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02
07
2010

Ambitionierte German Road Races-Runner könnten noch schneller* – Für alle, die die Talk-Show beim Novo Nordisk Gutenberg Mainz-Marathons 2010 verpasst haben – Von Lothar Pöhlitz

By GRR 0

Die kleine, von German Road Races (GRR), Wilfried Raatz und Horst Milde organisierte Talk-Show im Rahmen der Läufermesse beim Novo Nordisk Gutenberg Mainz-Marathons  am 8.5.2010 ist offensichtlich gut angekommen und die vielen Interessenten aus dem Kreis der ambitionierten Straßenläufer – ich sage einmal mit einer Marathon – Leistungsfähigkeit unter 3 Stunden – die in den letzten Wochen danach weitere Fragen hatten, sollen mit diesem Beitrag in Ergänzung zu meinem Mainz-Statement ein paar Tipps bekommen, wie sie noch besser, dies heißt natürlich auch noch schneller werden könnten.  

Heute geht es also nicht um die „Unvorbereiteten“, die im Germanroadraces.de – Beitrag: „Laufen, aber härter“ am 4.5.2010 „ihr Fett abgekriegt haben“, also nicht um diejenigen „die sich verdienen wollen einmal in ihrer Kreiszeitung zu stehen oder einfach nur Spaß an ihrer oft schlecht vorbereiteten Quälerei haben wollen und sich nicht bewusst sind welche gesundheitlichen Schäden bei Übertreibungen sie nicht nur im fortgeschrittenen Alter davontragen können.

Sie sollten sich zu ihrem eigenen Schutz die Frage stellen, ob es für ihre Gesundheit nicht besser wäre, wenn sie 3 x wöchentlich oder auch mehr, auf ihrem Niveau eine Stunde – wenn sie wollen auch anspruchsvoll „schnell“ – durch den Wald laufen“, hatte ich empfohlen. Diese Empfehlung gilt natürlich weiter.

Senioren und auch die ambitionierten „Freizeitläufer“ müssen erst einmal wissen, dass sowohl individuelle Grenzen den Abfall der Laufleistungsfähigkeit beeinflussen, dass bei Vielen erst ab dem 45. – 50. Lebensjahr auf Grund hormoneller Umstellungen (biologisch gegebener Testosteronabfall beim Mann), auf Grund individuell unterschiedlicher Belastbarkeit, der  Lebenssituation, möglicher Gewichtszunahmen, verlängerter Regenerationszeiten, der beruflichen Belastung, aber auch vom Lauftalent her die absolute Leistungsfähigkeit trotz Training zunehmend abnimmt.

Die konditionellen Fähigkeiten Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, aber auch die Beweglichkeit und Koordination können nicht gespeichert werden.
Auch im fortgeschrittenen Alter sind sie nur dann abrufbar, wenn sie auf dem gewünschten Stand durch Training erhalten wurden.

Schrittgestaltung und Laufökonomie sind Schwerpunkte

Gesundheit vorausgesetzt sind aber Sportler auch jenseits des 50. Lebensjahres noch fast genauso trainierbar wie Jüngere! Unter Berücksichtigung des oben Gesagten, ist die Leistungsabnahme vor allem erst einmal das Ergebnis verminderter Belastungen, nicht erhaltener Beweglichkeits- und Koordinationsfähigkeiten, Umstellungen der Trainingsinhalte gegenüber „früher“, reduzierter Anteile schnelligkeitsorientierter Läufe, nachlassender Kraftfähigkeiten, reduzierter oder ganz weggelassener „Zubringerarbeit“.

Auch mit einem höheren Umfang im aeroben Dauerlauf-Bereich ist die fehlende Geschwindigkeit im Verhältnis zur „Leistungszielgeschwindigkeit“ nicht  kompensierbar. Die Wettkampfziele (-wünsche) sind dann nicht mehr realisierbar, wenn das Training nicht realistischen Zielen entspricht bzw. auch entsprechen kann.             

