Fast 30 Nationen hatten für die Veranstaltung gemeldet, der DLV entsandte mit Birgit Schönherr-Hölscher, Martina Groß, Marion Braun, Simone Stöppler und Barbara Mallmann fünf Frauen, die Männermannschaft bestand aus Jörg Hooß, Thomas König, Sven Kersten, Helmut Dehaut und Christian Grundner.
Bericht 100 km-World Cup und EM in Winschoten – DLV-100 km-Team holt in Winschoten drei Medaillen! – Von Volkmar Mühl
Der 100 km-World Cup mit gleichzeitig ausgetragener Europameisterschaft am 8.9.2007 erwies sich für das DLV-100 km-Nationalteam als medaillenträchtiges Ereignis: Bronze bei den Frauen im World Cup sowie Silber in der EM-Wertung und EM-Bronze bei den Männern lautet das Ergebnis einer beinahe vollständigen Medaillenausbeute! Komplettiert wurde der Mannschaftserfolg durch Platz fünf der Männer im World Cup, die sich somit auch innerhalb stärkster weltweiter Konkurrenz in den Top-Five behaupten konnten.
Die 18.500 Einwohner zählende Stadt Winschoten in der Nähe von Groningen, nur ca. 15 km von der deutsch-holländischen Grenze entfernt, ist seit 1976 jährlicher Austragungsort eines 100 km-Laufs. Die IAU lässt hier seit 1989 internationale Meisterschaften ausrichten, alleine von 2000 bis 2005 fanden in Winschoten sechs World Cup bzw. EM-Läufe statt.
Der Wettkampf findet auf einer verkehrsfreien, flachen und damit schnellen 10 km-Runde statt und aufgrund der Citylauf-Atmosphäre rund um die Strecke ist jederzeit für gute Stimmung gesorgt. Der Kurs mit einigen Pflasterpassagen ist allerdings an einigen Stellen etwas eckig, die engen Radien sind besonders bei hohem Tempo nicht ganz einfach zu laufen.
In punkto Organisation und Streckensperrungen ist der Lauf in jeder Hinsicht vorbildlich. Auch in diesem Jahr leistete die Mannschaft um Organisationsleiterin Liesbeth Jansen wieder ausgezeichnete Arbeit.
Fast 30 Nationen hatten für die Veranstaltung gemeldet, der DLV entsandte mit Birgit Schönherr-Hölscher, Martina Groß, Marion Braun, Simone Stöppler und Barbara Mallmann fünf Frauen, die Männermannschaft bestand aus Jörg Hooß, Thomas König, Sven Kersten, Helmut Dehaut und Christian Grundner.
Im Team herrschte besondere Spannung im Hinblick auf das Abschneiden der drei Nationalteamneulinge Martina Groß, Helmut Dehaut und Christian Grundner.
Start in Winschoten ist um 10.00 Uhr und es herrschten angenehme, fast kühle 10 ° Celsius, als das Rolltor im traditionsreichen Start- und Zielgebäude „de Klinker“ im Herzen der Stadt heruntergelassen wurde, um die rund 300 Teilnehmer an World Cup, EM, Senioren-WM und offenem Lauf auf die Strecke zu lassen. Zum Ende jeder Runde ist das Gebäude zu durchlaufen, womit für ein ganz besonderes Anbietente gesorgt ist. Leider zum letzten Mal, denn für das kommende Jahr ist der Abriss geplant und bedeutet für alle zukünftigen Veranstaltungen eine komplett geänderte Streckenführung in diesem Bereich.
Erwartungsgemäß kamen die stark eingeschätzten japanischen Läufer mit Shinic Watanabe, Kenji Nakanishi und Toshikazu Goda am Ende der ersten Runde als geschlossene Gruppe zurück, angeführt wurde das Rennen allerdings von Europameister José Gonzales, der mit 36:05 min. und 1:15 min. Vorsprung die schnellste Eröffnungsrunde lief.
Im DLV-Team beendeten Jörg Hooß (LTF Marpingen), Thomas König (SuL Lößnitz) und Helmut Dehaut (VT Zweibrücken) die erste Runde zeitgleich in 41:27 min., Sven Kersten (SCC Berlin) und Christian Grundner (SG Neukirchen-Hülchrath) folgten in 43:36 min.
Auch die Frauenspitze entsprach den Erwartungen, denn mit den Japanerinnen Norimi Sakurai und Hiroko Sho lagen die beiden Weltranglistenführenden mit 41:27 in Front, begleitet von Monica Carlin aus Italien.
Bei den DLV-Frauen legten Birgit Schönherr-Hölscher (PV Tria Witten) und Martina Groß (MTV Kronberg) die Eröffnungsrunde gemeinsam in 45:45 min. zurück, Marion Braun (SV Germania Eicherscheid) folgte in 48:05 min vor Simone Stöppler (SSC Hanau-Rodenbach) in 49:10 min. sowie Barbara Mallmann (LG Ahlen) in 50:57 min.
