10.000 m Training - Foto: Theo Kiefner
Prinzipien des Langstrecken trainings für alle © Lothar Pöhlitz*
In der Trainingspraxis begegnet man immer noch dem Irrglauben das viel Dauerlauf allein die Ausdauer entwickelt, dabei weiß man aus der modernen Trainingspraxis der Elite das TE mit Geschwindigkeiten unter 80% vom Renntempo zwar zur Basisarbeit gehören, für das Wettkampfergebnis aber eher zu den Leerkilometern gezählt werden.
Das ist sicher auch ein Grund, warum bei den weniger schnellen die 10000m – Fortschritte oft ausbleiben und man es in der Jugend nicht schafft sich mit zu wenig Qualität im zu geringen Trainingsumfang eine gute aerobe Basis für die lange 10000m-Bahnstrecke im Erwachsenenalter zu erarbeiten.
Deine 15 km p.B. entspricht in etwa Deiner aeroben Basis und ist wichtige Voraussetzung für das 10000m Training.
Mit den nachfolgenden trainingsmethodischen Erfahrungen soll auch denen geholfen werden, die sich, von einer Ausgangsposition etwas weiter weg leistungsorientiert noch um 1-2 Minuten oder mehr verbessern wollen. Aber nur wenn sie nicht übersehen das in individuell schnellen 10000 m – Rennen der Organismus um die 10-14 mmol/l Laktat tolerieren muß und es ohne Trainingseinheiten zwischen 5-10% schneller als die Zielgeschwindigkeit nicht so richtig voran geht.
Wie auf allen Mittel- und Langstrecken entscheidet letztendlich das in den letzten Wochen zwischen 95-105% absolvierte Training auch für 10000 m über das Ergebnis. Auch Straßenrennen oder Cross zwischen 8-21,1 km gehören in diesen Bereich und sind in einem umfangreichen Qualitätstraining wichtige hilfreiche Zubringer für das erforderliche Ausdauer- Qualitätsniveau.
2 Minuten Rückstand erfordert aerobes Qualitätstraining
Das internationale Anspruchsniveau ist beträchtlich gewachsen. Die derzeit gültigen Weltrekorde bedeuten das Frauen 10 x unter 3 Minuten und Männer unter 2:40 min/km ohne Pause können. Wer sein Leistungsziel für die 5000 m Unterdistanz nicht wenigsten bei 5% schneller ansiedelt und nicht ein Renntempo von 25 x 400 m um 63-65 bzw.70-72 Sekunden mit kurzen Pausen anstrebt wird es auch nicht schaffen die notwendigen langen Teilstrecken – wie 2000-3000m – Abschnitte – in einem solchen Tempo zu realisieren.
Eine mindestens 5%tige Unter- und Überdistanzleistungsfähigkeit und die aerobe Basis für Trainingseinheiten mit höherer Intensität sind deshalb zwei bedeutende Aufgaben auch für die 2.Etappe des Nachwuchs-trainings.
Wesentlichen Einfluß auf die individuelle Endleistung haben:
* die Prinzipien des Langstreckentrainings
* das Talent, die Erbanlagen für schnelleres-längeres Laufen
* die mentale Stärke im Wettkampf den inneren Schweinehund immer wieder zu besiegen und sich die 25 Runden im Leis-tungsziel-Tempo zu „erarbeiten“
* ein erfahrener, kompetenter Trainer
* die Bereitschaft das alles auch zu wollen und zeitweilig ins Zentrum des Lebens zu stellen (Verzicht, Ablenkung, Beruf, Freizeit, Schlaf etc.)
* die erforderliche Trainingszeit, auch für mehr schnelle Kilo-meter
* die Belastbarkeit und schnellere Regenrationsfähigkeit lang-fristig aufzubauen, vor allem aber die Regenerationsmaßnah-men auch zu nutzen
* ein früher zielgerichteter Ausbildungsbeginn und eine Syste-matik innerhalb des Nachwuchstrainings, d.h. eine mehr-jährige Vorbereitung aufs höhere Anforderungen
* das passende, unterstützende private Umfeld
* das ihn/sie begleitende leistungssporterfahrene TEAM (Ärzte / Spezialisten, Physiotherapeut, Ernährungsexperte, Psychologe, Manager)
* Wenn Weltniveau – dann Höhentraining
* die Trainingsbedingungen (z.B. fürs Laufen im Sommer und Winter, für die allgemeine und spezielle Kraft, die aktive unspe-zifische Regeneration, das Partnertraining, d.h. auch die Bereitschaft möglichst oft in Trainingslagern mit den Besten gemeinsam die aktuellen Inhalte qualitativ gut zu bewältigen
* eine zielorientierte komplexe Leistungsdiagnostik + Trainingssteuerung
10000 m Rennen sind härter als viele bereit sind in sie zu investieren. Ihre Vorbereitung erfordert eine Verschiebung der individuellen Grenzen, der aeroben Schwelle, der V02max, des angestrebten Renn-tempos, der Laufökonomie und die Erarbeitung eines optimalen Tempogefühls mit Endspurtfähigkeiten für die letzten 1-2 Runden.
