John Kunkeler, Chef des Schlots, begrüßt die zahlreichen Gäste ©Horst-Dieter Bellack
Berliner Läufertreffen im Schlot – Dr. Willi Heepes Vortrag war der Höhepunkt des Abends – Horst Matznick und seine Sicht der Dinge
Einmal im Jahr laden Heinz Jürgen Mittmann, Horst Milde und John Kunkeler zu einem Meeting in das von John geführte „Schlot“ in der Schlegelstr./Invalidenstr. ein. Schon allein die Vorankündigung der Themenbeiträge hatte starkes Interesse ausgelöst und so war es dann auch, der eigentliche Jazzkeller „Schlot“ war voll besetzt.
• Marathonläufer John Kunkeler, Chef des Hauses, begrüßte das volle Haus, Horst Milde plauderte vorweg, weil ihm so einiges auf dem Herzen lag, natürlich laufbezogen.
• Barbara Jensch vom ASV Berlin, Leichtathletikabteilung, wurde vorgestellt, die sich im Poststadion in der Lehrter Straße um Flüchtlinge/Asylbewerber, deren Angehörige und Kinder kümmert und sportliche Aktivitäten anbietet – jetzt in der Halle. Die Leute haben nichts zu tun (weil sie nichts machen dürfen).
Dringende Bitte: Es wird Sportkleidung benötigt. Von Schuhen angefangen bis zu allen brauchbaren Utensilien, die zum Laufen oder sonstigem Sport geeignet sind ( T-Shirts, Socken, Jacken, Hosen lang und kurz, Pullis, Handschuhe, Mützen, Schals) abzugeben im Schlot bei John Kunkeler im Schlot).
• Reinhard Roecher, als Sozialpädagoge seit über 25 Jahren im Strafvollzug (sprich in Gefängnissen) tätig, berichtete von einer einzigartigen Idee und deren Durchführung 2014, die von Horst Milde in Anlehnung zu einer Darmstädter Veranstaltung (Knast-Marathon) inszeniert wurde, nämlich einem Laufwettbewerb hinter Schloss und Riegel, also hinter Gefängnismauern, mit Häftlingen als Protagonisten.
Wie bei fast allen Neuerungen stieß die Idee zunächst auf Widerstand bei der Administration, doch letztendlich gab es ein Einlenken. Die Sicherheitsvorkehrungen reichten aus, um tatsächlich den „1. Berliner Knästelauf“ über 10 km in der Berliner JVA Plötzensee in die Tat umzusetzen. Es wurde ein voller Erfolg und man denkt an weitere sportliche Aktionen.
Um über Einzelheiten zu sprechen verblieb leider keine Zeit. Interesse bestand aus der Mitte der Läufergemeinde bei weiteren Aktionen bei der Durchführung helfen zu wollen, einfach mit dem simplen Hintergrund, für Inhaftierte Resozialisationsgedanken und spätere Integration in das normale Leben anzubieten, gleichwohl ebenso das tägliche Einerlei im Gefängnisalltag zumindest für Momente zu unterbrechen, denn Wegsperren allein ist kein geeignetes Maß für eine erfolgreiche Rückkehr ins normale Leben nach verbüßter Haftzeit.
Auf jeden Fall lohnt es, die positiv bewertete Veranstaltung zu wiederholen, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Insassen der Haftanstalten deutlich zu machen, sie sind nach wie vor Mitglieder der Gesellschaft und ihr „Dasein im Knast“ findet nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Ein hochinteressanter Bericht.
• Ein weiterer Vortrag zum Thema „Laufveranstaltungen (zu Zeiten der „Vorwende“) in Ostberlin“ gestaltete Wolfgang Weising, der Chefredakteur von der Fachzeitschrift LAUFZEIT & CONDITION. Hier zeigte sich wieder einmal, dass selbst in unterschiedlichsten Gesellschaftsformen der Gedanke nach Gemeinsamkeit beim Sport nicht totzukriegen ist.
Jedenfalls hatten die Ostberliner Läufer und Läuferinnen gleiche Ambitionen wie gleichgesinnte Sportler aus dem Westteil der Stadt. Insofern war es interessant, über die vielfältig durchgeführten Langstreckenläufe (10 km bis Marathon) informiert zu werden und vor allem mit dem Umkreis um Roland Winkler, dem Urgestein der Ostberliner Laufszene, näheren Kontakt zu bekommen.