Flotte Rundenzeiten also, die bei den Männern eine Endzeit von weit unter 6:30 h signalisierten und bei den Frauen Hoffnungen auf ein Unterbieten der 7-h-Marke weckten, was bislang weltweit erst ein einziges Mal gelungen ist.
Im weiteren Wettkampfverlauf zeigte sich allerdings, dass die idealen Anfangsbedingungen viele Teilnehmer zu einem zu hohen Anfangstempo verführt hatten, was sich in nicht wenigen Fällen rächten sollte.
Bereits zur Halbzeit, die von Jörg Hooß als schnellstem Deutschen in 3:26:10 h sowie Birgit Schönherr-Hölscher und Martina Groß als den schnellsten deutschen Läuferinnen in 3:48:44 h passiert wurde, hatte sich das Feld merklich ausgedünnt. Prominentestes Opfer eines wohl zu hohen Anfangstempos wurde Europameister Gonzales, der kurz vor km 50 mit erheblichen Problemen ausstieg.
Ab km 60 wurde im DLV-Betreuerteam Priorität auf die Feststellung der aktuellen Zwischenstände in den Teamwertungen gelegt und schnell wurde klar, dass unsere Mannschaften gut im Rennen lagen. Sie sollten sich in der Folge immer weiter nach vorne arbeiten.
Jörg Hooß finishte mit 7:04:26 h als erster deutscher Läufer. Auch, wenn er damit gut fünf Minuten über seiner bisherigen persönlichen Bestleistung blieb, lief er damit das wohl dennoch stärkste 100 km-Rennen seiner langen Karriere. Nach einem nur halbwegs überstandenen Infekt mit schon früh erkennbarem Handikap gestartet, trug er bereits ab km 30 einen harten Kampf mit sich selbst aus, den er ohne eine rund 14-wöchige Vorbereitung auf höchstem Niveau angesichts der Probleme wohl kaum bestanden hätte. Was unter normalen Umständen herausgekommen wäre, lässt sich nur erahnen. Es war vor allem der Teamgeist, der den Marpinger im Rennen hielt und die Strapazen auf Platz 20 der Gesamtwertung WC (11. EM) erfolgreich überstehen ließ.
Neue persönliche Bestleistungen hingegen erzielten Sven Kersten (7:11:35 h) und Helmut Dehaut (7:12:01 h), die unmittelbar hintereinander auf den Rängen 23 (13) und 24 (14) einliefen und damit den Mannschaftserfolg komplett machten.
Sven Kersten lief insgesamt ein recht gleichmäßiges Rennen und konnte sich im vierten nacheinander absolvierten 100 km-Lauf seit April 2006 wieder um einige Minuten steigern.
Helmut Dehaut musste gegen Ende des Wettkampfs ein wenig an Tempo herausnehmen, verbesserte ungeachtet dessen seine bisherige Bestleistung, erzielt beim 100 km-Lauf in Biel des laufenden Jahres, noch um rund 14 Minuten.
Weniger Glück hingegen hatten Thomas König und Christian Grundner, die das Rennen beide vorzeitig in der drittletzten(Grundner) und letzten (König) Runde beenden mussten. Besonders bitter war der unumgängliche Ausstieg für Thomas König, der bis km 80 in einem äußerst gleichmäßig absolvierten Rennen gleichauf mit Jörg Hooß lag, nur 4 km vor dem Ziel aber Oberschenkelkrämpfe in einer Heftigkeit erlitt, die ein Weiterlaufen unmöglich machte. Im Falle von Christian Grundner war starke Unterkühlung aufgrund des kalten und böigen Windes mit Regen der Grund für die vorzeitige Aufgabe.
Bei den Frauen lieferte Birgit Schönherr-Hölscher auf Rang 7 gesamt (4. EM) wieder einmal eine äußerst starke Vorstellung ab, die in einer neuen persönlichen Bestleistung von 7:47:02 h mündete. Die amtierende Deutsche 100 km-Meisterin erwies sich, wie so oft seit ihrem ersten Einsatz im DLV-Nationalteam im Jahr 2004, wieder einmal als schnellste deutsche Ultramarathonläuferin und legte mit ihrer Leistung die wichtigste Grundlage für den in dieser Form nicht erwarteten Mannschaftserfolg der DLV-Frauen. Schade für sie, dass es für die Titelverteidigerin dennoch nicht für eine Medaille in der EM-Einzelwertung reichte.
Martina Groß stand ihr einen Platz dahinter indes kaum nach. Die Biel-Siegerin des laufenden Jahres, bislang noch nie auf einem flachen 100 km-Rundkurs unterwegs gewesen, lief bis km 70 mit ihrer Teamkollegin zusammen, als starke Wadenkrämpfe zu einer kurzen Wettkampfunterbrechung auf die Massagebank des Teamphysiotherapeuten zwangen. Anschließend konnte sie das Rennen zwar unter Schmerzen, aber ohne allzu große Behinderung fortsetzen und steigerte ihre Bestleistung aus dem Lauf in Biel mit erreichten 7:50:58 h um beinahe 40 Minuten – eine ebenfalls herausragende Leistung!
