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13
03
2008

Das Spiel um das Cholesterin bleibt heute noch in vieler Hinsicht mit Fragezeichen versehen. Keiner Fragezeichen bedarf es, dass eine cholesterin-reduzierte Kost mit ausreichender Bewegung und Vermeidung von Risikofaktoren ohne Zweifel der richtige Weg sind einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall aus dem Wege zu gehen. E

Cholesterin und kein Ende – Was kann der Sporttreibende für seinen Cholesterinhaushalt tun? Dr. Willi Heepe

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Dr. Willi Heepe, der Berliner Marathon Arzt, ist in Läuferkreisen Legende. Nicht nur durch seine wortgewaltigen Ansprachen, Reden und Interviews zum Thema Laufsport (besonders auch seine "Last-Minute-Predigten" kurz vor dem Start des BERLIN-MARATHON), sondern durch sein jahrzehntelanges Engagement für die Lauferei und für den BERLIN-MARATHON im Besonderen. Er hat wie kein Anderer zu der großartigen Entwicklung des BERLIN-MARATHON, des HALBMARATHON, des Frauenlaufes, der Staffeln und der vielen anderen Laufangebote in Berlin beigetragen, als auch insbesondere die Informationen (das Berliner Läuferforum gehört dazu), die Aufklärung, das Training, die Prävention und die Heranführung von Anfängern zum Laufsport intensiv betrieben – und das immer ehrenamtlich – neben seiner aufreibenden Praxistätigkeit.

Seit 1981 war er in Berlin verantwortlich beim MARATHON mit dabei und hat die medizinische Betreuung der Berliner Läufe zu dem gemacht, was sie heute auszeichnet: Als Medical-Director hat er die erfolgreiche und lückenlose Zusammenarbeit und Koordination mit der Berliner Feuerwehr, den Rettungsdiensten, der Polizei, den Berliner Krankenhäusern und den vielen Ärzte-Kollegen, die er zum Mitmachen überzeugte, initiiert. Er hat nicht nur selbst unzählige Marathonläufe weltweit aktiv bestritten, sondern beim BERLIN-MARATHON war er im Einsatz zusätzlich mit dem Fahrrad, dem Motorrad oder mit dem Babyjogger – mit schlafendem Kind – und Sanitätsmaterial, um direkt dem Läufer vor Ort helfen zu können. Willi Heepe ist als medizinischer Berater bei RUNNERS WORLD und LAUFZEIT im Einsatz. Er wird als sportmedizinische Allzweckwaffe im Radio, im Fernsehen benötigt und ist auch bei Lauf Seminaren tätig.

Bei German Road Races ist Dr. Willi Heepe im Kompetenz-Team Sportmedizin ein wichtiger Berater, siehe die vielen medizinischen Beiträge im Archiv von GRR.

Selten ist ein Thema so in aller Munde, wie die leidige Diskussion um das Cholesterin. Selbst 90-jährige Patienten sind heute in der Praxis eifrig dabei nach ihrem Cholesterinwert zu fragen und sind jederzeit bereit auf die Butter zu verzichten, um für ihre Lebenslänge einen optimalen Beitrag zu leisten.

Andererseits erscheinen unverändert Bücher die alle Cholesterinhypothesen als Lüge entlarven wollen und den freien Verzehr von Cholesterin nahe legen, da Cholesterin ein unverzichtbarer Energiebaustein sein. Licht in diesen Dschungel zu bringen ist in der Gegenwart nicht ganz leicht. Ein Versuch lohnt sich.

Bekannt ist die Tatsache, dass es Länder gibt, in denen ein hoher Cholesterin-spiegel korreliert mit einer niedrigen Herzanfall- und Schlaganfallrate und bekannt ist, dass es Länder gibt mit niedrigem Cholesterinspiegel und hohen Infarkt- und Schlaganfallraten. Dieser Widerspruch stand lange im Raum. Dennoch ist in allen großen weltweit angelegten Studien zum Thema Cholesterin der Zusammenhang zwischen hohen Cholesterinspiegel, Herzinfarkt und Schlaganfall gesichert. Hochkarätig gesichert ist die Tatsache das ein Schutz des menschlichen Blutgefäßsystems durch eine optimale Cholesterinsenkung Folgeherzinfarkte und Folgeschlaganfälle bis zu 40 % senken kann und das das primäre Auftreten eines solchen Ereignisses durch eine rechtzeitige Senkung des Cholesterinspiegels verhindert werden kann. An diesen Tatsachen kommt niemand vorbei.

