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06
06
2008

Heute lacht Britta Petersen darüber, heute steht sie wieder mitten im Leben und nicht nur das: Inzwischen startet sie bei Marathonläufen – wie vor ihrer Erkrankung

Marathonläuferin – Der lange Lauf ums Überleben – Stefanie Keppler in der Stuttgarter Zeitung – Britta Petersen hat drei Krebserkrankungen überstanden – dank des Ausdauersports

By GRR 0

Stuttgart – Laufen ist für manche Sportler eine Sucht, für andere wiederum eine Überlebenshilfe. Wie für Britta Petersen, die nach drei Krebserkrankungen wieder läuft. Beim StZ-Lauf am 22. Juni startet sie im Halbmarathon. "Der Sport hat mir die Kraft gegeben, zu kämpfen", sagt die Hamburgerin.

Das Lachen ist ansteckend. Britta Petersen lacht oft. Die 36-Jährige ist eine Frohnatur. Dabei hätte die Hamburgerin Grund genug, weniger fröhlich zu sein. Vor acht Jahren erkrankte sie erstmals an Lymphknotenkrebs, zwei Rückfälle folgten. Ein Wunder, dass sie heute noch lebt, denn die Ärzte gaben ihr damals eine Lebenserwartung von sechs Monaten.

Heute lacht Britta Petersen darüber, heute steht sie wieder mitten im Leben und nicht nur das: Inzwischen startet sie bei Marathonläufen – wie vor ihrer Erkrankung. Auch zum Stuttgarter-Zeitung-Lauf am 22.Juni reist sie aus dem Norden an, um mit knapp 14.000 weiteren Läufern beim neuen City-Halbmarathon teilzunehmen.

"Ich wollte unbedingt wieder laufen. Dieser Wunsch hat mir die Kraft gegeben, zu kämpfen", sagt die Physikerin, die in Hamburg beim Deutschen Elektronen Synchrotron in der Forschung arbeitet. Wer ihre Krankheitsgeschichte hört, kann es kaum glauben, dass diese zierliche Person im April ihren achten Marathon absolviert hat und nun bei den Hamburger Meisterschaften über 5000 Meter zum Favoritenkreis gehört.

Angefangen hat alles mit der Diagnose Lymphknotenkrebs im Juni 2000, danach folgte eine zwölfmonatige hoch dosierte Chemotherapie und Bestrahlung der Lunge. Als alles überstanden war, beschlossen sie und ihr Lebensgefährte Jan, zu heiraten. Das war im Herbst 2002. Die Hochzeit war bereits fest geplant – da folgte der nächste Schicksalsschlag. Bei einem Marathonlauf starb Jan; er war mit einem nicht auskurierten Infekt gestartet.

Kurz darauf erkrankte die damals 30-Jährige zum zweiten Mal. Bei der Operation, bei der ihr ein Lymphknoten hinter dem Brustbein entfernt wurde, fiel die Lunge zusammen, Britta Petersen musste wiederbelebt werden. Drei Wochen später folgte eine weitere hochdosierte Chemotherapie und eine Knochenmarktransplantation, während der sie erneut wiederbelebt werden musste.

"Meine Ärzte hatten mich schon aufgegeben", sagt sie. Doch der Ausdauersport, den sie seit ihrer Kindheit betreibt, hat ihr die Kraft zum Überleben gegeben. "Der Kampf gegen den Krebs kann man mit einem Marathon vergleichen. Nur mit genug Ausdauer kommt man ins Ziel."

Nach ihrer dritten Erkrankung im Herbst 2006, als der Krebs erneut ausbrach, konnte die Hamburgerin ihre Laufleidenschaft weiter ausüben. "Mein Lebensmotto ist: Wenn ich laufe, atme ich, und wenn ich atme, lebe ich." Dieses Mal entschied sie sich für eine milde Chemotherapie, bei der ein "relativ normales Leben" möglich ist. Britta Petersen ist sich sicher: "Bewegung trägt aktiv zur Heilung bei." Studien unterstützen diese Erkenntnis. Auf Ärztekongressen wird die Hamburgerin als positives Beispiel für diesen Therapieansatz vorgestellt.

Anderen Krebspatienten will sie mit ihrer Geschichte Mut machen, deshalb geht sie offensiv damit um. "Die Krebsdiagnose muss man akzeptieren, die Prognose aber nicht. Man darf sich nicht aufgeben. Ich habe durchgehalten, obwohl mir die Ärzte eine Überlebenschance von ein bis zwei Prozent gaben." Dennoch ist die Angst vor einem erneuten Rückfall ihr ständiger Begleiter. Im Juli steht die nächste Nachsorgeuntersuchung an.

Doch davor freut sie sich auf Stuttgart. Hier ist sie vor zwei Jahren erstmals gestartet. Damals lernte sie auch Dieter Baumann kennen, ihr großes Vorbild. Der 5000-Meter-Olympiasieger von 1992 lud sie nach Tübingen ein, wo sie beim Nikolauslauf startete. Während ihrer dritten Erkrankung kurz darauf hat der Tübinger sie mental unterstützt, erzählt sie. Der Olympiasieger bezeichnet sich selbst ja als Lebensläufer. Britta Petersen ist eine Überlebensläuferin.

Stefanie Keppler in der Stuttgarter Zeitung, Mittwoch, dem 4 Juni 2008

author: GRR

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