Ausdauertraining im Winter – wie achte ich beim Laufen auf meine Atemwege? ©Datasport
Ausdauertraining im Winter – wie achte ich beim Laufen auf meine Atemwege?
Winterzeit: Die Luft ist kalt und trocken. Und trotzdem wollen Ausdauersportler trainieren, zum Beispiel wenn es um die Vorbereitung auf den Aargau Marathon geht.
Warum Ausdauertraining bei kalten Temperaturen belastender für den Körper ist und auf was Sportler dabei achten sollen, erklärt Dr. med. Robert Bettschart, Spezialist für die Atemwege.
Beim Laufen ventiliert man sehr viel Luft. Die Luft ist im Winter sehr kalt und trocken und sollte deshalb erwärmt und befeuchtet werden, bevor sie in die Lunge gelangt. Ansonsten ist sie eine grosse Belastung für die Schleimhaut der Lunge. Bei einer normalen körperlichen Belastung haben Nase und Mundhöhle die Kapazität, die Luft zu trocknen und zu erwärmen. Bei sportlicher Belastung muss aber sehr viel Luft in und aus dem Körper gepumpt werden, sodass diese Kapazität nicht mehr reicht und die Luft kalt und trocken in die Lunge gelangt. Die kalte Luft überlastet die Lungenschleimhaut und kann diese schädigen, wenn das Training zu stark forciert wird oder man die Atemwege nicht schützt.
Eine generelle Empfehlung, bis zu welchen kalten Temperaturen ein Training sinnvoll ist, ist schwierig.
Grundsätzlich muss man unterscheiden zwischen Sportlern, die schon ein Problem mit der Lunge haben, und solchen, die keines haben. Ich denke hier vor allem an Personen mit einem bekannten Leistungsasthma. Bei diesen gehen die Schwierigkeiten schon bei Temperaturen von unter 10 °C los, wenn sie sich zu stark belasten. Bei einer vorgeschädigten Lunge ist Training in der Kälte kontraproduktiv und kann die Lunge weiter schädigen.
Skandinavische Langläufer zum Beispiel trainieren häufig bei tiefen Minustemperaturen. Viele davon entwickeln eine Art Leistungsasthma. Man geht davon aus, dass dies durch die geschädigte Lungenschleimhaut aufgrund der kalten Luft verursacht wird.
Die Atemwege schützen und nichts übertreiben
Sogenannte „Lungengesunde“ können gut unter dem Gefrierpunkt draussen trainieren, solange sie sich schützen und nichts übertreiben. Die Atemwege kann man zum Beispiel mit einem Tuch oder Ähnlichem vor Nase und Mund schützen. Durch das so entstehende Reservoir gelangt die Luft erwärmt und befeuchtet in die Lunge.
Nicht übertreiben heisst zum Beispiel, dass man nicht unbedingt dann beim Training an seine Grenzen geht, wenn es sehr kalt ist, und stets mit gesundem Menschenverstand abwägt, wie stark man sich belasten will und kann.
Natürlich sind Temperaturen unter -10 °C eine enorme Belastung für den Körper. Aber ein leidenschaftlicher Schwimmer oder Ruderer zum Beispiel wird sich kaum vom Training draussen abhalten lassen und ist solche Temperaturen auch eher gewohnt. Auch solche „Kältetrainierte“ sollen aber stets auf ihren Körper hören. Wenn also etwas in den Atemwegen reizt, darf das Training nicht forciert werden.
Folgende Tipps helfen, trainiert durch den Winter zu kommen, ohne den Körper dabei zu überlasten:
Lassen Sie Vernunft walten
Passen Sie Ihr Training an Ihre eigene Fitness, Ihren Gesundheitszustand und an die Aussentemperaturen an und lassen Sie dabei Vernunft walten. Ein trainierter, lungengesunder Sportler kann eher bei kalten Temperaturen trainieren als ein untrainierter oder gesundheitlich angeschlagener. Generell gilt: Je kälter die Luft, desto weniger sollten Sie mit der Belastung ans Limit gehen.
Richtige Kleidung
Legen Sie wert auf gute Kleidung. Wählen Sie diese so, dass Sie nicht nass werden und nicht frieren: Atmungsaktive Materialien direkt auf der Haut sorgen dafür, dass Sie nicht vom eigenen Schweiss nass werden. Die Schichten drüber verhindern, dass Sie frieren. Je nach Wetter sollte die oberste Schicht eine wind- und wasserabweisende Jacke sein. Ebenso machen bei Minustemperaturen je nach persönlicher Empfindlichkeit Mütze und Handschuhe Sinn. Vor allem die Ohren sind sehr sensibel auf Kälte.
