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27
05
2013

Hochbegabte Läufer brauchen Bedingungen und ein Kompetenz-Team - Laufe nicht nur – trainiere ! Lothar Pöhlitz in Leichathletik Coaching-Academy ©Athletics Australia

Hochbegabte Läufer brauchen Bedingungen und ein Kompetenz-Team – Laufe nicht nur – trainiere ! Lothar Pöhlitz in Leichathletik Coaching-Academy

By GRR 0

Kürten, 26. Mai 213 (© Lothar Pöhlitz) – Spitzensport und der damit verbundene Anspruch auf Medaillen bei internationalen Höhepunkten lebt von Talenten, Eliten, Hochbegabten, Fleiß, Disziplin, Ehrgeiz, Leidenschaft, mentaler Stärke, Arbeit im Team, eine möglichst tägliche Führung durch kompetente Trainer, die DLV – Kaderarbeit, sportmedizinischer- und sportwissenschaftlicher Begleitung, Praxiserfahrungen und einem ständig zu optimierenden leistungsorientiertem Training.

Talente muss man suchen. So wie es die mit den ererbten Schnelligkeitsanlagen gibt verfügen Langstreckentalente über besondere Anlagen in der aeroben Kapazität. Es gibt sie in jeder Region, in jedem Landesverband, natürlich muss man sie erkennen. Hat man sie entdeckt ermöglichen ein komplexes Training und die Erziehung zum Leistungssportler den Aufbau aller Voraussetzungen für später. Diese wichtige, bedeutende Aufgabe des Nachwuchsleistungstrainings wurde leider in der Vergangenheit oft unterschätzt und ist eine der großen Baustellen.

Komplexes Training beinhaltet eine möglichst umfassende Ganzkörperkonditionierung, einen systematischen Trainingsumfangsaufbau, ein geschwindigkeitsgeführtes Training, Unter- und Überdistanzen, den Aufbau mentaler Stärke und des Selbstvertrauens für die Wettkämpfe. Im Laufen liegt die Orientierung in den ersten Jahren auf einem Disziplinbereich (Mittel- oder Langstrecke) um nach Erkennung der individuellen Stärken sich mehr und mehr auf eine Spezialdisziplin zu konzentrieren.

Junge Läufer, die schon früh nur geringe Schnellkraftfähigkeiten erkennen lassen, sollten früher als bisher langstreckenorientiert ausgebildet werden, ohne die Stabilisierung der ererbten schnellkontrahierenden Muskelfasern zu vernachlässigen. Je früher es gelingt eine schon gute Leichtlauftechnik zu vermitteln, umso besser gelingt die Umsetzung des absolvierten Trainings bei gut ausgeprägter Laufökonomie in Wettkampfleistungen. Ziel ist ein Leistungsfortschritt von Jahr zu Jahr, weil das die wichtigste Voraussetzung dafür ist die jungen Talente „bei der Stange zu halten".

Den jungen Talenten ist der Glaube an den möglichen Erfolg zu vermitteln, vorausgesetzt sie sind bereit immer besser zu trainieren. Wer sich aber vor ein paar mehr Wiederholungen fürchtet, die andere vor ihm oder ihr schon geschafft haben, wird es sehr schwer haben die persönlichen Wunschgipfel zu erreichen.

Die Trainingsgeheimnisse der Weltbesten sind bekannt, man muss sie nutzen

Im Training gibt es derzeit weltweit kaum Geheimnisse. Gegenüber früher hat man Zugang allüberall. Hin und wider flüstern sich Trainer hinter vorgehaltener Hand auch zu, dass sie „Talente suchen, die trotz Trainer gut werden". Aus mehr als 50 Jahren Leistungssportpraxis kann ich bestätigen, dass es so etwas geben soll.

Um den gegenwärtigen Leistungsstand im Rahmen erfolgreicher deutscher Läufertraditionen nüchtern zu fixieren bedarf es ehrlicher, sachlicher, realistischer Analysen nicht nur des Athleten- sondern auch des Trainerpotentials. Irgendwann nach 1990 hat es unsere Läufer in West und Ost ins Tal gezogen. Die Trainingsumfänge, die Geschwindigkeiten, die Härte in den Trainingsbelastungen gleich mit. Zu viele Trainer haben den Spaß jungen Talenten das schnelle Laufen zu lehren gegen Gartenarbeit oder andere Hobbys, die auch nichts einbringen, eingetauscht. Man hat offensichtlich auch verpasst fachlich gut ausgebildete Nachwuchstrainer vor allem auch aus den neuen Bundesländern in die Arbeit einzubeziehen.

