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03
07
2012

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Borreliose und FSME - Zecken sind des Läufers Feind ©Schattauer Verlag

Borreliose und FSME – Zecken sind des Läufers Feind – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

By GRR 0

In großen Teilen Europas inklusive Deutschland sind die Lyme-Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) die häufigsten Infektionskrankheiten, die durch Zecken übertragen werden. Schätzungsweise erkranken jedes Jahr 30.000 bis 60.000 Menschen an Borreliose und etwa  300 an FSME (2011: 423 Fälle; Spitzenwert 2006: 546 Fälle).

Die Mehrzahl der Infektionen wird während verschiedener Freizeitaktivitäten erworben, wie z.B. auch beim Laufsport (Aderhold und Weigelt 2012).

In Europa ist hauptsächlich die Schildzecke Ixodes ricinus verbreitet, auch „Gemeiner Holzbock" genannt. Vom Ei zum geschlechtsreifen Tier durchläuft die Zecke verschiedene Entwicklungsstadien, wobei sie in jedem Stadium einmal Blut saugen muss. Das erwachsene weibliche Exemplar kann bis zum 200fachen ihres Gewichts an Blut aufnehmen. Die Zecken sind besonders im Frühling bis Frühsommer und im Herbst aktiv. Sie bevorzugen Mischwälder mit gut entwickelter Strauch- und Krautschicht, Wiesen, Bach- und Flussauen, Wegränder mit hohen Gräsern und Gärten.

Die Zecke sitzt auf den Spitzen von Pflanzen und wird bei Berührung im Vorübergehen abgestreift. Sie sucht sich dann eine geeignete Stelle (dünne Hautpartie), um Blut zu saugen. Durch die betäubende Wirkung des Zeckenspeichels ist der Stich nicht schmerzhaft und bleibt daher oft unbemerkt. Bevorzugte Stellen beim Menschen sind die behaarte Kopfhaut, Ohren, Hals, Arm- und Kniebeugen, Leistengegend sowie Hände und Füße. Mit dem Zeckenspeichel können Krankheitserreger übertragen werden.

Dabei handelt es sich in Deutschland hauptsächlich um das Bakterium Borrelia burgdorferi und das FSME-Virus. Ungefähr 20 bis 30 Prozent der geschlechtsreifen Zecken sind mit Borrelia burgdorferi infiziert, das FSME-Virus kommt nur in Teilen Deutschlands vor.

 

Lyme-Borreliose

  

Den Namen erhielt die Lyme-Borreliose von dem amerikanischen Ort Old Lyme, wo 1975 erstmals der Zusammenhang zwischen Arthritis und Zeckenstichen hergestellt werden konnte. Die Erkrankung zeigt vielgestaltige Symptome und verläuft in drei Stadien. Bis zu vier Wochen nach der Infektion kommt es häufig zu einer ringförmigen Rötung um die Einstichstelle, die sich ausbreitet und im Zentrum wieder verblasst (Wanderröte oder Eythema chronicum migrans).

Die Rötung verursacht keine Schmerzen oder Juckreiz. Es können Allgemeinsymptome wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Konjunktivitis oder Lymphknotenschwellungen dazu kommen. Es kann zur Eiweißausscheidung im Urin und erhöhten Leberwerten (Transaminasen) kommen  (Stadium I). Stellt man eine solche Wanderröte fest, sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden.

Nach Wochen bis Monaten kann die Infektion in das Stadium II übergehen. Die Erreger breiten sich über die Blut- und Lymphbahnen aus und befallen Organe, den Bewegungsapparat und das zentrale Nervensystem. Es kommt zu Schmerzen und Lähmungserscheinungen. Typisch sind Lähmungen der Gesichtsmuskulatur (Facialisparese).

Es können aber auch Augenentzündungen (Iritis) Gehirn-, Hirnhaut- und Herzmuskelentzündungen auftreten.

Monate bis Jahre nach der Infektion kommt es im Stadium III zu chronischer Arthritis, besonders der Kniegelenke (Lyme-Arthritis). Hinzu tritt eine chronische Entzündung der Haut (Acrodermatitis chronica atrophicans). Auch Entzündungen des Gehirns und Rückenmarks mit Lähmungen, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen können sich entwickeln.

 

Therapie der Lyme-Borreliose

  

Wenn nach der Vorgeschichte und dem klinischen Bild eine Borreliose wahrscheinlich ist, soll mit der Therapie begonnen werden. Serologische Testverfahren erlauben den Nachweis erhöhter IgM- und/oder IgG-Antikörper in den ersten Wochen nach der Infektion bei 50 Prozent und nach mehr als vier Wochen bei 80 Prozent der Patienten. Die labordiagnostische Lücke in der Frühphase darf nicht zur therapeutischen Untätigkeit verleiten, denn eine negative Serologie schließt eine Frühinfektion nicht aus.

Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika, die je nach Stadium oral oder durch Infusion verabreicht werden. Je länger die Infektion zurückliegt, umso häufiger kommt es zu einem Versagen der antibiotischen Therapie, da Borrelien vermutlich im kollagenen Gewebe für Antibiotika schlecht erreichbar sind. Aus diesem Grund ist nach einem Zeckenstich auf das Auftreten einer Wanderröte zu achten. Die prophylaktische Behandlung mit Antibiotika nach einem Zeckenstich wird nicht empfohlen. Eine Impfung gegen die in Deutschland auftretenden Erreger der Lyme-Borreliose ist noch nicht möglich.

 

Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)

  

Im Gegensatz zur verbreiteten Lyme-Borreliose besteht die Gefahr einer FSME-Infektion durch Zeckenstich nur in bestimmten Gebieten. Betroffen sind vor allem Baden-Württemberg und Bayern. Die Verbreitung schreitet im Osten nach Österreich und Tschechien, im Westen ins Elsaß und in die Schweiz, sowie im Norden nach Thüringen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen fort. Aktuell sind in Deutschland140 Kreise als FSME-Risikogebiete ausgewiesen. Auch in den Hochendemiegebieten sind in der Regel nur drei bis fünf Prozent der Zecken mit dem FSME-Virus infiziert.

Sieben bis vierzehn Tage nach dem Zeckenstich kommt es bei einer Infektion zu Anzeichen wie bei einer „Sommergrippe" mit Fieber, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Beschwerden. Sie Symptome bestehen zwei bis vier Tage und es schließt sich ein beschwerdefreies Intervall von ca. 8 Tagen an. Es folgt dann bei etwa 10 Prozent der Erkrankten die zweite Phase mit Hirnhaut- und/oder Gehirnentzündung. Bleibende Schäden wie z.B. Lähmungen bleiben in 10 Prozent der Fälle zurück.

 

Therapie der FSME

  

Eine direkte Behandlung gegen das FSME-Virus gibt es nicht, es können nur die Symptome der Erkrankung gemildert werden. Mit einer Schutzimpfung, bei der drei Impfdosen innerhalb von 12 Monaten verabreicht werden, erreicht man eine ca. fünfjährige Immunität. Geimpft werden sollte, wer in einem Endemiegebiet lebt oder dort Urlaub macht und zeckenexponiert ist, also auch der Läufer, der sich viel in Wald und Flur aufhält. Selbst mit einem Schnellimpfschema am ersten, siebten und 21. Tag können innerhalb von drei Wochen ausreichende Antikörpertiter erreicht werden. Eine Auffrischimpfung ist dann bereits nach 12 bis 18 Monaten erforderlich. Bis zu 4 Tage nach einem Zeckenstich besteht auch die Möglichkeit einer passiven Immunisierung durch Gabe von Immunglobulinen.

 

Prophylaktische Maßnahmen

  

Neben der Impfung können die folgenden Verhaltensregeln einer Infektion durch Zeckenbiss entgegenwirken:

–          Im Wald nur die Wege benutzen und nicht durch Gras und Unterholz laufen

–          Tragen von geschlossener Kleidung (als Läufer im Hochsommer kaum möglich)

–          Einreiben mit bestimmten, Gliedertiere abwehrenden Mitteln (kein absoluter Schutz)

–          Nach der Aktivität im Freien Körper nach Zecken absuchen

Ist es trotzdem zu einem Zeckenbiss gekommen, sollte die Zecke mit einer Pinzette, oder mit den Fingernägeln aus der Haut gezogen werden. Dabei darauf achten, dass kein Druck auf die Zecke ausgeübt wird. Dies soll ein Eindringen von Viren oder Borrelien in die Wunde vermeiden.

Keine Anwendung von Öl, Alkohol, Nagellack oder Klebstoff, da damit unter Umständen die Übertragung von Erregern gefördert wird. Die Einstichstelle sollte desinfiziert und in den nächsten vier Wochen auf eine entstehende Wanderröte kontrolliert werden. 

Durch die immer weitere Verbreitung von Zecken, die mit Borrelien und dem FSME-Erreger infiziert sind, muss bei Sportlern, die sich viel in der Natur aufhalten, an die Möglichkeit einer Infektion gedacht werden, wenn grippeähnliche Symptome, Muskel-, Gelenkschmerzen und -schwellungen, Nervenlähmungen, Herzprobleme, Abgeschlagenheit, Leistungsschwäche, Kopfschmerzen u.a. auftreten.

 

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

Weitere Informationen unter https://www.zecken.de/ und https://www.rki.de/

 

Borreliose – Infektionskrankheiten

  

Literatur:

Aderhold L, Weigelt S. Laufen! … durchstarten und dabeibleiben – vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. Stuttgart: Schattauer 2012.

 

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Das Buch von Aderhold/Weigelt:

 

Aderhold/Weigelt: Laufen! Die Buchvorstellung aus dem Schattauer Verlag

 

 

 

author: GRR

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