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28
07
2013

Dr. Willi Heepe in LAUFZEIT - Der Laie staunt und der IT-Experte wundert sich. ©privat

Der Laie staunt und der IT-Experte wundert sich. Dr. Willi Heepe in LAUFZEIT

By volker 0

Fortsetzung unserer kleinen Reihe zu Krankheitsbildern rund um das Herz-Kreislaufsystem – pragmatisch und verständlich. Das Ziel ist klar: Prävention und Vermeidung unangenehmer und teilweise bedrohlicher Zwischenfälle sowie Stärkung der Eigenverantwortlichkeit. In dieser Folge geht es um das elektrische System der Herzens und Probleme, die auftreten können.

Je mehr sich jemand mit dem Wunder Herz beschäftigt, desto größer wird sicherlich der Respekt vor diesem kleinen Motor mit seiner ungeheuren Leistungsfähigkeit und seiner einmaligen „Elektronik" werden. Erklärt man einem IT-Experten das komplexe System Herzrhythmus, dann kommen die meist aus dem Staunen nicht heraus. Bekanntermaßen fließt der Strom auch im lebenden Muskel-Gewebe annähernd mit Lichtgeschwindigkeit.

Die Initialzündung für jeden Herzschlag entsteht im so genannten Sinusknoten, welcher im rechten Vorhof seine Heimat hat. Von hier aus wird das elektrische Potenzial über drei Bahnen zum so genannten AV-Knoten (Atrio-ventrikulär oder Vorhof-Kammer-Knoten) geleitet. Da die beiden Vorhöfe zunächst die Kammer füllen müssen, hat dieser AV-Knoten eine Kondensatorwirkung und hält das Potenzial 0,1 bis 0,2 s fest. Erst dann wird es über die Scheidewand (Trennwand zwischen der rechten und linken Herzkammer) zur Herzspitze weitergeleitet.

Von hier aus erfolgt die elektrische Stimulation beider Herzkammern. Nach Erregung des Herzmuskels
schließt sich eine so genannte Refraktärzeit an, in der das Herz elektrisch nicht erregbar ist – ein wichtiges,
lebenssicherndes Prinzip im lebenslangen Wechselspiel Arbeit-Erholung.

Wir müssen uns bewusst werden:

Die Erholung des Herzmuskels erfolgt lebenslang ausschließlich in der Erschlaffungsphase (Diastole). Nebenbei bemerkt liegt hier einer der Hauptgründe für die zirka viereinhalb Jahre längere Lebenserwartung der Dauerleistungssportler – ihr langsamerer Pulsschlag.

Alte Mediziner-Weisheit: Langsame Herzen leben länger.

Nun ist so ein System allerdings auch störanfällig und deshalb auch mit eigenen Sicherheits-Systemen ausgestattet. Fällt der Sinusknoten aus, springt, ohne dass es die Betroffenen registrieren, der AV-Knoten ein und übernimmt das Kommando. Dabei fallt die Leistung um 10 bis 20 Prozent ab, da die Vorhöfe die Kammer nicht mehr ordnungsgemäß füllen – aber das Leben geht weiter. Fällt auch der AV-Knoten aus, kann praktisch jede Herzmuskelzelle noch elektrische Potenziale senden, die mit dem Leben nicht immer vereinbar sind.
Herzrhythmusstörungen gibt es viele, die häufigste – auch bei Sportlern nicht ganz selten – ist das so genannte Vorhofflattern oder auch -flimmern. Dabei koppeln sich die Vorhöfe elektrisch ab und erregen sich mit wechselnden hohen Frequenzen. Würden diese weitergeleitet, wäre das mit dem Leben nicht vereinbar.

Die Ursachen hierfür liegen einerseits in einer entzündlichen Schädigung des Reizleitungssystems oder auch in genetisch fehl angelegten elektrischen Bahnen in den Vorhöfen. Die Behandlung dieser Störung erfolgt
entweder medikamentös oder auch über eine so genannte Ablation (Abtragung, Entfernung) in der man via Herzkatheter die gestörten Bahnen thermisch (mit Hitze oder Kälte) versucht auszuschalten. Diese Rhythmusstörung ist aus einem Grunde besonders bemerkenswert: Bei ihr können sich durch eine Veränderung der Vorhöfe – insbesondere im linken Vorhof-Gerinnsel bilden, die bei ihrem Abreißen
häufiger einen Schlaganfall auslösen können.

Weitere Rhythmusstörungen sind so genannte Extrasystolen (Herzschläge, der außerhalb des normalen Rhythmus auftreten), welche aus verschiedenen Zentren das Ideal eines gleichmäßig schlagenden Herzens stören können. Dabei gibt es völlig harmlose Störungen. Wenn zum Beispiel ein gut trainierter Sportler bzw. eine gut trainierte Sportlerin einen extrem langsamen Herzschlag aufweist, dann fallen häufig völlig harmlose Extrasystolen an, die keinerlei Krankheitswert aufweisen.

Die Faustregel lautet: Extrasystolen, die in Ruhe auftreten und unter Belastung verschwinden, sind eher harmlos. Treten allerdings Rhythmusstörungen unter Belastung auf sind sie immer ein Warnzeichen und müssen sehr ernst genommen werden. In jedem Fall sollte eine sorgfältige Diagnostik erfolgen. Häufigste Ursache ftlr Rhythmusstörungen bei Sportlern sind Schädigungen des elektrischen Systems aufgrund von nicht ernst genommenen oder nicht ausreichend ausgeheilten Infekten.

