Der anatomische Aufbau unserer Wirbelsäule stammt noch aus der Zeit, als wir auf allen Vieren liefen. D. h. einzelne Wirbelsäulenabschnitte sind für bestimmte Bewegungsrichtungen gebaut.
Sportkrankenhaus Hellersen informiert – SPORTMEDIZIN – Tipps aus Hellersen: SPORT UND RÜCKEN – Dr. Stefan Nolte
Was ist eine rückengerechte Sportart? Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten. Natürlich gibt es Sportarten, die "rückengesünder"sind als andere. Jedoch ist immer der Sportler selbst zu sehen. Ist er normalgewichtig, groß oder eher klein, wie alt ist er und vor allem: wie ist sein muskulärer Status, hat er die Sportart von Kindesbeinen an betrieben, etc.?
Die Wirbelsäule ist mehr noch als andere Abschnitte des Bewegungsapparates auf eine – vor allem muskuläre – Stabilisierung angewiesen. Der anatomische Aufbau unserer Wirbelsäule stammt noch aus der Zeit, als wir auf allen Vieren liefen. D. h. einzelne Wirbelsäulenabschnitte sind für bestimmte Bewegungsrichtungen gebaut.
So zeigt die Gelenkstellung der Lendenwirbelsäule, dass diese vor allem Vor- und Rückneigung ermöglicht, sie quasi für Drehungen, also Rotationen, nicht konzipiert wurde. Die Stützkraft der Rumpfmuskulatur muss in diesem Kontext betont werden. Wir sehen immer wieder Sportler, auch im internationalen Spitzenbereich z.B. der Leichtathletik, die teilweise schon deutliche Verschleißveränderungen an der Wirbelsäule haben, trotzdem dort über wenig Probleme klagen. Dies ist ein Indiz dafür, dass eine gut bis sehr gut trainierte Rumpfmuskulatur quasi alle Sportarten ermöglicht.
Schutz der Wirbelsäule
Weiterhin ist die Koordinationsfähigkeit ein wesentlicher Punkt. Wenn technische Sportarten schon von Jugend an gelernt werden, die Koordination des Bewegungsablaufes optimiert ist, ist dies auch als Schutz für die Wirbelsäule aufzufassen und es sind Sportarten "erlaubt", die bei anderen Sportlern eher zurückhaltend betrachtet werden müssten. Aber auch das Alter des Sportlers spielt eine wesentliche Rolle. Ganz normale Alterungsprozesse der Wirbelsäule führen zu Elastizitätsverlust der Bandscheiben, zu Verschleißveränderungen an den kleinen Wirbelgelenken und leider auch zu einem Muskelkraftverlust. Ein nicht trainierender 65-jähriger hat nur noch weniger als 50 % der Muskelkraft eines 30-Jährigen.
Der alterungsbedingte Stabilitätsverlust der Wirbelsäule führt dazu, dass die Muskulatur diese Haltearbeit leisten muss, den Stabilitätsverlust also kompensieren muss. Wenn nun die Muskulatur ihrerseits im Alterungsprozess an Kraft verliert, haben wir hier zwei sich negativ verstärkende Entwicklungen.
Deshalb ist es wichtig, gerade im Alter die Rumpfmuskulatur kräftigend aufzubauen. Gelingt dieses, dann sind selbst nicht so rückengerechte Sportarten durchaus "erlaubt".
Zusammenfassend: Sportarten, bei denen die Wirbelsäule weitgehend gerade gehalten wird, sind im Großen und Ganzen als rückengesund zu bezeichnen. Laufen, Skilanglauf, Nordic walking, auch das Schwimmen (allerdings nicht Delphin und Brustschwimmen wegen Überstreckung der Lendenwirbelsäule). Ebenso ist das Radfahren durchaus in der Lage, die Rückenmuskulatur zu stärken (eine stark vorgebeugte Haltung, z.B. auf dem Rennrad, ist allerdings wegen der Überstreckung des Nackens und möglicher Überlastung der HWS weniger optimal).
Auch Kraftsport unter Anleitung mit orthograd gehaltenem Rücken ist eine rückengesunde Sportart. Dem gegenüber sind drehende und stauchende Sportarten prinzipiell nicht so optimal, wie oben schon angeklungen.
Dr. Stefan Nolte, Chefarzt Konservative -Orthopädie/Wirbelsäulenzentrum
Quelle: "Wir im Sport", das Magazin des LandesSportBundes Nordrhein-Westfalen