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31
05
2010

Werner und Mitarbeiter stellten bei 104 Mittel- und Langstreckenläufern (73 Trainingskilometer/Wo.) des DLV, mittleres Alter 20 Jahre, eine hoch signifikant vermehrte Telomeraseaktivität im Vergleich zu gleichaltrigen Kontrollen fest.

Beeinflussung des Alterungsprozesses durch Ausdauertraining – Dr. Dieter Kleinmann

By GRR 0

"Die Erfahrung lehrt, dass diejenigen Menschen am ältesten geworden sind, welche anhaltende und starke Bewegung, und zwar in freier Luft, hatten", so schrieb bereits Ende des 18. Jahrhunderts v. Goethes Leibarzt Ch. W. Hufeland in seinem Buch "Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern“.

Das Anpassungsvermögen an die verschiedenen Belastungen im Leben lässt bei Bewegungsmangel nach, weil die Regulationsfähigkeit des vegetativen Nervensystems, der Hormonsysteme und des Stoffwechsels gestört ist. Bewegungsmangel fördert die Zellalterung, die zu einer Funktionseinbuße und schließlich zum Zelltod führt. Entscheidend ist hier die Telomerlänge. Die Telomere sitzen wie eine Kappe auf den beiden Enden der Chromosomen.

Sie stabilisieren die Chromosomen, schützen die Erbmasse, enthalten jedoch selbst keine Erbinformationen. Mit jeder Zellteilung verkürzen sich die Telomere. Wird ein kritisches Minimum erreicht, setzt der programmierte Zelltod (Apoptose) ein oder es kommt zum Wachstumsstopp bei Alterung der Zelle (Seneszenz).

Die bei der Zellteilung verloren gegangenen Telomerstücke können jedoch vom Reparaturenzym Telomerase wieder generiert werden. Die Telomerlänge nimmt dann nicht so schnell ab. Die Zellalterung ist verzögert. Die Zelle lebt länger bei normaler Funktion. Für diese Forschungsarbeiten wurde 2009 der Nobelpreis für Medizin verliehen.

Offensichtlich wirkt sich hier auch ein Ausdauertraining positiv aus. So  hatten Cherkas und Mitarbeiter von 2401 Zwillingen, Durchschnittsalter 49 Jahre, die je nach körperlicher Aktivität in 4 Gruppen unterteilt wurden, die Telomerlänge gemessen. In der Gruppe der Aktivsten waren die Telomere im Schnitt 200 Nukleotide länger als bei den gleichaltrigen Inaktiven auch unter Berücksichtigung von Begleitfaktoren wie Rauchen oder Übergewicht. Bei einem durchschnittlichen Verlust von 20 Nukleotiden pro Jahr entspricht dies einem Vorteil von 10 Lebensjahren, zumindest theoretisch!

Werner und Mitarbeiter stellten bei 104 Mittel- und Langstreckenläufern (73 Trainingskilometer/Wo.) des DLV, mittleres Alter 20 Jahre, eine hoch signifikant vermehrte Telomeraseaktivität im Vergleich zu gleichaltrigen Kontrollen fest. Selbst ältere Langstreckler (80 km/Wo., 35 Trainingsjahre), mittleres Alter 51 Jahre, hatten eine signifkant höhere Telomeraseaktivität als die junge Kontrollgruppe. Die Telomerlänge der älteren Athleten war im Vergleich zur gleichaltrigen Kontrollgruppe hoch signifikant länger, also eine weniger fortgeschrittene Zellalterung. 
 

 Eine weitere mit dem Nobelpreis gewürdigte (1998, Louis Ignarro) Entdeckung ist, dass die innerste Zellschicht der Gefäßwand, das Endothel, eine endokrine Funktion hat. Es bildet das Gas NO. Das Endothel liegt zwischen dem strömenden Blut und der glatten Gefäßmuskulatur, zu der eine Verbindung über das Gas NO (Stickstoffmonoxid) besteht. Unter dem Einfluss von NO kommt es zu einer Weitstellung des Gefäßes. Daneben hemmt es die Zusammenlagerung der Blutplättchen, dadurch erschwerte Gerinnselbildung. Weitere Wirkungen  gegen arteriosklerotische Prozesse an der Gefäßwand sind die Hemmung der Wucherung glatter Muskelzellen und die Oxidation von LDL-Cholesterin. Sauerstoffradikale  werden durch NO neutralisiert.

NO erschwert also über verschiedene Mechanismen die Einengung des Gefäßlumens: Unterdrückung der Gerinnselbildung und der Wucherung der Gefäßwandmuskulatur; Hemmung der Monozyten beim Eindringen durch das Endothel der Gefäßwand, wo sie sich in Makrophagen („Fresszellen“) umwandeln und LDL-Cholesterin aufnehmen („Schaumzellen“); die Neutralisierung der freien Radikale ist nicht nur eine Maßnahme gegen die Arteriosklerose sondern auch gegen Alterungsprozesse im Allgemeinen und gegen die Krebsentstehung.
    
    Die NO-Synthese wird vor allem durch den Blutstrom selbst (Scherkräfte) stimuliert. Innerhalb weniger Minuten wird unter körperlicher Aktivität NO aus dem Endothel freigesetzt. Dadurch nimmt die Gefäßmuskelspannung ab, der Gefäßdurchmesser und damit der Blutfluss (Durchblutung) zu. Regelmäßige Muskelarbeit führt zu einer vermehrten Bildung des für die NO-Synthese nötigen Enzyms eNOS. Normalerweise besteht ein Gleichgewicht zwischen der NO-Bildung und dem oxidativen Stress (Entstehung von Sauerstoffradikalen.

Wird im Endothel der Gefäßwand genügend Stickstoffmonoxid (NO) über das Enzym eNOS (endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase) produziert, bleibt das Gefäß weit. Herzkreislauf-Risikofaktoren (Rauchen, Bluthochdruck usw.) mit nachfolgenden atherosklerotischen Gefäßwandveränderungen stören die Balance.
    
    Bei den Alterungsprozeß fördernden Risiken wie Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck, Koronare Herzkrankheit usw. ist die NO-Produktion vermindert („endotheliale Dysfunktion“). Die Endotheldysfunktion zeigt sich an einem zunehmenden NO-Mangel mit Engstellung der Gefäße, Wucherung der glatten Gefäßmuskelzellen und Zusammenlagerung der Blutplättchen. Sie verbessert sich durch Ausdauertraining innerhalb von 4 Wochen, um nach Trainingseinstellung auch genauso schnell wieder zurückzugehen.

In einer Studie konnte gezeigt werden, dass abhängig vom muskulären Kalorienverbrauch weniger Herzkreislauf-Zwischenfälle auftreten, z. B. bei einem Kalorienverbrauch von über 1500 kcal/Woche 41 % weniger. Das Ausdauertraining hatte in dieser Studie vor allem die Entzündungsparameter und den Blutdruck günstig beeinflusst.

Dr. Dieter Kleinmann

Internist/Sportmedizin
Frisonistr. 7
70736 Fellbach
Tel.:0711 514542
Fax: 0711  1612204
E-Mail: dr.kleinmann@vr-web.de

Literatur in Kleinmann, D.: LAUFNEBENWIRKUNGEN,  vom Ermüdungsbruch zum plötzlichen Herztod. Was können Sie dagegen tun? Deutscher Ärzte-Verlag Köln.

Kleinmann, D.: Laufen und Walking im Alter. Gesundheitliche Auswirkungen und Trainingsgrundsätze aus sportmedizinischer Sicht. Springer Wien New York

author: GRR

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