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29
02
2012

diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe - Heilmittel Sport - eine unterschätzte Therapie macht mobil - AG Diabetes & Sport der DDG zusammen mit der Bergischen Universität Wuppertal ©diabetes DE

diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe – Heilmittel Sport – eine unterschätzte Therapie macht mobil – AG Diabetes & Sport der DDG zusammen mit der Bergischen Universität Wuppertal

By GRR 0

 Wissenschaftlich ist schon lange bewiesen, wie wichtig Bewegung in der Diabetestherapie ist. Und doch werden die vielen Sport- und Rehaangebote von  Menschen mit Diabetes viel zu wenig genutzt. Liegt es an den Angeboten oder daran, dass die Vorteile nicht ausreichend gegenüber den Patienten vermittelt werden können?

Findet überhaupt ausreichend Beratung zur Lebensstiländerung statt? Wie kann der Patient nachhaltig an die Bewegungstherapie herangeführt werden? Wie wird der Patient eigenständig zum Aktient? Diesen Fragestellungen ging das von der AG Diabetes & Sport der DDG zusammen mit der Bergischen Universität Wuppertal veranstaltete 1. interdisziplinäre Symposium Diabetes und Bewegung am 25. Februar 2012 in Wuppertal nach.

120 Teilnehmer aus den Berufsgruppen Arzt, Diabetesberater und Übungsleiter verfolgten die von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe unterstützte Veranstaltung. Experten der Sportmedizin, Sportwissenschaft, Diabetologie, des Hausärzteverbandes und des Landessportbundes sowie Vertreter der Kostenträger stellten Therapieangebote vor und diskutierten gemeinsame Lösungsansätze für eine bessere strukturelle Vernetzung aller Akteure.

„Wir wissen, dass die Bewegungstherapie nach wie vor ein Stiefkind in der Behandlung ist. Das Symposium ist ein erster Schritt, dies durch eine bessere Vernetzung zu ändern", sagt Dr. Peter Zimmer, Leiter der AG Diabetes & Sport, der als Initiator die Veranstaltung zusammen mit Prof. Dr. Dr. Thomas Hilberg und Prof. Dr. Theodor Stemper von der Bergischen Universität Wuppertal ausgerichtet hat.

Im Verlauf des Symposiums wurde deutlich, dass die Bewegungstherapie Opfer einer Schnittstellenproblematik ist: Der Arzt spricht mit dem Patient, der Patient erhält eine Bewegungstherapievorschlag und schließt sich, wenn er motiviert genug ist, einer Sportgruppe an, eine Rückkoppelung zwischen Sporttherapeut und Arzt erfolgt später nicht. Entscheidend ist, ob der Patient überhaupt motiviert wird, sich mehr zu bewegen. Theoretisch müsste die Erstmotivation beim Arzt erfolgen, doch die Praxis sieht häufig anders aus:

Alle 14 Tage gehen die meisten Diabetiker zu ihrem Hausarzt, im Durchschnitt sehen sich Arzt und Patient somit 28 mal im Jahr – für ca. drei Minuten. Zeit für eine individuelle Beratung zur Bewegungstherapie bleibt dort nicht. Wenn überhaupt, wird dem Patient mit „Verordnungsblatt Muster 56 Rehasport" eine Bewegungstherapie verordnet, die von der Krankenkasse finanziert wird. Das von der AG Diabetes & Sport ins Leben gerufene Schulungsmodul „DiSko" (Wie Diabetiker zum Sport kommen), das einen dreißigminütigen strammen Spaziergang als zentrales motivationsförderndes Element hat, wird zum Beispiel nicht flächendeckend von den gesetzlichen Krankenkassen unterstützt. DMP-Programme haben laut letzten Untersuchungen dazu geführt, dass weniger Arztbesuche bei den besser geschulten Patienten anfallen.

Obwohl Bewegungstherapie ein integraler Bestandteil der DMP sein sollte, kommt diese aber meist zu kurz. Der Patient kann Glück haben, eine Diabetesberaterin, die Sporttherapie durchführt, vorzufinden, die ihn nachhaltig zur Bewegung zu motiviert. Trotzdem stellt sich die Frage, ob in der Bewegungstherapie überhaupt Sportarten angeboten werden, die den Patienten dauerhaft veranlassen, sich aus eigener Motivation zu bewegen?

Der Sport muss schließlich dem Patienten gefallen und nicht dem Therapeuten. Es gibt 120 Sportarten, aber nur zwei, die immer wieder beim Diabetespatienten als Therapie favorisiert werden: Ausdauer- und Muskeltraining. Angebote von Fitness-Studios wiederum, die sich mit einem von der AG „Diabetes & Sport" gemeinsam mit dem TÜV Rheinland entwickelten Gütesiegel „Diabetestraining geeignet" auf Diabetes-Training spezialisiert haben hingegen, werden von den Ärzten missachtet und von den Krankenkassen nicht gefördert. Von einer strukturell verankerten Bewegungstherapie für chronisch Kranke ist das deutsche Gesundheitswesen weit entfernt. 

Bei der Diskussion, Lösungsansätze für dieses Problem zu finden, waren sich die Experten in Wuppertal einig, dass ohne persönliche Beratung, ohne die nachhaltige Motivation eines jeden Einzelnen, die Betroffenen auf Dauer nicht an eine erfolgreiche Bewegungstherapie herangeführt werden können. Die Experten setzen zum einen auf die Macht der Gruppendynamik und zum anderen auf die ganz persönliche Ansprache der Patienten. Hier könnte den Diabetesberaterinnen und den Übungsleiter zukünftig eine noch wichtigere Rolle zuteil werden, wenn diese Leitung auch von den Kostenträgern vergütet werden würde.

Wichtige Erkenntnis: Der Sport muss dem Patienten Spaß machen und ohne Zwang ablaufen, dann könnte nach ersten Erfolgen auf Dauer ein Eigeninteresse der Betroffenen (Empowerment) entstehen.

Der Diskussion folgten am Nachmittag verschiedene Workshops, die praktische Anleitungen für verschiedene Bewegungstherapien wie  „Krafttraining", „Nordic Walking", BEL" oder „DiSko" gab.

Am Ende des Symposiums verabschiedeten die AG Diabetes & Sport der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), die Bergische Universität Wuppertal (Sportmedizinische und Sportwissenschaftliche Fakultät) und diabetesDE die „Wuppertaler Erklärung" mit dem gemeinsamen Ziel, die optimierte Bewegungstherapie über die Grenzen der Fachgesellschaften und Institutionen hinaus zum Wohle Patienten der mit Diabetes ständig weiterzuentwickeln und den Zugang zu speziellen Sportangeboten zu erleichtern sowie eine höhere Effizienz der Sportmaßnahmen zu erreichen.

Die Reihe „Interdisziplinäres Symposium Diabetes und Bewegung" soll nächstes Jahr fortgesetzt werden.

 

Quelle: diabetesDE-Deutsche Diabetes-Hilfe

 

diabetesDE-Deutsche Diabetes-Hilfe

 

author: GRR

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