Schützen Sie Ihre Atemwege
Ein Tuch, Schal oder eine Maske vor Mund und Nase erwärmt und befeuchtet die Luft, bevor diese in die Lunge kommt. Dies reduziert die Belastung für die Lungenschleimhäute.
Richtige Atemtechnik, soweit möglich
Beim Einatmen durch die Nase wird die Luft besser gewärmt, befeuchtet und gefiltert, als wenn Sie durch den Mund atmen. In der Theorie klingt dies gut, in der Praxis fällt es den meisten Läufern aber eher schwer, bei hoher Belastung ausreichend Luft durch die Nase einzuatmen. Nichtsdestotrotz: Bevorzugen Sie bei kalten Temperaturen, wenn immer möglich, die Atmung durch die Nase, zum Beispiel beim Aufwärmen oder lockeren Dauerläufen. Beim Ausatmen spielt es keine Rolle, ob dies durch die Nase oder den Mund passiert. Die Luft ist dann bereits erwärmt.
Trinken Sie genug
Die Winterluft ist trocken. Trinken Sie deshalb genug vor, nach und je nach Trainingslänge auch während des Trainings. Ihr Getränk sollte weder eiskalt noch heiss sein.
Wärmen Sie sich auf
Bei kalten Temperaturen ist Aufwärmen noch wichtiger als sonst. Gehen Sie nicht völlig kalt mit Vollgas an den Start, sondern geben Sie Ihrem „Motor“ etwas Zeit anzulaufen.
Stretchen Sie drinnen
Machen Sie Ihre Stretchingübungen nach dem Lauftraining nicht ausgepowert an der Kälte, sondern gehen Sie dafür ins Warme.
Überlasten Sie keinen kranken Körper
Egal, ob Sie ein chronisches Lungenleiden oder eine momentane Erkältung plagt: Überlasten Sie Ihren Körper nicht, und schon gar nicht draussen bei kalten Temperaturen, denn damit können Sie sich massiv schaden, insbesondere Ihrer Lunge.
Wenn Sie zum Beispiel trotz leichter Erkältung unbedingt trainieren wollen, machen Sie dies mit Vernunft: Weichen Sie auf ein Indoor-Training aus, zum Beispiel mit einem leichten Kraft- oder Stabilisationstraining. Gehen Sie auch dabei nicht ans Limit, sondern schonen Sie sich. Erkältungskrankheiten belasten nämlich nicht nur die Lunge und deren Schleimhäute, sondern auch die Muskeln, inkl. Herzmuskel. Bei einer starken Erkältung oder Fieber ist gar kein Sport, sondern Ruhe angesagt.
Achten Sie auf Warnsignale Ihres Körpers!
Hören Sie auf Ihren Körper. Fällt Ihnen das Atmen beim Laufen schwer, reduzieren Sie die Trainingsintensität. Brennen in der Brust, Hustenreiz beim Training, hochkommender Schleim oder blutiger Auswurf, sind eindeutige Zeichen, dass Sie Ihr Wintertraining übertrieben haben und Ihre Atemwege eine Pause brauchen. Lassen die Beschwerden nicht nach, gehen Sie zum Arzt.
Denken Sie an alternatives Indoor-Training
Ist es draussen sehr kalt, können Sie Ihr Training auch öfters einmal nach drinnen, zum Beispiel aufs Laufband, verlegen. Ebenso wichtig für Läufer wie das Ausdauertraining sind zudem Kräftigungsübungen für Füsse, Beine und Rumpf. Diese lassen sich sehr gut drinnen ausführen.
Bauen Sie langsam auf
Egal, ob Sie erst neu mit Ausdauertraining beginnen und oder eine lange Trainingspause, zum Beispiel nach einer Verletzung, hinter sich haben: Geben Sie sich Zeit und bauen Sie Ihre Kondition langsam auf.
Beachten Sie die Wetterlage
Im Gegensatz zum Sommer, wenn die ideale Trainingszeit eher von der Tageszeit abhängt (frühmorgens, wenn es nicht zu heiss und die Luftbelastung tiefer ist), sollten Sie im Winter auf die Wetterlage achten. Bei Nebel verhindern die unterschiedlichen Luftschichten, dass die Luftverschmutzung nach oben wegsteigen kann, so dass diese unten gestaut bleibt. Trainieren Sie deshalb lieber bei klarem Wetter draussen, weil die Luft dann weniger Schmutz und Feinstaub enthält.
Und last but not least: Geniessen Sie es!
Geniessen Sie das Training! Sie haben ja einen Grund, warum Sie nicht auf dem Laufband, sondern draussen trainieren: Geben Sie nicht nur Gas, sondern geniessen Sie dabei auch die Landschaft!
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein schönes und gesundes Training in der freien Natur!
Quelle: Datasport