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27
08
2015

Auch junge Mittelstreckler brauchen höhere Geschwindigkeiten ©Athletics Australia

Auch junge Mittelstreckler brauchen höhere Geschwindigkeiten – Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching Academy

By GRR 0

© Lothar Pöhlitz  – In der „Ausbildungspyramide“ machen die bei der Ausbildung von Läufern komplex zu lösenden wichtigsten Trainingsaufgaben deutlich, dass mehr Trainingszeit gebraucht wird wenn alle Aufgaben gelöst werden sollen als viele bereit sind einzusetzen.

Vor allem für einen breiten Unterbau (Kondition, allgemeine Kraft, Grundlagenausdauer, Aufbau der allgemeinen und speziellen Belastbarkeit, Technikausbildung, Beweglichkeit und Schnelligkeit) wird zu Beginn der jeweiligen Makrozyklen bekanntlich viel Zeit benötigt. Für junge Mittelstreckler kommt aber vor allem der Ausprägung der anaeroben und anaerob-alaktaziden Fähigkeiten und der dafür erforderlichen Systeme eine besondere Bedeutung zu wenn sie zu den U18 oder U20 –EM / WM wollen oder einen optimalen Übergang zum Anschlusstraining anstreben. Zu oft sind das Niveau der speziellen Ausdauer und der Leistungsabstand an dieser Schwelle nach oben zu groß und die großen Ziele gehen schon im Juniorenalter verloren.

In der Mittelstrecke die Doppelperiodisierung favorisieren

In der Praxis des Jugend – Aufbautrainings unterstützt eine Doppelperiodisierung die Erfahrung, dass die wichtigen schnellkontrahierenden FT- II – Muskelfasern möglichst ganzjährig, wenn auch schwerpunktmäßig in unterschiedlichen Anteilen, gleichermaßen gefordert und ausgebildet werden müssen. Ausbilden bedeutet dabei sich auf die speziellen Anforderungen eines 800 m oder 1500 m – Wettkampfes längerfristig vorbereiten. Werden die schnellkontrahierenden Muskeln über mehrere Wochen / Monate nicht beansprucht verlernen sie was sie zu tun haben und ihre Fähigkeiten zu schneller Arbeit.

Durch 2 Makrozyklen mit einer zweigipfligen Ausprägung in je einer Wettkampfserie wird das weitgehend verhindert. Gleichzeitig kommt eine Doppelperiodisierung der Mentalität Jugendlicher entgegen, die meist Schwierigkeiten mit einem „langweiligen, monatelangen langfristigen Aufbau“ ohne die schnellen Rennen in einer Einfachperiodisierung haben. Gelingt dann nach einem 5 monatigen VP I – Training auch noch eine persönliche Bestleistung in der Halle ist die Motivation für das wichtige Training in der VP II gesichert.

Um Reserven auf dem Weg junger Athleten in Vorbereitung auf das Anschlusstraining zu erschließen muss zuerst mehr Aufmerksamkeit der Trainingszeitorganisation gelten. Dies ist Voraussetzung zur Verbesserung der komplexen inhaltlichen Ausbildung. Solche Möglichkeiten ergeben sich mehr im Rahmen einer Doppelperiodisierung. Dabei sollten die Leerkilometer zugunsten wichtiger Trainingseinheiten reduziert werden, das sind die vielen zu wenig wirksamen Kilometer zu weit weg von der individuellen aeroben Kapazität.

Auch die ganzjährig reizwirksamen Belastungen auf den anaeroben Stoffwechsel und zur Entwicklung der Unterdistanzleistungsfähigkeit dürfen nicht übersehen werden. Niemand kann sich vorstellen dass Langsprinter (400 m) über Monate auf Schnelligkeits- oder Schnelligkeitsausdauertraining – also auf Training im 200 m – bzw. 400 m – Tempo verzichten!

Doppelperiodisierung ist, wenn alles zweimal trainiert wird.

Die 800 m und 1500 m müssen das Ziel sein, nicht die aerobe Schwelle

Durch eine Doppelperiodisierung kann das Tempo der Leistungsentwicklung erhöht werden, durch eine Doppelperiodisierung gewinnen Lauf-Talente Zeit um vor allem die speziellen Anteile des Trainings für das Wettkampfziel im 1. MAZ (Makrozyklus) auf einer schon breiteren Basis mit zu trainieren. Deshalb beginnt das neue Trainingsjahr am besten spätestens in der 38. Woche (Mitte September) nach einer Übergangsperiode von 3 Wochen mit einer wettkampffreien Zeit und einem Ende des Wettkampfjahres Mitte August falls keine internationalen Aufgaben zu erledigen sind!

Damit wären ein 3-wöchiger Urlaub (auch mit den Eltern) und die notwendige Regeneration gesichert. Bereits nach einer 14-tägigen trainingsfreien Zeit ist bekanntlich der Verlust an z.B. aerober Leistungsfähigkeit deutlich, nach etwa 3 Wochen gehen alle erarbeiteten Fähigkeiten z. T. beträchtlich zurück.

