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30
09
2010

Mein Ziel: Der 38. Berlin-Marathon kann kommen – ich möchte wieder dabei sein!!!!!

Bernd Hübner – Nie mehr Angst vor der Herausforderung Marathon – Die Leidensgeschichte des Bernd Hübner – 36 mal Finisher des Berlin-Marathon … bis 2010

By GRR 0

Meine Leidensgeschichte beginnt mit einer sportärztlichen Untersuchung im Januar 2009, bei der festgestellt wurde, dass eine Entzündung im Blut vorhanden ist und beim EKG unter Belastung über 120 Puls, Extrasystolen auftreten. Trotzdem befand mich der Sportarzt als uneingeschränkt sporttauglich, ich sollte nur auf mein Tempo achten, den Puls im Auge behalten.

Zwei Wochen nach dieser Untersuchung bekam ich wieder einmal eine schwere Erkältung, dieses Mal eine Bronchitis, hatte Brustschmerzen, konnte kaum atmen ohne zu husten. Aha, dachte ich, da kam der Entzündungswert im Blut her, ließ mir vom Hausarzt Antibiotika verschreiben. Nach einer Woche ging es mir auch besser.

Im März fuhr ich zusammen mit meiner lieben Frau Moni zum Syltlauf: 33,333 km die Insel rauf mit wenig Training vorher, rächten sich. Bereits nach 15 km war ich fix und alle, stand aber den Lauf durch und Moni bekam im Ziel einen gehörigen Schreck über mein Aussehen. Im April stand dann ein Halbmarathon in Lichtenwald (bei Stuttgart) auf dem Plan, der an einem Samstagnachmittag stattfand. In der Nacht zum Samstag bekam ich Schluckbeschwerden und heftige Gliederschmerzen, ging aber trotzdem an den
Start, was ein großer Fehler war,wie sich schnell herausstellte: Bereits nach 14 km musste ich völlig erschöpft einsehen, dass ein Weiterlaufen verantwortungslos war. Es ging mir richtig mies. Zurück im Quartier hatte ich 38,0 Fieber. Wieder in Berlin, wollte ich die Sache nun endlich klären, häufige Erkältungen, bereits seit Anfang November, deuteten auf ein angeschlagenes Immunsystem hin.

Ich besorgte mir einen Termin bei einem Kardiologen zur Prüfung der Extrasystolen und der Brustschmerzen. Der ging auch zielstrebig ans Werk, ein MRT und ein CT vom Herzen wurden gemacht, alles ohne Befund, Herz und Herzkranzgefäße waren demnach tadellos in Ordnung. Alle Aufregung umsonst?

Dann kam der "schwarze" Mittwoch (22.04.2009), ich wollte nicht trainieren, fuhr aber trotzdem zum Olympiastadion, um wenigstens vor Ort zu sein. Ich stand dort etliche Zeit bei kühlen Temperaturen und als ich dann zum Auto gehen wollte, versagte mein Kreislauf total. Mir war übel, ich zitterte stark und war kaum in der Lage allein zu gehen. Wir holten die Feuerwehr, die mich ins Krankenhaus brachte. Der Verdacht auf Herzinfarkt bestätigte sich nicht, und ich konnte wieder nach Hause.

Am nächsten Morgen wies mich mein Kardiologe, der auch nicht mehr weiterwusste, wieder ins Klinikum Steglitz ein. Dort wurde dann ein Herzkatheter gelegt, eine im Nachhinein überflüssige und gefährliche Untersuchung, bei welcher sich nur der Befund vom CT bestätigte, nämlich alles wunderbar.

Bevor sich noch weitere Chirurgen an mir vergreifen, ging ich nun endlich zu dem mir als langjährigen Rennarzt des Berlin-Marathon bekannten Dr. med. Willi Heepe, der schockiert über den bisherigen Diagnose-Verlauf war. Er nahm Blut ab und tippte auf eine Viruserkrankung. Momentan wird mein Herz mineralisiert (Kalium und Magnesium) gegen die Rhythmusstörungen. Dann sehen wir weiter.
Es wurden gleich vier verschiedene Viren festgestellt, unter anderem das Epstein-Barr-Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber). Das zweite festgestellte Virus ist das Cytomegalie Virus, ein sog. Stressvirus (beide Erkrankungen blieben von mir unerkannt), des Weiteren Parvovirus und Herpesvirus. Es gibt keinen
Anhalt für eine akute Infektion mehr.

Dr. med. Willi Heepe vermutet, dass die Herzrhythmusstörungen im Zusammenhang mit dem Stressvirus stehen könnten. Dieses Virus vermutet er im Zusammenhang mit meiner an sich sehr gut überstandenen Prostatakrebs-OP vor vier Jahren. Ich kann da einen Zusammenhang auch nicht ausschließen, wenn ich die letzten vier Wettkampf- und Trainingsjahre rückwirkend betrachte.
Willi Heepe hat mir für ca. acht Wochen "spazieren gehen" empfohlen, Wettkämpfe sind tabu, Laufen nur sehr eingeschränkt möglich (bis 120 Puls).

Dann Anfang Juli 2009 wieder ein Termin Dr. med. Willi Heepe: Mein Herz hatte sich erholt. Das "7er-Walking-Tempo" tat mir anscheinend gut. Originalton Willi: "Du hast Glück gehabt"
Meine Läuferphilosophie: "Immer locker und … Sport soll Spaß machen", aber: Tabletten (Tromcardin + Basica) bis ans Lebensende!

