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11
03
2013

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Mentales Training und Strategien (2) - Verhaltensstrategie ©privat

Mentales Training und Strategien (2) – Verhaltensstrategie – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

By GRR 0

Bei einer Strategie oder auch Taktik im Sport handelt es sich um ein System von optimalen Handlungs- und Verhaltensplänen zur angemessenen Reaktion auf verschiedene Situationen. Um sich für den Wettkampf eine Verhaltensstrategie zurechtzulegen, bedarf es zunächst dem Sammeln von Informationen über Strecke, Bedingungen und mögliche Gegner. Dieses Bedingungslernen ist die Grundlage der mentalen Wettkampf-Vorbereitung.

Renntaktische Planungen hängen auch von Informationen ab, die man in früheren Rennen und Trainingseinheiten gewonnen hat. Nutzen Sie diese Erfahrungen, um sich in eine positive Wettkampfstimmung zu bringen. Es kann hilfreich sein, sich für den Wettkampf eine Marschtabelle mit Zwischenzeiten zurechtzulegen. Legen Sie markante Streckenmarkierungen oder Kilometerschilder fest und verbinden diese mit einer Selbstinstruktion in Form eines Selbstgesprächs.

„Denken ist reden mit sich selbst" (Immanuel Kant). Beobachtetes speichern Sie am besten, wenn Sie es mit sich selbst mehrere Male durchsprechen. 75 % der Sportler greifen im Training und Wettkampf auf Selbstgespräche zurück.

 

Positive Programmierung

 

Effektive und adäquate Strategien können mit Hilfe der Selbstgesprächsregulation eingesetzt werden. Durch die Steuerung von Selbstgesprächen können Leistungsreserven mobilisiert werden. Sagen Sie zu sich selbst „Stopp", wenn Sie  störende und negative Gedanken unter Kontrolle bringen wollen. Negative Selbstgespräche gehen mit einer schlechteren sportlichen Leistung einher.

Wenn Sie das Negative ausblenden und sich aktiv mit den richtigen Dingen beschäftigen, werden sich nach und nach Ihre Hirnzentren umprogrammieren.  Positive Bewältigungssätze wie „Du kannst es schaffen" können zu einer angemessenen Situationsbewältigung und Kontrolle negativer Emotionen führen, denn nicht die Ereignisse selbst rufen Stress hervor, sondern die Art, wie sie wahrgenommen werden.

Erstellen Sie Skripte für Selbstgespräche, um negative Situationen in positive zu verwandeln. Das Führen positiver Selbstgespräche sollten Sie systematisch in das tägliche Training integrieren. Erfolgreiche Sportler zeichnen sich durch konstruktive, anspornende und handlungsorientierte Selbstgespräche aus. Nutzen Sie Selbstgespräche zur Selbstsuggestion und Selbstmotivation.

Selbstgespräche können erfolgreich eingesetzt werden, um die Anstrengung zu erhöhen. Positives Denken ist kein Selbstbetrug, es geht darum, eine andere Sichtweise einzunehmen (Beckmann und Elbe 2008). Die Ziele sind ein optimaler Eigenzustand und effektives Handeln bei Anforderungen jenseits der Routine.

Schreiben Sie negative Selbstgespräche auf und ersetzen Sie diese durch positive, Zuversicht ausdrückende Sätze. Diese bekräftigenden Aussagen, die autosuggestiv das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten steigern sollen, nennt man auch Affirmationen. Formulieren Sie in der Ich-Form und vermeiden Sie Wörter mit negativem Charakter wie z.B. nicht, kein, nie, keinesfalls. Trainieren Sie diese Selbstgespräche und integrieren Sie diese ins sportliche Training auch in Kombination mit Visualisierungen.

 

Diese Selbstinstruktionen könnten z.B. lauten:

    –    „Ich weiß, ich kann das."

    –    „Ich gebe mein Allerbestes."

    –    „Ich laufe leicht wie eine Feder."

    –    „Ruhig bleiben und Tempo halten."

    –    „Jetzt Tempo anziehen und vom Gegner lösen."

    –    „Nur noch x Km, das schaffst du leicht."

 

Liegt die „Programmierung" fest, geht Sie diese gedanklich in einem möglichst entspannten Zustand mehrfach durch. Da die Selbstinstruktion einen positiven Effekt anstrebt, muss auch der Inhalt positiv formuliert werden. Diese Technik der Visualisierung durch gedankliche Vorstellung  kann Selbstkontrolle und mentale Stärke verbessern. Visualisierungstechniken sollen emotionale Störungen, Hemmungen, Ängste und mentale Sperren vermeiden oder mindern.

