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02
02
2011

Doch auch eine eher bescheidene Senkung der Sterblichkeit ist nicht unerheblich, wenn eine Krankheit so häufig ist wie der Schlaganfall

Dr. Hartmut Wewetzer – Rasche Hilfe fürs Hirn – Dr. Hartmut Wewetzer vom Tagesspiegel fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin. Heute: Schlaganfalltherapie rettet Leben

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Das Tückische am Schlaganfall ist, dass er selten zu Schmerzen führt. Meist zeigt er sich in Sprach- und Sehstörungen, einem herabhängenden Mundwinkel und halbseitigen Lähmungen und Taubheitsgefühlen. Viele Betroffene hoffen, dass sich ihre Probleme von selbst geben und versäumen dadurch wichtige Zeit.

Denn der Schlaganfall ist ein Notfall, bei dem unter der Nummer 112 die Feuerwehr verständigt werden sollte. Rasche Hilfe kann Leben retten. Darauf deutet auch eine neue Studie aus den USA hin, in der geprüft wurde, ob „Stroke units“ – spezielle Intensivstationen für Schlaganfallpatienten – die Überlebenschancen verbessern.

Vor rund zehn Jahren wurden die ersten „Stroke units“ eingerichtet.

In Großstädten wie Berlin (16 Stroke units) wird inzwischen ein großer Teil der jährlich an die 10000 Schlaganfallpatienten in diesen Zentren behandelt. Im US–Bundesstaat New York wurden nun 30000 Hirninfarkt-Fälle ausgewertet, die 2005 und 2006 aufgetreten waren und die allesamt auf dem Verschluss einer Hirnschlagader beruhten. Die Hälfte der Patienten wurde in Schlaganfall-Zentren behandelt, die andere in normalen Kliniken, berichtet Ying Xian von der Duke-Universität im Fachblatt „Jama“. In der ersten Gruppe starben innerhalb von 30 Tagen nach dem Schlaganfall zehn Prozent, in der zweiten dagegen 12,5 Prozent.

Die Überlebenschancen steigen also um 20 Prozent, vergleicht man die beiden Gruppen miteinander. Die absolute Sterblichkeit wird allerdings lediglich um 2,5 Prozentpunkte gesenkt. Das zeigt, wie schwierig es selbst mit den Mitteln der modernen Medizin ist, dem häufig noch immer schicksalhaften Ereignis eines Schlaganfalls Paroli zu bieten.

Doch auch eine eher bescheidene Senkung der Sterblichkeit ist nicht unerheblich, wenn eine Krankheit so häufig ist wie der Schlaganfall. Nimmt man für eine Stadt wie Berlin 10000 Schlaganfälle im Jahr an, könnten durch eine Versorgung auf Schlaganfall-Intensivstationen 250 Menschen gerettet werden.

Zwar hat die Studie aus New York einige Mängel, aber andere Untersuchungen weisen in die gleiche Richtung – auf die Behandlung spezialisierte Akutstationen retten Leben.

Die größte Neuerung bei der Schlaganfall-Behandlung war in den letzten Jahren die Einführung der Lysetherapie. Dabei wird ein Medikament in die Armvene gespritzt, das den Blutpfropf in der Hirnschlagader auflösen soll. In Berlin bekommt etwa jeder zehnte Schlaganfall-Patient eine solche Behandlung, schätzt Jan Sobesky, Leiter einer Stroke unit an der Berliner Charité. Die Lysetherapie allein erklärt nicht die besseren Chancen von Patienten einer Schlaganfallstation. Hinzu kommen weitere Maßnahmen, um zum Beispiel Komplikationen wie einer Lungenentzündung vorzubeugen.

Wichtig ist auch das Behandeln von Störungen, die einen Schlaganfall mitverursachen können, etwa hoher Blutdruck. Er ist der größte Risikofaktor. Am besten, man tut was gegen den Hochdruck, bevor einen der Schlag trifft.

Dr. Hartmut Wewetzer
leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegel. Sonntag, dem 30 Januar 2011

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