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31
07
2014

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Arthrose und Laufsport ©privat

Arthrose und Laufsport – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

By GRR 0

Wenn es beim Laufen nicht mehr „wie geschmiert“ läuft und sich Beschwerden einstellen, kann auch ein Gelenkverschleiß die Ursache sein. Bei den 40- bis 50-Jährigen klagen heute schon mehr als die Hälfte über Gelenkbeschwerden.

Oft sind arthrotische Gelenkveränderungen Ursache der Bewegungsschmerzen. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Arthrose eine „nichtentzündliche Erkrankung mit entzündlichen Episoden“. Am häufigsten betrifft der Bewegungsschmerz das Kniegelenk, gefolgt von Problemen in der Schulter, der Hand, in der Hüfte, im Fuß, im Ellbogen und im Sprunggelenk. Die Osteoarthrose ist die häufigste Gelenkerkrankung (Engelhardt 2003)

Als häufigste Ursache für den Bewegungsschmerz kommt eine Arthrose mit Schädigung des Gelenkknorpels in Betracht. Der Gelenkverschleiß tritt als Folge von Fehlhaltungen, Überlastungen und Verletzungen ein (Beruf, Sport, Übergewicht). Risikofaktoren stellen erlittene Verletzungen, Veranlagung, Gewicht, Alter und das weibliche Geschlecht dar.

Es gibt bisher keine Hinweise, dass Laufen die Entstehung einer Arthrose begünstigt (Puranen et al. 1975; Sohn u. Micheli 1985; Panush et al. 1986; Lane et al. 1986, 1993, 1998; Konradsen et al. 1990; Conaghan 2002; Walther u. Kirschner 2004; Hohmann et al. 2005; Kleinmann 2006; Cymet u. Synkov 2006; Schueller-Weidekamm et al. 2006; Chakravarty et al. 2008; Hagemann et al. 2008; Stahl et al. 2008; Mayer et al. 2011), denn Bewegung und Belastung sind für die Versorgung des Knorpels mit Nährstoffen unverzichtbar.

Nur bei einer Vorschädigung in Kombination mit einem höheren Laufumfang ( 60 km / Woche) ist mit einem gering erhöhten Risiko zu rechnen (Cheng et al 2000; Schmidt et al. 2006; Schmitt 2006; Mayer et al. 2011).

Die Arthrose ist eine primär nicht entzündliche Gelenkerkrankung.

Sie kann in einzelnen großen Gelenken, wie dem Kniegelenk (Gonarthrose) oder Hüftgelenk (Coxarthrose) auftreten, oder mehrere kleine Gelenke, wie die Finger bzw. Zehengelenke oder die Wirbelsäulengelenke (Spondylarthrose) betreffen. Der Gelenkknorpel, der den Knochen überzieht, hat eine Art „Stoßdämpferfunktion“.

Bei der Entwicklung der Arthrose verliert er an Elastizität, wird dünner und bekommt Einrisse. Durch den Abrieb treten knorpelfreie Bereiche auf, der Knochen liegt frei, es kommt zu Gelenkgeräuschen (Reiben). Der Gelenkknochen verdichtet sich und die Ränder können sich verformen. Außerdem lösen sich kleine Knorpelstückchen ab und führen zu einer Reizung der Gelenkinnenhaut mit Entzündungszeichen und Ergussbildung. Im Spätstadium der Arthose ist der Knorpel größtenteils verschwunden, die Gelenkknochen reiben aufeinander.

Der Knorpel ist nicht mit Nerven versorgt, so dass der Knorpelschaden selbst primär keine Beschwerden bereitet. Der Knorpel wird nicht über Gefäße, sondern über die Gelenkflüssigkeit (Synovia) ernährt, die von der Gelenkinnenhaut abgegeben wird und auch als Gelenkschmiere dient. Die Bewegungsschmerzen entstehen insbesondere durch die Entzündungsprozesse und Ergussbildung. Der anfängliche Belastungsschmerz tritt später auch in Ruhe auf.