 

Situation durchspielen

 

Das Entwerfen einer eigenen Bewältigungsstrategie wird als Coping bezeichnet. Durch das Visualisieren hat der Sportler die Möglichkeit, schwierige Situationen in der Vorstellung zu simulieren. Der Umgang mit Erschwernissen muss trainiert und reflektiert werden. Die Wettkampfsituation wird damit vertrauter und weniger angstbesetzt. Handlungsplanungen haben einen positiven Effekt auf die Handlungsausführung.

Dabei sollten für den Wettkampf je nach erwarteter Situation verschiedene Lösungsszenarien entwickelt werden. Dies erlaubt dann, im Wettkampf der Situation entsprechend zu reagieren und die bestmögliche Entscheidung zu treffen. Wenn Sie mögliche Probleme im Vorfeld erfassen und abklären, ist die Angst davor genommen. Die Ursache für eine Blockierung im Wettkampf liegt in den meisten Fällen darin begründet, dass der Sportler keinen Handlungsplan für verschiedene Situationen hat. Eine festgelegte Handlungsanweisung verleiht Selbstsicherheit und Zuversicht in die eigene Stärke.

 

Wie gehen Sie dabei konkret vor?

 

–          Entscheiden Sie dabei ganz intuitiv aus dem Bauch heraus, denn Sie kommen dabei zu einer besseren Lösung als durch langes Nachgrübeln.

–          Akzeptieren Sie die Dinge, wie sie sind und machen Sie die neue Ausgangslage zur Basis Ihrer weiteren Gedanken und Handlungen.

–          Ab diesem Zeitpunkt werden Sie lockerer, entspannter und stärker sein.

 

Aufmerksamkeit

 

Wenn man Höchstleistungen vollbringen will, egal ob im Beruf oder im Sport, benötigt man die volle Aufmerksamkeit. Für ein adäquates Handeln ist das bewusste situationsabhängige Umschalten der Aufmerksamkeit wichtig.

Man unterscheidet nach Nideffer (1976) in der Sportpsychologie vier Formen der Aufmerksamkeit:

 

–          External (nach außen) – weit (Wichtig für die Orientierung, z.B. Strecke, Bedingungen, Starterfeld)

–          External (nach außen) – eng (Einzelheiten, z.B. markante Stellen der Strecke, Verpflegungspunke, einzelne Gegner)

–          Internal (nach innen) – weit (allgemeine Befindlichkeit, z.B. „ich bin ausgeruht und locker")

–          Internal (nach innen) – eng (Einzelheiten des Innenlebens, z.B. schwere Beine, schnelle Atmung)

 

Trainingsziel ist es, zwischen den verschiedenen Formen von Aufmerksamkeit hin- und herschalten zu können, um situationsgerecht aufmerksam zu sein (Eberspächer 2007). Wenn der Sportler die volle Leistungsfähigkeit abrufen will, benötigt er 100% seiner Aufmerksamkeit. Geteilte Aufmerksamkeit für zwei bewusste Tätigkeiten kann das menschliche Gehirn nicht erbringen, die Aufmerksamkeit springt dann zwischen beiden Tätigkeiten hin und her.

Die Aufmerksamkeit sollte sich auch nicht auf Dinge in der Vergangenheit oder Zukunft richten, sondern auf das, was man im Augenblick tut. Aufmerksamkeitsregulation benötigt nämlich viel kognitive Energie und man sollte deshalb mit seinen Aufmerksamkeitsressourcen sorgsam umgehen. So können Sie mithilfe eines Leitfadens (Drehbuch) für den Wettkampf Entscheidungsalternativen (verschiedene Szenarios) erarbeiten und damit die Aufmerksamkeit relativ schnell und ökonomisch regulieren (Alfermann und Stoll 2010).

Bevor Sie in den Wettkampf gehen, sollten Sie das Rennen im Geist schon mehrfach gelaufen sein, denn wenn Sie verschiedene taktische Maßnahmen durchgespielt haben, werden Sie schwerlich von etwas überrascht werden.

 

Ablenkung

 

Eine andere Bewältigungsstrategie um schwierigen Situationen im Wettkampf und Training zu begegnen ist die Dissoziation, bei der man sich gedanklich einfach in eine andere Umgebung begibt. Man stellt sich z.B. vor, dass man an einem schönen Strand läuft und versucht, die schönen Bilder wie in einem Film vorbeiziehen zu lassen. Das kann dazu führen, dass man wie in Trance praktisch seinen Körper vergisst.

