Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Bedeutung der Ausdauerfähigkeit und des langen Trainingslaufs ©privat
Bedeutung der Ausdauerfähigkeit und des langen Trainingslaufs – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
„Courage ist gut, Ausdauer ist besser" (Theodor Fontane).
Die wichtigste Trainingseinheit des Marathon- und Ultraläufers ist der lange Lauf. Er sollte 50 % der Wettkampfdistanz, beim Marathon mindestens 30 km erreichen. 24-Stunden-Läufer absolvieren gern in der Vorbereitung 6- und 12-h-Wettkämpfe.
100-km-Läufern sind Einheiten bis 70 km zu empfehlen, wobei in der direkten Vorbereitung zwei lange Läufe von 50 bzw. 60 km 2 bzw. 3 Wochen vor dem Wettkampf genügen. Für Läufer mit einer Zielzeit von 12 h und länger sollten aufgrund der Zeitdauer auch 45 – 50 km ausreichen.
Mit langen Einheiten, die eine Zeitdauer von über drei Stunden überschreiten, sollten Sie haushalten, weil diese eine erhebliche orthopädische Belastung darstellen und damit auch das Verletzungsrisiko steigt (Aderhold und Weigelt 2012). Der 24-h-Läufer muss auch das „langsamere" Wettkampftempo trainieren, weil dies orthopädisch anders belastet als das sonst übliche Dauerlauftempo (Prinzip der spezifischen Belastung).
Für solch lange Trainingsläufe muss vorher die Grundlagenausdauer durch „kürzere" Einheiten von 30-40 km entwickelt werden. Die Länge steigert sich dabei über die Zeit der Vorbereitung, wobei auf eine Periodisierung durch Einschaltung von Regenerations- bzw. Anpassungswochen im Rhythmus 3:1 oder 2:1 zu achten ist. In diesen Wochen sinkt der Umfang und auch der lange Lauf fällt kürzer (z.B. 20-25 km) aus.
Sinnvoll in der Vorbereitungsphase auf einen 100 km-Lauf ist auch die Teilnahme an einem Marathon als Aufbauwettkampf, der dann allerdings nicht voll im aktuellen Marathon-Renntempo (MRT) sondern im geplanten Tempo des Ultralaufs absolviert wird. Findet der Ultrawettkampf auf einer profilierten Strecke statt (Rennsteig, Schwäbische Alb, Swiss Alpine) sollten Sie das Training auch im bergigen Terrain durchführen.
Eine Strecke mit mehreren Runden ist ideal, da Sie gleichzeitig die Getränkeaufnahme an einem vorher angelegten „Depot" trainieren können.
An den 2 Tagen vor dem langen Lauf sollte das Training aus regenerativen oder extensiven Einheiten bestehen, es kann auch eine Pause eingelegt werden. Der Tag nach dem langen Trainingslauf dient der Regeneration mit lockerem Lauf, Schwimmen, Radfahren, Sauna, Massage oder auch Pausieren.
Manche Ultraläufer schwören auf sogenannte „Doppeldecker" mit zwei langen Einheiten am Samstag und Sonntag. Der trainingsmethodische Sinn ist allerdings zweifelhaft. Ein schnelleres Training ist dann zu Beginn der Folgewoche nicht möglich. Die Folge von sehr langen Laufeinheiten kann auch psychisch belastend sein, ganz abgesehen von der orthopädischen Beanspruchung. 2 Wochen vor dem Wettkampf beginnt man mit der Reduzierung des Trainings in Umfang und Intensität (Tapering).
Wichtig ist natürlich auch die entsprechende mentale Einstellung.
Ultraläufer trainieren ihr Wettkampftempo häufiger und folgen damit dem Prinzip der spezifischen Belastung. Das Tempo, das man im Wettkampf laufen will, sollte auch im Training im Mittelpunkt stehen.
Beim Marathontraining erfolgt dies mit dem Tempodauerlauf, der in der Nähe der anaeroben Schwelle und damit im Bereich des Marathonrenntempos gelaufen wird. Dieses effektive Trainingsmittel hilft auch Ultraläufern, um die Ausdauerfähigkeit zu verbessern und Tempohärte zu entwickeln. Lauftraining nahe der anaeroben Schwelle sollten Sie nur einmal in der Woche durchführen.
Eine weitere Möglichkeit in der Marathonvorbereitung ist, zum Ende des langen Laufes eine Steigerung in die Nähe des MRT vorzunehmen (Endbeschleunigung). Auch bei einem langen Trainingslauf in der Vorbereitung auf einen Ultralauf können Sie etwas langsamer beginnen und sich dann auf das angepeilte Renntempo steigern. Diese Endbeschleunigung (EB) setzt man nicht ein, wenn der Marathon oder Ultralauf weiter als 7 Wochen entfernt ist, da diese Art des langen Dauerlaufs stark formgebend ist.
Wer meint, in seinem Marathon- oder Ultratraining ohne lange Läufe, d.h. 30 km und mehr, auskommen zu können, wird nie das Ergebnis erzielen, das wirklich in ihm steckt. Das Training sollte so effektiv wie möglich gestaltet und frei von „toten Kilometern" sein".
Deshalb unser Rat: Bauen Sie langsam auf, steigern Sie den Kilometerumfang bedächtig und verlängern Sie die langen Einheiten kontinuierlich.
Muskulatur, Sehnen, Knorpel und Knochen müssen Zeit haben, sich an die Belastungen zu gewöhnen. Anpassungen brauchen Zeit, also geben Sie diese Ihrem Körper auch. Stoffwechsel und Herz-Kreislaufsystem passen sich an. Haben Sie genug lange Läufe „in den Beinen", arbeitet insbesondere die Energiebereitstellung aus freien Fettsäuren hocheffizient.
Lange Läufe verursachen in der Regel einen Muskelkater. Sie haben aber damit keinen Schaden angerichtet, sondern einen Reiz zur Anpassung gesetzt und nach 2 bis 3 Tagen ist er wieder verschwunden. Der lange Lauf wird immer leichter fallen und der Muskelkater geht auch zurück.
Wer lange Wettkampfstrecken laufen will, braucht auch lange Trainingsläufe!
Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Literatur:
Aderhold L, Weigelt S. Laufen! … durchstarten und dabeibleiben – vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. Stuttgart: Schattauer 2012.
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