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08
01
2007

Längst ist bekannt, dass nicht nur die traditionelle "Heiße Zitrone", sondern auch ihre botanischen Verwandten bei drohenden Erkältungskrankheit eine wohltuende Wirkung entfalten.

Sauer macht lustig – Zitrusfrüchte – Ruf und Wahrheit – Anja Carlsohn in LAUFZEIT – Nach aktuellen Studien soll bereits eine rote Pampelmuse am Tag genügen, um bei Personen mit erhöhtem Cholesterolspiegel das „schlechte“ LDL-Cholesterol deutlich abzusenken

By GRR 0

Anja Carlsohn ist Diplom-Ernährungswissenschaftlerin und z.Zt. Doktorantin an der Universität Potsdam.
Sie war längere Zeit im DLV-Marathonkader, wegen Verletzungen verschrieb sie sich aber dem Berglauf und ist jetzt die aktuelle Deutsche Berglaufmeisterin 2006.

"Eier und Butter schaden den Cholesterolwerten, Kaffee entwässert und steigert den Blutdruck, Alkohol ist generell schädlich, Schokolade ungesund. Viel Obst, Milchprodukte und Ballaststoffe aus Müsli hingegen ein Muss für den gesundheitsbewussten Sportler."
Mythos oder Wahrheit? Laufzeit klärt auf.

Zitrusfrüchte wie Mandarinen, Orangen oder Clementinen sind die klassischen Früchte der Weihnachtszeit. Längst ist bekannt, dass nicht nur die traditionelle "Heiße Zitrone", sondern auch ihre botanischen Verwandten bei drohenden Erkältungskrankheit eine wohltuende Wirkung entfalten.

Dem widersprechen Anhänger der traditionellen Ernährung (Ernährung nach den 5-Elementen). Die Ganzheitliche Betrachtung wird in den chinesischen traditionsbasierten Wissenschaftszweigen nicht nur auf den menschlichen Körper, sondern auch auf die Lebensmittel bezogen. Eine Bewertung der Nahrungsmittel anhand einzelner chemischer Komponenten – wie beispielsweise dem Vitamin C – ist hier fremd.

In China ordnet man die Nahrungsmittel den fünf Elementen Feuer, Erde, Wasser, Metall und Holz zu und stuft sie zudem als "kühlend" oder "erwärmend" ein. Zitrusfrüchte, die in mediterranen oder tropischen Ländern angebaut werden, gelten als kühlend und sollten daher bei Erkältungen strikt vermieden werden.

Auch wenn uns Europäern dieser Denkansatz befremdlich scheinen mag, ist nicht von der Hand zu weisen, dass Orangensaft auch für uns erfrischend (also kühlend) wirkt. Der Europäer betrachtet lieber die einzelnen Inhaltsstoffe – oftmals ohne die Wechselwirkungen verschiedener Nährstoffe zu berücksichtigen – und bewertet die Lebensmittel auf diese Weise. Aber selbst unter diesem Gesichtspunkt halten die Zitrusfrüchte ihrem Image als Allheilmittel gegen Erkältungskrankheiten nicht stand.
So weisen frische Zitrusfrüchte je 100 g zwischen 30 und 55 mg Vitamin C auf, der Tagesbedarf liegt bei 100 mg. Andere Früchte halten hier durchaus mit oder bieten sogar erheblich mehr. Die Acerolakirsche enthält pro 100 g sagenhafte 1.700 mg Vitamin C, die Hagebutte 1.075 mg, der Granatapfel 245 mg, schwarze Johannisbeeren 175 mg.
Auch Gemüse wie Paprika (rot oder grün: 140 mg), Meerrettich (117 mg), Brokkoli (115 mg), Grünkohl (105 mg), Fenchel (95 mg) oder Blumenkohl (75 mg) enthalten noch mehr Vitamin C als die Zitrusfrüchte. Zumal bei Zitrusfrüchten die höchste Vitamin-C-Konzentration in der Schale und im Albedo (dem weißen, netzartigen Gewebe zwischen Schale und verzehrfähigem Fruchtanteil) zu finden ist und zum Inneren der Frucht hin abnimmt. Der hohe Vitamin-C-Gehalt ist also vorwiegend in jenen Fruchtanteilen zu finden, die eher nicht zum Verzehr geeignet sind (es sei denn, es handelt sich um unbehandelte Biofrüchte).

