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Ist Regensburg ein Langstreckennest? Acht Athleten/Innen der LG Telis Finanz im DLV-Kader Langstrecke ©Helmut Winter

Ist Regensburg ein Langstreckennest? Acht Athleten/Innen der LG Telis Finanz im DLV-Kader Langstrecke

By GRR 0
 

Regensburg, 15. November 2013 (orv) –  Acht Bundeskader im Bereich Langstrecke, das ist eine Menge. Ist also Regensburg ein Langstreckennest? „Mitnichten“ sagt Teamchef Kurt Ring von der LG Telis Finanz, „wir bilden eigentlich Läufer aus und nicht in erster Linie Langstreckler, auch wenn jetzt die Langstrecken-Kaderaufnahme von Corinna und Thea Heim so etwas vermuten lassen“.
 
Eins ist aber klar: Regensburger Athleten suchen den Erfolg, wie auch wieder die letzte Saison gezeigt hat. Und der liegt nicht immer auf der kürzeren Strecke. Coco Harrers läuferische Vielfältigkeit wird in den Medien oft herausgehoben, bei Maren Kock, Thea Heim und Philipp Pflieger ist es dasselbe, nur nicht so auffällig. „Eigentlich spricht diese Qualität auf vielen Strecken gar nicht so sehr für Harrer und co. sondern eher gegen die  spezialisierten Kollegen der reinen Mittelstrecke“, sagt Ring und weiß, dass diese Aussage gerne als persönlicher Angriff auf diese Spezies von Läufern gesehen wird.

Da lohnt sich doch einmal ein Blick über den vielzitierten Tellerrand. Weit braucht der Blick dabei nicht zu gehen. Sowohl der 400m-Europameister aus den 80er-Jahren Hartmut Weber als auch Sprint-Teamleiter Volker Beck suchen Schnelligkeitsressourcen in der seit Jahren stagnierenden deutschen 400m-Szene.

Zu den Kerngedanken des WM-Fünften von 1983 zählt, dass man nur über eine schnelle Sprintzeit ein hohes Niveau auf der 400-Meter-Strecke erreichen kann. „Wer 200 Meter nicht unter 21 Sekunden laufen kann, kommt über 400 Meter nie unter 45 Sekunden. Da kann ich noch so viele Tempoläufe absolvieren. Ich bin früher als 400-Meter-Läufer meist über 100 Meter und 200 Meter gestartet. Sonst wäre ich wahrscheinlich längst nicht so weit gekommen“, erläuterte der 400-Meter-Europameister von Athen (Griechenland) in einem Interview auf leichtathletik.de.

3000m-Start1-Maenner volkefoto

 

„Unsere Langsprinter sind zurzeit eher ausdauerorientiert. Um langfristig in der Weltspitze konkurrenzfähig zu werden, brauchen wir Athletinnen und Athleten mit hoher Unterdistanz-Fähigkeit. Es muss ein neues Denken eintreten, es muss mehr Bereitschaft geben, in der Gesamtheit der Disziplingruppe zu denken, nicht nur orientiert an der eigenen Disziplin. Wechsel aus dem Kurzsprint- und Kurzhürden-Bereich in den Langsprint oder die Langhürden sollen künftig für entsprechend talentierte Athleten keine Ausnahme darstellen“, sagt Sprint-Teamleiter Volker Beck.

Jene Bereitschaft, die Strecke zu wechseln, ist im Bereich „kurze Mittelstrecke“ nicht zu spüren. Der Übergang von den 400m auf die 800m ist das einzig Denkbare. So setzt denn in München der leitende Verbandstrainer Andreas Knauer auf den Aufbau einer international orientierten 800m Gruppe Frauen mit der Ausrichtung auf den 400/800m-Typ. „Das sind die Leute, die uns letztendlich zur Weiterentwicklung auf den klassischen Mittelstrecken und zum späteren Aufbau einer Langstrecken-Elite fehlen. Sie sind Langsprint geprägt und in späteren Jahren gar nicht in der Lage, die dann geforderten läuferischen Trainingsinhalte abzutrainieren“, sagt der Regensburger Coach dazu, „ eigentlich gibt es den 400/800m-Typ höchst selten, nur viele junge Athletinnen werden bar jeglicher komplexer Ausdauerschulung in ihren Entwicklungsjahren dazu gemacht.“

„Unsere Telis-Athleten/Innen müssen, wenn sie international ankommen wollen, streckentechnisch nach oben klettern, für die zwei Runden auf der Bahn sind sie alle zu langsam. Grundschnelligkeit lässt sich messen, dafür kann man in jungen Jahren einiges tun, Quantensprünge jenseits des 20. Lebensalters braucht man nicht erwarten. Eigentlich muss mit 20 Jahren die 1:59 bei den Frauen und die 1:45 bei den Männern stehen, sonst wird es nichts mehr mit der Weltklasse oder zumindest mit dem etwas erfolgreichen Olympischen Dabeisein“, sagt Ring weiter und steht hier bei Experten nicht ganz alleine da. Sein Ziehvater und Mentor Lothar Pöhlitz unterscheidet inzwischen „Talente, Goldkörnchen und läuferische Genies“. Er sagt: „Nur die läuferisch Genialen werden noch Medaillen bei Olympischen Spielen gewinnen und die müssen schon schnell geboren werden.“

So ist denn die Regensburger Truppe (fast) zu Deutschlands Langstreckennest Nummer eins geworden. „Aus der Not geboren, weil ich eben keinen Imput von wirklich Schnellen, die viel laufen wollen, habe“, sagt Ring, „meine Leute möchten ihren ganz persönlichen Maximalerfolg. Da muss man ihnen die Wahrheit sagen, auch wenn diese am Ende Marathon heißt.“

Seine Beste, Corinna Harrer hat schon mit 15 Jahren auf ihn gehört. Bisher hat es ihr nicht geschadet. Mit 21 Jahren stand sie im olympischen Halbfinale über 1500m, mit 22 Jahren gewann sie bei den Halleneuropameisterschaften über 3000m Silber. Das sind weitaus längere Strecken als bei ihrem Sieg 2006, als sie bei den Bayerischen Schülermeisterschaften die 100m in 12,33sec gewann.

 

Quelle: LG TELIS Finanz Regensburg

 

LG TELIS Finanz Regensburg

author: GRR

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