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14
08
2013

So stellt man sich den idealen Medical Director beim Berlin- Marathon vor. Dr. Willi Heepe mobil auf dem Rad mit medizinischem Einsatzkoffer. ©privat

Dr. Willi Heepe und sein BERLIN-MARATHON – „Ich bin Marathon gelaufen, aber keine Zeit“ – JoAnna Zybon in SPIRIDON

By GRR 0

Wer gern mal am eigenen Leib einen Herzinfarkt erleben möchte, dem sollte diese Episode am besten beim Berlin-Marathon widerfahren. Denn dort steht alle 500 m ein Defibrillator für Notfälle zur Verfügung.

Diese dichte medizinische Notfallversorgung hat der frühere Rennarzt Dr. Willi Heepe eingerichtet. Bis heute basiert die Kooperation mit der Berliner Feuerwehr, den Rettungsdiensten und Krankenhäusern auf seinem Know-how, seinen Absprachen und Ideen.

Steckbrief Dr. Willi Heepe

Geb. am 4.2.1938 in Lindewerra/Thüringen
Geschieden, 6 Kinder
Seit 1962 in Berlin lebend
Seit 1978 niedergelassener Arzt (Allgemein-, Sportmediziner,Kardiologe)
Medical Director des Berlin-Marathon 1982–2005
Über 50 Marathons absolviert – Persönliche Bestzeit: 3:38 h in Frankfurt
Motto: „Fit in die Urne“
Hauptmotiv fürs Laufen: „Die körperliche Freiheit“

Dr. Heepe stieg 1981 beim 8. Berlin-Marathon, der erstmals durch die City des Berliner Westens führte, in die Organisation ein, zunächst als Referent und Autor im Rahmenprogramm. Die medizinische Leitung in jenem Jahr oblag Prof. Groher.

Bei den ersten sieben Marathons, die durch den Grunewald gingen, gab es den Posten des Medical Director noch nicht, die medizinische Versorgung der meist um die 300 Läufer leistete das Deutsche Rote Kreuz. 2006 übernahm Prof. Lars Brechtel diese Aufgabe.

Dr. Heepe ist nicht nur ein beliebter Arzt, sondern ein charismatischer Prediger der Laufgesundheit. Während seiner Tätigkeit als Rennarzt hat er etwa 100 Läuferforen und zwei sportmedizinische Kongresse geleitet. 2006 musste er aus der Leitung des Berlin-Marathon aussteigen … aber aus dem Rennen ist er deshalb noch lange nicht.

SPIRIDON: Welche Klientel kommt zu Ihnen in die Praxis? Sind es eher ambitionierte Marathonläufer, die sich durchchecken lassen wollen oder Hochdruck- und Herzpatienten? Wie oft verordnen Sie Ihren Patienten das Laufen?

LAUFEN ALS MEDIKAMENT

Dr. Heepe: In meiner Praxis verstehe ich die Patienten eher als Kunden. Sie ist heute eine reine Privatpraxis. Ich nehme mir sehr viel Zeit für intensive Gespräche, etwa eine Stunde pro Kunde. Es kommen vor allem sehr viele Menschen mit Herz- und Hochdruckproblemen, die eine sportgerechte Medikation wünschen und sie bei anderen Ärzten nicht immer bekommen.

Nur wenige Ärzte haben Kenntnis von sportphysiologischen Grundlagen. Und alle, die zu mir kommen, wissen schon im Voraus: bei mir kriegen sie einen Tritt in den Arsch. Das ist mein Ruf. Das Laufen verordne ich als hochwirksames Medikament. Da sagen manchmal Patienten, die 20 Jahre jünger sind als ich: „Herr Doktor, kommen Sie mal in meine Jahre!“

SPIRIDON: Laufen Sie denn selbst auch regelmäßig? Falls ja, wie sieht bei Ihnen ein Trainingsläufchen aus?

Dr. Heepe (mit leuchtenden Augen und großen Gesten): Ich mache meine Muskelarbeit zu Hause, mit Hanteln oder Geräten. Geh raus, lauf mich warm, jogge dann meist zwischen 30 und 60 min durch den Tiergarten. In der letzten Zeit wenig lange Läufe. Meine Lauf-Philosophie: Ich laufe mit meiner Seele und meinem Kopf. Am liebsten mit Musik. Ohne auf die Uhr zu schauen. Der Atem muss mich streicheln.