Denken Sie einmal darüber nach ob ihr Training nicht zu einseitig auf die Kilometer ausgerichtet ist? Prüfen Sie ob die notwendigen Anteile für die Unterdistanzleistung, den Überdistanzbereich, die Beweglichkeit und Koordination, ihre motorischen Fähigkeiten – „Schnelligkeit“ – oder auch die abnehmende spezielle Kraft enthalten sind? Oder sind sie langsamer geworden, weil sich ihre Bodenkontaktzeiten verlängert haben? Solche Versäumnisse oder schleichende Veränderungen wirken sich mehr auf eine Schrittlängenverkürzung und die Laufökonomie aus als ihnen lieb sein kann.

Von den konditionellen Fähigkeiten ist die Ausdauer im Alter am besten trainierbar, aber auch hier gilt, dass die mögliche Leistungsfähigkeit vom Trainingsaufwand, von der Quantität und Qualität der Trainingsbelastung  wesentlich beeinflusst wird. Aber Kilometer sind nicht alles. Kraft, Kraftausdauer und Schnelligkeitsausdauer sind in dieser Reihenfolge mit zunehmenden Alter immer weniger gut trainierbar. Dies darf aber nicht dazu    führen, dies aus dem Training zu verbannen.

Und auch mit zunehmenden Alter bleibt die Erfahrung gültig: Sieger trainieren härter als die anderen!

Aus Beobachtungen bei Straßenläufen kann man die Empfehlung ableiten dass sie vor allem zusätzlich etwas für ihre Beweglichkeit, Geschmeidigkeit und die Kraftfähigkeiten tun sollten. Da gibt es die größten Defizite. Mit zunehmendem Alter wird die Lauftechnik unökonomischer, die Muskulatur „steifer“. Die Schritte werden kürzer, der hintere Abdruck geringer, die Entspannungsphasen (Anfersen der Unterschenkel) vernachlässigt, die Armarbeit „eckiger“, die Stützzeiten verlängern sich.

Die Leichtigkeit des Bewegungsflusses gegenüber früher muß zurückgewonnen werden wenn sie wieder schneller laufen wollen. Muskuläre Dysbalancen (Störungen im Muskelzusammenspiel, Muskelverkürzungen, Muskelspannungserhöhungen, Tonusstörungen) haben ihre Ursachen in abgeschwächter laufbeeinflussender Muskulatur, in ungenügender Vor- und Nachbereitung des Trainings, falscher Belastungsgestaltung und muskulärer Überforderung im Verhältnis zur individuell aktuellen Leistungsfähigkeit, in einer fehlenden „Weichheit/Geschmeidigkeit der Bewegungen“. Deshalb sollten durch ein mehr gemischt-komplexes Training Einwirkungen auf alle an der Leistung beteiligten Systeme wieder gesichert werden.

Verändern Sie etwas an ihrem Bewegungsablauf der die Laufökonomie behindert wenn er nicht mehr in Übereinstimmung mit einer optimalen Lauftechnik ist.

Prägen Sie sich vor allem „ihre“ nachfolgenden Lehrsätze ein, bevor sie zum Training rausgehen, wie……

•    Nur was trainiert wird ist im Wettkampf abrufbar
•    Kraft, Lauftechnik und Beweglichkeit / Geschmeidigkeit sind meine Reserven
•    Von der Fuß-, Fußgelenks- und Beinkraft, der Stärke des „Zentrums“ und des Bereichs Oberkörper / Arme wird meine Leistungsfähigkeit auf der Strecke bestimmt
•    Schnelleres Laufen setzt schnellere Bewegungen voraus

Marathonläufer legen mit Fettstoffwechseltraining die Basis – Überdistanzen waren früher einmal selbstverständlich

Die Teilnehmer am Talk in Mainz können sich sicher erinnern, wie Herbert Steffny mit strahlenden Gesicht meine Forderung nach mehr langen Läufen (2 Stunden und mehr) zur Fettstoffwechselentwicklung im Wintertraining mit dem Einwurf bestätigte: „Genau, Überdistanztraining, früher war das normal, ganz wichtig!“ Dem ist wohl nichts hinzuzufügen, nur sie müssen es tun.                                                                                             

Vor allem in ihrem ersten Teil der Vorbereitungsperiode, in den ersten 3 Monaten nach Beginn des neuen Trainingsjahres, könnte man die „langen Kilometer sammeln“ und öfter einmal mehrere Stunden durchs Gelände laufen. Dabei können sie beim langsamlaufen (~ 120 -130 Schl./min. Puls) auch noch die Natur genießen. In Ihrem Wald gibt es etwas weiter entfernt sicher noch Stellen wo Sie noch nicht waren. Wenn Sie dann schon ein bisschen fit sind, helfen ein paar schnelle Intervalle in die langen Läufe eingebaut oder ansteigende letzte 20 Minuten schneller voran.