Gleichzeitig bringt eine Verlängerung der VP I auf 19 Wochen gegenüber der VP II auf 15 Wochen zusätzlich wichtige Trainingszeit für den Ausbau der Basisfähigkeiten. Im Gesamtjahr beträgt damit das Verhältnis der Trainings- bzw. Ausbildungswochen zu Wettkampfwochen 34:13 und für den Winterwettkampfabschnitt könnten 4 – 5 Wochen wichtige Wochen für die „Wettkampflehre“ gewonnen werden. In dieser Zeit sollte in „auch wichtigen Wettkämpfen“ das geübte abgefragt und überprüft werden. Und beim Höhepunkt, den Deutschen Jugendmeisterschaften, müsste der Fleiß der letzten Monate durch eine schon neue persönliche Bestleistung belohnt werden. Vorher sind zusätzlich Aufbauwettkämpfe als Teil des Trainings Ausbildungshilfen. Auch für die schnellen Disziplinen 3000 / 5000 m wäre eine Doppelperiodisierung mit Hallensaison und für Langstreckler mit Cross- / Straßenwettkämpfen als wettkampfnahes Training ausbildungsunterstützend.

Bei vielseitiger Wettkampfgestaltung beim Höhepunkt auf die Stärken setzen

Im Sommer könnten 2 Wettkampfabschnitte (5 + 3-4 Wochen) durch 2-3 Zwischentrainingswochen (evtl. auch Urlaub mit aktiver Erholung / Training / Sommertrainingslager wie in anderen Ländern üblich) verbunden werden. Am Ende der WP I könnten die Deutschen Jugendmeisterschaften liegen, in der WP II auch internationale Höhepunkte. Auch für Jugendliche sind Meisterschaften Höhepunkte, bei denen immer auf die individuellen Stärken gesetzt werden sollte und die nie, wie man es so hin und wider hört – aus dem Training heraus bestritten werden. Nach den individuellen Stärken sollte entschieden werden ob die Rekord- oder Siegtaktik den größeren Erfolg bringt. Dabei wird auch im Jugendalter nichts dem Zufall überlassen. Wer seine beste Leistung auf seiner Strecke abruft bereitet sich am besten auf die Zukunft vor.

Wichtig ist noch, dass auch in der Ausbildung junger Talente der Mai besser als wichtiger „Trainingsmonat“ (auch mit Aufbauwettkämpfen / Unter- bzw. Überdistanz) genutzt wird und schwerpunktmäßig auch schon mal der Leistungsausprägung dient. Denkt man an die langen und oft  intensiven Wintermonate bis ins späte Frühjahr, wird eine solche trainingsmethodische Konsequenz noch dringlicher! Für das notwendige spezielle Training (Intensitätssteigerung) mit entsprechenden Erholungsphasen und verstärkten Regenerationsmaßnahmen muss ausreichend Zeit zur Verfügung stehen. Schnellschüsse unter Zeitdruck führen nicht zu stabilen Leistungsfortschritten.

In der folgenden Abbildung werden unter MEZ auch zu planende Mesozyklen im Sinne von Belastungs- und Erholungswochen (4:1 – 3:1 – 2:1) bei systematisch ansteigender Intensität im Jahresverlauf vorgeschlagen.

Für ein neues aerobes Niveau braucht man 12 Wochen

In einer Doppelperiodisierung ist es für Mittelstreckler besser möglich die Proportionen zwischen dem aeroben Basisaufbau, einer systematischen Ausprägung der speziellen Ausdauer, der Schnelligkeit, der Schnelligkeitsausdauer und der Schnellkraft zu sichern. In der folgenden Abbildung werden am Beispiel eines Jahrestrainingsaufbaus für Mittelstreckler schematisch die möglichen prozentualen Anteile im aeroben, anaeroben und anaerob – laktatziden Training dargestellt. Dabei soll deutlich werden, dass ganzjährig alle Systeme in die Ausbildung einbezogen werden sollen und von Oktober bis August sich die Proportionen in den Schwerpunkten von aerob-betont zu anaerob-betont bei einem systematischen Geschwindigkeitsaufbau verschieben müssen.

Abb.: Die Abbildung verdeutlicht wie junge Mittelstreckler sowohl im Jahresverlauf, als auch über mehrere Jahre ihre komplexe Leistungsfähigkeit aufbauen können. Wenn z.B. nach 2 Jahren eine gute aerobe Basis aufgebaut wurde, kann der Anteil zugunsten eines erhöhten anaeroben Anteils reduziert werden.

Wichtig ist, dass von Beginn des Jahresaufbaus an alle 3 Intensitätsbereiche Bestandteil des Trainings sind und im Jahresverlauf gegenläufig von unten nach oben entwickelt werden.

Bilder: Schneider, Ayadi, Ayadi

Lothar Pöhlitz

Leichtathletik Coaching-Academy

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