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2012

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Risiken und präventive Aspekte des Langstreckenlaufs - ©privat

Risiken und präventive Aspekte des Langstreckenlaufs – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

By GRR 0

Marathonlaufen ist mittlerweile eine „gesellschaftlich angesagte Mutprobe". Immer mehr Freizeitläufer und Breitensportler aller Altersgruppen und Leistungsklassen treten bei Marathonläufen an. Auf diesem Hintergrund sind gesundheitliche Risiken zu bedenken.

Zur Vorbereitung eines Marathons gehört ein Training von wenigstens einem, besser 2 Jahren (Neilan et al. 2006, Aderhold und Weigelt 2012). Wer Marathon läuft, sollte rundum gesund sein und sich regelmäßig ärztlich untersuchen lassen.

Eine Häufung von Todesfällen bei Laufveranstaltungen innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums hat den Ausdauersport Laufen in die Diskussion gebracht. Wer Marathon läuft, sollte rundum gesund sein und sich regelmäßig ärztlich untersuchen lassen. Plötzliche Todesfälle bei Laufveranstaltungen treffen meist Läufer im mittleren Alter und es sind nicht nur die weniger Trainierten. Bei den US-Trials im Marathonlauf ist 2007 am Vortag des New York Marathons der 28-jährige mehrfache US-Meister im Langstreckenlauf Ryan Shay gestorben. Leistungssportler sollen ein 2,5-fach größeres Risiko für einen plötzlichen Herztod aufweisen, wobei dem Sport eine Triggerfunktion zugewiesen wird (Urhausen et al. 2007).

 

Es findet sich kein Muster für die Gefährdung, jedoch sind Risikofaktoren bekannt:

 

   – Plötzliche Todesfälle und Schlaganfälle in der Familie,

   – Herzerkrankungen, 

   – Bluthochdruck,

   – Fettstoffwechselstörungen,

   – Diabetes mellitus,

   – Nikotinkonsum und

   – Übergewicht.

 

Gesunde Sportler haben kein bekannt erhöhtes Risiko beim Marathonlauf. Es geht eben darum, die Menschen herauszufiltern, die eine gefährdende Erkrankung haben. Es ist deshalb das Bestreben der Veranstalter, jeden Läufer darauf hinzuweisen, dass er mit seinem Gut Gesundheit vernünftig umgeht und Warnzeichen nicht ignoriert.

Untersuchungen insbesondere in den USA haben ergeben, dass das Todesfallrisiko bei Straßenläufen über kürzere Distanzen wesentlich geringer ist als bei Marathonläufen. Das Todesfallrisiko beträgt beim Marathon 1,01 : 100.000, beim Halbmarathon beträgt es etwa ¼ davon (Kim et al. 2012). Die langen Strecken verlangen dem Körper deutlich mehr ab. Marathonlaufen hat primär nichts mit präventivem Ausdauersport oder Lauftherapie zu tun, es ist eine starke Belastung für das Herz-Kreislauf-System und den Bewegungsapparat.

Sich jeden zweiten Tag ausdauerorientiert zu bewegen wirkt in vielerlei Hinsicht  präventiv und bedarf keines Marathon- oder Ultralaufslaufs. Solche langen Belastungen sind aus orthopädischer und internistischer Sicht, insbesondere bei Grenzbelastungen und ungünstigen Wetterbedingungen, nicht unbedingt gesund. Die ist in vielen Studien bewiesen worden.

Das absolute Risiko kardiovaskulärer Zwischenfälle bei körperlicher Aktivität ist zwar gering aber nicht zu verneinen (Löllgen et al. 2006). Bei männlichen Marathonläufern kommt es in 55% jährlich zu einer Verletzung (van Middelkoop et al. 2008). Gerade bei Mehretappenläufen steht eine begrenzte Zeit zur Regeneration zur Verfügung, was zu vermehrten Überlastungsverletzungen und einer negativen Energiebilanz führt (Schütz et al. 2012).