Das ist auch die Zeit, in der sie ihrem Body, ihrem Chassis eine neue Stabilität verschaffen können und die aerobe Basisarbeit mit Kraft- und Beweglichkeitstraining verbinden sollten.

4 Beispiel–Trainingseinheiten für die German Road Races-Runner

Aus meinen langjährigen Erfahrungen empfehle ich: machen sie vielleicht einmal etwas anders, ergänzen Sie ihr Training durch andere Inhalte, beispielsweise durch die folgenden 4 Lauf-Trainingseinheiten. Sie sollten sie unabhängig von den Wochentagen – so wie es ihre Zeit zulässt – nacheinander „abarbeiten“.

Von ihrer Zeit und dem Befinden abhängig schieben sie immer 1 – 2 ruhige Dauerlauf – TE über 45 – 60 Minuten bzw. das oben genannte vielseitige „Kraft – Athletik – Training“ zwischen die folgenden 4 vorgeschlagenen Trainingseinheiten. Es ist auch kein Problem diese mit ihren eigenen Erfahrungen zu kombinieren bzw. einzelne TE zu ersetzen, einmal ein Intervalltraining dazwischen zu schieben, vorausgesetzt sie haben die Inhalte erfasst und ersetzen die richtige TE.

Mit einem solchen Training können sie erfolgreich als Road Races-Runner auf verschiedenen Streckenlängen bestehen, vorausgesetzt die jeweiligen Mittelteile sind für sie anspruchsvoll „hart“ und Sie achten auf eine möglichst gute Lauftechnik (es wäre sinnvoll individuelle Erfahrungen mit Pulskontrollen in den intensiveren Mittelteilen zu sammeln). Dabei wäre es zusätzlich von Vorteil, wenn Sie künftig in den Trainingseinheiten kombiniert immer mehrere Aufgaben lösen.

Mit einer solchen Vorbereitung können sie dann auch fitter in ihre Marathon – UWV (letzte 8-12 Wochen vor dem Marathon) gehen.

    1.TE    20´ DL ansteigend – 20´ DL schnell* – 20´ DL ruhig nach etwa 15 – 20 Minuten Bewegungs- Pause:

        10 – 12 Rasendiagonalen als Steigerungsläufe mit kurzen Pausen oder
        10 – 12 x 60 – 80 m „flach“ mit Trabpausen oder
        10 –  12 x 80 m Technik-Bergabläufe an einem leicht abfallenden Berg

    2.TE    20´ DL ansteigend – 40´ DL mittel* – 20´ DL ruhig anschließend 1-2 weitere Aufgaben (s.o.) lösen

    3.TE    30´ DL ruhig – 60´ DL mittel* (auch als Geländeläufe) – 30´ DL ruhig

   In die mittleren 60 Minuten 1 – 3 Technik – Kilometer einfügen, in dem Sie Ihre Technikoptimierung in der   Schrittgestaltung üben

    4.TE    60 – 80´ Fahrtspiel mit 10 – 15 x 30“ schnell / Tp: 30“ oder 10 – 12 x 1´ / 1
´
   anschließend Lockerungsgymnastik und Entmüdungsbad mit Bürstenmassage
                
* in einem 6 Wochen – Mesozyklus muss die Geschwindigkeit der Mittelteile systematisch entwickelt werden, d.h. ansteigen                    

© Lothar Pöhlitz

•  mehr dazu finden Sie in einem Beitrag von Lothar Pöhlitz: „Leistungsreserven im Seniorensport“ in der Juli -Ausgabe von SPIRIDON (7/2010)

author: GRR

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