Die ehemaligen Leistungszentren dort scheinen sich, von Ausnahmen abgesehen, in Luft aufgelöst zu haben. Die Sportlehrer in den Schulen haben sich vom außerschulischen Sport abgewandt. Ist es ein Wunder, wenn sie den Wert ihrer Arbeit mit den Honoraren von Handwerkern – die hin und wider im Haus gebraucht werden – vergleichen. Und die Landesverbände haben offensichtlich noch nicht gemerkt, dass 6 – 10 jährigen im Schulsport keine sportliche Grundausbildung mehr erfahren. Diese Tatsache wird dem Leistungssport demnächst sicher noch mehr auf die Füße fallen.

Alle müssen den Leistungsanspruch von früher wieder wollen

Trotz punktueller Fortschritte sind die Leistungsrückstände deutscher Läufer zur Weltspitze so groß dass man sich aus gegenwärtiger Sicht Medaillen bei Olympischen Spielen kaum vorstellen kann. Wer in den letzten Monaten aufmerksam die Berichte in den Medien, von Wettkämpfen, aus Vorbereitungstrainingslagern und Interviews unserer Besten gelesen hat muss zum Schluss kommen, dass es im deutschen Ausdauerbereich – von Ausnahmen abgesehen – vor allem Probleme mit dem Leistungsanspruch, mit der Selbsteinschätzung, mit dem „notwendig anderen Wissen" (wie es Eckhard Hutt einmal formulierte), der Führung und der Erziehung zu Weltniveauleistungen, zur erforderlichen Trainingsbelastung gibt.

Erschreckend wenn in der Fachzeitung „LaufZeit" unser zweifacher Marathon-Olympiasieger Waldemar Cierpinski vor einiger Zeit resignierend einschätzte: „ich bin zur Gruppe der besten Marathonis gestoßen und musste feststellen dass zwar alle wollten dass es aber keine klaren Vorgaben, Richtlinien und Aussagen, auch keine Gewissheit, wie denn zu trainieren sei, gab.

Wer kann es besser wissen als er selbst, warum hat er nicht inzwischen gezeigt wie es geht, er sollte es doch wissen? Jetzt kann man hoffen dass es der „NEUE", langstreckenerfahrene Wolfgang Heinig „richten wird". Er weiß das der Marathonboom der 100.000 „Senioren" im letzten Jahrzehnt bewiesen hat dass keine Talente „auf den Marathonstrassen einfach so wachsen".

Inzwischen gibt es – vor allem auch durch seine Initiative – den German Road Races- (GRR) e.V.-Straßenlauf -Cup des Nachwuchses. Aber Vorsicht, Selbstläufer gibt es auch im Nachwuchsleistungssport nicht dass zeigt unser derzeitiger Talent-Pool.

Die Geheimnisse deutscher Läufer und ihren unbefriedigenden Leistungen liegen nicht nur in Trainingsprogrammen, sondern scheinbar auch in ihren psychischen Grenzen, in der frühen Erziehung, und der daraus resultierenden Haltung gegenüber notwendigen Veränderungen im Training.

Im Leichtathletik-Magazin oder bei facebook berichten Läufer immer wieder schon im Winter über ihr absolviertes Training, gern auch was sie im Sommer tolles leisten werden oder dass es ihnen beim letzten Höhepunkt – obwohl weit von top-ten entfernt – „sehr viel Spaß gemacht hat" und es ein tolles Erlebnis war.

Es wird ihnen eine Plattform zur frühzeitigen völlig überschätzten Selbstdarstellung geboten ohne sie mit einem entsprechenden Anspruch zu konfrontieren. Für das Leistungsprinzip und einen echten Leistungsanspruch kämpfen gegenüber früher leider nur noch wenige.

Im November 2012 wurde Wolfgang Heinig vom DLV zum neuen Cheftrainer Lauf/Gehen berufen, nachdem sich Tono Kirschbaum nach nicht einmal 2 Jahren wieder zum TV Wattenscheid zurückgezogen hat. Zusammen mit DLV-Chef Idris Gonschinska sollten nun die schon vorher angedachten Veränderungen umgesetzt werden, beide wissen was für die Weltspitze notwendig ist.