Komplettiert wurde die starke Teamleistung der DLV-Frauen von Marion Braun auf Rang 16 (9), die bis km 80 ebenfalls auf Bestzeitkurs lag. Dann allerdings machten die immer wieder auftretenden Magen-Darmprobleme längere Wettkampfunterbrechungen notwendig und führten dazu, dass sie mit 8:14:46 h knapp 1 ½ min. oberhalb ihrer bisherigen Bestleistung blieb – eine gleichfalls exzellente Leistung und doch sehr schade für sie, denn aufgrund der Unterbrechungen neben der Strecke gingen rund zehn wertvolle Wettkampfminuten verloren…
Wie bei ihren männlichen Teamkollegen lagen Freud und Leid aber auch bei den DLV-Frauen dicht beieinander, auch wenn kein Ausstieg verzeichnet werden musste.
So befand sich Barbara Mallmann lange auf Bestzeitkurs, als plötzlich einsetzende muskuläre Probleme sie ab km 70 zu einer deutlichen Temporeduzierung zwangen. Zähigkeit und Härte zeichnen die Ahlenerin allerdings in derartigen Situationen aus, und so biss sie sich durch und finishte mit 8:54:32 h auf Gesamtplatz 33 (17) immer noch deutlich unterhalb der 9-h-Marke.
Noch härter erging es Simone Stöppler bei ihrem 14. internationalen Einsatz. Es lief von Anfang an überhaupt nicht bei der dienstältesten DLV-Athletin, und so kamen schon bei km 30 Gedanken an einen Ausstieg auf. Jedoch gehört auch sie zu den Ultramarathonläuferinnen, die – sofern keine entscheidenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorliegen – solchen Verlockungen notfalls 70 km lang widerstehen kann. So war es auch diesmal, und eine Endzeit von 9:22:53 h auf Rang 42 (23) war noch der Lohn des Durchhaltevermögens.
Die Härten des Ultramarathonlaufs lernten zahlreiche weitere Teilnehmer kennen und führten insgesamt zu einer beträchtlichen Ausstiegsquote.
Gesamtsieger wurde der Japaner Shinic Watanabe mit neuer Weltjahresbestleistung von 6:23:21 h vor seinem Landsmann Kenji Nakanishi sowie Oleg Kharitonov aus Russland. Beide lieferten sich einen Zielsprint, der mit 6:30:21 zu 6:30:22 h knapper nicht hätte ausgehen können…
Bei den Frauen steigerte Norimi Sakurai die von ihr selbst erst im Sommer aufgestellte Weltjahresbestleistung um rund 16 Minuten, scheiterte mit erzielten 7:00:27 h aber knapp an der 7-h-Marke. Hinter ihr kam es zu einem ebenfalls knappem Finish: Laurence Fricotteaux auf Frankreich fing zum Schluss hin noch Hiroko Sho ab (7:26:44 zu 7:27:12 h).
Erwähnt werden soll am Ende, dass die Erfolge des DLV-100 km-Nationalteams auch diesmal wieder durch den Einsatz eines zuverlässig und engagiert arbeitenden Betreuerteams ermöglicht wurden. Jochen Kümpel, Sabine Strotkamp, Oliver Leu (Physiotherapeut), Heinrich Scholtyssek, Alois Klinkner, Frank Müller, Fritz Stöppler, Wolfgang Braun, Markus Mallmann, David Schönherr, Eddy Hans und Frank Groß taten ihr Bestes, den Athleten eine optimale Betreuung zukommen zu lassen.
Wertungen
World Cup
Einzel – Männer
1. Watanabe, 2. Nakanishi, 3. Kharitonov
Einzel – Frauen
1. Sakurai, 2. Fricotteaux, 3. Sho
Teams – Männer
1. Japan, 2. Russland, 3. USA
Teams – Frauen
1. Japan, 2. Frankreich, 3. Deutschland
EM
Einzel – Männer
1. Kharitonov, 2. Tyazhkorob, 3. Izmaylov
Einzel – Frauen
1. Fricotteaux, 2. Myshlyanova, 3. Carlin
Teams – Männer
1. Russland, 2. Frankreich, 3. Deutschland
Teams – Frauen
1. Frankreich, 2. Deutschland, 3. Italien
Vollständige Ergebnisse:
– IAU unter https://www.iau.org.tw/
– LOC Winschoten unter https://www.runwinschoten.nl/
Quelle:
Volkmar Mühl
https://www.vfum.de/index.php?id=303
Verein zur Förderung des Ultramarathonlaufs in Deutschland