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28
11
2007

Wie überwindet man den inneren Schweinehund, rafft sich vom Sofa auf?

Wer die Schritte zählt – Dr. Hartmut WEWETZER fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin. Heute: Trägheit lässt sich einfach überwinden

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Seit wir Menschen nicht mehr in der Steppe hausen und die Hatz auf wilde Tiere dem Griff in die Kühltruhe gewichen ist, haben wir ein Problem: Trägheit. Der sitzende Lebensstil ist ein Erbe aus grauer Vorzeit. Er liegt uns sozusagen im Blut. Die Steinzeitjäger bewegten sich nicht zum Spaß, sondern nur, wenn sie unbedingt mussten. Alles andere war Energieverschwendung. In der Steinzeit. Heute haben wir den Salat.
Die Menschheit wird dicker und dicker. Unser Körper denkt noch immer, es ist Steinzeit.

Wie überwindet man den inneren Schweinehund, rafft sich vom Sofa auf? Diese Frage stellte sich auch Dena Bravata, Allgemeinärztin an der Universität Stanford in Kalifornien. Ihr ging es darum, ihre lahmen Patienten zum Laufen zu animieren. Bei ihrer Suche stieß sie auf Schrittzähler, auch Pedometer genannt. Das sind handliche Geräte, die man zum Beispiel im Sportgeschäft oder Elektromarkt bekommt. Man befestigt sie an der Hüfte. Dann messen sie, wie viele Schritte man tut. Vorausgesetzt, man kommt mit der nicht immer ganz einfachen Technik klar.

Die Medizinerin durchforstete mit einem Forscherteam die wissenschaftlichen Studien zu Schrittzählern- und kam zu einem erstaunlichen Ergebnis. Wie sie im Fachblatt „Jama“ berichtet, bringen Pedometer die Leute tatsächlich zum Laufen. Wer einen Schrittzähler benutzt, läuft im Schnitt zwischen 2200 und 2500 Schritte am Tag mehr. Das ist immerhin ein knapper Kilometer, auf dem gut 100 Kalorien extra verbrannt werden. Die körperliche Aktivität steigt um ein Viertel an. Gesundheitlich zahlte sich die Investition ebenfalls aus. Bei den Schrittezählern sank das üblicherweise deutlich erhöhte Körpergewicht leicht. Auch der obere (systolische) Blutdruckwert ging um knapp vier Punkte zurück.
Klingt nicht viel, ist aber von nachweislichem Nutzen für die Blutgefäße und senkt das Schlaganfallrisiko.

Einen echten Nutzer hatte der Pedometer aber nur, wenn sich die Betroffenen ein Ziel setzten. Zum Beispiel 10 000 Schritte am Tag zu tun, wie es amerikanische Fitnessorganisationen empfehlen. Dabei zählt jeder Gang. Ja, auch der zur Kühltruhe. In Deutschland hat das Gesundheitsministerium die Kampagne „3000 Schritte extra“ ins Leben gerufen. Wer sich dagegen nichts vornimmt, profitiert nicht recht vom Schrittezählen. Wichtig ist nicht unbedingt, dass man das Ziel erreicht. Der Ansporn zählt.

Ob der Effekt lange anhält, weiß man noch nicht. Die von Dena Bravata ausgewerteten Untersuchungen erstreckten sich lediglich über 18 Wochen. Trotzdem empfiehlt die Ärztin ihren Patienten den Gebrauch eines Pedometers. Am besten hilft der Schrittzähler Menschen, die bisher nicht oder nur wenig körperlich aktiv waren. „Wer sich bereits öfter bewegt, braucht ihn nicht unbedingt“, sagt die Sportwissenschaftlerin Karen Croteau von der University of Southern Maine.
Aber wer neugierig ist, kann’s natürlich trotzdem ausprobieren. Pedometer kosten nur noch ein paar Euro.

Dr. Hartmut WEWETZER leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegels.
Der Tagesspiegel,
Sonntag, dem 25. November 2007

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