Der Belastungstest Ende Januar 2010 auf dem Fahrradergometer ergab, dass sich die Werte gebessert haben, allerdings kam mein Herz bei 250 Watt ins Stolpern. Kurze Zeit nach Belastungsende schlug es dann aber wieder in Takt.
Jetzt wird noch ein 48 Stunden EKG durchgeführt und danach noch ein Laufbandtest, um genau festzustellen, in welchem Pulsbereich ich gefahrlos laufen kann. Da ich sowieso nur noch Funläufer bin, habe ich mit Tempobolzen keine Probleme mehr.

Fortan gilt für mich: In der Ruhe liegt die Kraft.

Dr. Heepes Diagnose hat mich beruhigt und gestärkt: Sieht alles gut aus, und ich habe Glück gehabt mit meiner Herzmuskelentzündung. Es ist ein langwieriger Prozess und ob es jemals wieder ganz okay wird, kann er natürlich auch nicht sagen. Hauptsache ist für mich, dass ich moderat laufen darf.

Dann kam Sonntag, der 22. August 2010: eine Woche nach dem 30-km-Lauf (ca. 31°C und schwül); es ging mir gar nicht gut. In der Umkleidekabine bin ich sozusagen kollabiert, einige von meinen Lauftreffleuten haben es miterlebt. Meine Muskulatur zitterte und meine Beine waren wie Pudding. Es war genau der Leidenszustand, den ich im April 2009 erlebt habe: wieder so eine Panikattacke.

Als mich mein Lauffreund Thorsten ins Krankenhaus fuhr, hatte sich mein Zustand wieder stabilisiert. Im Krankenhaus war alles okay – Puls, Blutdruck und EKG! Ich bekam einen Liter Infusion und wurde danach "als geheilt" entlassen.

Der 37. Berlin-Marathon am letzten Wochenende im September rückt immer näher, aber meine Ängste werden immer größer, ob ich diesmal dabei sein werde.

Anfang September wird noch ein Langzeit-EKG durchgeführt. Ich laufe langsam und alleine 30-km ohne Probleme und bin zuversichtlich den Berlin-Marathon in Angriff nehmen zu können. Abends bin ich mit meiner Frau noch in die o2-World zum Basketballspiel gegangen. Hier habe ich wieder so einen Schwindelanfall bekommen, wurde sehr unruhig, bekam Schweißausbrüche. Mir war es zu laut in der Halle, und ich konnte mich nicht mehr auf das Spiel konzentrieren. Wir haben vorzeitig die Halle verlassen. Als wir im Auto saßen und ich Wasser getrunken hatte, ging es mir wieder besser.

Zwei Wochen vor dem 37. Berlin-Marathon sollte der letzte lange Lauf über 32-km durchgeführt werden. Aufgrund meiner gesundheitlichen Probleme habe ich mir "nur" einen Halbmarathon vorgenommen. In der Nacht vom Samstag zum Sonntag konnte ich kaum schlafen, weil ich Angst hatte, ob ich den Halbmarathon mit langsam laufen überhaupt schaffe.

Am Sonntag musste ich dann leider den Lauf nach 14-km abbrechen, weil ich wieder einen Kreislaufkollaps mit Panikattacke und Zittern sowie leichter Übelkeit bekam. Meine Lauffreunde waren sehr erschrocken über meinen Zustand und riefen die Feuerwehr.
Im Krankenhaus hatte sich mein Zustand schon wieder stabilisiert, und die Ärzte konnten nichts feststellen.

Innerlich war ich jetzt vollkommen zerrissen, hatte ich doch noch einen Funken Hoffnung mit der "Jeff Galloway-Methode" (Laufen-Gehen-Laufen-Gehen) dabei zu sein, oder lieber doch auf die Ärzte hören und auf meine Gesundheit achten.
Hinzu kam, dass meine Frau auch nachts nicht mehr schlafen konnte, weil sie sich Sorgen um meinen Gesundheitszustand machte. Dies wollte ich meiner Moni nicht antun, die 36 mal beim Berlin-Marathon als Zuschauerin und Betreuerin treu dabei war und mich stets unterstützt hat.

Einige Tage vor dem Berlin-Marathon habe ich einen Testlauf über 8 km absolviert und mein Körper signalisierte mir: "Laufe nicht!" Ich sah keinen Sinn darin, mit Angst an den Start zu gehen. Das kannte ich bisher nicht!

Als ich meinen Lauffreunden im Internet-Forum mitgeteilt habe, dass ich nicht mitlaufe, kullerten mir die Tränen nur so über das Gesicht. Meine Frau Moni hat mich getröstet.
Mein Ziel, 50 Mal infolge den Berlin-Marathon zu laufen – wie es in meinem „Berlin-Marathon-Buch – Eine Liebeserklärung – Bernd Hübner mit Detlef Kuhlmann“ (Meyer & Meyer Verlag, Aachen 2006) steht – habe ich verpasst.

Als ich am Marathon-Sonntag den Start im Fernsehen verfolgte, war ich sehr traurig, fühlte mich nicht dazugehörig. Mir gingen viele Sachen durch den Kopf. Es liefen „36 Berlin-Marathon-Erinnerungen“ im Schnelldurchlauf in meinem Kopf ab.
Meine Frau und ich, wir ließen es uns, trotz des schlechten Wetters, nicht nehmen, bei km-34 die Läuferinnen und Läufer anzufeuern.

Ich liebe den Berlin-Marathon, aber noch viel mehr das Leben und meine liebe Frau Moni!
Alles, was ich jetzt brauche, ist professionelle Hilfe: ärztliche, physiotherapeutische und psychologische Hilfe – nie mehr Angst haben vor der Herausforderung Marathon!


Mein Ziel: Der 38. Berlin-Marathon kann kommen – ich möchte wieder dabei sein!!!!!

Bernd Hübner

author: GRR

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