Licht in die Widersprüche zu bringen ist nicht ganz einfach. Ein Versuch sollte unternommen werden. Den Baustoff Cholesterin zu analysieren, seine Wertigkeit im Energiesystem des Menschen zu erörtern wäre ein gesondertes Thema und sollte hier zunächst ausgeblendet werden. Fest steht, das die Arteriosklerose oder die Veränderung der Blutgefäße des Menschen ein äußerst komplexer Prozess sind dessen Mechanismus bis heute nicht im Detail geklärt ist, in dem wir das Bausteinmuster aber allmählich verstehen werden. Tatsache ist, das die Arterien des Menschen möglichst lange elastisch bleiben sollten, d. h. sich den Anforderungen, die das Organ im Einzelnen zur Blutversorgung stellt, anpassen kann, d. h. unsere Arterien müssen sich ständig in ihrem Durchmesser und in ihrer Blutflussmenge anpassen. So z. B. nach einer Mahlzeit müssen die Arterien zum Eingeweidetrakt sich öffnen und eine größere Blutmenge durchfließen lassen.

Ebenso muss bei intensiven Denkprozessen die Durchblutung im Gehirn aktiviert werden und beim geliebten Laufsport müssen die Arterien zu den beteiligten Muskelgruppen angepasst werden und eine höhere Durchflussrate akzeptieren, insbesondere auch das Herzen und am Gehirn beginnt das Problem, da die Arterien zum Herzen und zum Gehirn bei einer entsprechenden Veränderung und Einengung ihres Durchmessers Probleme aufweisen können, die wir am Herzen mit beginnender Symptomatik als Angina pectoris bezeichnen und die wir am Gehirn sehr spät feststellen, und wenn wir etwas feststellen mit einem Schlaganfall beantworten.

Wie stellen wir uns heute die Veränderungen, die wir Arteriosklerose nennen vor?

Zunächst muss beim Beginn der Arteriosklerose die Innenhaut der Arterien verändert werden im Sinne einer Änderung, im Sinne eines Aufbruches. Dieses ist nach heutiger Vorstellung im wesentlichen an Entzündungsprozesse gekoppelt die im Detail nicht geklärt sind. Diese können durch virale Infekte, durch bakterielle Infekte ausgelöst werden, können aber auch in der Erbstruktur des Individuums liegen und können ggfs. sogar typisch für bestimmte Rassen von Menschen sein und erblich weiter gegeben werden.

Ist einmal die Innenhaut der Arterien verletzt, dann können Cholesterinkristalle, sofern sie im Überangebot vorhanden sind, Fettsäure, Fettkristalle, Fetttröpfchen sowie Mineralsalze sich in diese Wunde einlagern. Es beginnt die Grundlage der Arteriosklerose die der Körper auszugleichen versucht in dem eine neue Innenhaut über diese Veränderung wächst und den Defekt wieder verschließen will. Ist der Defekt einmal verschlossen können an den Rauhigkeiten Blutplättchen anheften und den Teufelskreis der sich wiederholenden Entzündung einleiten und damit ein Wachstum, auch streckenbegrenzt, in den Arterien auslösen.

Bekannt ist, dass z. B. die Herzkranzgefäße häufig nur kurzstreckig verkalken und nicht in ihrer gesamten Länge sich verändern. Ist einmal die Arterie verändert, was nicht nur durch infektiöse Entzündungen geschehen kann sondern auch durch übermäßige Stressreize, durch Tabakrauchen, durch Alkoholmissbrauch, Drogen etc. und nicht zu vergessen durch eine extreme Bestressung des Gefäßsystems, dann spielt die Einlagerung von Cholesterin eine ganz bedeutende Rolle und die ist in der Gegenwart nicht mehr strittig.

Der Cholesterinanteil im Körper teilt sich heute im wesentlichen den drei Gruppierungen ein, in das Gesamtcholesterin, in das HDL-Cholesterin, in das LDL-Cholesterin nebst weiteren Fraktionen und zusätzlich der Triglyceride. Das HDL-Cholesterin ist ein hochverdichteter Cholesterinmolekularverbund der eine reinigende Fraktion hat und damit einen hohen Schutz vor einer Arteriosklerose darstellt oder mit anderen Worten, wir wünschen uns alle ein hohes HDL, während das LDL der nieder verdichtete Cholesterinverbund, das Arbeitscholesterin darstellt und muskulär möglichst verbrannt werden sollte aber gleichzeitig auch das Risikocholesterin darstellt was die Arteriosklerose und ihre Einlagerung begründet und begünstigt .

