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12
09
2016

Leichtathletik. Abendveranstaltun - Finale Weitsprung 38 - Lindy Ave, Foto:-Credit: Ralf Kuckuck - DBS - MARACANA, OLYMPISCHES STADION, BRASILIEN - SEPTEMBER 11

Paralympic Rio 2016 – Lindy Ave fehlen nur sechs Zentimeter – Müller-Rottgardt, Floors, Behre und Streng im 200-Meter-Finale – Vanessa Low springt mit Weltrekord zu Paralympics-Gold

By GRR 0

Der Sonntag bot bei den Leichtathleten am Abend zwar keine Medaillen, aber tolle Leistungen: Die 18-jährige Lindy Ave sprang persönliche Bestleistung und verpasste Bronze hauchdünn, David Behre, Johannes Floors und Felix Streng zogen am Vorabend des großen Staffel-Finals auch in den 200-Meter-Endlauf ein.

Lindy Ave startete furios in ihren Weitsprung-Wettkampf in der Klasse T38: Mit 4,47 Metern verbesserte die 18-Jährige schon im ersten Versuch ihre persönliche Bestleistung, verfehlte Bronze aber um den Hauch von sechs Zentimetern. „Persönliche Bestleistung ist super, aber ja, da hat nicht viel gefehlt“, sagte sie nach dem Weitsprung.

Nicole Nicoleitzik wurde mit 4,05 Metern Zehnte, Vanessa Braun egalisierte ihre persönliche Bestleistung mit 3,98 Metern und belegte Rang 13.

Die deutschen Sprinter David Behre, Johannes Floors und Felix Streng, die in der Klasse T44 über 200 Meter in der Weltjahresbestenliste Rang eins, zwei und vier belegen, kamen allesamt ins Finale morgen um 19.21 Uhr (Rio-Zeit). Zuvor steht dann aber noch der Lauf mit der 4×100-Meter-Staffel um 17.30 Uhr (Rio-Zeit) für alle drei an.

Behre rannte im ersten Vorlauf in Europarekord von 21,63 Sekunden die drittschnellste Zeit, Floors zog mit 21,86 Sekunden als Vierter ins Finale ein. Streng, der über 100 Meter Bronze gewonnen hatte, musste mit 22,55 Sekunden kurz bibbern und dachte schon, dass er ausgeschieden sei, kam dann aber als Achter über die Zeit weiter.

Floors, der über 100 Meter im Vorlauf ausgeschieden war, sagte erleichtert: „Ich kann es doch noch! Morgen holen wir uns Gold mit der Staffel und dann können die 200 Meter kommen!“

Katrin Müller-Rottgardt und ihr Guide Sebastian Fricke qualifizierten sich nach Bronze über die 100 Meter auch über die 200-Meter-Strecke für das Finale. In 24,73 Sekunden zogen sie über die viertschnellste Zeit in den Endlauf morgen um 10.57 Uhr (Rio-Zeit) ein.

Marc Schuh hat es in einer starken Konkurrenz in der Klasse T54 als Zwölfter über 400 Meter verpasst, ins Finale einzuziehen. Der 27-Jährige kam nach 48,89 Sekunden ins Ziel und muss nun auf den Vorlauf über 100 Meter am Freitagabend hoffe

Koleiski Vierte im Diskuswurf, Mester Fünfter mit dem Speer – Deutsche Werfer verpassen Medaillenränge nur knapp 

Frederike Koleiski ist bei den Paralympics im brasilianischen Rio de Janeiro im Diskuswurf der Klasse F44 Vierte geworden. Die 29-Jährige, die für Eintracht Duisburg startet und von Alexander Holstein betreut wird, warf den Diskus im sechsten Versuch auf 30,34 Meter. „Ich bin zufrieden, außer, dass ich gerne zwei Meter weiter geworfen hätte“, sagte Koleiski: „Die Stimmung hier ist der Wahnsinn, wie die Leute jubeln und mitgehen. Damit muss man auch erst mal umgehen können.“

Bei der WM im vergangenen Jahr in Doha (Katar) landete Koleiski ebenfalls auf Rang vier. Unangefochten vorne lagen die Chinesinnen Juan Yao und Yue Yang. Yao verbesserte schon im ersten Versuch ihren eigenen Weltrekord auf 44,53 Meter. Bronze ging an die Kubanerin Noraivis de la Heras Chibas.

