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18
02
2007

Im Vordergrund der Anorexia nervosa (Magersucht) steht der starke Gewichtsverlust, der durch eine verminderte Nahrungsaufnahme, Erbrechen, Gebrauch von Abführmitteln, Diuretika, Appetitzügler oder auch eine vermehrte körperliche Aktivität hervorgerufen wird

Anorexia und Bulimia nervosa – Ess-Störungen und Sport – Dr. Dr. Lutz Aderhold über die Anorexia athletica

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In unserer heutigen Gesellschaft steht Schlankheit für Erfolg und Attraktivität. So finden wir zwar auf der einen Seite durch falsche Ernährung und Bewegungsmangel mehr Übergewichtige, auf der anderen Seite aber Ess-Störungen als Folge des Schlankheitsideals.

Bei den Betroffenen handelt es sich in erster Linie um Jugendliche und junge Erwachsene, die auf der Suche nach der eigenen Identität und Stellung in der Gesellschaft Probleme auf den Körper projizieren.
Kennzeichen ist eine starke Beschäftigung mit Nahrungsaufnahme und Gewicht. Das Streben nach einem körperlichen Idealbild nimmt einen herausragenden Stellenwert ein. Um das Essverhalten entstehen meist ausgeprägte familiäre Konflikte, die mit einem hohen Leidensdruck der Familie verbunden sein können.

In 90 Prozent sind Frauen betroffen und Sport spielt eine wichtige Rolle. Die Kombination mit Menstruationsstörungen und Osteoporose bezeichnet man auch als die „Triade der sporttreibenden Frau“. Die Anorexia athletica stellt eine Sonderform dar, die bisher nicht als eigenständige Erkrankung berücksichtigt wird.

Im Vordergrund der Anorexia nervosa (Magersucht) steht der starke Gewichtsverlust, der durch eine verminderte Nahrungsaufnahme, Erbrechen, Gebrauch von Abführmitteln, Diuretika, Appetitzügler oder auch eine vermehrte körperliche Aktivität hervorgerufen wird. Trotz hochgradigen Untergewichts besteht die Idee, zu dick zu sein. Oft ist ein wählerisches und ritualisiertes Essverhalten zu beobachten. Hormonelle Störungen äußern sich in einer Pubertätsverzögerung, Ausbleiben der Regelblutung und bei Männern in Libido und Potenzverlust.

Es liegt eine zunehmende körperliche Auszehrung mit kardiovaskulären Störungen, Osteoporose, Anämie, Schwächung des Immunsystems, Ödeme, Hautveränderungen, Elektrolyt- und Hormonstörungen sowie begleitenden psychischen Problemen wie Depressionen, Ängsten und Zwängen vor.

Bei der Bulimia nervosa (Ess-Brechsucht) folgen Heißhungerattacken Maßnahmen, die einer Gewichtszunahme entgegenwirken. Sie kann im Zusammenhang mit einer Magersucht, normalem Körpergewicht und Übergewicht auftreten. Durch regelmäßiges Erbrechen und abführende Maßnahmen kommt es zu Mangelerscheinungen, Wechsel von Durchfall und Verstopfung, Elektrolytstörungen, Krämpfen, Zahnschmelzerosionen, Heiserkeit, Speiseröhrenentzündung, Herzrhythmusstörungen , Stoffwechsel- und Hormonveränderungen.

Die Anorexia athletica ist primär keine psychiatrische Erkrankung. Die Gewichtsreduktion geschieht zu Beginn kontrolliert, um die sportliche Leistung zu verbessern. Bei Missachtung eines gesunden Verhältnisses von Körpergewicht und sportlicher Leistung kann es aber in der Folge zur Leistungsminderung, Verletzungen und gesundheitlichen Problemen kommen. Häufig besteht ein zwanghafter Drang zu körperlicher Betätigung und die Verwendung abführender Maßnahmen. Ein fließender Übergang in eine definierte Ess-Störung ist möglich. Männliche Sportler zeigen eine geringere Gefährdung als Sportlerinnen.

