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06
12
2011

Und dann ist da ja noch der Eigennutz des Präsidenten Thomas Bach, der bald Wahlkämpfer in Sachen IOC-Thron sein dürfte. ©LSB - NRW - Andrea Bowinkelmann

Der Kommentar- Hinter der Olympia-Frage – Thomas Hahn in der Süddeutschen Zeitung

By GRR 0

Darüber ließe sich nun streiten, ob dieses vorläufige Nein eher Jein oder Nein!!! heißt. „Zum jetzigen Zeitpunkt“ hat sich der Deutsche Olympische Sportbund ( DOSB) auf seiner Mitgliederversammlung gegen eine Bewerbung für Winter-Olympia 2022 ausgesprochen – das lässt dem Dachverband natürlich alle Möglichkeiten, irgendwann mal wieder einen anderen „jetzigen Zeitpunkt“ zu finden, zu dem er eine Olympia-Bewerbung für 2022 doch wieder aussichtsreich findet.

Allerdings passt das schlecht zum Anspruch, den Beteiligten einer möglichen weiteren Olympia-Kampagne Münchens verbindlich Bescheid zu geben, auf was sie sich gefasst machen dürfen. Bis zum Meldeschluss im Herbst 2013 ist auch nicht mehr so viel Zeit, als dass man sich beliebig umentscheiden könnte. Und dann ist da ja noch der Eigennutz des Präsidenten Thomas Bach, der bald Wahlkämpfer in Sachen IOC-Thron sein dürfte. Man kann wohl davon ausgehen: Dieses vorläufige Nein heißt Nein!!!

Dieses Nein hat sein Gutes und sein Schlechtes. Sein Schlechtes, wenn man wirklich der Meinung ist, dass Deutschland mal wieder Olympia im Lande braucht. Denn einen Zeitgewinn bringt das nicht, wenn man seine angeblich so brillante Bewerbung gleich nach dem ersten Scheitern wieder auf Eis legt. Dieses neue Nein verstärkt den Eindruck, dass Deutschland die Spiele gar nicht unbedingt will und Standortfragen mal so, mal so deutet: mal als kein Problem, mal als Problem.

Sein Gutes hat das Nein, weil jetzt vielleicht wieder ein paar andere Themen in den Vordergrund rücken, die auch bei der 7. Mitgliederverssammlung im Schatten der Olympia-Frage standen: Sport und Schule, die Herausforderungen der veränderten Bildungslandschaft für die Vereine, Rechtsextremismus und Gewalt im Sport, überhaupt die Frage, wie der DOSB seiner gesellschaftlichen Verantwortung in Zukunft besser gerecht werden kann. In ihren Reden in Berlin haben Bundespräsident, Bundesinnenminister und DOSB-Präsident von allem ein bisschen gesprochen, aber keines der Themen so vertieft, dass die deutsche Sportlandschaft im Zeitenwandel eine echte neue Perspektive bekommt.

Der Eindruck vom DOSB 2011 war der folgende: In verschiedenen schwierigen Gesellschaftsfeldern erörtert, empfiehlt, plant, tagt er fleißig und stößt hilfreiche Projekte an. Aber er verharrt zu häufig in Kleinbürgerlichkeit, Lobbyismus und Unverbindlichkeit. Eine Olympia- Bewerbung braucht der DOSB deshalb gar nicht.

Eher eine Führung, die persönliche Ziele nicht wichtiger nimmt als die Ziele einer sich verändernden Sportgesellschaft.

 

Thomas Hahn in der Süddeutschen Zeitung, Montag, dem 5. Dezember 2011

author: GRR

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