Die Duisburgerin richtete den Blick schon direkt nach dem Wettkampf auf die kommenden Aufgaben: die WM 2017 in London. Dann wird ihre Lieblingsdisziplin Kugelstoßen wieder im Programm sein. „Deshalb mache ich jetzt zwei Wochen Urlaub – und dann geht es mit der Kugel weiter.“

Wie Koleiski hat auch Mathias Mester mit Rang fünf im Speerwurf der Klasse F41 die angepeilte Medaille verpasst. Der vierfache Weltmeister in dieser Disziplin, der beim 1. FC Kaiserslautern von Werner Kalb trainiert wird, warf den Speer auf 39,99 Meter. Seine vier Konkurrenten warfen allesamt über 40 Meter: Kovan Abdulraheem und Wildan Nukhailawi feierten einen irakischen Doppelsieg, Weltrekordhalter Pengxiang Sun aus China gewann Bronze. Mester sagte: „Es war eigentlich ein geiler Wettkampf, dreimal habe ich knapp an die 40 Meter rangeworfen, das hatte ich glaube ich noch nie. Nur der Ausrutscher nach oben hat gefehlt.“

Nachdem Mester 2012 bei den Spielen in London nur Rang sieben geblieben war, reiste der Europarekordhalter optimistisch nach Rio. Vier Tage vor seinem 30. Geburtstag zeigte er konstant gute Würfe, aber keinen, der nach ganz vorne gereicht hätte. „Als alle 40 Meter hatten, wusste ich, dass ich persönliche Bestleistung werfen musste. Da war es schwer, sich zu motivieren, aber ich habe alles probiert.“

Vor dem letzten Versuch klatschte er rhythmisch in die Hände, die Zuschauer stiegen darauf ein, Mester lief an, schmiss und warf sich auf den Boden: „Da habe ich nur aus dem Arm geworfen, nicht mehr aus den Beinen. Aber vorwerfen kann ich mir nichts. Die Stimmung war gigantisch.“

2008 hatte Mester Paralympics-Silber im Kugelstoßen gewonnen. Dass er jetzt ohne Medaille zurückreisen wird, vermiest ihm den Geburtstag am Donnerstag aber nicht: „Was gibt es Schöneres, als in Rio seinen 30. zu feiern?“

Alhassane Baldé wurde über die 5000 Meter der Klasse T54 in einem langsamen Rennen Achter in 11:03,00 Minuten.

Vanessa Low springt mit Weltrekord zu Paralympics-Gold

26-Jährige kratzt an der Fünf-Meter-Marke und gewinnt souverän

Vanessa Low bei ihrem Weltrekord-Sprung ©Ralf Kuckuck/DBS Bild vergrößern Vanessa Low bei ihrem Weltrekord-Sprung ©Ralf Kuckuck/DBS

Vanessa Low hat bei den Paralympics im brasilianischen Rio de Janeiro Gold im Weitsprung der Klasse T42 gewonnen und damit ihre erste paralympische Medaille geholt.

Die 26-jährige Weltmeisterin, die für den TSV Bayer 04 Leverkusen startet und in den USA von Roderick Green trainiert wird, sprang im dritten Versuch auf 4,93 Meter und verbesserte ihren eigenen Weltrekord um 14 Zentimeter. Im zweiten Versuch war sie bei 4,88 Metern gelandet, im vierten bei 4,90 Metern. „Ich habe das die ganze Zeit genossen, so wie ich es mir vorgenommen hatte.“

Ihrer Dauerkonkurrentin Martina Caironi aus Italien blieb nur Silber mit persönlicher Bestleistung von 4,60 Meter, obwohl auch sie gut in den Wettkampf gefunden hatte.

2012 bei den Paralympics 2012 in London war Low mit Platz sechs im Weitsprung und Rang vier über 100 Meter leer ausgegangen, seit 2014 gewann sie dann aber zweimal die Europameisterschaft und einmal die Weltmeisterschaft und startete in Rio als große Favoritin.