Dabei sollte sich W.H. nicht nur seiner Stärke – dem Langstrecken/Marathonlauf – widmen, weil auch in den Mittelstrecken und dem Hindernislauf der Männer der Abstand zur Weltspitze seit Jahren nur hin und wider punktuell verkürzt werden konnte und Veränderungen überfällig sind. Zusammen mit den Großbaustellen „Nachwuchsleistungstraining, Talent-Pool, Trainer-Qualität und Organisation der Wettkampfleistungen" sind seine Aufgaben so umfangreich, das Wunder sicher etwas länger auf sich warten lassen werden.

Die Kunst ist schneller zu trainieren ohne die Basisarbeit zu vernachlässigen ein höheres Entwicklungstempo aber ist an Bedingungen gebunden

         Die wichtigste Lehre aus der Vergangenheit ist: Laufe nicht nur, trainiere!

Muss man es als Unsicherheit ansehen, wenn man von den verantwortlichen Trainern keine Statements zum Ausweg aus der Krise ihres Verantwortungsbereiches lesen kann, was sie wie verändern wollen. Wer keine neuen Vorgaben macht, kann keine neuen Ergebnisse erwarten, wer nur verwaltet und nicht verändert, wer nicht fordert hat im Leistungssport den Beruf verfehlt. Wer die Seinen zwar kritisiert aber den Weg nicht weißt sollte……..

Mit minimalem Aufwand kann man keine maximalen Ergebnisse erwarten. Wer sich nicht an modernen Trainingsmethoden der Weltbesten orientiert, die unseren Läufern oft schon in den Vorläufen oder Halbfinals davonlaufen hat keine Chancen Rückstände aufzuholen.

Im Leistungstraining ist jede Trainingseinheit wichtig – Leerkilometer vergeudete Zeit.

Die Trainerpraxis lehrt, das nur intensive Talentsuche, die Erziehung der wenigen Hochbegabten zu einem komplexen Leistungstraining, die Zurverfügungstellung von erforderlichen Bedingungen für das Hochleistungstraining, ein Riesenengagement im Nachwuchstraining und die Qualität des Trainings mit echten Talenten im Anschluss- und Hochleistungsalter den Weg nach oben ermöglichen.

Dabei sind natürlich nur die angesprochen die dies auch wollen und ich habe immer wieder welche getroffen. Das schmälert den größeren Freiraum der Allgemeinen Leichtathletik, des Breitensportbereichs doch nicht. Um Grenzen systematisch nach oben zu verschieben bedarf es Spitzentrainer und Funktionäre die nicht Bremser, sondern Motivatoren, Vorbilder und Organisatoren sind und mit ihren Talenten reden, sehr viel reden.

Wer frühmorgens von seinem Athleten ein Qualitätstraining erwartet muss mit seiner Anwesenheit die Bedeutung des Trainings unterstreichen.

Im Hochleistungstraining ist jede Trainingseinheit wichtig, Leerkilometer sind vergeudete Zeit. Es kommt auf die Geisteshaltung nicht nur der Athleten an. Sogar Studenten muss man vom regelmäßigen zweimal täglichen Training überzeugen, die 3 TE des Mo Farah – von denen Ian Stewart (GBR) kürzlich bei der DLV-Laufkonferenz berichtete – sind offensichtlich für deutsche Mentalität kein Thema.

Seit Jahren wird aus Afrika berichtet, dass man dort schon früh am Tag trainiert, die erste Trainingseinheit gegen 5:45 Uhr beginnt. Aus den USA wird berichtet dass man Studium und Training gern erfolgreich verbindet.

Warum werden diese Möglichkeiten bei uns nicht genutzt – eine Frage der Erziehung zu…..?

Um im Nachwuchstraining des Langstrecklers einen anspruchsvollen Trainingsumfang mit hilfreicher Qualität zu verbinden, oder beim Mittelstreckler in komplexen Trainingseinheiten die vielfältigen Aufgaben zur Entwicklung der Schnelligkeit, Schnelligkeitsausdauer, Kraft, der VO2max-Fähigkeit oder der speziellen Ausdauer aufzubauen, braucht es Zeit, Geduld, einen „brennenden, anwesenden Trainer" und regelmäßig Trainingseinheiten um 2 Stunden oder mehr.

Sieger werden früh ausgewählte Hochbegabte mit dem besten Kopf und dem besten Training. In jeder Region gibt es Talente, wir müssen sie finden und komplex ausbilden. Die besten Trainer sollten sich der frühen Ausbildung unserer wenigen wirklichen Talente nicht verweigern, der DLV Ausbildungszentren schaffen. Die Vorbilder und offene Geheimnisse findet man derzeit nicht nur in Afrika, Japan und den USA.

 

Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy

 

Leichtathletik Coaching-Academy

author: GRR

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