Diese Harmonie ist das Schönste am Laufen. Hab auch kein anderes Laufgefühl als früher. Ich werde zwar älter und langsamer, verspüre aber deshalb keinerlei Einschränkungen. Wenn alle Betriebssysteme saugut funktionieren, ich ohne Gelenkprobleme durch den Wald trabe und dabei die Freiheit des Seins verspüre, das ist einfach das schönste Glücksgefühl. Leistung ist mir egal.

SPIRIDON: Aber Ihre Marathon-Bestzeit wissen Sie trotzdem. Wann war Ihr letzter Marathon?

Dr. Heepe: Muss etwa drei oder vier Jahre her sein. Ich sammle keine Urkunden und schreibe mir nichts auf. Die Zähne putze ich mir ja auch, ohne darüber Aufzeichnungen zu führen. Ich bin Marathon gelaufen, aber keine Zeit. Für mich ist das Laufen ein integraler Bestandteil meines Lebens. Zum Marathonlaufen hab ich eh nicht den Body. Mit einem LKW kann man eben kein Formel-1-Rennen gewinnen, aber man kann trotzdem die Strecke damit abfahren.

SPIRIDON: Mit Ihren Vorträgen, Artikeln und mit Ihrer fachärztlichen Beratung haben Sie viele Menschen zum Laufen inspiriert. Wann und warum haben Sie selbst ursprünglich mit dem Laufen angefangen?

Dr. Heepe (stutzt und muss kurz nachdenken): Das war Ende der 60er Jahre während meiner Ausbildung in der Sportmedizin. Ich war drei Jahre an der FU bei Prof. Harald Mellerowicz. Beim Studium der sportphysiologischen Grundlagen lernte ich: Wenn ich mein Herz gesund erhalten will, muss ich Ausdauer trainieren. Die Entscheidung für den Laufsport kam voll aus dem Wissen heraus. Dabei war ich eigentlich u.a. Boxer.

Als ich mal vom Laufen kam, sagte eine Sekretärin an der FU: „Hören Sie doch auf, Sie sind so ein Elefant!“ Und ein Kollege feixte: „Ich komme zu deiner Beerdigung, wenn du dich totgelaufen hast!“ …
Ach, der ist ja auch schon tot. Beschimpft wurde ich vor allem, als ich anfing eine ambulante Herzsportgruppe mit aufzubauen. Da sagten Ärzte: „Der bringt die Leute um!“ Damals wurden Herzpatienten mit Ruhe behandelt, die Sportmedizin war ausschließlich für Leistungssportler da.

DER GESUNDE ALS FEIND DES SYSTEMS

SPIRIDON: Für eine private Krankenkasse haben Sie ein Präventionsmodell ausgearbeitet. Was ist daraus geworden?

Dr. Heepe: Diese Krankenkasse wurde geschluckt, das Modell ist damit hinfällig. Leider kapieren die Ärzte und Krankenkassen immer noch nicht, dass wir die Menschen in die Eigenverantwortung bringen müssen. Es ist eine idiotische Entwicklung: der Gesunde wird zum Feind! Das Krankenhaus muss Gewinn bringen, das klappt aber nur, wenn Menschen krank werden.

Krankenhäuser sollten gemeinnützige Institutionen sein, die gesundheitliche Bildung vermitteln. Und die Krankenkassen müssten einmal im Jahr pro Person einen Gesundheits-Check übernehmen, inklusive Belastungs-EKG und einer individuellen Sportberatung. Ein durchstrukturiertes sinnvolles Präventionsprinzip sehe ich noch nicht. Wer durch eigenes Fehlverhalten schwerbeschädigt ist, hat nur Vorteile.

Sehen Sie mal nach rechts … (Eine extrem adipöse Frau) Diese Frau kostet die Krankenkasse irre viel Geld. Richtiger Ansatz wäre: gesundheitlich positives Verhalten belohnen. Eine Kur sollte nicht derjenige bekommen, der sich vollfrisst. Sondern derjenige, der sich gesund hält.