Dabei war ihr Start in Brasilien alles andere als einfach: Wegen einer bakteriellen Infektion am Bauch musste sie operiert werden und mit dem Training aussetzen. Das beeinflusste sie im Wettkampf aber nicht allzu sehr: „Es war eine schwere Saison, aber heute hat alles gepasst. Es war jetzt Zeit, dass der Wettkampf endlich startet, ich habe mich bereit gefühlt.“

Am Samstag hat Low nun die nächste Chance auf eine Medaille über 100 Meter – dann gilt allerdings Caironi als Favoritin. Für Low könnte sprechen, dass die brasilianischen Fans sie wie eine Einheimische gefeiert hatten. So laut wie bei Low wurde es im Olympiastadion sonst nur, wenn ein Brasilianer startete. „Ich wollte von Anfang an mit dem Publikum interagieren, ich mag es, wenn sie beim Anlauf klatschen, das pusht mich. Dass es so geklappt hat, war aber überraschend und wunderschön. Dabei habe ich eigentlich nur einmal geklatscht und ein bisschen gewunken.“

Einen großen Anteil an ihrem Erfolg gab sie ihrem Trainer Roderick Green, dem Mann der ehemaligen deutschen Sprinterin Katrin Green: „Er hat mich mental so stark gemacht, er hat mir gezeigt, wie ich an mich selbst glaube. Auch wenn wir im Training oft ausgetestet haben, wo Grenzen sind.“

Zum Dank wird es nun ein Tattoo mit seiner Unterschrift auf ihrem Körper geben: „Wir waren irgendwann mal aus nachts, da hat er gesagt, er kann mich zu Gold trainieren. Und deshalb mache ich das jetzt. Er ist nicht nur als Trainer, sondern auch als Person einfach sehr wichtig.“

Dass sie sich bei der deutschen Hymne bei der Siegerehrung dann beim Mitsingen verhaspelte, nahm sie gelassen: „Von mir ist so viel Druck abgefallen. Ich bin für die USA weit weg von meinen Eltern gezogen, weit weg von meinem Freund, da war mir das ehrlich gesagt egal.“

Die zweite deutsche Starterin Jana Schmidt, die 2013 WM-Silber gewonnen hatte, wurde mit 3,53 Metern Siebte.

Daniel Scheil stößt die Kugel zu Gold

„Rio Scheili“ übertrumpft seine Konkurrenten im ersten Versuch

Daniel Scheil stößt die Kugel auf 11,03 Meter ©Binh Truong/DBS Bild vergrößern Daniel Scheil stößt die Kugel auf 11,03 Meter ©Ralf Kuckuck/DBS

Daniel Scheil hat bei den Paralympics im brasilianischen Rio de Janeiro im Kugelstoßen der Klasse F33 Gold gewonnen und damit seinen größten internationalen Erfolg gefeiert.

Der 43-Jährige vom BSV Weiden, der von Christian Balke trainiert wird, stieß die Kugel schon im ersten Versuch auf die Saisonbestleistung von 11,03 Meter und damit neun Zentimeter weiter als sein algerischer Konkurrent Kamel Kardjena, der 2008 und 2012 Paralympics-Sieger geworden war. Auch der zweite Stoß von „Rio Scheili“, wie er sich selbst bei Facebook nennt, landete erst bei 10,96 Metern.

Da der Algerier den Wettkampf begonnen hatte und jeder Athlet drei der sechs Versuche jeweils am Stück hatte, wusste Scheil als Fünfter somit schon vor seinen letzten drei Stößen, dass ihm Gold nur noch theoretisch zu nehmen war – und so war es dann auch: „Nach drei Versuchen habe ich gesehen, dass das wohl reichen wird.“

Scheil, der bei der Europameisterschaft 2014 und der Weltmeisterschaft 2015 Bronze und bei der Europameisterschaft 2016 Silber gewonnen hatte, konnte somit bei seinen ersten Paralympics gleich den ersten Sieg einfahren – und das, obwohl seine tendenziell stärkeren Disziplinen Diskus und Speer überhaupt nicht im paralympischen Programm sind: „Ich habe mich beim Speer geärgert, dass es nicht mehr dabei ist. Umso mehr freue ich ich jetzt. Mittlerweile muss ich sagen, dass ich alle drei Disziplinen gut kann, das kann kein anderer in meiner Klasse behaupten. Ich bin da super ausgeglichen.“

