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02
06
2010

"Wenn ich das Bedürfnis nach Bewegung verspüre, lege ich mich zur Ruhe und warte, bis es vorüber ist."

Faul und rund – na und? Bewegung als Weg, Diabetes als Chance – Gezielte Schritte zur Gesundheit – von Dr. Dagmar Rabensteiner

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German Road Races übernimmt aus der Rubrik"Gesundheit & Ernährung" des GRR Mitglieds Novo Nordisk Gutenberg Marathon Mainz eine Folge von Beiträgen zu den Themen Training, Ernährung, Medizin und anderen wichtigen Lauf-Informationen, die die bisherigen GRR Empfehlungen für Läufer und Läuferinnen in idealerweise ergänzen. Für die freundliche Überlassung der Beiträge sei den Mainzer Kollegen gedankt.

Dick und faul macht zuckerkrank.

Es gibt sie, die Schattenseiten des Wohlstandes, wir kennen sie nur allzu gut: "Beinahe jeder zweite Österreicher ist bereits zu dick", "Mehr als 500.000 Österreicher leiden an Diabetes mellitus Typ 2", "Die Risikofaktoren für Gefäßverkalkung explodieren", "Die Zivilisationserkrankungen bringen uns um."

Bedrohliche Daten und Fakten, wir nehmen sie hin, wir wissen um unsere ungesunde Lebensweise ja ohnehin schon längst Bescheid! Wir essen das Falsche und überdies zu viel davon,- und was die körperliche Ertüchtigung anbelangt, haben wir uns dank zunehmender Technik einen neuen Reflex anerzogen:

"Wenn ich das Bedürfnis nach Bewegung verspüre, lege ich mich zur Ruhe und warte, bis es vorüber ist."

Sanierungsbedürftige Körper

Das Risiko, zuckerkrank zu werden, steigt mit zunehmendem Körpergewicht auf das fünf- bis zehnfache an, verantwortlich dafür ist das abdominale Fettgewebe. Ein gewisser Bauchansatz gehört mittlerweile schon zur ‘Standardausstattung’ eines erwachsenen Österreichers, fast neigt man dazu, ihm keine Bedeutung mehr beizumessen. Dieses Fettgewebe jedoch ist heimtückisch, es macht die Zellen unempfindlich für Insulin.

Wir sprechen von Insulinresistenz. Der Körper versucht dieses Defizit durch vermehrte Insulinfreisetzung zu kompensieren. Dadurch kreist zwar zu viel dieses ‘Speicherhormons’ in unserem Körper, kann aber nicht wirken. Ist die Lawine erst einmal losgetreten, lassen die Konsequenzen nicht lange auf sich warten, Zuckerkrankheit, Bluthochdruck und erhöhte Cholesterinwerte sind die leisen Killer unserer Zeit.

Lebensstiländerung ist der Schlüssel zum Erfolg.

Dabei wäre alles so einfach, ein bisschen weniger essen, ein bisschen mehr bewegen. Die Kombination von Ernährungsumstellung und sportlicher Betätigung ist der höchst wirksame Ausweg aus der Teufelsspirale. Wir alle wissen jedoch auch um die Schwierigkeiten der praktischen Umsetzung. Gute Vorsätze gehen bald in den Alltagsaufgaben unter. Wem geht das nicht so?

Diabetiker aber haben den Nicht-Diabetikern eines voraus, sie haben eine Erkrankung, die ihrer Motivation auf die Sprünge helfen kann. Ein Diabetiker, der sich seine Erkrankung zum Freund macht, schlechte Blutzucker- und HbA1c-Werte als Herausforderung sieht, endlich aktiv in den Krankheitsverlauf einzugreifen, wird seine Willenskraft stärken. Die Tat-sache, an Diabetes zu leiden, ist somit eine Chance, seinen schlechten, eingefahrenen Lebensstil zu ändern.

Der Diabetiker entscheidet über sein Schicksal selbst.

Viele Erkrankungen verlaufen, einmal diagnostiziert, unaufhaltsam und schicksalhaft einem Endpunkt entgegen, der Betroffene hat keine Möglichkeit, in das Geschehen einzugreifen. Anders beim Diabetes mellitus Typ 2, hier hat der Diabetiker die einzigartige Chance, selbst über sein Risiko entscheiden zu können. Er kann seine Krankheit und auch die Folgen in den Griff bekommen. Ein Mitbestimmungsrecht wird ihm eingeräumt! Wenn er nur wollte! Warum nur machen nicht viel mehr davon Gebrauch?