SPIRIDON: Kann man auch ohne Laufen gesund bleiben?

Dr. Heepe: Klar, Sie können auch schwimmen, radfahren, fingerhakeln etc. … Aber ich persönlich halte es mit Zatopek.

SPIRIDON: Der Berlin-Marathon feiert bald seine 40. Auflage. Hätten Sie da nicht große Lust, „Ihren“ Marathon mal wieder mitzulaufen?

Dr. Heepe (überrascht): Ja, da müsste ich mich mal anmelden!

SPIRIDON: Geht nicht, ist ausgebucht.

Dr. Heepe: Ich nehme auch einen Charity- Platz … Aber da werden gewisse Herren ein Problem haben. Jedenfalls werde ich mit Sicherheit von den jetzigen Herrschaften nicht eingeladen. Wobei ich es als Sauerei empfinde, dass man Horst Milde raushält, wie schon beim Frauenlauf-Jubiläum. Horst Milde und ich haben den Marathon groß gemacht. Von der Bugwelle, die wir erzeugt haben, profitieren die Herren bis heute, dafür werden wir jetzt in den Hintern getreten. Die Art, wie man mit uns umgegangen ist, war unerträglich.

Aber ich hab meine Praxis, für mich gab es in der Kontinuität meiner Arbeit keinen großen Umbruch. Für Horst ist es schlimmer. Horst Milde hat den Berlin-Marathon nicht erfunden, sondern er ist der Berlin-Marathon! Unsere Nachfolger sollten ihm für seine Pionierarbeit dankbar sein.

UNFREIWILLIGES ENDE BEIM BERLIN-MARATHON

SPIRIDON: Warum haben Sie Ihre Aufgabe als Medical Director aufgegeben?

Dr. Heepe: Ich hätte gern irgendwann aus Altersgründen aufgehört. Und wollte zuvor noch einen Jüngeren einarbeiten. Dem Jüngeren die Fahne zu übergeben war meine Intention. Dann kam alles anders gedacht.

SPIRIDON: Der Berlin-Marathon bringt nicht nur Spaß, sondern auch Geld. Wie viel Honorar haben Sie in all den Jahren für Ihre Tätigkeit als Medical Director erhalten?

Dr. Heepe: Gar keins natürlich, das haben wir damals alle ehrenamtlich gemacht, sogar Geld reingesteckt, wir wollten es so. Die Philosophie war: Wenn wir in der Leitung Geld nehmen, müssen wir denen an der Front, zum Beispiel den Streckenposten, auch Geld geben.

Horst Milde hat das Telefon selbst bezahlt. Ich habe Medikamente besorgt. Lediglich als Aufsichtsratsvorsitzender, der ich zwei Jahre lang war, habe ich ca. 3.000 € erhalten. Dabei hätte es beim Berlin-Marathon genug Möglichkeiten gegeben: ganz ohne Arbeit Geld auf die Kralle!

Einmal kam ein ehemaliger Berliner Kollege, der am Bodensee eine orthopädische Praxis hatte. „Du bist aber ganz schön doof“ meinte er, „deine Arbeit bringt kein Geld“. Er erklärte, dass ein berühmter Mediziner im süddeutschen Raum eine geniale Vitaminserie auflegen wollte. Sportvitamine und Nahrungsergänzungsmittel. Ich sollte lediglich meinen Namen einbringen und das Logo des Berlin-Marathon, dann hätte ich ausgesorgt. Milllionen wären für mich rausgesprungen. Das Angebot war verlockend … aber ich muss ja jeden Morgen einen rasieren ….

SPIRIDON: Das sind ja spannende Anekdoten … wann schreiben Sie Ihre Memoiren?

Dr. Heepe: In ein paar Jahren. Derzeit fordern mich noch andere Aufgaben und Projekte, zum Beispiel der Aufbau zweier Krankenhäuser in Angola.