Sportmedizinische Vorsorgeuntersuchungen können Risiken aufdecken und damit präventiv wirken. In Deutschland nehmen allerdings nur etwa die Hälfte aller Ausdauersportler sportmedizinische Vorsorgeuntersuchungen wahr (Leyk et al. 2008). Aus präventiver Sicht müssten gerade untrainierte Sportler und Sportanfänger häufiger untersucht werden, denn sie haben gegenüber dem trainierten Sportler ein um bis zu 50-mal höheres Risiko für kardiovasukuläre Zwischenfälle bei sportlicher Betätigung. Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) hat 2007 Leitlinien zur Durchführung der sportärztlichen Vorsorgeuntersuchung veröffentlicht. Allen Neu- und Wiedereinsteigern in eine sportliche Aktivität wird unabhängig vom Lebensalter eine Eingangsdiagnostik empfohlen (Dürsch 2009).

Untrainierte bzw. unregelmäßig Sport Treibende sind bei ungewohnter bzw. intensiver Belastung eher gefährdet als regelmäßig Trainierende. Plötzliche Todesfälle im Sport bei offenbar gesunden jüngeren Sportlern beruhen meist auf einer unerkannten Herzkrankheit, am häufigsten einer hypertrophen Kardiomyopathie (Herzmuskelverdickung). Als Ursachen kommen außerdem Anomalien der Herzkranzgefäße, Herzklappenfehler, Herzrhythmusstörungen und  die Myokarditis (Herzmuskelentzündung) in Frage.

Bei älteren Sportlern steht die koronare Herzkrankheit (Verkalkung der Herzkranzgefäße) im Vordergrund. In einer Vielzahl von Untersuchungen konnte der Zusammenhang zwischen intensivem Ausdauertraining und dem vermehrten Auftreten von Vorhofflimmern insbesondere bei älteren Männern festgestellt werden. Als Ursache werden vor allem Gewebsveränderungen und eine sportbedingte Größenzunahme des Vorhofmyokards sowie sportbedingte Einflüsse des autonomen Nervensystems angenommen. Die gesundheitsförderliche Bedeutung regelmäßigen Trainings wird durch diese Daten allerdings nicht eingeschränkt (Müssigbrodt et al. 2010, Steinacker und Fleischer 2010).

Die hypertrophe Kardiomyopathie ist in erster Linie für den plötzlichen Herztod bei Sportlern unter 40 Jahren verantwortlich (Pelliccia 2001). Es handelt sich dabei um eine angeborene Herzmuskelverdickung, die nicht mit der physiologischen Herzmuskelhypertrophie beim Sportherz verwechselt  werden darf. Bei einer Verkalkung der Herzkranzarterien (koronare Herzkrankheit) können unter Belastung durch die vermehrte Adrenalinausschüttung und den Sauerstoffmangel lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen auftreten. Eine weitere Gefahr besteht in der Plaqueruptur und Auslösung eines Herzinfarkts. Bei lang dauernden, hoch intensiven Belastungen kommt es außerdem zu einer Gerinnungsaktivierung. Dies wird durch eine gesteigerte Fibrinolyse (Gerinnungshemmung) weitestgehend kompensiert. 

 

Zumindest ein Teil der Todesfälle durch plötzlichen Herztod könnte vermieden werden, wenn die folgenden Warnsymptome (Kleinmann 2009) beachtet würden und Anlass zur ärztlichen Abklärung wären:

 

–          Ungewöhnliches Herzklopfen mit Pulsunregelmäßigkeit bzw. Herzrasen,

–          Schwindelgefühl während des Laufens, Kollapszustände und Bewusstlosigkeit (Synkope),

–          Schmerzen, Brennen oder Engegefühl in der Brust, Hals oder Schulter,

–          Druck, Völlegefühl oder Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit, Unwohlsein und

–          Luftnot in Ruhe oder bei geringer Anstrengung.

Auch Herzfrequenzmessung und Laktatbestimmung können den plötzlichen Herztod nicht verhindern. Beide können ergänzend durchgeführt werden, sind jedoch nicht unentbehrlich und garantieren auch keine bessere sportliche Leistung. Herzpatienten sollten den Anstrengungsgrad so bemessen, dass sie sich noch gut unterhalten können, keine Luftnot und Angina pectoris eintritt.

Aber auch bei noch so sorgfältiger regelmäßiger Untersuchung kann es keine absolute Sicherheit geben. Trotzdem überwiegt der Nutzen eines regelmäßig betriebenen Ausdauertrainings für Leistungsfähigkeit, Gesundheit und Lebensqualität.

