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25
04
2012

Prof. Dr. med. Frank Mayer, Ärztlicher Direktor der Hochschulambulanz der Universität Potsdam [Zentrum für Sportmedizin, Gesundheits-, Freizeit- und Leistungssport], Professur für Sportmedizin & Sportorthopädie; Am Neuen Palais 10, 14469 Potsdam ©privat

DGSP – Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention weist darauf hin: Kombinierte Trainingsformen sind in der Prävention und Rehabilitation von Rückenschmerzen Erfolg versprechend

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Rückenschmerzen kommen in den westlichen Industrienationen eine zentrale Bedeutung zu. Die Prävalenz (die Häufigkeit) über die gesamte Lebenszeit wird mit bis zu 90 Prozent angegeben, die Punktprävalenz allein für den unteren Rückenschmerz beträgt etwa 13 bis 29 Prozent für unterschiedliche Länder, die Rückfallrate nach erstmaligem Auftreten (Erstinzidenz) 35 bis 80.

Auch im Spitzensport sind vergleichbare Daten für jugendliche und erwachsene Athleten mit einer Prävalenz von rund 75 Prozent und einer jährlichen Erstinzidenz von rund 5 Prozent bekannt. Es lassen sich strukturelle, funktionelle und psychologische beziehungsweise psychosoziale Faktoren differenzieren. Diese können sich gegenseitig verstärken und miteinander in Wechselwirkung stehen.

Meist wird eine unzureichende muskuläre Stabilisierung der Wirbelsäule unter Last (Heben und Tragen schwerer Gegenstände, plötzlich einwirkende Kräfte) und länger währender Belastung wie längeres Sitzen angeführt. Klinische Symptome sind daher besonders bei Personen mit unzureichend trainierter Rückenmuskulatur ausgeprägt. Bekannt ist allerdings auch, dass nicht jede strukturelle Anomalie mit Beschwerden einhergeht, sofern sie muskulär-funktionell kompensiert ist.

Körperliches Training zeigt in der Prävention und Rehabilitation struktureller und funktioneller Schadensbilder der Wirbelsäule oftmals eine hohe Effizienz. Allerdings bleibt für den Einzelfall unklar, welche Dosis-Wirkung zu einer Adaptation von Muskeln, Sehnen und Knochen führt und letztlich tatsächlich eine Risiko- und Beschwerdeminderung erreicht. Derzeit lässt sich eine hohe Evidenz für die therapeutische Anwendung von unspezifischen Trainingsinterventionen, landläufig als „Bewegung" bezeichnet, vor allem bei chronischen unteren Rückenschmerzen formulieren. Darüber hinaus ist aus präventivmedizinischer Sicht eine Reduktion der Beschwerdehäufigkeit, Beschwerdeanzahl und Beschwerdeintensität bekannt.

Bezüglich der Notwendigkeit, Auswahl und Planung von therapeutischen und präventiven Interventionen sollte zwischen nachgewiesenen, strukturellen Schäden (zum Beispiel Bandscheibenschäden) und Beschwerden ohne strukturelle Veränderungen, also chronisch unspezifische Beschwerden, differenziert werden. Empfohlen werden meist eine Optimierung der Kraftleistungsfähigkeit durch Kräftigung unter Einsatz des Körpergewichts oder Krafttraining an Geräten und eine Verbesserung der sensomotorischen Funktionsfähigkeit der Rumpf-muskulatur (zum Beispiel Verbesserung der Gleichgewichtsfähigkeit auf labilen Untergründen, Kompensation plötzlich einwirkender Kräfte durch Rumpfstabilisation bei Richtungswechsel und Sprüngen).

Mittlerweile ist schließlich gut belegt, dass kombinierte Trainingsformen unter Einbindung verhaltens-therapeutischer Methoden Erfolg versprechend sind.

Professor Dr. med. Frank Mayer, Potsdam
 

Der Autor:
Prof. Dr. med. Frank Mayer, geb. 29.04.64

Ärztlicher Direktor der Hochschulambulanz der Universität Potsdam [Zentrum für Sportmedizin, Gesundheits-, Freizeit- und Leistungssport], Professur für Sportmedizin & Sportorthopädie; Am Neuen Palais 10, 14469 Potsdam – Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin, Chirotherapie

Beruflicher Werdegang:
Studium der Humanmedizin an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen bis 2006 Medizinische Klinik und Poliklinik, Abteilung Sportmedizin und Orthopädische Klinik Universität Tübingen; Medizinische Klinik, Abteilung Rehabilitative und Präventive Sportmedizin, Universität Freiburg
02/06 Berufung an die Universität Potsdam, W3-Professur für Sportmedizin & Sportorthopädie

Sonstiges:
– 11/98 Verleihung des Hannes-Schoberth Wissenschaftspreises
– Wissenschaftsrat der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP)
– Corresponding member Scientific Commission EFSMA und FIMS
– Mitglied im Medizinischen Expertengremium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
– Dekan der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam
 

DGSP im Kurzportrait:

Die 1912 gegründete Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP)
ist die zentrale ärztliche Institution auf den Gebieten der Sportmedizin sowie der Gesundheitsförderung und
Prävention durch körperliche Aktivität.

Neben der Förderung von sport- und präventivmedizinischer Forschung, Lehre sowie Fort- und Weiterbildung setzt die DGSP viele Projekte zur Erhöhung der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung um. Sie ist die Vereinigung der 18 Landesverbände für Sportmedizin und mit ihren 9000 Mitgliedern eine der größten wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland.

Am 21. September 2012 feiert die deutsche Sportmedizin ihr einhundertjähriges Bestehen. Dem Präsidium
gehören an: als Präsident Professor Dr. Herbert Löllgen (Remscheid), als Vizepräsidenten Dr. Ingo Tusk
(Frankfurt am Main), Hubert Bakker (Bremen), Professor Dr. Klaus Völker (Münster), Professor Dr. Wilhelm Bloch (Köln), Professor Dr. Klaus-Michael Braumann, als Generalsekretär Professor Dr. Rüdiger Reer (beide Hamburg), als Präsidiumsbeauftragte Professor Dr. Aloys Berg (Freiburg), Professor Dr. Dr. Winfried Banzer (Frankfurt/M), Privatdozentin Dr. Ulrike Korsten-Reck (Freiburg) und als Ehrenpräsidenten Professor Dr. Dr. Wildor Hollmann (Köln) und Professor Dr. Hans-Hermann Dickhuth (Freiburg).

author: GRR

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