Diese Ablenkungsstrategien in Form einer Meditation können besonders im Ultralauf, wo mentale Stärke eine große Rolle spielt, sehr hilfreich sein. Sie können dazu beitragen, die Anstrengung zu überspielen und Willenskraft zu mobilisieren, denn erst gibt der Kopf auf und dann der Körper. Eine zusätzliche Willensanstrengung kann noch vorhandene Leistungsreserven mobilisieren, dies haben Untersuchungen gezeigt (Hollmann et al. 2006). Die Psyche ist also der entscheidende leistungsbegrenzende Faktor.

Durch Selbstinstruktion in Form von Motivation, Beruhigung, Konzentration, Umbewertung und Ablenkung können schwierige Situationen gemeistert werden:

–          „Diese Tempoverschärfung gehe ich nicht mit, das ist zu früh, ich behalte lieber mein konstantes Tempo bei."

–          „Das kennst du doch von deinen langen Trainingsläufen, die Schmerzen verschwinden auch wieder."

–          „Auf, jetzt kommt die letzte Runde, kämpfe!"

–          „Noch 15 km, das läufst du doch im Training locker."

–          „Meine Bestzeit schaffe ich heute nicht, aber ich kann doch noch ein sehr gutes Ergebnis erreichen."

–          „Ich freue mich schon auf die warme Dusche und das Essen nach dem Zieleinlauf."

 

Bedeutung von Stress

 

Einerseits kann Stress eine lähmende Wirkung haben, andererseits brauchen wir eine gewisse Anspannung, um eine optimale Leistung zu bringen. Ein vollkommen entspannter Zustand wäre für einen Langstreckenläufer kontraproduktiv. Für jede optimale Leistung brauchen wir auch einen optimalen Aktivierungszustand. Hierzu trägt auch der Aufwärmprozess bei. Die Nervosität vor dem Start ist also nichts Negatives, sondern ist für die Leistungsbereitschaft notwendig.

Die Aktivität des Sympathicus verändert die Aktivität der Organe und macht uns bereit für den Wettkampf. Die körperliche Erregung ist Zeichen der Bereitschaft für maximale Leistung und notwendige Wettkampfspannung.

 

Körperhaltung

 

Auch mit unserer Körperhaltung, dem Gesichtsausdruck und Laufstil können wir unsere Entschlossenheit und Tatendrang demonstrieren. Damit wird im Gehirn der Weg zum Abruf unserer Stärken gebahnt und das Selbstvertrauen gestärkt. Mit einer straffen, aufrechten Körperhaltung strahlen Sie nicht nur Selbstbewusstsein aus, sondern Sie fühlen sich auch so. Durch somatische Markierung bekommen Vorstellungen und Erinnerungen ihre emotionale Färbung (Rüegg 2010).

Ein starkes Selbstbewusstsein ist ein erster Schritt, um dem Erfolg näher zu kommen. Die Hirnforschung zeigt, dass die rechte Gehirnhälfte die Bewegungsausführung abgespeichert hat und steuert. Mit dem Drücken der linken Hand kann man, wie Magnetresonanztomografien gezeigt haben, den motorischen Kortex der rechten Gehirnhälfte aktivieren (Beckmann und Elbe 2008).

Bereits vor Beginn einer körperlichen Belastung werden die Funktionen des Organismus auf die bevorstehende Arbeit umgestellt und auf ein erhöhtes Ausgangsniveau gebracht. Es kommt zu einer vermehrten Ausschüttung von Katecholaminen und Kortisol. Die Herzfrequenz, das Herzminutenvolumen, der Blutdruck und die Atemfrequenz steigen an. Außerdem kommt es zu einer Zunahme des Muskeltonus.

Dieser Vorstartzustand kann bereits mehrere Stunden oder erst kurz vor der Belastung einsetzen. Ein zu frühzeitiges Auftreten kann jedoch die sportliche Leistungsfähigkeit über einen gestörten Nachtschlaf oder eine zu lange anhaltende emotionale Anspannung herabsetzen. Hier können die Atementspannung, beruhigende Selbstgespräche oder Musik helfen. Auch die häufig rituell ablaufende Wettkampfvorbereitung (Anziehen der Wettkampfkleidung, Warmlaufen) erleichtert es, in eine Art Konzentrationstrichter hineinzukommen.

