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03
10
2011

Lauf-Talente für Deutschland - Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy ©Weltklasse Zürich

Lauf-Talente für Deutschland – Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy

By GRR 0

3. Oktober 2011 (© Lothar Pöhlitz) – Nicht nur die Lauf-Freunde sind am Ende des Jahres ein wenig ratlos, sondern sicher auch den Verantwortlichen in den Ländern wird es nicht so ganz egal sein wenn sie in der Ausgabe 3/2011 des Sporthilfe-Magazins in einem Rückblick auf die Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2011 in Daegu u.a. lesen müssen: "Neben dem Glanz der Werfer, weiteren sehr achtbaren Ergebnissen… waren die Schatten über den Läufern aus Deutschland in Daegu nicht zu übersehen.

Einst gab es kaum eine Laufstrecke, auf der nicht auch deutsche Läufer an der Spitze mitmischten. Nun wird aber schon das Erreichen eines WM-Semifinales als Erfolg bewertet." Den Maßstab für die unterstützende Arbeit im "Profibereich" der Deutschen Sporthilfe findet man auf S. 12: "Voraussetzung für die Aufnahme in das Förderprogramm ElitePlus sind Medaillenerfolge bei Welt- und/oder Europameisterschaften sowie die Aussicht auf einen Medaillengewinn bei den Olympischen Spielen.

Dies trifft in der Regel auf Athleten zu, die bereits der Eliteförderung angehören, im Ausnahmefall auch auf Athleten, die in der Nachwuchs-Eliteförderung der Sporthilfe eingestuft sind, sofern sie die definierte Perspektive für London 2012 aufweisen."

Ein Olympiazyklus umfasst nur 4 Jahre – was tun

Nachwuchs-Elite -> Elite -> ElitePlus sind die Stationen, die den Sportlern eines Tages hilfreich unter die Arme greifen, wenn sie vorher bereit waren mehr Zeit und mehr Qualität in ihr "einstiges Hobby" zu investieren. Training um bei einer EM, WM oder bei Olympischen Spielen erfolgreich (s.o.) zu sein erfordert nicht nur Talent, sondern auch mehr "Arbeit". Wieder konkurrenzfähig im Mittel- und Langstreckenlauf vielleicht bei den Olympischen Spielen 2016 erfordert – bei der gegenwärtigen Ausgangsposition – 5 Jahre Neuaufbau mit im Prinzip zweimal täglicher Priorität im Training bei gleichzeitiger Sicherung einer besseren Umsetzung der Belastung in Leistungsfortschritt durch angemessene aktive und passive Regeneration.

Die nächste Trainingseinheit ist immer die Wichtigste und am besten in einer Gruppe deren Disziplin, Ehrgeiz und Charaktereigenschaften für solche Ziele ausreichen! Das vergangene Jahr machte Hoffnung dass sich einige Wenige derzeit für einen solchen Weg anbieten. Der deutsche Abstand zur Weltspitze auf breiter Front signalisiert aber auch, dass in der Vergangenheit das praktizierte Förder- und Forderungssystem zu Wenige ausgewählt und ausgebildet hat, die das ererbte Talent für eine solche Elite mitgebracht haben.

Lauf-Talente für Deutschland

Mit dieser Überschrift soll signalisiert werden, dass für eine in Zukunft internationale Konkurrenzfähigkeit auf breiter Front – die WM hat gezeigt dass dies für Weiße keine Utopie ist – eine aktive Talentsuche für Läufer ganz vorn auf die Liste der Konsequenzen muß. Die Ansprüche an solche Talente lassen sich leicht von den internationalen Vorbildern ableiten, in der Konstitution, der Lauftechnik, der Rennübersicht, der Härte im Kampf um die Plätze ganz vorn und der Bereitschaft für große Ziele – wie derzeit in Kenia, Äthiopien, Japan, den USA, GBR etc. – sich zeitweilig in einem Leistungs-/Trainingszentrum gemeinsam mit höheren veränderten Belastungsmaßstäben vorzubereiten. Für eine beschleunigte Verkürzung der Abstände scheint es keine Alternative zu geben.

An dieser Stelle soll aber, um Missverständnisse zu vermeiden, betont werden, dass dazu ein deutlich höherer Anspruch "an das Talent", aber auch an die Trainer Voraussetzung ist. Nicht jeder der irgendwo vornweg läuft ist ein Talent. Wir haben derzeit in Deutschland nur wenige, in manchen Landesverbänden gar keine, mit den erforderlichen Voraussetzungen. Bedenken sie dabei nur einmal, wie wenige Jugendliche derzeit zum täglichen Training bereit sind.

Komplex-Test-Programm 1.Schritt zur Talentauswahl

Wer sich zur aktiven Talentsuche entschließt sollte zuerst prüfen, ob er für die aus der "Masse herausragenden" auch eine Trainingsgruppe mit einem guten Trainer anbieten kann. Ein Wiederaufleben des einstigen Talent-Cross der Landesverbände ist nur eine Möglichkeit. Die bessere Alternative wäre das nachfolgende Testprogramm das sofort die Anlagen erkennen lässt und in einem sich entsprechend anschließenden Talenterkennungstraining die "Hoffnungen bestätigt bzw. auch enttäuscht". Damit ist auch früh die günstigste Ausbildungsrichtung zu erkennen. Nach 3 bzw. 6 Monaten Training sollte dann der gleiche Test wiederholt werden.

