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2013

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Krafttraining und Stabilisation für Läufer ©privat

Krafttraining und Stabilisation für Läufer – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

By GRR 0

Viele Läufer sind mager und haben wenig muskulöse Oberkörper. Das Laufen trainiert den unteren Teil des Körpers, tut aber wenig für den Oberkörper. Die Kraft ist eine der konditionellen Fähigkeiten, welche die körperliche Leistungsfähigkeit bestimmt. Zusätzlich sind regelmäßige Kräftigungsübungen in der Woche ratsam, wobei insbesondere auch die beim Laufen nicht so stark beanspruchte Muskulatur trainiert werden sollte.

Mit einfachen Selbsttests können innerhalb kurzer Zeit Schwächen aufgedeckt werden (Graumann et al. 2010). Der Sprinter ist auf Maximalkraft und Schnellkraft angewiesen. Der Langstreckenläufer benötigt ein geringeres Kraftniveau, das aber über einen längeren Zeitraum. Das Krafttraining muss dementsprechend mehr auf die Kraftausdauer ausgerichtet sein. Funktionelles Training hilft, Bewegungsabläufe zu optimieren, indem möglichst viele Muskeln über mehrere Gelenke aktiviert werden (Graumann et al. 2010). Damit können die Laufökonomie und die Laufleistung verbessert werden (Heim et al. 2007, Jones u. Bampouras 2007, Geese u. Popovic 2009, Sedano et al. 2013).

Die Stabilisierung der Rumpfmuskulatur beugt Fehl- und Überbelastungen sowie Verletzungen vor. Der Laufstil wird zudem dadurch verbessert. Gleichmäßige Kraftverhältnisse der Muskulatur verhelfen zu einem dynamischeren Schritt und beugen Verschleißerscheinungen sowie Verletzungen vor. Zum Erreichen und Erhalten einer muskulären Balance eignet sich das dynamisch langsame Krafttraining. Pro Trainingseinheit werden hierzu zwei bis drei Serien mit 10 Wiederholungen durchgeführt.

Muskeln, die nicht regelmäßig benutzt werden, bilden sich zurück. Abgeschwächte oder verkürzte Muskelgruppen werden durch Athletiktraining ausgeglichen, weswegen man auch von einem „Ausgleichstraining" spricht. Besonders ältere Läufer müssen dem zunehmenden Muskelabbau mit Krafttraining entgegenwirken. Als Verletzungsprophylaxe und zur Verbesserung der allgemeinen Fitness sollten Sie regelmäßig die Muskelgruppen von Oberkörper; Hüfte und Beinen trainieren. Laufverletzungen stehen häufig im Zusammenhang mit muskulären Dysbalancen.

Viele Läufer unterschätzen die Bedeutung des Krafttrainings. Dieses Training kann das ganze Jahr über betrieben werden, macht aber insbesondere in der Vorbereitungsperiode Sinn. Studien haben gezeigt, dass Krafttraining die Leistungsfähigkeit um 2-3% steigern kann. Krafttraining schränkt nicht die Beweglichkeit ein und führt nicht zu einer Verkürzung der Muskulatur. Sportler, die parallel zu einem statischen Dehnten ein Krafttraining durchführen, profitieren im Sinne einer verbesserten Beweglichkeit. Nur ein forciertes Kraftausdauertraining mit Übersäuerung der Muskulatur führt zu einer reversiblen funktionellen Verkürzung der Muskulatur.

Die Kräftigung insbesondere der Rumpfmuskulatur verbessert und ökonomisiert den Laufstil. Schnelle Beine allein reichen nicht. Die von den Beinen entwickelte Kraft kann nur dann möglichst trägheitsfrei in Bewegung umgesetzt werden, wenn der Rumpf stabil über der Abstützungsfläche gehalten wird. Dafür ist insbesondere die Rücken- und Bauchmuskulatur von Bedeutung, welche die Wirbelsäule mit dem Becken und dem Schultergürtel verspannt.

Gerade durch die Verkürzung der Hüftbeugemuskulatur und Hohlkreuzhaltung kommt es zur Leistungsminderung. Nur durch eine gut trainierte Bauchmuskulatur, die eine Becken- und Lendenwirbelsäulenaufrichtung ermöglicht und eine gegenspannende Rückenmuskulatur wird eine bestmögliche Rumpfstabilität garantiert (Aderhold und Weigelt 2012). 

Die Muskulatur bietet außerdem den Gelenken Schutz, fängt harte Bewegungen ab und reduziert die Gelenkbelastung bis zu 50%. Bekannt ist, dass Menschen mit starken Muskeln auch starke Knochen haben und so vor Osteoporose geschützt sind. Außerdem beugt eine starke Rumpfmuskulatur Rückenschmerzen vor. Eine gute Muskelfunktion der Beine fördert den Bluttransport zum Herzen und verhindert die Bildung von Krampfadern.