Ess-Störungen und die Anorexia athletica kommen vor allem bei den Sportarten Turnen, Eiskunstlauf, Sportgymnastik, Ringen, Boxen, Rudern, Pferderennsport, Gewichtheben, Laufen, Biathlon, Radrennen, Triathlon, Skispringen (u.a.) vor. Studien konnten zeigen, dass Ess-Störungen unter Sportlern und Sportlerinnen häufiger auftreten als innerhalb der nicht sporttreibenden Bevölkerung. Allerdings gibt es auch Untersuchungen, die keinen erhöhten Zusammenhang von Sport und Ess-Störung nachwiesen.

Die Ursachen für die Entstehung einer Ess-Störung sind multifaktoriell. Als begünstigende Faktoren gelten: weibliches Geschlecht, veränderte Appetitregulation (serotoninerge und dopaminerge Neurotransmittersystem), genetische Veranlagung, Leistungsdruck, soziokulturelle Faktoren (Schlankheitsideal), gestörtes Selbstwertgefühl, Introvertiertheit, Perfektionismus, gestörte Körperwahrnehmung, Konflikt- und Stressbewältigung.

Bei der Anorexia nervosa und der Bulimia nervosa handelt e sich um ernste und teilweise auch lebensbedrohliche Erkrankungen, die therapeutische Hilfe erforderlich machen. Oft steht einer Therapie aber trotz ernster körperlicher Symptome eine fehlende Krankheitseinsicht der Betroffenen entgegen.

Da bei hinzukommender Depression Suizidgefahr besteht, ist meist zu Beginn insbesondere bei extremem Untergewicht eine stationäre Behandlung erforderlich. Die Therapie muss auf den Einzelfall abgestellt werden und umfasst körperliche Rehabilitation und Ernährungstherapie, psychotherapeutische Behandlung, Einbeziehung der Familie u.a..

Eine gezielte Prävention von Ess-Störungen ist sehr schwierig. Aufklärung und der offene Umgang mit dem Thema können das Problembewusstsein stärken und langfristig dazu beitragen, das Auftreten von Ess-Störungen zu reduzieren.

Dr. Dr. Lutz Aderhold 02/2007
Verein zur Förderung des Ultramarathonlaufs in Deutschland
Ultramarathonlauf in Deutschland

Weitere Beiträge der Sportmedizin bei German Road Races (GRR):

Neue Einblicke in die Herzen älterer Marathonläufer –
Priv.-Doz. Dr. Stefan Möhlenkamp stellte kürzlich
auf amerikanischen Fachtagungen seine aktuellen Daten vor
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Marathonstudie 2007 mit umfangreichen medizinischen
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über 50 Jahre, die Ihren allerersten Marathon laufen und in
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https://www.germanroadraces.de/24-0-newsartikel1261.html

„Schlecht trainiert zum Marathon – das tut dem Herzen nicht gut“ –
Marathon-Arzt Dr. Willi Heepe nimmt Stellung
https://www.germanroadraces.de/24-0-newsartikel1253.html

Training im Winter – Tipps von Dr. Willi Heepe dem
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https://www.germanroadraces.de/24-0-newsartikel1170.html

Veränderungen von Fettstoffwechselparametern durch Sport –
Dr. Thomas Bobbert über ein Projekt der Sportmedizin der
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https://www.germanroadraces.de/24-0-newsartikel1021.html

Bluthochdruck und Ausdauersport – Dr. Willi Heepe, der langjährige
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fasst zusammen welche Aspekte bei diesem Thema eine Rolle
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https://www.germanroadraces.de/24-0-newsartikel1021.html

Macht Marathonlauf resistent gegen Stress? – Dr. Thomas Bobbert
über eine Studie beim real,- BERLIN- MARATHON durch die Charité –
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https://www.germanroadraces.de/24-0-newsartikel1139.html

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