Hinzu kommen ein Spannungsgefühl und eine Gelenksteife mit Bewegungseinschränkung. Außerdem treten Schwellungen und Überwärmung im Gelenkbereich ein. Typisch für eine arthrotische Veränderung ist auch der Anlaufschmerz, der unter der weiteren Bewegung nachlässt. Durch den Bewegungsschmerz wird unbewusst eine Schonhaltung eingenommen, worauf die Bewegungseinschränkung zunimmt. Die Elastizität der umgebenden Weichteile (Sehnen, Bänder, Muskeln) lässt nach, es treten Muskelverspannungen, Muskelverhärtungen und Muskelverkürzungen ein. Auch diese Prozesse verstärken die Bewegungseinsschränkung. Am Ende stehen die Gelenkdeformierung und der Funktionsverlust.

Die Diagnose einer Arthrose wird durch funktionelle Tests und bildgebende Verfahren (Röntgen, MRT) gestellt, weil damit degenerative Veränderungen gut gezeigt werden. So gibt es Patienten, die über starke Beschwerden klagen, aber nur diskrete Befunde zeigen, während andere ausgeprägte degenerative Gelenkveränderungen aufweisen und nur geringe Schmerzen haben.

 

Therapie

 

Aufgrund der nutritiven Versorgung des Knorpels kann sich dieses Gewebe nur schwer regenerieren. Die Arthrose ist daher ein kaum umkehrbarer Prozess. Bei der Behandlung muss man zwischen symptomatischer und kausaler Therapie unterscheiden.  Zur Schmerztherapie werden entzündungshemmende Schmerzmittel (Antiphlogistika), z.B. Diclofenac, Ibuprofen oder Cox2-Hemmer eingesetzt (Bach und Förster 2003). Wichtig sind auch physikalische Maßnahmen wie die Kältetherapie bei Entzündung, die Wärmetherapie bei einer nicht aktivierten Arthrose und Krankengymnastik (Höher und Erggelet 2003).

Eine gezielte antientzündliche Behandlung kann mit Injektionen von Kortison ins Gelenk erfolgen (Michael et al. 2010). Durch Hyaluronsäure-Injetktionen ins Gelenk wird die Beweglichkeit verbessert (Engelhardt 2003). Ergänzend haben sich die Akupunktur,  neuraltherapeutische Behandlungen und die Homöopathie (z.B. Zeel®, Traumeel®, Symphytum) bewährt.

Auch die Anwendung von Glukosamin-, Chondroitinsulfat-, Kollagenhydrolyast- und Hyaluronsäure-Präparaten (Bach und Förster 2003), Lyprinol® sowie Teufelskralle in ausreichend hoher Dosierung kann empfohlen werden, zur äußerlichen Anwendung auch Beinwell-Salbe. Glucosamin soll gegenüber Placebo keine Unterschiede in der Wirkung zeigen (Kwoh et al. 2014). Der Einsatz von Gelatinepräparaten und Haifischknorpel ist nach der gegenwärtigen Studienlage nicht gerechtfertigt. In der Ernährung sollte auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin E und Omega-3-Fettsäuren geachtet werden.

Mikronährstoffe können bei Arthrose die Symptome lindern, Entzündungszeichen mindern und die Struktur verbessern. Aufgrund synergistischer Wirkung sollten Mikronährstoffkombinationen Monosubstanzen vorgezogen sowie frühzeitig und ausreichend lang eingesetzt werden.

Die Firma ULTRA Sports hat eine Produktserie zur Prophylaxe und Behandlung von Sehnen- und Gelenkbeschwerden entwickelt (ULTRA Protect Ackerschachtelhalm, ULTRA Protect Chonsamin und ULTRA Protect Kollatin). Diese Produkte fördern die Regeneration des Bindegewebes, wirken entzündungshemmend und damit auch schmerzlindernd.

Die Ursachen wie Fehlhaltungen und Überlastungen durch Übergewicht, Beruf und Sport müssen beseitigt oder minimiert werden. Die veränderte Statik des Bewegungsapparates sollte durch gezielte Physiotherapie (Ernst 2003) verbessert und die gelenkstützende Muskulatur gekräftigt werden (Muskelaufbau). Bandagen und Orthesen stellen Hilfsmittel zur Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung dar (Erggelet 2003). Auch die Magnetfeldtherapie hat ihren Stellenwert in der konservativen Behandlung der Arthrose (Gierse 2003).