Das männliche Sexualhormon Testosteron ist für die Leistungsfähigkeit von entscheidender Bedeutung. Nicht umsonst ist es auch als hochwirksame Dopingmittel bekannt. Die mit zunehmendem Lebensalter abfallende Leistung hängt auch mit dem fallenden Testosteronspiegel zusammen. Dieses Hormon ist auch für die Regeneration von Bedeutung und verbessert die Wirksamkeit des Ausdauertrainings. Eine legale Möglichkeit, den Testosteronspiegel zu steigern, stellt ein regelmäßiges Krafttraining dar. Es setzt – ebenso wie kurze Steigerungsläufe nach einem längeren Ausdauerlauf (5 x 60 m) – einen Reiz zur vermehrten Testosteronproduktion.

Im Winter ist daher ein mehrmaliges Krafttraining und in der Saison 1- bis 2-mal Krafterhaltungstraining von jeweils 30-45 Minuten pro Woche zu empfehlen.

Mit Muskeltraining wird auch die Hormonproduktion angeregt. Das so genannte Kreativitätshormon ACTH (adrenocorticotropes Hormon) wird freigesetzt und damit Puls und Blutdruck gesenkt. Es sorgt gleichzeitig dafür, dass wir geistig wach werden, besser denken können und Probleme damit schneller lösen. Endorphine sorgen für das gute Gefühl nach dem Training und sollen eine schmerzhemmende Wirkung haben. Durch Muskeltraining lernt der Körper die Stresshormone Kortisol und Adrenalin besser abzubauen, die Stressresistenz wird verbessert. Auch die Ausschüttung des Wachstumshormons (STH) wird angeregt, das sorgt dafür, dass wir schneller regenerieren und uns frisch fühlen.

Zum Muskeltraining muss man nicht unbedingt ins Fitness-Studio gehen, dafür reichen auch Übungen gegen den Körperwiderstand oder mit einfachen Hilfsmitteln wie z.B. einem Thera-Band® (Gummiband). Das Krafttraining sollten Sie ganzjährig in das Trainingsprogramm integrieren.

 

Zusammenfassend kann Krafttraining empfohlen werden:

 

–        an Pausentagen (P),

–        vor leichtem Training (GA-1-Breich: RDL, EDL, IDL, FS, AT),

–        vor regenerativen Anwendungen,

–        nach Lauf-ABC und Koordinationsschulung.

 

Auf Krafttraining sollte verzichtet werden:

 

–        vor oder nach hartem Training (GA-2-Bereich: TDL, WHL) und Wettkampf,

–        im verletzten Bereich.    

 

Legende: RDL = regenerativer Dauerlauf, EDL = extensiver Dauerlauf, IDL = intensiver Dauerlauf, FS = Fahrtspiel, TDL = Tempodauerlauf, WHL = Wiederholungsläufe, AT = Alternatives Training

Ein Kräftigungs- und Stabilisierungsprogramm für Läufer modifiziert nach Spring et al. (1990) und Boeckh-Behrens (2008) findet sich bei Aderhold und Weigelt (2012).

Laufspezifisches Kraftraining enthält auch dynamische Inhalte, die eine Zeit und Richtungskomponente aufweisen. Sprungkrafttraining können Sie durch beidbeinige und einbeinige horizontale bzw. vertikale Sprünge mit und ohne Gewichten (Medizinball, Handhanteln, Gewichtsmanschetten) durchführen. S

prungkrafttraining erfoltg ebenso durch Treppenlaufen, Treppensprünge und Bergaufsprints. Komplexe Formen des spezifischen Krafttrainings stellen Zugwiderstandläufe mit Reifen oder Schitten dar.

Die Übergangs- und Vorbereitungsperiode ist der ideale Zeitpunkt, vermehrt Kraftraining und Stabilisationsübungen ins Trainingsprogramm aufzunehmen. 

 

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

Literatur:

  

Aderhold L, Weigelt S. Laufen! … durchstarten und dabeibleiben – vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. Stuttgart: Schattauer 2012.

Boeckh-Behrens WU. MaxxF, Das Super-Krafttraining. Hamburg: Rowohlt 2008.

Geese R, Popovic S. Einfluss eines reaktiven Krafttrainings auf die Laufökonomie und Laufleistung von hochtrainierten Mittel- und Langstreckenläufern. BISp-Jahrbuch 2009-2010: 155-159.

Graumann L, Beuke B, Warnecke M, Norman N. Get Fit To Run. Functional Training für Laufsportler. München: riva 2010.

Heim C, Wirth K, Frick U, Schmidtbleicher D. Unterstützendes Krafttraining im Ausdauersport. In Hartmann U, Niessen M, Spitzenpfeil P (Hrsg.) Ausdauer und Ausdauertraining, Symposiumsbericht München, Bd 14 Köln: Sportverlag Strauß 2007. 

Jones P, Bampouras TM. Resistance training for distance running: A brief update. Strength Cond J 2007; 29: 28-35.

Sedano S, Marin PJ, Cuadrado G, Redondo JC. Concurrent training in elite runners: The influence of strength versus muscular endurance training on performance outcomes. J Strength Cond Res 2013; 27: 2433-43.

Spring H, Kunz HR, Schneider W, Tritschler T, Unold E. Kraft. Theorie und Praxis. Stuttgart Thieme 1990.

 

 

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Aderhold/Weigelt: Laufen! Die Buchvorstellung aus dem Schattauer Verlag

 

 

 

 

 

 

 

author: GRR

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