Ausdauertraining als Therapie?

Welcher Diabetiker möchte nicht auf das Insulin verzichten? Sicherlich eine reizvolle Vorstellung, die unter gewissen Voraussetzungen in den ersten Jahren des Typ 2 Diabetes durchaus realisierbar ist. Aber auch im fortgeschrittenen Stadium hilft Bewegung bei der Senkung des erhöhten Blutzuckerspiegels und ermöglicht oft eine Reduktion der Medikamenten- und/oder Insulindosis.

Bei so manchen Diabetikern, die mit einer sogenannten Doppelstrategie (d.h. Tabletten tagsüber in Kombination mit einem abendlichen "Bedside"-Insulin) eingestellt sind, kann nach einem mehrwöchig durchgeführten Ausdauertrainingsprogramm auf das Insulin gänzlich verzichtet werden. Auch die Folgeerkrankungen und zusätzliche Risikofaktoren werden günstig beeinflusst. Und nicht zuletzt ist der Zugewinn an Lebensqualität ein bedeutendes Argument. Bewegung hat für den Diabetiker so viele positive Aspekte und wird mit Recht als die Grundsäule in der Diabetestherapie bezeichnet.

Nur die richtige Dosis bringt die erwünschte Wirkung.

Will man Ausdauertraining als Therapie einsetzen, muss man die gleichen Richtlinien berücksichtigen, die auch bei der Verschreibung von Medikamenten zur Anwendung kommen. Denn nur die richtige Dosis führt zum gewünschten Erfolg.
Bereits bei Plato stoßen wir auf die Erkenntnis: "Der sicherste Weg zur Gesundheit ist es, jedem Menschen möglichst genau die erforderliche Dosis an Nahrung und Belastung zu verordnen, nicht zu viel und nicht zu wenig."

Die Dosis-Wirkungs-Beziehung verhält sich ganz analog zu medikamentösen Maßnahmen: Überdosierung wirkt sich allzu oft schädlich aus, bei Unterdosierung bleibt die erwünschte Wirkung aus. Auch Ausdauertraining gehört richtig gestaltet, die Dosierungsrichtlinien berücksichtigen die Häufigkeit, die Dauer und Intensität der Bewegung. Für jede der drei Maßzahlen gibt es Minimal- und Optimalkriterien, deren Überschreitung für den Gesundheitssport keinen zusätzlichen Vorteil mehr bieten, im Hobbysport jedoch schon angesprochen werden.

In der zeitlichen Verteilung der richtigen Intensitäten liegt der Schlüssel zum Erfolg, die individuelle Planung und Gestaltung des Trainings ist von entscheidender Bedeutung.

Sicher an den Start, erfolgreich ans Ziel.

"In die Sportschuhe und los", ist zwar der einfachste Weg, aber gerade für den Diabetiker nicht empfehlenswert. Bei aller Euphorie über die positiven Wirkungen der Bewegung für den Diabetiker muss der Grundsatz jeder Verordnung von Training immer der Sicherheitsaspekt sein und Vorsicht ist beim Diabetiker aus mehrfachen Gründen geboten. Es gilt die Folgeschäden zu berücksichtigen und die Unterzuckerung beim Training zu vermeiden.

Sowohl der Trainingsbeginn als auch der Verlauf des Trainings sind genau zu überwachen. Es kann sein, dass der Körper nach bewegungsarmen Jahren und längerer Diabetesdauer nicht mehr jeder Herausforderung gewachsen ist. Der Internist oder Sportarzt verschafft Sicherheit und Gewissheit über den Gesundheitszustand und die Belastbarkeit. Er hilft bei der Anpassung der Insulindosis und der Erstellung eines geeigneten Sportprogrammes. Denn ein individuell erstelltes Trainingsprogramm ist notwendig, um bei größtmöglicher Sicherheit die zur Verfügung stehende Zeit möglichst effektiv zu nützen.

Werden die Erwartungen erfüllt und stellt der Erfolg sich ein, läßt auch die Freude an der Bewegung nicht lange auf sich warten.

Dr. Dagmar Rabensteiner

Quelle: Novo Nordisk Gutenberg Marathon Mainz

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