Dieser Beitrag löste beim Berichterstatter das wohlige Befinden aus, dass sich Ost und West in dieser Stadt, was das Sportliche angeht, längst einig sind: es gibt keine Unterschiede, denn alle fühlen dasselbe, in freier Entscheidung den Dingen nachzugehen, die einem am Herzen liegen.
• Mit dem letzten Halbsatz sind wir beim Schlussthema des Abends angelangt. Dr. Willi Heepe, selbst früherer Marathonläufer und zugleich ehemaliger Medical Director beim Berlin-Marathon, also neben Horst Milde und einigen anderen ein Mann der ersten Stunde bei Laufveranstaltungen in Berlin (West).
Willi Heepe sprach über die Probleme und Gefahren der Älteren beim Laufen. Das Auditorium war mucksmäuschen still, weil die Mehrheit dieser Altersgruppe angehörte und natürlich (nicht) darauf wartete, von Willi den Marsch geblasen zu bekommen.
Nein, im Ernst, sein Vortrag war der Höhepunkt des Abends. In gut einer Stunde gab es keinen einzigen Moment von Desinteresse. Der Powerpoint-Vortrag war gespickt mit Beispielen, Tabellen, Empfehlungen, ernsten Hinweisen speziell bezogen auf die demographische Entwicklung und diesbezüglich Warnung vor eigener Überschätzung oder Nichtwahrhabenwollen der natürlichen Alterung und des damit einhergehenden Körperabbaus gleichbedeutend mit dem Faktor verminderter Leistungsfähigkeit.
Da zuckte manch ein Gesicht (wahrscheinlich meines ebenso). Die Gefahren: Läufer haben ja kaum Laster (oder doch?). Gut, Nikotin, Drogen, übermäßig Alkohol scheiden wohl aus.
Aber dass Sportler gesünder sterben, steht nicht unbedingt fest. Ja, die Hypertoniker, auch diejenigen, die sich ständig überfordern, Leute, denen Stress schon beim Frühstück serviert wird oder die, die selbst niemals zugeben würden am äußersten Limit zu stehen (weil ja immer noch etwas geht oder gehen könnte) und schließlich noch die Gruppe von Leuten, die niemals mit ihrem Körper sprechen, ja, nicht einmal fragen, wie es dem wirklich geht, kurzum, das sind die Prototypen echter Gefährdung.
Und wat lernt uns dit, fragt der Berliner: Ohren abklappen, in den Spiegel gucken und schwören, von nun an allen Sünden zu entsagen. Wenn`s Herzle bummert oder unrhythmisch Kommentare gibt muss nicht gleich der chirurgische Rohrleger eingreifen und Neues einbauen.
9 von 10 OP am, um das Herz herum müssten nicht sein, wenn alle Warnsignale beachtet und die richtige Therapie darauf abgestellt werden. Über Leistung wurde auch gesprochen. Über Fettverbrennung und Kohlenhydrate sowieso. „Leute, ihr müsst Fett verbrennen, dann könnt ihr essen, was ihr wollt.“
Jeder ist letztlich sich selbst gegenüber verantwortlich, obwohl die überwiegende Mehrheit (67%) die Frage der medizinischen Indikation gemeinsam mit dem Arzt berät. Ein gutes Zeichen oder sarkastisch: Leben und leben lassen (oder wie heißt der Spruch?).
Der Vortrag hätte weiter gehen können. Keiner hätte gemurrt. Doch Fragen, Kritik, Anregungen unterblieben vom beeindruckten Publikum. Oder vielleicht unterblieb das gerade deshalb, weil Doktor Willi Heepe so manch Anwesende(r/m) mit seinen Ausführungen voll am Nerv getroffen hatte.
Selbsterkenntnis ist……usw.
Übrigens: Danke. Das war ein gelungener Abend!!!
Horst Matznick
Dr. Willi Heepe auf youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=onX2bQpza2k
Der Berliner Friedenslauf – Wolfgang Weising auf youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=q_YHmzOrN4o
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