Es gibt viele Marotten, Glücksbringer und Spleens, die in Sinne eines Placebo-Effekts auf die Leistung wirken.

Es kann aber auch eine zu geringe Aktivierung vorliegen und der Athlet kann sich kaum aufraffen und gähnt fortwährend. In diesem Fall können anregende Musik, schnelle und abrupte Bewegungen und aktivierende Selbstgespräche, „Los geht`s, jetzt zeige ich es allen, auf diese Gelegenheit habe ich nur gewartet", helfen. Gute Vorsausetzungen für eine Topleistung ist eine hohe Konzentration aber auch gewisse Gelassenheit und die Kontrolle der eigenen Gedanken.

Eine beliebte Strategie am Start ist, den Anschein zu vermeiden, man sei in guter Verfassung. Eigentlich ist jeder verletzt oder krank gewesen und überhaupt ist das Training nicht so gelaufen, wie man es sich vorgestellt hat. Man befindet sich am Start immer in einer Gruppe von Invaliden und Rekonvaleszenten.

Dabei haben sich die meisten sorgfältig und akkurat auf diesen Tag vorbereitet. Die üblichen Sprüche sollen nur die eigene Nervosität überdecken und ein schlechteres Ergebnis im Voraus erklären. Fällte dann der Startschuss, rennen alle wie die Hasen.

 

Emotionen

 

Es hat sich gezeigt, dass Sportler bei langer, intensiver körperlicher Belastung eine Mischung verschiedener emotionaler Stimmungen erleben. Langstreckenläufer müssen mit einer starken Ermüdung rechnen und sich entsprechende Strategien zurechtlegen. Daher ist die Erfahrung des Ermüdungszustandes aus langen Trainingseinheiten von Bedeutung. Emotionen beim Wettkampf im Griff zu haben bedeutet, die innere Stimme zu kontrollieren.

Wenn Sie sich müde fühlen, kann diese innere Stimme ausgesprochen negativ wirken. Sie kann Ihre Tätigkeit anzweifeln (Sinnfrage) und zur Aufgabe raten (emotionsorientierte Bewältigung). Gerade wenn Sie sich müde fühlen brauchen Sie aber positive Selbstbotschaften.

Misserfolgsängstliche Gedankengänge wirken sich grundsätzlich ungünstiger aus als erfolgs-zuversichtliche (Brand 2010).

„Der Weg zum Erfolg liegt oft da, wo die Angst sitzt" (Oliver Kahn). Stress und Angst treten auf, wenn der Läufer die aktuelle Situation als die eigenen Fähigkeiten überschreitend bewertet. An der Situation können wir meist nicht viel ändern, aber wir können unsere Einstellung bewusst wahrnehmen, überdenken und auch ändern. Negative Emotionen sollten Sie  stets versuchen zu kontrollieren und durch positive Selbstinstruktion umbewerten.

Die Intensität der Müdigkeits- und Schmerzempfindung hängt stark von unserer inneren Einstellung und der Art unseres Denkens ab. „Positives Denken" mindert den Schmerz, eine ängstliche Einstellung verstärkt den Schmerz. Schmerzen können verebben, wenn man sie nicht beachtet, gleichsam aus dem Bewusstsein ausblendet (Rüegg 2011).   

Die kognitive Bewertung einer Stresssituation ist der zentrale Faktor. Die primäre Lageeinschätzung erfolgt meist sehr schnell. Aus der Art der Einschätzung ergeben sich verschiedene Bewältigungsformen, die eine Wiederherstellung des psychophysischen Gleichgewichts zum Ziel haben. Zur Situationsbewältigung (Coping) stehen uns das emotionsorientierte und das problemorientierte Coping zur Verfügung (Lazarus und Folkman 1984).

Emotionsorientiertes Coping kann die Umdeutung der Situation („kein Misserfolg sondern Lernerfahrung") und die Abwertung oder Verleugnung („alles halb so schlimm") bedeuten. Unangenehm empfundene Gefühlslagen können damit abgeschwächt werden. Diese Strategie bietet sich an, wenn eine verhaltensmäßige Situationskontrolle mit den vorhandenen Mitteln nicht möglich ist, also bei Unabänderlichkeiten.

Problemorientiertes Coping besteht in einer Form des Sich-Behauptens und findet dann statt, wenn die Situation als kontrollierbar wahrgenommen wird. Dies bedeutet aktive Einflussnahme, Treffen von Entscheidungen und Problemlösungsstrategien. 