Irgendwie fühlte sich Scheil an dem Abend aber als Kugelstoßer. Er sagte über Weltmeister David Storl, der mit ihm in Kienbaum im abschließenden Trainingslager trainiert hatte und der es bei den Olympischen Spielen nicht zu einer Medaille geschafft hatte: „Ich denke, der Storli freut sich jetzt auch für mich.“ Und weil Kugelstoß-Kollege Niko Kappel schon Gold geholt hatte und Sebastian Dietz ebenfalls vom Diskus auf die Kugel umsteigen musste, dachte er auch an die beiden: „Wenn Niko das kann, dachte ich mir, warum nicht ich auch? Und der Herr Dietz kommt ja noch, da sind wir Kugelstoßer ja nicht so schlecht.“

Genießen konnte er seinen Erfolg auf der Ehrenrunde, wurde dann aber abrupt vom Feiern unterbrochen: Die Siegerehrung stand an und die korrekte Kleidung lag auf der anderen Seite des Stadions. Also musste Trainer Christian Balke losrennen und die Sporttasche holen, sodass es Scheil noch pünktlich zur Medaillenzeremonie schaffen konnte.

Scheil fand emotionale Worte für seinen Erfolg: „Ich bin stolz, es soweit geschafft zu haben und empfinde Freude und Dankbarkeit, auch meiner Familie gegenüber, die es nicht immer leicht hat mit mir. Jetzt kann der Spaß richtig anfangen, weil ich ja wie Niko keinen Wettkampf mehr habe.“

Martina Willing gewinnt Silber im Speerwerfen – 56-Jährige holte seit 1992 immer eine Medaille

Martina Willing hat bei den Paralympics in Rio de Janeiro (Brasilien) im Speerwerfen der Klasse F56 Silber gewonnen und für ihre 13. paralympische Medaille gesorgt.

Die 56-Jährige, die für den BPRSV Cottbus startet und von Petra Ritter und Ralf Paulo trainiert wird, warf den Speer im dritten Versuch auf 22,22 Meter und musste sich nur der Lettin Diana Dadzite geschlagen geben, die in Deutschland bei den Dolphins Trier Rollstuhlbasketball spielt und deren Speer bei 23,26 Metern landete. Willing sagte danach: „Ich bin sehr zufrieden mit der Leistung und der Platzierung, glücklich wäre ich, wenn ich gewonnen hätte.“

Immerhin konnte sie es mit Humor nehmen, dass es nicht nach ganz oben gereicht hatte: „Ich hatte mir vorher schon die Fingernägel lackiert, so hatte ich wenigstens ein bisschen Gold an den Fingern.“

Bei ihren siebten Paralympics in Folge gelang es ihr wieder, aufs Podest zu kommen: „Mein oberstes Ziel war es, dass die Serie hält, bei jeden Spielen mindestens eine Medaille zu gewinnen, eine Farbe habe ich vorher nicht definiert.“

Ihre Erfolgsbilanz ist beeindruckend: Angefangen mit Gold, Silber und Bronze in Barcelona 1992 gewann sie insgesamt zwölf Medaillen bei Sommerspielen, eine sogar in Lillehammer 1994 im Winter. Schluss soll aber noch lange nicht sein: Willing deutet nach dem Wettkampf an, dass sie sich vorstellen könnte, auch 2020 in Tokio an den Start zu gehen.

Im Kugelstoßen hatte sie zwei Tage zuvor nur Rang neun belegt, jetzt klappte es endlich mit der Medaille. Am Donnerstag wird sie noch im Diskuswurf ihr Glück versuchen.

 

Quelle: Deutscher Behindertensportverband e.V.

Newsletter-Ausgabe "Paralympische Momente 5" aus dem Deutschen Haus in Rio de Janeiro steht unter https://www.deutsche-paralympische-mannschaft.de/de/events/rio-2016.html zur Ansicht bereit.

author: GRR

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