Pampelmusen können viel

Die dennoch unbestrittenen positiven Eigenschaften der Zitrusfrüchte sind also nicht nur dem mittelmäßigen Vitamin-C-Gehalt zuzuschreiben, sondern sind sehr breit gefächert. Zum einen enthalten Zitrusfrüchte sehr viel Wasser (85-90%) und sind daher auch gute Durstlöscher. Aufgrund des hohen Wasseranteils sind Zitrusfrüchte auch sehr energiearm. Während Apfel oder Birne ca. 55 kcal je 100 g liefern, liegt der Energiegehalt von Orange (41 kcal/100 g) oder Grapefruit (39 kcal/100 g) deutlich darunter.
Die Grapefruit wird häufig nicht nur aufgrund des niedrigen Energie- und Fettgehalts (0,2 g/100 g) im Rahmen einer Gewichtsreduktion empfohlen. Das Zusammenspiel aus dem sättigenden Quellstoff Pektin, dem Vitamin C- und Fruchtsäuregehalt sowie den Verdauung fördernden Bitterstoffen macht die Grapefruit zum idealen Begleiter für all jene, die nach den Weihnachtsfeiertagen wieder ihr Renngewicht erreichen möchten…
Darüber hinaus hat die Pampelmuse einen niedrigen Glykämischen Index, d. h. sie beeinflusst den Blutzucker- und Insulinspiegel nur gering. Aber die Grapefruit kann nach neuesten Forschungsergebnissen noch mehr:
Nach aktuellen Studien soll bereits eine rote Pampelmuse am Tag genügen, um bei Personen mit erhöhtem Cholesterolspiegel das "schlechte" LDL-Cholesterol deutlich abzusenken. Welche Inhaltsstoffe dafür verantwortlich sind, ist noch unklar, vermutlich spielen aber antioxidative Pflanzeninhaltsstoffe (z. B. die Flavanoide) eine Rolle. Dem Liebhaber von Weihachtsgans mit Soße kann dies egal sein:
Wer anstelle des Desserts zur frischen Grapefruit greift, tut nicht nur seinem Gewissen, sondern mit Sicherheit auch dem Körper Gutes. Auch der beachtliche Ballaststoffgehalt von Orangen wirkt sich positiv nicht nur auf das Sättigungsgefühl, sondern auch auf die Verdauung und den Cholesterolspiegel aus. Ballaststoffe binden einen Teil des Nahrungscholesterols im Darm, welches somit ausgeschieden und nicht wieder in den Körperkreislauf rückabsorbiert wird.
Mit ca. 5 g Ballaststoffen leistet eine einzige Orange pro Tag bereits einen nennenswerten Beitrag zur Deckung der Zufuhrempfehlung von 30 g Ballaststoffen täglich.

Vorsicht böse Schale!

Forscher haben in Zitrusfrüchten auch Substanzen gefunden, die krebshemmend wirken. Insbesondere die Mandarinen enthalten zwei offensichtlich sehr wirksame Schutzstoffe gegen Brustkrebs:
Tangeretin und Nobiletin, die wirksamer als die krebshemmenden Isoflavone der Sojabohne sein sollen. Allerdings finden sich auch diese Substanzen vorwiegend in den Schalen der Früchte.
Gewarnt sei jedoch vor dem Verzehr von mit Konservierungsmitteln behandelter Schale. In Deutschland sind die krebserregenden Stoffe Biphenyl (E230), Orthophenylphenol (E231), Na-Orthophenylphenol (E232) und Thibendazol (E233) ausdrücklich nur zur oberflächlichen Behandlung der Schale zugelassen. Im Supermarkt wird der Verbraucher daher explizit darauf hingewiesen, dass die Schalen der so behandelten Früchte nicht zum Verzehr geeignet sind.