Zyklische Sportarten wie der Langstreckenlauf verlangen eine konstant hohe Konzentration über eine längere Zeit. Müdigkeit tritt beim Ausdauerlauf meistens in Wellen auf und diese starken körperlichen Müdigkeitsgefühle können auch plötzlich wieder vorübergehen („zweiter Wind"). Mit zunehmender Ermüdung verlagert sich die Aufmerksamkeit von außen nach innen auf den eigenen Körper. Eine gute Taktik in der Phase der Ermüdung ist die Konzentration auf die Technik. „Meine Beine sind zwar müde, aber ich konzentriere mich jetzt auf meine Lauftechnik, um möglichst ökonomisch zu laufen".

Wenn Sie die Aufmerksamkeit auf die Technik richten, werden Sie von der Müdigkeit abgelenkt (problemorientierte Bewältigung). Sie befinden sich dann wie in einem inneren Tunnel, konzentriert ausschließlich auf das, worauf es jetzt ankommt. Das Ende des Tunnels ist erreicht, wenn Sie durchs Ziel laufen. Diese Handlungsorientierung fokussiert die Aufmerksamkeit auf die zur Erreichung des Handlungsziels relevanten Aspekte. Sie sind damit voll und ganz bei der Sache und agieren strategisch.

Demgegenüber beschäftigt sich der lageorientierte Sportler gedanklich vor allem auf seine aktuelle, vergangene oder zukünftige Lage (z.B. die Befindlichkeit). Dies führt leicht zum Grübeln und der Gefahr, impulsiver zu agieren und das eigentliche Handlungsziel aus dem Auge zu verlieren (Brand 2010). Negative Affekte verstärken den Schmerz, gute Laune und positive Affekte lindern den Schmerz.

Auch wenn es schwer fällt, hilft Lachen in solchen Situationen. Dabei werden im Gehirn Areale aktiviert, die mit Glücksempfinden assoziiert sind. Sobald man einen bestimmten Gesichtsausdruck annimmt, stellen sich offenbar auch die damit zum Ausdruck gebrachten Gefühle ein (Rüegg 2010, 2011).

„Nichts fördert die Gesundheit so sehr wie die Fröhlichkeit. Sie tut dem Geist so gut wie dem Körper" (Joseph Addison).

 

Ersatzziele

 

Kommt man in einer schwierigen Phase des Rennens zu dem Schluss, dass das anvisierte Ziel nicht zu erreichen ist, kann durch ein vorher festgelegtes Ersatzziel eine Umbewertung vorgenommen und damit das psychophysische Gleichgewicht wiederhergestellt werden. Mit dieser Strategie des Ersatzziels vermeidet man Negativerlebnisse und Motivationsverlust für die Zukunft.

Wichtig ist immer das eigene Bild, welches Sie sich von dem Lauf machen. Akzeptieren Sie die Situation so wie sie ist, auch andere Läufer haben ähnliche Probleme (Ziemainz et al. 2000). Die Fähigkeit mit Schwierigkeiten mental fertig zu werden unterscheidet den erfolgreichen Läufer vom Rest. Allen gemeinsam ist die Angst vor dem Versagen, der Zweifel, den Erwartungen und Anforderungen nicht gerecht werden zu können. Diese Blockaden entstehen durch negative Programmierung: „Ich schaffe die geplante Zeit nicht mehr".

Schlechte Ergebnisse werden als Misserfolg und nicht als Lernerfolg gesehen. Frustration kann aber lähmend wirken. Lernen Sie, cool mit Niederlagen oder Misserfolgen umzugehen und den Blick darauf zu richten, wie Sie einen neuen Versuch angehen können, um Ihr angestrebtes Ziel zu erreichen.

Reden Sie dann von Erfolg, wenn Sie mit Ihren momentanen Möglichkeiten das optimale Ergebnis erzielen. Haben Sie Freude an der eigenen Leistung auch wenn das Hauptziel nicht erreicht wurde und erkennen Sie die Leistung der Konkurrenz ohne Verbitterung und Neid an. „Man muss auf seinen eigenen Wert stolz sein, um den der anderen achten zu können" (Sully Prudhomme).

Für den Laufeinsteiger sind schon 10 km eine lange Strecke und bei der Vorstellung der 42 km des Marathonlaufs bekommt so Mancher weiche Knie. Noch längere Strecken können selbst bei erfahrenen Ultraläufern Angstgefühle auslösen. Am besten teilt man sich die lange Strecke in einzelne Abschnitte ein und nimmt sich immer einen Abschnitt vor. So schaffen Sie sich Teilerfolge und überlisten sich selbst. Beim 100 km Lauf können Sie sich einreden bei 60 km wäre die Hälfte geschafft.