Das Gesamtcholesterin spielt unter diesem Aspekt eine mindere Rolle und nicht mehr die entscheidende Rolle, die ihm am Anfang zugebilligt wurde, sodass wir die Konstellation derzeit so sehen: „Niedriges HDL und hohes LDL bedeuten ein enorm hohes Risiko im Zusammenhang mit anderen Risikofaktoren, wie Bewegungsmangel, Übergewicht, Tabakrauchen, Stressbelastung etc. Hohes HDL und körperliche Aktivität sind die besten Voraussetzungen für ein niedriges Arterioskleroserisiko. Die Beeinflussung dieser Systeme gelingt 15 % der Menschen nicht, da sie eine hohe familiäre Risikokonstellation in ihrer Erbmasse haben, d. h. ca. 15 % der deutschen Bevölkerung können durch strengste Diät und sehr viel Sport ihren hochpathologischen Cholesterinspiegel nicht beeinflussen.

Das HDL erhöhen wäre natürlich ein bestrebenswertes Ziel. Gelingt uns das durch die Ernährung ? Man kann sagen, kaum. Das HDL ist gering, nur ganz gering durch Ernährung beeinflussbar. Alles was darüber geschrieben wird über Knoblauch bis verschiedene Öle ist im wesentlichen nur gering wirksam. Eine Beeinflussung durch körperliche Aktivität ist möglich, geschieht aber erst nach langer Zeit eines konsequent durchgeführten Dauerleistungstrainings und auch nur in einem bescheidenen Umfang, der insbesondere nicht bei denen die ein ererbt niedriges Cholesterin besitzen.

Das HDL-Cholesterin zu vernichten ist leicht durch konsequentes Tabakrauchen und eine extrem ungesunde Ernährung im Sinne einer fettreichen, cholesterinreichen Nahrungsaufnahme. Das HDL abzusenken gelingt durch eine streng cholesterinarme Ernährung sowie eine ausreichende körperliche Aktivierung, wiederum ausgenommen bei den Menschen, die eine angeborene Cholesterinstörung haben. Das Gesamtcholesterin passt sich diesem Spiel sehr wohl an und rückt heute nicht mehr in den Mittelpunkt der Betrachtung.

Die Triglyceride als Fettbestandteile des Blutes sind isoliert nur dann ein Risikofaktor, wenn sie konstant enorm hoch liegen. Sie sind am günstigsten beeinflussbar durch eine Ernährungsumstellung und eine ausreichende körperliche Aktivität.

Was kann der Sporttreibende für seinen Cholesterinhaushalt tun?

Selbstverständlich ganz aufs Rauchen verzichten, selbstverständlich sein Körpergewicht im optimalen Segment halten und seinen muskulären Fettanteil möglichst niedrig halten. Ein regelmässiges Ausdauertraining beeinflusst das LDL deutlich und das HDL langsam und konsequent, kann aber nicht mit letzter Konsequenz eine Verhinderung des Blutgefäßsystems verändern. Die Beeinflussung der entzündlichen Prozesse, die die Blutgefäße verändern hin zu einer Aufnahme der verschiedenen die Arteriosklerose einleitenden Stoffe ist nur bedingt möglich und heute nicht 100 % verhinderungsfähig, weil sehr viele der Mechanismen, die zu dieser Entzündung führen bis in die Gegenwart noch ungeklärt sind.

Einzelne Bausteine dieser Veränderungen sind inzwischen dokumentiert. Sie spielen aber wissenschaftlich in ihrer praktischen Anwendung noch keine entscheidende Rolle. Entscheidend ist heute eine gesunde, vielseitige, vitaminreiche, fettarme Kost mit Bevorzugung von leichten Fetten aus dem Bereich verschiedener Öle. Hierzu wird auf eine breite Literatur verwiesen die in ausreichendem Umfang jedem Sporttreibenden zur Verfügung steht. Hinzuweisen ist auf regelmässiges konsequentes Ausdauertraining was möglichst dynamische Muskelgruppen beinhaltet und nicht einseitig angelegt sein sollte.