Talent-Testprogramm Lauf (Beispiel)

Die Proportionen in der Faserstruktur bestimmen das Training Im "ererbten" Muskelfaserspektrum wird in langsam (slow-twitch) – zuckende rote ST-Fasern und schnell (fast-twitch) – zuckende weiße FT-Fasern unter-schieden, dabei sind genaue Abgrenzungen schwierig. Die roten ST-Fasern sind vorwiegend für Halte- und Ausdauerleistungen, die weißen FT-Fasern vorwiegend für Schnellkraftarbeit "zuständig". Genetisch bedingt, aber auch durch Training beeinflusst verfügen Ausdauersportler über anteilig mehr Slow-Twitch-Fasern, erfolgreiche Sportler aus dem 400 / 800 m – Bereich und Sprinter über mehr Fast-Twitch-Fasern.

Talentauswahlmaßstäbe -Talentproblematik- Ausbildungsaufgaben

 "Die Eignung für eine Laufstrecke im Sprint-, Mittel- oder Langstreckenlauf wird durch das individuelle Verhältnis der anaeroben oder aeroben Energiebereitstellung – deren organisches Korrelat der genetisch determinierte Muskelfasertyp ist – bestimmt" (DICKHUTH 1990)

Viele junge "zu langsame" Langsprinter gehören früher zur Mittelstrecke

"Nachwuchstraining muss als Eignungserkennungstraining verstanden und gestaltet werden. Dabei ist es wichtig, wesentliche Leistungsvoraussetzungen herauszuarbeiten, deren Entwicklungszustände und -verläufe sauber zu dokumentieren" (NORDMANN 2009)

"Erziehen, entwickeln wollen erfordert fördern und fordern zugleich. Jeder ist für irgendeine Disziplin oder Sportart talentiert, es ist Aufgabe der Trainer dies möglichst früh zu erkennen, sie der jeweiligen Disziplin / Sportart ohne persönliche Egoismen zuzuführen und entsprechend auszubilden. Genetisch festgelegt ist, ob die Muskulatur eher schnellkräftig oder verstärkt ausdauernd ist" (Pöhlitz 1986)

"Die Erfahrung lehrt dass nicht alle Talente über die notwendigen Intelligenz-voraussetzungen für Hochleistungssport verfügen, um die privaten, schulischen und Trainings- und Wettkampfaufgaben erfolgreich miteinander zu verbinden. Intelligenz ohne Leistungsbereitschaft und ohne starke Willenqualitäten dagegen führt nicht zu Spitzenleistungen. Erfahrung ist auch, dass Sportler im Endeffekt können was sie können wollen" (Pöhlitz 1987)

"Je härter man trainiert – sei es in der Musik, im Sport oder in der Wissenschaft, umso besser wird das Ergebnis. Amerikaner, Afrikaner, Japaner oder Chinesen arbeiten meist härter als Europäer". (Lang Lang im FOCUS 15/2009)

Die Ausbildung von Begabten setzt organisierte Zeit zum täglichem Üben voraus, dies gilt für Sänger, Pianisten, Artisten, Schwimmer und auch für Läufer und Geher, die eines Tages vor einem großen Publikum erfolgreich auftreten wollen.?Junge Sportler die früh beginnen und seit frühester Kindheit mit Spaß üben haben einen Übungsvorsprung der kaum aufzuholen ist. Es ist aber auch Erfahrung, dass noch deutliche Fortschritte durch intensives üben bis ins späte Hochleistungsalter möglich sind.

"Konstitutionell – anatomisch günstige Voraussetzungen stellen nur einen Teilbereich der sportlichen Leistungsfähigkeit dar. Analysen zeigen dass bis zu 60 % Sportverletzungen oder Sportschäden und ein daraus resultierender frühzeitiger Karriereabbruch auf ungünstige Voraussetzungen zurückzuführen sind." (LOHRER 1990)

Belastbarkeit ist eine wichtige Voraussetzung für einen Weg nach oben

"Erfolgreiche Entwicklungsverläufe von jungen Nachwuchsathleten im Leistungssport sind wesentlich von ihrer "Belastbarkeit" abhängig. Sie ist durch genetische Anlagen, sowie durch exogene und endogene Einflüsse bestimmt. Die Belastbarkeit entscheidet maßgeblich über die mögliche Kontinuität des individuellen, langfristigen Trainings- und Leistungsaufbaus" (FRÖHNER 2008)

"Belastbarkeit aber ist nicht angeboren, sondern das Ergebnis möglichst früh beginnender allgemeiner- und spezieller vielseitiger Einwirkungen auf das Talent durch systematisch zunehmende Anforderungen, auch mit sportartgerichteten Übungen (Ganzkörperkonditionierung, Schwachstellenbeseitigung)" (PÖHLITZ 1979)

"Nachwuchstraining muss als Eignungserkennungstraining verstanden und gestaltet werden. Dabei ist es wichtig, wesentliche Leistungsvoraussetzungen herauszuarbeiten, deren Entwicklungszustände und -verläufe sauber zu dokumentieren" (NORDMANN 2009)

Prof. W. Kindermann definierte 1990 die Talent-Voraussetzungen aus sportmedizinischer Sicht wie folgt:

  • Leistungsphysiologisch hinsichtlich der dominierenden leistungsbestim-
    menden Faktoren der Sportart genetisch?herausragend determiniert
    sein (aerobe + anaerobe Leistungsdiagnostik)
  • orthopädisch hoch belastbar sein (Minusvariante: z.B. anatomische Anomalien)
  • internistisch gesund und wenig krankheitsanfällig sein ?
    (Minusvariante: z.B. erhöhte Infektanfälligkeit, hoher Substitutions-
    bedarf) mental stabil sein (Minusvariante: Trainingsweltmeister)

Alles ist Anpassung. 10.000 Übungsstunden benötigen Menschen um außergewöhnliche Fähigkeiten auszuprägen.

Talente werden geschaffen. Wunderkinder gibt es nicht. (ERICSSON-USA-2008)

 

Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy

 

Leichtathletik Coaching-Academy

 

 

author: GRR

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