 

Bestehende Herzerkrankungen

 

Marathon- und Ultralauf bei bereits bestehender Arteriosklerose und koronarer Herzkrankheit ist möglich, allerdings ist das Risiko für einen kardialen Zwischenfall höher. Das Training für diese langen Distanzen stellt keinen absoluten Schutz dar (Möhlenkamp et al. 2008), fördert aber einen gesünderen Lebensstil und die allgemeine Leistungsfähigkeit.Die Trainingsdosis muss allerdings dem individuellen Befund in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt angepasst werden.

 

Von einem Training für Langstreckenläufe muss dann abgeraten werden, wenn

 

   – Angina pectoris unter Belastung auftritt,

   – kreislaufwirksame Herzrhythmusstörungen vorliegen,

   – die Linksherzfunktion eingeschränkt ist,

   – im Belastungs-EKG Zeichen für eine Durchblutungsstörung erkennbar sind oder

   – eine Rechtsherzbelastung durch Lungenveränderung vorliegt (Kleinmann 2010).

 

Träger von Herzschrittmachern mit einer ausreichenden myokardialen Funktion können im submaximalen Bereich eine sehr gute körperliche Dauerleistungsfähigkeit entwickeln. Träger eines Defibrillators sollten auch bei kompletter Beschwerdefreiheit besser keinen Wettkampfsport betreiben. Patienten mit Herzfehlern und nach Herzklappenersatz sollten ein Ausdauertraining nur nach entsprechender Überprüfung und Empfehlung durch den behandelnden Arzt vornehmen (Kindermann 2001 und 2010; Scharhag 2010). 

 

Genetisch bedingte Risikofaktoren

 

Es gibt Menschen, die genetisch bedingt bei sportlicher Aktivität einem erhöhten Risiko für einen plötzlichen Herztod ausgesetzt sind.

Zu diesen genetisch bedingten Erkrankungen werden

   – die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM),

   – die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC),

   – das Marfan Syndrom,

   – Ionenkanal-Anomalien wie Long-QT Syndrom(LQTS) und Brugada Syndrom sowie

   – die katecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie (CPVT) gezählt.

 

Die Häufigkeit in der Bevölkerung liegt bei bis zu 1:500, wobei die HCM als häufigste Ursache eines plötzlichen Herztodes bei Wettkämpfen gilt. Es muss mit einer gewissen Häufigkeit unerkannter Fälle gerechnet werden. Aus diesem Grund sind Vorsorgeuntersuchungen von großer Bedeutung. Schon die Anamnese mit der Frage nach plötzlichen Todesfällen in der Familie kann richtungsweisend sein.

Auch zurückliegende Ohnmachtsanfälle (Synkopen) oder phänotypische Veränderungen (Marfan Syndrom) müssen Beachtung finden (Kindermann 2005, Kauferstein et al. 2009).

Wird eine Erkrankung mit erhöhtem genetischem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse bei sportlicher Betätigung festgestellt oder vermutet, sollte ein Verbot für Wettkampfsport ausgesprochen werden. Für den Freizeit- und Ausgleichsport sind Ausdauersportarten zu bevorzugen, wobei das Trainingsprogramm mit dem Arzt abgesprochen werden muss. Aus dem Ergebnis der Untersuchung sollte der Arzt eine Empfehlung für eine geeignete Sportorganisation (Verein, Fitnesscenter, Herzgruppe, Rehabilitationseinrichtung) geben, in der die Betreuung, Überwachung und Sicherheit individuell am besten erfüllt werden.

 

Herzschädigung nach langen Ausdauerwettkämpfen?

 

In den letzten Jahren sind eine ganze Reihe von Studien veröffentlicht worden, die eine Herzmuskel-schädigung nach langen Ausdauerwettkämpfen wie Marathon, Ultralangstreckenlauf und Triathlon untersuchten Als Nachweis dienten Herzmarker und echokardiographische Abweichungen. Solche vorübergehenden Veränderungen gingen weder mit Beschwerden noch mit im EKG nachweisbaren Änderungen einher. Zeitweise mit dem EKG registrierte Veränderungen waren Anhebungen der ST-Strecke und erhöhte T-Wellen.

