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08
11
2011

Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) - Die DGSP informiert: Deutsche sitzen zu viel/Nullaktivität hoch - „Wibbeln" ist besser als stoische Ruhe - Sich im Alltag viel bewegen macht schlank ©Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP)

Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) – Die DGSP informiert: Deutsche sitzen zu viel/Nullaktivität hoch – „Wibbeln“ ist besser als stoische Ruhe – Sich im Alltag viel bewegen macht schlank

By GRR 0

Dass die Deutschen zu wenig Sport treiben, ist aus den Daten des Bundesgesundheitssurvey seit einigen Jahren bekannt. Das als gesundheitlich notwendige Mindestmaß von zwei Stunden gezielter körperlicher Aktivität bzw. Sport pro Woche – neuere Konsensus-Statements fordern sogar 5 x 30 Minuten/Woche – wird schon bei der Altersgruppe bis zum 30. Lebensjahr von 25 Prozent nicht erreicht, in der Altersgruppe bis zum 50. Lebensjahr sind es circa 33 Prozent, im Alter jenseits der 65 erreichen 50 Prozent und mehr diese Norm nicht.

Noch schlimmer wiegt die Tatsache, dass ein nicht unerheblicher Prozentsatz der Bevölkerung nach eigenen Angaben bemüht ist, auch körperliche Anstrengungen im Alltag zu vermeiden. Die Deutsche Nichtbeweger Studie aus Nürnberg beziffert den Prozentsatz der Vermeider von Alltagsbewegungen in der Altersgruppe bis 30 mit rund 15 Prozent, in der Altersgruppe bis 50 mit etwa 20 Prozent und in der Altersgruppe über 60 mit gut 30 Prozent.

Den strukturierten Sportangeboten (Sportvereine, kommerzielle Sportanbieter etc.) wird eine wichtige Aufgabe in der Kompensation zugesprochen, allerdings wird der Erreichungsgrad vor allem der unteren Bevölkerungsschichten, die es am nötigsten hätten, als gering eingestuft. Der Fokus richtet sich daher den Alltagsaktivitäten zu, aber auch hier gibt es Besorgniserregendes zu berichten. Die deutschen Männer sitzen, nach Daten des Zentrums für Gesundheit der Deutschen Sporthochschule Köln fünfeinhalb Stunden pro Tag und die Frauen nur 45 Minuten weniger. Die längsten Sitzzeiten sind in der Altersgruppe von 18 bis 29 Jahre zu beobachten.

Pedometerdaten von Schülern zeigen ein ähnlich erschreckendes Bild. Circa 45 Prozent des im wachen Zustand verbrachten Tages weisen keinerlei Schrittaktivtäten auf. Bei älteren Patienten, etwa solchen mit einer diabetischen Neuropathie, erreicht die an Schritten gemessene Nullaktiviät fast zwei Drittel der Wachzeit. In der Dauer dieser Nullaktivitätszeiten wird ein gesundheitlich negativer Faktor gesehen, nicht nur wegen des fehlenden Kalorienumsatzes in dieser Zeit, sondern vor allem auch wegen der unkontrollierten Kalorienaufnahme während dieser Zeit. Hier sei nur auf die Zufuhr von hochenergetischen Produkten wie Chips und Süßigkeiten während des Medienkonsums verwiesen.

Stärker noch als die Nullaktivität, aber auch stärker als die im Umfang zu geringe hohe Aktivität, der Sport, schein der Zwischenbereich, die moderate Aktivität, für die Gesundheit von Relevanz. Levine und Mitarbeiten fanden (publiziert in einem Nature Artikel) in den Bewegungen, die mit den Routine des Alltags verbunden waren, die wesentlichen Unterschiede zwischen Schlanken und Übergewichtigen. Wibbeln (sich lebhaft bewegen) scheint sich demnach gesundheitlich positiver auszuwirken, als alles in stoischer Ruhe auszusitzen.

Darauf macht die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) aufmerksam. Das von Schlanken an den Tag gelegte aktivere Bewegungsverhalten machte zwar nur einen Unterschied von gut 350 kcal/Tag gegenüber den Übergewichtigen. Würden aber die Übergewichtigen das gleiche Bewegungsverhalten wie die Schlanken an den Tag legen, so könnte dabei bezogen auf ein Jahr eine Gewichtsabnahme von 5 bis
10 Kilogramm resultieren. Was ein solcher Gewichtsunterschied an positiven gesundheitlichen Impact hat, ist vielfach belegt.
 
So positiv besetzt solche Aussagen wie „sich der Ruhe pflegen" auch sind, Unruhe – gemeint ist hier die körperliche Aktivität – wäre gesundheitlich sicher besser. Der Alltag bietet viele Möglichkeiten der Aktivität. Das Beispiel „Treppen statt Aufzug" ist zwar das am häufigsten genannte, ist jedoch nur eine von vielen Bewegungsmöglichkeiten, die der Alltag anbietet. Es bedarf jedoch des Bewusstseins für den positiven Wert auch banaler Alltagsaktivität und der Konsequenz den vielen verlockenden Möglichkeiten, sich zu schonen, einen aktiven, sich etwas fordernden Bewegungspart entgegen zu setzen.

 
Professor Dr. Klaus Völker

Institut für Sportmedizin
Universitätsklinikum Münster
Horstmarer Landweg 39
48149 Münster
Tel.: 0251-8 33 53 91
Email: klaus.voelker@uni-muenster.de

 

 
DGSP im Kurzportrait: Die 1912 gegründete Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) ist die zentrale ärztliche Institution auf den Gebieten der Sportmedizin sowie der Gesundheitsförderung und Prävention durch körperliche Aktivität. Neben der Förderung von sport- und präventivmedizinischer
Forschung, Lehre sowie Fort- und Weiterbildung setzt die DGSP viele Projekte zur Erhöhung der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung um. Sie ist die Vereinigung der 18 Landesverbände für Sportmedizin und mit ihren 9000 Mitgliedern eine der größten wissenschaftlichmedizinischen Fachgesellschaften in Deutschland. 2012 feiert die deutsche Sportmedizin ihr einhundertjähriges Bestehen.

Dem Präsidium gehören an: als Präsident Professor Dr. Herbert Löllgen (Remscheid), als Vizepräsidenten Dr. Ingo Tusk (Frankfurt am Main), Hubert Bakker (Bremen), Professor Dr. Klaus Völker (Münster), Professor Dr. Wilhelm Bloch (Köln), Professor Dr. Klaus-Michael Braumann, als Generalsekretär Professor Dr. Rüdiger Reer (beide Hamburg), als Präsidiumsbeauftragte Professor Dr. Aloys Berg (Freiburg), Professor Dr. Dr. Winfried Banzer (Frankfurt/M), Privatdozentin Dr. Ulrike Korsten-Reck (Freiburg) und als Ehrenpräsidenten Professor
Dr. Dr. Wildor Hollmann (Köln) und Professor Dr. Hans-Hermann Dickhuth (Freiburg).

author: GRR

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