2010 Ottawa 10km-Marathon Ottawa, Canada May 29-30, 2010 Photo: Victah Sailer@PhotoRun Victah1111@aol.com 631-741-1865 www.photorun.NET
Triathlon kann für schnelle Langstreckler nur Basistraining sein – 8-9 Stunden am Stück ist aber bestes Fettstoffwechseltraining – Von Lothar Pöhlitz
Nachdem 1985 in Deutschland die Deutsche Triathlon Union gegründet wurde hat sich dieser vielseitige Ausdauermehrkampf stürmisch entwickelt. Aus dem 1. Langtriathlon in Hawaii (1. Siegerzeit 1978 11:46:58 Stunden – 3,8 km Schwimmen + 180 km Rad + 42,2 km Laufen) wurde der Ironman, ein historisch bedeutender, nichtolympischer Traditionswettbewerb.
Die besten Männer schaffen den „Langen" heute in weniger als 8 Stunden, sensationelle 4 Stunden weniger als 1978, die Frauen blieben schon unter 9 Stunden !
Olympiasieger gibt es nur im Kurztriathlon (1,5 km Schwimmen + 40 km Rad + 10 km Lauf), selbstverständlich Deutsche Meisterschaften, auch für Kinder und Jugendliche. Durch ein große Streubreite im Wettkampfangebot (vom Sprint bis zum „Zehn-fachen") hat sich mehr und mehr eine individuelle Spezialisierung herauskristallisiert.
Die Gesamtdauer und die unterschiedliche Länge der Teilstrecken erfordern eine differenzierte Fähigkeitsentwicklung und deutlich unterschiedliche Trainingsgeschwindigkeiten. Die gestiegene Leistungsdichte hat dazu geführt, dass die Bedeutung des jeweils abschließenden Laufs für den Sieg enorm gestiegen ist.
Nur einmal konnte der DLV in der Vergangenheit vom Triathlon so richtig profitieren, ab 1995 lief die Triathlon -Junioren-Weltmeisterin von 1991 in Australien Sonja Krolik viele Jahre erfolgreich Marathon.
In jüngster Vergangenheit liest man immer öfter, dass Triathlontraining eine gute semispezifische Ergänzung für Langstreckler wäre, Abwechselung schafft und höchste Anforderungen an das Ausdauertraining stellt. Mit diesem Beitrag soll einmal die übertrieben hohe Erwartung an ein unspezifisches Training mit Schwimmen und Radfahren vor allem für die schnellen Laufdisziplinen 5000 m und 3000 m Hindernis, aber auch noch für die 10000 m etwas gedämpft werden.
Damit soll aber nicht davon abgeraten werden in frühen Phasen von Konditionierungsabschnitten Schwimmen oder Radtraining als alternative Belastungsformen zu nutzen. Dass Triathlon-Vizeweltmeister Steffen Justus bei seinem Ausflug zur 10000 m – DM in Essen in 29:50 Minuten mit Bronze belohnt wurde und er die Frage nach dem noch mehr mit fehlender Tempohärte begründete, spricht mehr für seine gute aerobe Basis, als für das Leistungsniveau der unterlegenen Laufspezialisten.
Die Antwort zur Problematik findet man bei Neumann / Pfützner / Hottenrott im „Großen Buch vom Triathlon". Danach stellen sich die Leistungsstrukturen Triathlon : Lauf wie folgt dar:
Meßgrößen Triathlondisziplinen Laufdisziplinen
Olymp. Distanz Ironman LZA I LZA II LZA III
LZA II/III LZA IV 3000 Hi 10000 m 42,2 km
5000 m 21,1 km
Herzfrequenz 85-90 70-75 90-98 88-95 60-90
% v. max.
% VO2max 90-93 60-70 88-96 85-93 60-85
Energiegewinnung
% aerob 90 99 75-80 85-90 97-99
% anaerob 10 1 20-25 10-15 1-3
Laktat (mmol/l) 6 – 9 1,5 – 2,5 8 – 14* 8 – 12 1 – 3
- aus der Trainingspraxis sind auch noch höhere Laktatauslenkungen bekannt
Aus der Tabelle kann man ablesen, dass sich aus leistungsphysiologischer Sicht der Ironman und der Marathonlauf sowie der Kurztriathlon und die 10000 m bis zum Halbmarathon in den Anforderungen nahe sind, im 5000 m Lauf und 3000 m Hindernis die anaeroben Anteile an der Energiegewinnung und die Laktatauslenkungen im Verhältnis zum Triathlon deutlich unterscheiden.