JoAnna Zybon (Text und Interview) in SPIRIDON – Juli/August 7-8/2013

Praxis Dr. Willi Heepe – Berlin

Praxis Dr. med. Willi Heepe

Epiphanienweg 6
14059 Berlin
Deutschland

Telefon: +49 (30) 99 19 49 20
Fax: +49 (30) 26 93 13 01

E-Mail-Adresse 1: wh@praxis-willi-heepe.de
E-Mail-Adresse 2: heepe-berlin@t-online.de

Öffnungszeiten / Termine

Bitte vereinbaren Sie Sprechstunden telefonisch – unter (030) 99194920 – oder per E-Mail.

Dr. Willi Heepe ist praktischer Arzt und Sportmediziner.

Seit über zwanzig Jahren liegt der Schwerpunkt seiner Tätigkeit als niedergelassener Arzt in der medizinischen Betreuung von Menschen, denen ein Leben in Bewegung Herzensangelegenheit ist. Hierzu gehören professionelle Ausdauersportler, aber auch Patienten mit Bluthochdruck und Herzerkrankungen.

Dr. Heepe ist Fachbuchautor; seine Artikel zum Ausdauersport erscheinen regelmäßig in aktuellen Zeitschriften (beispielsweise Runners World und LAUFZEIT).

Er ist außerdem ein geschätzter Dozent zu den Themen Sportmedizin, Ausdauertraining und Kardiologie.

Willi Heepe war viele Jahre lang Medizinischer Direktor des Berlin-Marathon. Er ist fünfzigmaliger Marathonfinisher und auch im Alter von 70 Jahren ein aktiver Repräsentant jener »Laufkultur«, für deren Entwicklung er sich in Deutschland schon so lange engagiert.

Weitere Beiträge von Dr. Willi Heepe bei GRR:

Das Wunderwerk Herz – Der unermüdliche Vierventiler – Dr. med. Willi Heepe in LAUFZEIT

Der Laie staunt und der IT-Experte wundert sich. Dr. Willi Heepe in LAUFZEIT

Sport ist Sport und krank ist krank – Dr. med. Willi Heepe in LAUFZEIT

Mit Taktgeber auf die Piste – Herzschrittmacher und Sport – Dr. Willi Heepe in LAUFZEIT

Sanft, hinterhältig und bösartig – Der Bluthochdruck. Dr. Willi Heepe in LAUFZEIT

Training im Winter – Tipps von Dr. Willi Heepe dem langjährigen Medical-Director des BERLIN-MARATHON

Bluthochdruck und Ausdauersport – Dr. Willi Heepe, der langjährige Medical Director des BERLIN-MARATHON und SCC-RUNNING fasst zusammen welche Aspekte bei diesem Thema eine Rolle spielen und worauf zu achten ist.

Marathonarzt Dr. Willi Heepe: „In das Alter hineinlaufen, aber nicht dem Alter davonlaufen" – Was macht Sinn? Für jeden ist der Blick in den Spiegel seines Lebens das Entscheidende, jeder über 35- oder 40-jährige Läufer sollte daran denken, dass möglicherweise der Lebenslauf in seinen Gesundheitspass schon eine Narbe oder schon ein Merkmal geschrieben hat

„Schlecht trainiert zum Marathon – das tut dem Herzen nicht gut" – Marathon-Arzt Dr. Willi Heepe nimmt Stellung 

GRENZERFAHRUNGEN – Was passiert im Körper? Ultraläufe aus sportmedizinischer Sicht – Dr. med. Willi Heepe in LAUFZEIT – Welche gesundheitlichen Risiken liegen in Läufern jenseits des Marathonlaufens?

Plötzlicher Herztod bei jungen Sportlern – Ruhe ist die einzige Therapie – Dr. med. Willi Heepe in LAUFZEIT – Die Myokarditis oder Herzmuskelentzündung.

Sporttote verhindern! Von Dr. Willi Heepe – dem Berliner Marathon-Arzt – Die wichtigste medizinische Sicherung jedoch liegt in der gesundheitlichen Verantwortung eines jeden Sportlers für sich selbst und damit für die Familie.

Weitere weitere Beiträge von Dr. Willi Heepe finden auf der GRR-Medizinseite – benutzen Sie die "GRR – Suchfunktion"!

 

author: GRR

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