Durch operative Verfahren wie die Arthroskopie können Knorpelabrieb und Entzündungsstoffe aus dem Gelenk beseitigt werden (Bouillon et al. 2003). Große Hoffnungen setzt man auf die Züchtung und Übertragung  von Knorpelzellen sowie Bildung von Knorpelersatzgewebe (Bös und Eltermann 2003, Preis und Erggelet 2003, Bernholt und Höher 2003, Vogt und Imhoff 2007). Diese Verfahren befinden sich aber noch im Stadium von Studien und sind noch keine  Routinebehandlungen.

Bei fortgeschrittener Arthrose hilft häufig nur noch ein künstlicher Gelenkersatz. Der Hüftgelenkersatz ist heute schon ein Routineverfahren geworden. Bewegungsschmerzen bei Gelenkarthrose lassen sich auch durch ein vernünftiges Verhalten lindern.  Das Tragen von schweren Lasten sollte bei Knie- und Hüftgelenkarthrose vermieden werden. Ruhe stellt keine Patentlösung bei Arthrose dar.

Es eignen sich Sportarten mit Gelenke entlastenden Bewegungen, also z.B. Radfahren, Schwimmen und Aqua-Jogging. Ob trotz bestehender Arthrose Laufsport ausgeübt werden kann, muss individuell abgeklärt werden. Zwei kürzere Trainingseinheiten am Tag werden meist besser toleriert als eine längere Einheit. Bei einem dosierten Training ist für Arthrosepatienten mehr Nutzen als Schaden zu erwarten.

(Weitere Informationen: „Arthrose und Sport“ unter: www.dgsp.de  )

Auf jeden Fall sollten Sie geeignete Schuhe auswählen und orthopädisch angepasste Einlagen  verwenden. Eine Optimierung der Lauftechnik und stabilisierendes Krafttraining helfen, einseitige Belastungen zu vermeiden. Steigern Sie den Laufumfang vorsichtig und halten Sie Regenerationszeiten ein. Bei Schmerzen laufen Sie seltener, kürzer und langsamer. 

Nutzen Sie die noch vorhandene Belastbarkeit selbstkritisch, ohne sich zu überfordern. Untersuchungen haben gezeigt, dass durch Langstreckenlauf eine Arthrose nicht gefördert wird. Eine regelmäßige dem Befund angepasste sportliche Betätigung kann sogar eine Arthrosebildung verzögern (Verbesserung der Durchblutung, Kräftigung der Muskulatur, rhythmische Druck- und Sogwirkung verbessern den Knorpelstoffwechsel). Auch mit einem Gelenkersatz kann leichtes Lauftraining möglich sein (Aderhold u. Weigelt 2012).

Studien haben gezeigt, dass keine schädigende Auswirkung einer bestimmten Sportdisziplin auf die Haltbarkeit von Hüftendoprothesen vorliegt. Der Arthrosepatient und Endoprothesenträger gewöhnt sich automatisch einen gelenkschonenden  Laufstil mit  geringerem Kniehub und langsamerem Tempo an, womit es zu einer geringeren Krafteinwirkung auf das Gelenk kommt.

(Weitere Informationen: „Bewegung und Sport mit Endoprothese“ unter: www.dgsp.de ).

Arthrosepatienten sollten grundsätzlich in regelmäßiger ärztlicher Kontrolle bleiben. Biomechanische Betrachtungen legen nahe, dass manche Belastungen für Endoprothesenträger besonders geeignet sind (Radfahren, Schwimmen) und andere weniger geeignet (Laufen, alpines Skifahren) (Halle et al. 2008; Huch et al. 2009).

Lauftraining ist in vielen Fällen möglich, auch wenn der geliebte Marathon oder Ultra vielleicht nicht mehr ratsam ist.  

 

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

Literatur:

 

Aderhold L, Weigelt S. Laufen! … durchstarten und dabeibleiben – vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. Stuttgart: Schattauer 2012.

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Bernholt J, Höher J. Knorpelersatzgewebe durch Mikrofrakturierung. Dtsch Z Sportmed 2003; 54: 218-21.

Bös L, Ellermann A. Indikation und Ergebnisse der autologen Knorpel-Knochen-Transplantation (Mosaikplastik). Dtsch Z Sportmed 2003; 54: 222-4.

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