Zwiespältig ist die Rolle des Alkohols. Ihm wird in einem gewissen Umfang eine Schutzrolle zugebilligt. Von anderen Autoren jedoch strikt bestritten. Fest steht das ein geringgradiger gut selektierter Alkoholgenuss mit Sicherheit nicht das Arterioskleroserisiko erhöht, ggfs. diskret senkt. Alle Vitamine und Antioxidanzien, die derzeit unter breiter Fermierung angeboten und verkauft werden, halten keiner seriösen Prüfung stand. Im Gegenteil, für einzelne Stoffe, wie z. B. Vitamin E ist möglicherweise eine erhöhte Risikokonstellation anzunehmen. Ausgenommen sind die sogenannten Omega³-Fettsäuren oder die Fischölkapseln. Diese haben inzwischen eindeutig ihren protektiven Charakter belegt. Sie können in Empfehlungen aufgenommen werden.

Ewiger Streit zwischen Margarine und Butter

Der ewige Streit zwischen Margarine und Butter sollte beigelegt werden, denn die Benutzung der Nahrungsbutter als Streichfett würde am Gesamtcholesterin lediglich 3 % ausmachen und damit völlig uninteressant sein. Hier spielen die Verbände Margarineindustrie, Landwirtschaftsindustrie in ihrem Marketing gegenseitig eine Rolle. Gegen einen vernünftigen Buttergenuss spricht wenig. Die meisten Margarinen sind sowieso mit gehärteten Fettsäuren hergestellt und damit möglicherweise risikoreicher als eigentlich die Butter.

Eine wichtige Rolle spielen die Medikamente, die heute weltweit die meist verordnete Medikamentenpalette darstellen. Sie sind sicherlich ein erheblicher industrieller Faktor geworden und spielen in der ärztlichen Therapie eine Rolle. Es ist unstrittig das familiär veranlagte Hochcholesteriniker von einer Therapie profitieren wenn Veränderungen in den Blutgefäßen nachgewiesen sind oder schon ein Ereignis eingetreten, z. B. Schlaganfall, z. B. Herzinfarkt. In diesen Fällen ist die Therapie eines cholesterinsenkenden Medikamentes unabdingbare Notwendigkeit. Es entspricht heute schon einem Kunstfehler, wenn ein Arzt eine solche Medikation nicht therapiert.

Als reine protektive Gabe bei nicht gegebener Gefäßerkrankung diese Medikamente zu verordnen muss äußerst kritisch gesehen und gewertet werden, da ihr Nutzen in diesen Fällen nicht immer dokumentiert ist. Medikamente gibt es mit verschiedenen Angriffspunkten.
Die einen Medikamente blockieren die Cholesterineigenproduktion in der Leber, welche nachts im Rahmen des Blutabbaus stattfindet. Andere Medikamentengruppen verhindern die Resorption bzw. Aufnahme von Cholesterin aus dem Magen-Darm-Trakt in die Blutbahn. Erfolgreich sind heute in erster Linie die Cholesterinsynthesehemmer getestet.

Es gibt sie in verschiedenen Gruppierungen. Sie besitzen eine gute Verträglichkeit, neigen jedoch alle zur Blockade von Energiemechanismen in der Bewegungsmuskulatur, sodass Muskelschmerzen bei Sporttreibenden häufig die Nebenwirkung Nr. 1 sind, die die Anwendung dieser Medikamente limitieren kann. Optimal wäre, wenn der Sporttreibende ohne eine solche Medikation auskommt. Sie ist aber in Einzelfällen bei Sporttreibenden mit Ereignis, z. B. Rehabilitationssport nach Herzinfarkt etc. unvermeidbar und gehört heute zum Goldstandard einer optimalen Versorgung.

Fazit:

Das Spiel um das Cholesterin bleibt heute noch in vieler Hinsicht mit Fragezeichen versehen. Keiner Fragezeichen bedarf es, dass eine cholesterin-reduzierte Kost mit ausreichender Bewegung und Vermeidung von Risikofaktoren ohne Zweifel der richtige Weg sind einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall aus dem Wege zu gehen. Es bleibt darauf hinzuweisen das regelmäßige Blutkontrollen insbesondere bei Risikokandidaten sinnvoll sind, dass das persönliche Risiko mit einem Arzt diskutiert werden sollte, um eine Therapieplanung einzuleiten. Es bleibt darauf hinzuweisen das es inzwischen Untersuchungsmethoden gibt, insbesondere völlig unschädlich aus dem Ultraschallbereich, die sehr früh Veränderungen insbesondere an den Halsgefäßen, an den Augengefäßen und auch am Herzen nachweisen können, sodass im Einzelfall entschieden werden kann, ob ein hoher Cholesterinspiegel behandlungspflichtig ist oder nicht.

Die weitere Entwicklung der Erkenntnisse bleibt spannend.

Dr. Willi Heepe

Praxis Westend – Kardiologie, Sport- und Präventivmedizin

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