Von der körperlichen und mentalen Anstrengung aus beurteilt, ist das durchaus die richtige Taktik. Zum Ende des Rennens können Sie die Kilometer auch rückwärts zählen. Und sprechen Sie ruhig mit sich selbst, feuern Sie sich an, schimpfen Sie mit sich oder streicheln Sie Ihre Seele und freuen Sie sich auf eine Belohnung im Ziel.

„Der Weg ist das Ziel" (Konfuzius), dies ist die Glücksformel des Laufens.

 

Fazit:

 

–          Die Psyche hat einen wesentlichen Einfluss auf die Leistung. Zuerst gibt der Kopf auf und dann der Körper.

–          Jeder Sportler kann von mentalem Training und Strategien profitieren.

–          Machen Sie mentales Training und Entspannungstechniken zu einem festen Bestandteil Ihrer Vorbereitung.

–          Legen Sie sich Verhaltensstrategien für den Wettkampf zurecht.

 

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

Literatur:

  

Aderhold L, Weigelt S. Laufen! … durchstarten und dabeibleiben – vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. Stuttgart: Schattauer 2012.

Alfermann D, Stoll O. Sportpsychologie. Ein Lehrbuch in 12 Lektionen. Aachen: Meyer & Meyer 2010.

Baumann S. Psychologie im Sport. Aachen: Meyer & Meyer 2009. 

Beckmann J, Elbe AM. Praxis der Sportpsychologie im Wettkampf- und Leistungssport. Balingen: Spitta 2008.

Beckmann-Waldenmayer D, Beckmann J. Handbuch sportpsychologischer Praxis. Mentales Training in den olympischen Sportarten. Balingen: Spitta 2012.

Brand R. Sportpsychologie. Lehrbuch. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2010.

Eberspächer H. Mentales Training. Das Handbuch für Trainer und Sportler. München: Copress 2007.

Eberspächer H. Gut sein, wenn`s drauf ankommt. Erfolg durch mentales Training. München: Hanser 2008.

Hollmann W, Strüder HK, Tagarakis CVM, King G, Diehl J. Das Gehirn – der leistungsbegrenzende Faktor bei Ausdauerbelastungen? Dtsch Z. Sportmed 2006; 57: 155-60.

Lazarus RS, Folkman S. Stress, appraisal and coping. New York: Springer 1984.

Mankel M. Erkenntnisse über Athleten der drei Extremsportarten Ultramarathon, Langstreckenradfahren und Ultratriathlon. Norderstedt: Grin 2004.

Nideffer R.M. The Inner Athlete. Mind Plus Muscle for Winning. New York: Crowell 1976.

Pöhlitz L. Beiträge zum Leistungs- und Hochleistungstraining im Laufen und Gehen. Hemau: Scheck Druck 2011.

Reichholf JH. Warum wir siegen wollen. Der sportliche Ehrgeiz als Triebfeder in der Evolution des Menschen. Frankfurt: Fischer 2009.

Rüegg JC. Mind and Body. Wie unser Gehirn die Gesundheit beeinflusst. Stuttgart: Schattauer 2010.

Rüegg CH. Gehirn, Psyche und Körper. Neurobiologie von Psychosomatik und Psychotherapie. Stuttgart: Schattauer 2011.

Schnabel G, Harre HG, Krug J. Trainingslehre – Trainingswissenschaft. Leistung – Training – Wettkampf. Aachen: Meyer & Meyer 2011.

Sterr C. Mentaltraining im Sport. Bessere Leistung bei Training und Wettkampf. Hamburg: Spomedis 2010.

Stoll O, Ziemainz H. Mentale Trainingsformen im Langstreckenlauf. Ein Handbuch für Praktiker. Butzbach: Afra 2000.

Stoll O, Pfeffer J, Alfermann D. Lehrbuch der Sportpschologie. Berlin: Huber 2010.

Volpert W. Optimierung von Trainingsprogrammen. Lollar/Lahn: Andreas Achenbach 1977.

Wetzel J. Gold – Mental stark zur Bestleistung. Zürich: Füssli 2010.

Ziemainz H, Schmidt U, Stoll O. Psychologie in Ausdauersportarten. Butzbach: Afra 2000.

 

 

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author: GRR

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