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14
08
2008

Wer diese beiden Seiten genau betrachtet, wird viel zu viele Meldungen über den Doping-Sumpf lesen, in dem der Hochleistungssport steckt. Ein Sumpf, der auch in der Leichtathletik auf lange Sicht nicht trockenzulegen sein wird.

STARTSCHUSS – Die große Show beginnt – Der Kommentar von Norbert Hensen in leichathletik

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Die 29. Olympischen Spiele der Neuzeit sind in vollem Gang. Ab dem kommenden Freitag werden die Leichtathleten im Mittelpunkt der Wettkämpfe in Peking stehen. Ob das auch für die deutschen Athleten gilt, muss man bezweifeln. Das liegt zum einen an prominenten Ausfällen. Medaillenhoffnung Irina Mikitenko sagte den olympischen Marathonlauf kurz vor Beginn der Spiele ab. Weltmeisterin Frank Dietzsch wurde von einer Krankheit gestoppt, die Springer Bianca Kappler und Eike Onnen mussten verletzt passen.

Die deutschen Leichtathleten werden nur selten im Rampenlicht stehen, was  – so ist zu befürchten –  in erster Linie damit zusammenhängt, dass sie in den meisten Disziplinen nicht konkurrenzfähig sind. So einfach ist das. Und doch so kompliziert.

Wer diese beiden Seiten genau betrachtet, wird viel zu viele Meldungen über den Doping-Sumpf lesen, in dem der Hochleistungssport steckt. Ein Sumpf, der auch in der Leichtathletik auf lange Sicht nicht trockenzulegen sein wird.

Auf schreckliche Weise beeindruckend ist das Interview mit dem Mexikaner Angel Heredia in der aktuellen Ausgabe des „Spiegel“. Heredia, der als einer der größten Doping-Dealer der Szene galt, wurde erwischt und arbeitet nun mit der US-Justiz zusammen. Selten hat jemand so detailliert über die Doping-Praktiken des Hochleistungssports berichtet wie der einstige Diskuswerfer. Es gibt wenig Gründe an den Aussagen Heredias‘ zu zweifeln, dafür gibt es nun umso mehr Gründe, die Lust auf das große Spektakel im Zeichen der fünf Ringe zu verlieren.

Wir erinnern uns an den einst bejubelten Radstar Jan Ullrich, der immer wieder betonte, niemanden betrogen zu haben. Das dürfen getrost auch die meisten Stars der Leichtathletik-Szene behaupten, denn in vielen Fällen kämpfen die Athleten mit ähnlichen, leider verbotenen Mitteln. Und unsere deutschen Olympia-Starter? Die Hände sollte man in Zeiten, in denen viel zu viele leistungssteigernde Medikamente kaum nachweisbar sind, für niemanden ins olympische Feuer legen. Dass aber die Deutschen nicht nur hinterherschwimmen, sondern auch hinterherlaufen werden, kann auch daran liegen, dass sie zu einem sehr, sehr großen Teil tatsächlich für einen sauberen Sport stehen.

Clemens Prokop weiß, warum er sich in Bescheidenheit übt. Er kann sich nicht ständig über die anderen, vermeintlichen Betrüger mokieren, ohne Beweise zu haben. Wir haben auch keine Beweise, zählen aber einfach eins und eins zusammen. Das ist gar nicht so schwer.

Wir freuen uns trotzdem auf die Wettkämpfe, und werden sie mit Spannung und der nötigen Distanz verfolgen. Wer sich im Jahr 2008 am Hochleistungssport erfreut, sollte wissen, dass er als Zuschauer am Fernsehgerät betrogen wird.

Nicht immer, aber leider oft genug. Der Sport ist eben eine große, inszenierte Show. Und Olympia in Peking ist das größte Sportspektakel, das die Welt je gesehen hat.

Viel Spaß beim Zuschauen.

Norbert Hensen in leichathletik Nr. 33/34 vom 13. August 2008

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