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13
09
2008

Neben dem Olympiasieg, dem ersten eines Südtiroler Leichtathleten, gab es noch mehr Ehre für Alex Schwazer.

Auf den Spuren des \“großen Bruders\“ – Alex Schwazer, Olympiasieger im Gehen – Jörg Wenig in \“leichtathletik\“

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Zwar gab es in Peking keinen deutschen Olympiasieger, aber immerhin einen der fließend Deutsch spricht: Alex Schwazer. Der Italiener, der das 50 km Gehen mit olympischer Rekordzeit von 3:37:09 Stunden gewann, kommt aus Südtirol. In Sterzing geboren, lebt Alex Schwazer in der Nähe der kleinen Stadt südlich des Brenners in Ratschings.

Neben dem Olympiasieg, dem ersten eines Südtiroler Leichtathleten, gab es noch mehr Ehre für Alex Schwazer. Nachdem er das Rennen seines Nachfolgers in Peking beobachtet hatte, setzte sich Robert Korzeniowski auch in die anschließende Sieger-Pressekonferenz und erklärte anschließend beeindruckt: „Wenn ich sehe wie Alex sich im Rennen und anschließend verhält, kommt es mir so vor, als hätte mein kleiner Bruder meine Rolle übernommen.“ Der Pole hatte in Athen 2004 zum dritten Mal in Folge Gold über 50 km gewonnen. Zudem hatte Robert Korzeniowski in Sydney 2000 auch noch über 20 km triumphiert.

Eines hat Alex Schwazer dem großen Robert Korzeniowski nun aber bereits voraus: Denn der Italiener verbesserte den 20 Jahre alten olympischen Rekord des Russen Vyacheslav Ivanenko (3:38:29) in Peking, den der Pole in Athen knapp verpasst hatte. Während der Pressekonferenz wollte Robert Korzeniowski wissen, was es mit einem silbernen Armband auf sich hatte, das Alex Schwazer in der Hitze trug. „Du warst selbst ein großer Athlet“, antwortete der Youngster, „deswegen weißt Du genau, worum es geht – es geht um den Glauben an die eigene Stärke.“

Diese Aussage bestärkte Robert Korzeniowski umso mehr in seiner anschließenden Prognose: „Alles, was Alex hier sagt erinnert mich an mich selbst. Er hat eine sehr positive Einstellung, was von entscheidender Bedeutung ist in unserem Sport. Wenn er nicht durch irgendwelche Probleme gestoppt wird, gesund bleibt und mit der nun sicherlich enorm großen Medien-Aufmerksamkeit zurecht kommt, dann wird er eine große Zukunft haben.“

Bereits als 20-Jähriger hatte Alex Schwazer, der am Zweiten Weihnachtsfeiertag Geburtstag hat, eine WM-Bronzemdaille über 50 km gewonnen. Es war in jenem Jahr 2005, in dem er Robert Korzeniowski traf und ihm erklärte, dass er sein Idol sei. In Osaka 2007 wurde Alex Schwazer wiederum Dritter, doch der Südtiroler reagierte trotzdem frustriert. „Ich hatte taktisch einen großen Fehler gemacht, denn ich habe zu spät angegriffen und konnte die Führenden dadurch nicht mehr erreichen.“

So enttäuscht war er danach, das mögliche WM-Gold verpasst zu haben, dass er es kaum erwarten konnte, in Peking an den Start zu gehen. „Der Sieg war mein klares Ziel. Ich war in guter Form und hatte keine Probleme“, erzählte Alex Schwazer und fügte hinzu: „Natürlich ist es sehr hart, für das 50-km-Gehen zu trainieren. Man muss im Training bis ans Limit gehen, aber man gewöhnt sich daran. Das entscheidende ist, dass man das gerne macht und Spaß hat. Ich bekomme viel Unterstützung im Rahmen des Trainings und arbeite dabei mit Menschen zusammen, mit denen ich sehr gut auskomme. Mein Ziel ist es, mich von Jahr zu Jahr zu verbessern.“

Alex Schwazer wird trainiert vom bekannten italienischen Geher-Coach Sandro Damilano. Der Trainer ist seit 36 Jahren aktiv und hat in dieser Zeit 44 Athleten zu Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften beziehungsweise Olympischen Spielen geführt. Sandro Damilano trainierte bereits 1980 seinen jüngeren Bruder Maurizio, der bei Olympia in Moskau über 20 km gewann. In der Vorbereitung auf Peking hat Alex Schwazer zwischen sechs und sieben Monaten im Trainingscamp von Damilano in Saluzzo verbracht.

Der Ort nördlich von Turin wird in Italien auch als ,Universität des Gehens’ bezeichnet. „Alex hat Trainingswochen absolviert, in denen er bis zu 280 Kilometer gegangen ist. Wir sind zudem 25 Tage lang im Höhentrainingslager in Livigno gewesen, wo er in 1.870 Metern Höhe trainiert hat“, erzählt Sandro Damilano, der hinzufügt: „Für mich war es keine Überraschung, dass er in Peking Gold gewonnen hat.“

„Mein Trainer spielt eine sehr entscheidende Rolle, denn ich bin noch sehr jung und er hat viel Erfahrung. Manchmal tendiere ich dazu, im Training zu viel zu machen. Dann stoppt er mich und sagt, ruh dich besser etwas aus“, erzählt Alex Schwazer, der für einen Militärklub aus Bologna startet und den selben Physiotherapeuten hat wie die Stabhochsprung-Weltrekordlerin Jelena Isinbayeva. Aus einer Wintersportregion kommend, hat der Geher früher unter anderem Eishockey gespielt.

Sein erster ernsthafter Sport war dann das Radfahren. Das Problem war jedoch, dass Alex Schwazer, so wie heute beim Gehen, sich gerne offensiv verhält. Er wollte immer ganz vorne fahren, was im Radsport nicht funktioniert. Nachdem er deswegen aus dem Rad-Team geflogen war, begann er mit der Leichtathletik.

In der Individual-Sportart geht es besser für Alex Schwazer.

Jörg Wenig in "leichtathletik" vom 10. September 2008 – Nr. 37

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