Sauer macht lustig – aber hier ist Schluss mit lustig!

Es ist empfehlenswert darauf zu achten, dass beispielsweise Kinder nach dem Schälen von Orange, Clementine und Co. nicht die Finger ablecken, sondern sich gründlich die Hände waschen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob im Restaurant Biofrüchte verwendet werden, empfehle ich, das Mineralwasser (oder die Cola) ausdrücklich ohne die obligatorische Zitronenscheibe zu bestellen.

Für all jene, die auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen sind, sei darauf hingewiesen, dass Inhaltstoffe der Grapefruit die Wirkung zahlreicher Arzneimittel beeinflussen können. Die Substanz Naringenin wirkt sich auf bestimmte Enzyme der Leber aus, die für den Stoffwechsel und Abbau von Fremdstoffen (Medikamenten) verantwortlich sind.
Die Wirkung von etlichen Herz-Kreislauf-Medikamenten, Blutdruck senkenden Arzneien, Asthmamitteln oder Antidepressiva werden durch Grapefruit relevant erhöht. Die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva ("Antibabypille") hingegen wird verringert. In zahlreichen Ländern muss zwar im Beipackzettel auf die Wechselwirkung mit Grapefruit(saft) hingewiesen werden, in Deutschland ist dies jedoch nicht immer der Fall. Dies betrifft nur die Grapefruit, alle anderen Zitrusfrüchte können bedenkenlos genossen werden.

Und da Zitrusfrüchte wie eingangs erwähnt kalorienarm, aber reich an gesunden Inhaltstoffen sind, können Sie hier ohne schlechtes Gewissen zulangen. Ihrem Renngewicht wird dies nicht schaden – im Gegenteil: Wer öfter mal ein Stück Stolle, einen Lebkuchen oder Dominostein gegen Clementine, Orange oder Pampelmuse austauscht, wird schon zum nächsten Lauf in Bestform auftreten können!
Ein gesundes, sportlich erfolgreiches Jahr 2007 wünscht Ihnen Anja Carlsohn. Fotos: PixelQuelle.de (2)

Rezept:
Feldsalat mit Entenbrust und Früchten
(für 2 Personen als Mahlzeit, 4 Personen als Beilage)

Zutaten: 150 g Feldsalat, 2 EL Zitronensaft, 4 EL natives Olivenöl, 250 g Entenbrustfilet, 1 Orange,
1 Grapefruit, Salz, Pfeffer, ein wenig Butterschmalz

Zubereitung:
Zitronensaft und Olivenöl zu einer Marinade rühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Entenbrust abbrausen, trockentupfen und mit 1 EL Marinade bestreichen. Orange und Grapefruit schälen, weiße Haut entfernen, dabei den Saft auffangen. Früchte filetieren und in Stücke schneiden. Salat waschen und schleudern. Butterschmalz in einer Pfanne erhitzen und die Entenbrust auf jeder Seite ca. 7-8 Min. knusprig braten, in Alufolie wickeln und kurz ruhen lassen. Blattsalat auf eine Platte geben. Marinade mit dem aufgefangenen Zitrussaft vermischen. Blattsalat damit beträufeln.
Fruchtstücke und in Streifen geschnittene Entenbrust darauf anrichten.

Vitamin C-Gehalt verschiedener Obstsorten
Obstsorte mg/je 100g

Ananas 19
Apfel 12
Banane 12
Birne 5
Erdbeere 65
Grapefruit (Pampelmuse) 44
Hagebutte (frisch) 1.075
Heidelbeere 30
Johannesbeere rot 35
Johannesbeere schwarz 175
Kirsche 12
Kiwi (je nach Sorte, Ernte und Lagerng) 20 bis 300
Mandarine 30
Mango 40
Orange 50
Pfirsich 10
Preiselbeeren 12
Sanddorn 450
Schwarzer Holunder 18
Weinbeere 4
Zitrone 55

LAUFZEIT 12/06
www.laufzeit.de

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