa 1400 Brötchen werden aufgeschnitten und mit Wurst oder Käse belegt. Daneben gibt es 400 Schnitzel, 400 Würste und 40 Frikadellen. Zunehmend werden auch unsere Fläschknepp angenommen. Zwischenzeitlich werden 250 Portionen verkauft und zusätzlich 350 Portionen
Fleischkäse.
Ganz schön viel, was da zum Essen angeboten wird. Ist aber auch nötig. So ein Marathontag ist lang, der Kalorienverbrauch hoch.
Wir hoffen, dass alle mit unserer Laufveranstaltung zufrieden waren und freuen uns schon auf unseren nächsten Marathon, der am 10.03.2013 stattfinden wird.
Quelle: Bienwald Marathon