Das Risiko einer belastungsinduzierten Herzschädigung durch Ausdauersport wird gegenwärtig wieder vermehrt diskutiert, da nach Ausdauerbelastungen den Grenzwert überschreitende Anstiege kardialer Marker (Herzenzyme wie Troponin, IMA und BNP) beschrieben wurden, die sonst bei Patienten nach Herzinfarkt oder bei einer Herzinsuffizienz erhöht sind. Konzentrationserhöhungen dieser Marker wurden sowohl bei Hochleistungssportlern als auch bei Breitensportlern meist nach längeren Ausdauerbelastungen beschrieben (Neumayr et al. 2001, Scharhag et al. 2007, 2011, Saravia et al 2010, Shave et al 2010).

Die kardialen Troponine I und T (cTnI; cTnT) gelten mittlerweile als laborchemischer Goldstandard zum Nachweis einer Herzmuskelnekrose. Nach einem Herzinfarkt kommt es nach ca. 2 bis 4 Stunden zum ersten Anstieg der Troponin-Konzentration im Blut, der bis zu 21 Tage anhalten kann. Da aber auch nach Ausdauerbelastungen wie z.B. Marathon-Läufen, Langzeit-Triathlon-Wettkämpfen, 100 km-Läufen, Rad-, Mountainbike- oder Skilanglaufrennen erhöhte Troponin-Konzentrationen im Blut bei beschwerdefreien Sportlern beschrieben wurden, vermuten einige Autoren, dass insbesondere längere Ausdauerbelastungen Herzmuskelzelluntergänge herbeiführen.

Die gemessenen erhöhten Troponin-Konzentrationen der Sportler fallen in der Regel binnen 24 Stunden nach Belastung wieder deutlich ab und erreichen in dieser Zeitspanne meist wieder den Normbereich. Ein Zusammenhang zwischen einem belastungsinduzierten Troponin-Anstieg und dem Alter der Sportler wurde bisher nicht festgestellt, jedoch scheinen bei gut trainierten Läufern die Anstiege geringer auszufallen. Zusätzlich wurde in einigen Studien nach mehrstündigen Belastungen echokardiographisch eine kardiale Ermüdung mit vorübergehender geringer Funktionseinschränkung bei ansonsten unauffälligen, beschwerdefreien und gesunden Ausdauersportlern beschrieben.

Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen belastungsinduzierten Troponin-Anstiegen und einer kardialen Ermüdung scheint anhand der bisherigen Studienergebnisse nicht zu bestehen. In Kardio-MRT-Untersuchungen vor und nach Marathonläufen konnte trotz Troponin-Erhöhungen keine myokardiale Nekrose oder Fibrose gefunden werden (Scharhag et al. 2011).

Studien haben auch gezeigt, dass „kürzere intensive" Ausdauerbelastungen (z.B. Marathonlauf) in einem größeren Prozentsatz Troponin-Erhöhungen hervorrufen als längere bzw. ultra-lange Ausdauerbelastungen mit niedrigeren Intensitäten (z.B. 216 km Badwater Ultramarathon-Lauf Death Valley).

Die Mechanismen der belastungsinduzierten Troponin-Freisetzung sind bisher allerdings noch nicht geklärt. Möglicherweise führt die Belastung zu einer vorübergehenden Erhöhung der Membranpermeabilität und Freisetzung des freien Troponins. Da die belastungsinduzierten Troponin-Erhöhungen binnen 24 Stunden deutlich abfallen bzw. wieder im Normbereich liegen, ist für gesunde Sportler ohne krankhafte Auffälligkeiten im EKG oder der Echokardiographie eine 24-stündige Verlaufsbeobachtung ausreichend. Eine sofortige weitergehende Diagnostik unauffälliger Sportler mit ausschließlich belastungsinduziertem Troponin-Anstieg erscheint derzeit nicht notwendig.

