Studie zu sozialen Ursachen von Übergewicht und Adipositas
Zerfallende Familien – dicke Kinder?
Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten und von zahlreichen Partnern unterstützten, interdisziplinären Projekts wurden über 50 Einzelursachen für Übergewicht und Fettleibigkeit identifiziert. Als zentrale Bedingungen für die Verbreitung von Übergewicht kristallisierte sich dabei ein Zusammenspiel von drei Faktoren heraus: Zu den individuellen Dispositionen und Gewohnheiten gesellen sich die Lebensbedingungen einer Überflussgesellschaft, in der energiereiche Lebensmittel jederzeit zur Verfügung stehen aber auch eine Vielzahl technischer Produkte, die die Bewältigung des Alltags ohne große Kraftanstrengung ermöglichen.
"Was die Kinder in Anbetracht der hoch technisierten Überflussgesellschaft vor allem brauchen, ist die Fähigkeit, kompetente Entscheidungen zu treffen und diese regelgeleitet – und wenn nötig selbstdiszipliniert – zum Wohle ihrer Gesundheit umzusetzen. Diese Fähigkeiten werden normalerweise im Elternhaus erlernt", so der Stuttgarter Sozialwissenschaftler Dr. Michael Zwick. Der Strukturwandel seit den 1970er Jahren habe allerdings zu wachsenden Erziehungsdefiziten geführt, sei es durch auseinander fallende Familien, durch die berufsbedingte Abwesenheit der Eltern oder auch nur durch asynchrone Zeitabläufe der einzelnen Familienmitglieder, mit der Folge, dass Kinder oft sich selbst überlassen sind.
Dass Abmagerungskuren bei solchen Verhaltensmustern und in einem Übergewicht fördernden Umfeld wenig Erfolg versprechen und einmal verlorene Pfunde schnell wieder gewonnen sind, liegt auf der Hand. Zudem werden gerade "Problem-Familien" von Appellen und Kampagnen meist gar nicht erreicht, mit der Folge eines geringen Problembewusstseins. Präventionsmaßnahmen, so die Forderung der Wissenschaftler, müssen deshalb an mehreren Punkten zugleich ansetzen. Da es einfacher ist, Rahmenbedingungen, in welche Handlungen eingebettet sind, zu verändern, als tief verankerte Gewohnheiten, sollten vorrangig solche Maßnahmen Pflicht werden, die die Wahl gesunder Optionen fördern.
Weitere Informationen bei
Dr. Michael Zwick, Institut für Sozialwissenschaften/ Abteilung Technik- und Umweltsoziologie, Tel. 0711/685-83972, e-mail zwick@soz.uni-stuttgart.de
Ursula Zitzler, Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Universität Stuttgart |