Allein die Leistungs-/Geschwindigkeitsdifferenz im Laufen zwischen dem olympischen Triathlon und dem Hawai-Triathlon von etwa 20 % (5,3 – 5,5 m/s : 4,1 – 4,4 m/s) unterstreichen, dass nicht nur eine deutliche Geschwindigkeits-differenzierung, sondern auch unterschiedlich lange Trainingsstrecken die Vorbereitung bestimmen müssen. Während die Leistungen beim Ironman oder auch bei Mehrfachtriathlons vom Grundlagenausdauerniveau bei aerober Energiebereitstellung und der Vorbelastung durch Schwimmen und Radfahren bestimmt werden, erfordern Kurztriathlons bis zum olympischen Triathlon auch einem entsprechenden Trainingsanteil zur Entwicklung des Systems der anaeroben Energiegewinnung.
Das bedeutet, dass für alle eine möglichst hohe Ausprägung des Grundlagenausdauerniveaus, eine möglichst hohe aerobe Schwelle und eine gute V02max Basis sind, für die kürzeren Strecken des Leistungsbereiches es aber ohne ein entsprechendes wettkampfspezifisches Ausdauertraining im Bereich der Wettkampfzielgeschwindigkeit und darüber nicht geht.
Je höher das Leistungsniveau umso mehr wird der anaerobe Energiestoffwechsel gefordert, je niedriger das individuelle Leistungsniveau umso einfacher ist es, auch Wettkämpfe auf einer guten aeroben Ausdauerbasis „noch gut zu bewältigen".
Zur Rolle der Lauftechnik im Triathlon im Vergleich zum 5000 m Lauf
Auch wenn sich die Bewegungsstruktur und die Muskelaktivitäten im Laufen um möglichst schnell von A nach B zu kommen eigentlich nicht unterscheiden sollten, gibt es einen Riesenunterschied zwischen der Lauftechnik von Triathleten und dem leichtathletischen Langstreckenlauf. Während Triathleten nach dem Schwimmen und Radfahren mit bereits stark ermüdeter und oft sichtbar verkürzter Muskulatur und nicht selten auch schon ganz schön „steif" beispielsweise zum abschließenden 10 km Lauf ihr erworbenes Motorik-programm abrufen müssen um möglichst schnell in die mittlere Wettkampfgeschwindigkeit zu kommen, beginnen z.B. 5000 m Läufer „frisch" bei erst einmal deutlich überhöhter Startgeschwindigkeit.
Wer sich im TV übermittelte „Technikbilder" vom Laufen bei der Diamond League oder Triathlon bei den Olympischen Spielen vor Augen hält kann gar nicht übersehen, dass für einen 5000 m Lauf unter 13:00 Minuten ( = 6,41 m/s = 2:36 min/km) von der Weltelite das Vorfußlaufen in der Regel vortriebswirksam perfekt demonstriert wird, für die abschließenden 10 km im Triathlon unter 30 Minuten (= 5,56 m/s = 3:00 min/km) man aber auch mit der Mittelfußtechnik noch gut ins Ziel kommt.
Diese Unterschiede in der präsentierten Technik sind nicht zu übersehen. Die mit konditionellen Reserven und motorischen Vorteilen in den Endphasen der Rennen stehen dann auch auf dem Podium.
Je schneller das Rennen umso größer ist der Einfluß der Lauftechnik auf die Laufleistung. Dabei sind diejenigen mit einer „Leichtlauftechnik" und kürzeren Stützzeiten zusätzlich im Vorteil.
Es gibt vielfältige Möglichkeiten eine optimale disziplinspezifische bzw. sportartgerichtete Lauftechnik zu erarbeiten. Je besser die konditionellen, motorischen, koordinativen- und Kraftvoraussetzungen vorbereitend geschaffen wurden, umso leichter ist es mit Hilfe von Technikläufen bei unterschiedlichen Ermüdungsgraden die Lauftechnik zu optimieren.
Einen unterstützenden Beitrag dazu können auch in Dauerläufe eingefügte „Technik-Kilometer" leisten, in denen zeitweilig eine dem Optimum nahe Technik abgerufen werden müßte.
Lothar Pöhlitz