Ein Konzentrationsanstieg des Ischämie-modifizierten Albumins (IMA) wurde bei reduzierter Blutversorgung des Herzens beschrieben. Die Mechanismen einer IMA-Konzentrationsänderung bei Ausdauerbelastungen sind noch nicht geklärt. Unter Berücksichtigung der derzeitigen Studienergebnisse scheint die Annahme gerechtfertigt, dass lang andauernde Ausdauerbelastungen bei gesunden Sportlern nicht zu einer verminderten Blutversorgung des Herzmuskels (Ischämie) führen.

Das B-Typ Natriuretische Peptid (BNP) wird überwiegend vom Herzmuskel gebildet und spiegelt den Stress einer Volumen- und Druckbelastung sowie der Stimulation wider. Durch körperliche Belastungen können bei gesunden Sportlern insbesondere nach längeren Ausdauerbelastungen akute BNP-Anstiege im Blut induziert werden. Aber auch kürzere Ausdauerbelastungen zwischen 30 und 60 Minuten (insbesondere oberhalb der individuellen anaeroben Schwelle) können zu BNP-Anstiegen führen.

Für die Beurteilung der BNP-Werte im praktischen Alltag ist wichtig, dass bei gesunden Sportlern unter Ruhebedingungen keine erhöhten BNP-Konzentrationen vorliegen, jedoch lang andauernde oder intensive Ausdauerbelastungen kurzfristige Anstiege hervorrufen können. Bei Patienten mit eingeschränkter Herzfunktion ist zu berücksichtigen, dass bereits moderate körperliche Belastungen zu BNP-Anstiegen führen können (Scharhag et al. 2007 und 2011).

 

Schlussfolgerungen

 

Zusammenfassend ist zu bemerken: Belastungsinduzierte Anstiege kardialer Marker können bei Leistungs- und Breitensportlern insbesondere nach langen, erschöpfenden Ausdauerbelastungen auftreten. Im Gegensatz zum akuten Myokardinfarkt sind die belastungsinduzierten Troponin-Erhöhungen jedoch nur gering ausgeprägt und scheinen eher eine reversible Schädigung des Herzmuskels widerzuspiegeln. Auch die Erhöhung der IMA- und BNP-Konzentrationen bei Ausdauerbelastungen scheint bei gesunden Sportlern keine krankhafte Bedeutung zu besitzen. Die durch Echokardiographie und MRT nachgewiesene vorübergehende kardiale Ermüdung bzw. Funktionsänderung nach langen Ausdauerbelastungen sind nicht mit dem Nachweis einer Nekrose oder Fibrose verbunden.

Ob diese Beobachtungen bei sehr langen anstrengenden Ausdauerbelastungen eine klinische Bedeutung haben, ist noch nicht geklärt. Es könnte sich auch um ein physiologisches Geschehen handeln. Allgemeingültige Empfehlungen lassen sich von den bisherigen Untersuchungen nicht ableiten, auf keinen Fall besteht Anlass, Unsicherheit in die Ausdauerszene zu bringen.

Bei angepasster Vorbereitung ist auch bei Langzeitausdauerbelastungen nicht mit bleibenden gesundheitlichen Schäden zu rechnen, es liegen zumindest bisher keine hinreichenden Hinweise dafür vor. Allerdings wird ein vorgeschädigtes Herz bei nicht angepasster Dauerbelastung empfindlicher reagieren als ein Gesundes (Kleinmann 2009). Untrainierte bzw. unregelmäßig Sport Treibende sind bei ungewohnter oder intensiver Belastung sicher eher gefährdet als regelmäßig Trainierende.

Bei größeren Laufveranstaltung muss heute jeder Teilnehmer erklären, dass er gesund ist,  einen Gesundheitscheck hat vornehmen lassen und ausreichend trainiert ist. Durch intensive Aufklärung im Rahmen der Ausschreibungen sollte zu einer jährlichen sportärztlichen Vorsorgeuntersuchung aufgerufen und an die Eigenverantwortung appelliert werden.

Das Interesse am GRR-Fragebogen zu Gesundheit und Sport macht die Bedeutung präventiver Maßnahmen deutlich. Mit der Beantwortung dieses Fragebogens kann jeder Sportler prüfen, ob bei ihm ein relevantes sportmedizinisches Risiko besteht. Die Verantwortung für das eigene Tun liegt aber letztendlich bei jedem selbst und kann nicht von der Gesellschaft übernommen werden.

 

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

Literatur:

 

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