Nach ausführlichen Lauftests stellte sich heraus, dass es kaum einen Unterschied gab, wie die Forscher im Fachblatt „British Journal of Sports Medicine“ berichten
Billiger und besser laufen – Dr. Hartmut WEWETZER im Tagesspiegel fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin. Heute: Bei Joggingschuhen ist der Preis unwichtig
Was für ein Laufschuhtyp sind Sie? Mögen Sie technisch aufgemotztes Schuhwerk, oder ist ihnen das völlig egal? Sollen die Joggingschuhe bequem sein, modisch oder am besten billig? Nun, britische Wissenschaftler haben die Probe aufs Exempel gemacht. In einer sorgfältigen Studie prüften sie Sportschuhe von preiswert bis kostspielig.
Ergebnis: Egal, welche Marke, teurer ist nicht gleich besser – im Gegenteil!
Bei 43 Läufern testeten Wissenschaftler um Rami Abboud von der Universität Dundee neun Modelle von drei Markenherstellern, die Preisspanne lag zwischen 60 Euro und fast 110 Euro. Die Läufer mussten bewerten, wie bequem die Schuhe waren, und den Preis taxieren.
Außerdem wurde mit feinen Messfühlern auf der Sohle ermittelt, wie viel Druck beim Laufen durch die Schuhe auf Ferse, Vorfuß und großen Zeh weitergegeben wurde. Üblicherweise federn Sportschuhe etwa ein Drittel der Belastungsspitzen und Druckwellen ab, die beim Laufen entstehen. Auf diese Weise sollen Laufschäden wie Knieschmerzen und Gelenkarthrose verringert werden.
Nach ausführlichen Lauftests stellte sich heraus, dass es kaum einen Unterschied gab, wie die Forscher im Fachblatt „British Journal of Sports Medicine“ berichten. Weder bei der Bequemlichkeit noch bei der Dämpfung. Die funktionierte bei Schuhen der billigen und mittleren Preiskategorie sogar etwas besser. Versteht sich von selbst, dass die Läufer ziemlich danebenlagen, als sie den Preis schätzten.
„Es ist wirklich aufregend“, berichtet Abboud über seine Arbeit. „Wir beschäftigen uns mehr und mehr mit der Frage, warum wir viel für manche Schuhe ausgeben. Im Augenblick sehen wir als einzigen Grund, dass das Außenmaterial vielleicht besser ist. Innen ist nichts am teuren Schuh besser.“ Abboud will die getesteten Marken noch nicht preisgeben. Aber er hat bereits zwei weitere Untersuchungen abgeschlossen, in denen sämtliche größeren Marken geprüft wurden. Wenn sie veröffentlicht sind, will er Ross und Reiter nennen. Wir sind gespannt.
Wer sich Laufschuhe kaufen will, sollte also auf die Bequemlichkeit, nicht auf den Preis achten. Die aufgedruckte Schuhgröße täuscht öfter, die Schlappen müssen stets anprobiert werden. Sie müssen von Anfang an passen, die Idee vom „Einlaufen“ führt in die Irre. Und sie dürfen beim Laufen – Joggen Sie ruhig eine Runde durchs Geschäft – nicht drücken. Erfahrene Verkäufer können Ihnen helfen, die richtige Wahl zu treffen. Die Schuhe sollten sich nur dort biegen lassen, wo sie sich auch beim Laufen umbiegen, nämlich im Bereich der Zehen. Auch beim Längsverdrehen – so wie beim Auswringen eines nassen Handtuchs – sollten die Sohlen kaum nachgeben.
„Hauptsache, die Schuhe sehen cool aus“, sagt dagegen mein törichter Kollege. „Ich habe mir richtig teure schwarze Joggingschuhe gekauft. Nike.“ Nichts gegen Nike. Dumm nur, dass der Kollege erst abends, wenn es dunkel ist, zum Laufen kommt.
Denn nachts sind alle Schuhe schwarz.
Dr. Hartmut Wewetzer leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegels.
Der Tagesspiegel
Sonntag, dem 14. Oktober 2007