Ausgerüstet wie für einen Tagesausflug – als Diabetiker im Krankenhaus – Die Glosse von Klaus Blume

Wer kennt sie nicht, die zerfließenden Uhren des spanischen Malers Salvador Dali? Jenes Gemälde, das die zerrinnende Zeit symbolisieren soll. Ein Bild, welches mir auf den ebenso schmuck- wie endlosen Gängen des Hamburger Klinikums „St. Georg“ immer wieder erschien – ob ich wollte oder nicht.

Nirgendwo hat mich Dalis zerrinnende Zeit so sehr angefasst, wie auf diesen trostlosen Wegen ins scheinbare Nirgendwo. Halt! Es war ja gar nicht die zerrinnende; nein, es war die verlorene Zeit!

Ein Beispiel: Ausgerüstet wie für einen längeren Tagesausflug, wurde ich zu einer sechsminütigen Röntgenaufnahme gekarrt. Doch der gesamte Vorgang dauerte – alles in allem – zwei Stunden.

Deshalb wurde zuvor meine Bestückung entsprechend vorgenommen: Mit einer gut gefüllten Wasserflasche, zwei Packungen Detroenergen – schließlich bin ich Diabetiker.

Danach schlossen sie die kliniküblichen Gerätschaften zum Wasserlassen während der Fahrt an mich an. Dann senkten sie mein Kopfkissen gnadenlos ab; schließlich sollte ich flach liegend durch alle Kurven gejagt werden, während ich unter meiner Gesichtsmaske ohnehin kaum noch Luft kriegte.

Und los ging‘s. Bis ich vor irgendeinem Labor oder einem Untersuchungsraum still herum lag.

Stundenlang.

Nirgendwo öffnete sich eine Tür; niemand kam vorbei. In diesem klinischen Niemandsland.

In einer endlosen Stille, in der ich Salvador Dalis „Zerfließende Uhren“ von den ewig grauen Wänden einem Wasserfall gleich herunter rauschen hörte – und auch sah!

Sah nur ich es?

Klaus Blume
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