Gerade nach diesem Winter kann ich leider einige dieser Fälle dokumentieren.

Neben Entzündungen sind Durchblutungsstörungen, Schilddrüsen-Fehlfunktionen, genetische Fehlanlagen und nicht zu vergessen toxische Schädigungen (z. B. Alkoholmissbrauch und Nikotinabusus) häufige Ursache von Herzrhythmusstörungen.

Sie müssen sorgfaltig analysiert und in jedem Falle einer Diagnostik zugeführt werden. Im Alter kommt durch die Schwächung des Herzmuskels eine weiteres Bündel von Störfeldern hinzu.

Unsere medikamentösen Behandlungsansätze sind eher bescheiden und häufig nebenwirkungsbeladen. Kommt es zu einem temporären Totalausfall des elektrischen Systems, gibt es heute die Möglichkeit ein elektrisches Schrittmachersystem zu implantieren, mit dem diese Defekte hervorragend ausgeglichen werden können. Auch bei schwer Herz-Geschädigten, welche zu einem tödlichen Herzflimmern neigen, kann man heute Defibrillatoren – lebensrettende Systeme – implantieren, welche durch einen Gleichspannungs-Stromstoß das Chaos im Herzen durchbrechen und wieder einen geordneten Rhythmus einleiten.

Bleibt das Fazit: Regelmäßiges sportliches Tun muss gekoppelt werden mit gesunder Lebensweise und ausreichend langen Pausen während und nach Infekten!

Nur das bietet eine ausreichende Chance für ein langes Leben mit einem stabilen Rhythmus.  

 

Dr. Willi Heepe in LAUFZEIT – 5/2013

 

LAUFZEIT

 

Praxis Dr. Willi Heepe – Berlin

 

Praxis Dr. med. Willi Heepe
Epiphanienweg 6
14059 Berlin
Deutschland

Telefon: +49 (30) 99 19 49 20
Fax: +49 (30) 26 93 13 01

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E-Mail-Adresse 2: heepe-berlin@t-online.de

 

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Bitte vereinbaren Sie Sprechstunden telefonisch – unter (030) 99194920 – oder per E-Mail.

Dr. Willi Heepe ist praktischer Arzt und Sportmediziner.

Seit über zwanzig Jahren liegt der Schwerpunkt seiner Tätigkeit als niedergelassener Arzt in der medizinischen Betreuung von Menschen, denen ein Leben in Bewegung Herzensangelegenheit ist. Hierzu gehören professionelle Ausdauersportler, aber auch Patienten mit Bluthochdruck und Herzerkrankungen.

Dr. Heepe ist Fachbuchautor; seine Artikel zum Ausdauersport erscheinen regelmäßig in aktuellen Zeitschriften (beispielsweise Runners World und LAUFZEIT).

Er ist außerdem ein geschätzter Dozent zu den Themen Sportmedizin, Ausdauertraining und Kardiologie.

Willi Heepe war viele Jahre lang Medizinischer Direktor des Berlin-Marathon. Er ist fünfzigmaliger Marathonfinisher und auch im Alter von 70 Jahren ein aktiver Repräsentant jener »Laufkultur«, für deren Entwicklung er sich in Deutschland schon so lange engagiert.

 

Weitere Beiträge von Dr. Willi Heepe bei GRR:

 

 

Sport ist Sport und krank ist krank – Dr. med. Willi Heepe in LAUFZEIT

 

Mit Taktgeber auf die Piste – Herzschrittmacher und Sport – Dr. Willi Heepe in LAUFZEIT

 

Sanft, hinterhältig und bösartig – Der Bluthochdruck. Dr. Willi Heepe in LAUFZEIT

 

Training im Winter – Tipps von Dr. Willi Heepe dem langjährigen Medical-Director des BERLIN-MARATHON

 

Bluthochdruck und Ausdauersport – Dr. Willi Heepe, der langjährige Medical Director des BERLIN-MARATHON und SCC-RUNNING fasst zusammen welche Aspekte bei diesem Thema eine Rolle spielen und worauf zu achten ist.
 

Marathonarzt Dr. Willi Heepe: „In das Alter hineinlaufen, aber nicht dem Alter davonlaufen" – Was macht Sinn? Für jeden ist der Blick in den Spiegel seines Lebens das Entscheidende, jeder über 35- oder 40-jährige Läufer sollte daran denken, dass möglicherweise der Lebenslauf in seinen Gesundheitspass schon eine Narbe oder schon ein Merkmal geschrieben hat

 

„Schlecht trainiert zum Marathon – das tut dem Herzen nicht gut" – Marathon-Arzt Dr. Willi Heepe nimmt Stellung 

 

GRENZERFAHRUNGEN – Was passiert im Körper? Ultraläufe aus sportmedizinischer Sicht – Dr. med. Willi Heepe in LAUFZEIT – Welche gesundheitlichen Risiken liegen in Läufern jenseits des Marathonlaufens?

 

Plötzlicher Herztod bei jungen Sportlern – Ruhe ist die einzige Therapie – Dr. med. Willi Heepe in LAUFZEIT – Die Myokarditis oder Herzmuskelentzündung.

 

Sporttote verhindern! Von Dr. Willi Heepe – dem Berliner Marathon-Arzt – Die wichtigste medizinische Sicherung jedoch liegt in der gesundheitlichen Verantwortung eines jeden Sportlers für sich selbst und damit für die Familie.

 

Weitere weitere Beiträge von Dr. Willi Heepe finden auf der GRR-Medizinseite – benutzen Sie die "GRR – Suchfunktion"!

 

author: volker

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