Wer dem Unterdistanzbereich (3000 / 5000 m) nicht die gleiche Aufmerksamkeit widmet wie dem Überdistanzbereich (15 / 21,1 km) und im Rennen auf den ersten 400 m seine Möglichkeiten überschätzt, wer zu wenige Kilometer im „langen“ Intervalltraining oder in den Geschwindigkeiten zum Ausbau der aeroben Kapazität absolviert wird seine Träume nicht erfüllen können. Die Belastungen müssen umfangreich, aber auch lang genug sein um am Ende „harte 10000 m“ ohne Schwäche / Pause und mit einer erfolgreichen Endphase zu bestehen. Die für die vielen Runden auf der Bahn erforderliche mentale Stärke ist nicht zu erarbeiten, wenn nur 100 km im Wald oder auf der Straße trainiert werden.
Fettstoffwechsel und Laufökonomie
In der Trainingspraxis werden gute Erfahrungen beispielsweise beim Long run um 2 Std, gemacht, wenn nach 90 ruhigen Minuten in den letzten 30 Minuten die Geschwindigkeit um 5-10 % der HFmax angehoben wird. Zunehmend längere Läufe (1½-3 Stunden) sind der Weg um die Fettverbrennung und die Kapillarisierung zu verbessern. In Schwerpunktphasen, vor allem in den ersten Wochen eines Jahrestrainingsaufbaus, führt ein gezieltes Fettstoffwechseltraining über Zeiträume von 6-12 Wochen 2-3 x pro Woche zu einem verbesserten Bluttransport, einer verbesserten Kapillarisierung, einer erhöhten Mitochondriendichte und mehr Enzymen des Fettstoffwechsels. Das erarbeitete Fettstoffwechselniveau ist eine, oft unterschätzte, wichtige Basis für die nachfolgende Intensivierung.
Im ersten Schritt ~ 160 km Basistraining anstreben – später mehr
Beispielsweise so:
1. Phase: Bewältigung der vorgegebenen Kilometer
2. Phase: Alle Strecken werden zunehmend schneller zurückgelegt.
Schwerpunkt DL- 2 – 4,2 4,7 m/s
Beispielprogramme (Männer)
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1.Tag 16 km profiliert – „Geländelauf“ (4,2-4,6 m/s), Berge betont
2.Tag 22 km „flach“ (4,2-4,4 m/s) + 5 x 200m / Tp. 200m
3.Tag 20 km FS mit 10-15 x 1´/ 1´ oder 2´:1´oder 3´:2´
4.Tag 30 km (4,0 – 4,3 m/s)
5.Tag 16 km mit 20´ TDL im aktuellen Schwellentempo (vL3)
6.Tag 30 – 40 km „Long Jog“ (3,7 – 3,9 m/s)
7.Tag 16 – 22 km „sehr ruhig“ + 15-25 Rasen-Diagonalen oder STL
* + 2x wöchentlich Athletik/Kraft/Beweglichkeit/Lauftechnik
*Geschwindigkeitsangaben Männer 1.Phase
Langstreckler müssen auch die Laktattoleranz trainieren
Bei einer Wettkampfdauer um 30 Minuten ist außerordentlich bedeutend, wenn die Laktatakkumulation bei möglichst hohem Tempo immer später einsetzt. Dies wird durch das Niveau der Fettstoffwechselleistungsfähigkeit und der V02max begrenzt. Insofern muß Training für die 10000 m Wettkampfstrecke neben der Entwicklung einer hohen aeroben Schwelle (vL3) und der V02max auch Intensitäten beinhalten, die es dem Sportler ermöglichen bei Tempovariationen im Rennen mehrfach zeitweilig erhöhte Stoffwechselanforderungen zu tolerieren, d.h. mit dem anfallenden „Mehr-Lakat“ zeitweilig fertig zu werden. In Abhängigkeit von der Geschwindigkeit wird bei Energienot der aeroben Basis der anaerobe Stoffwechsel hinzugeschaltet.
Diszipliniert, fleißig, leidenschaftlich, motiviert immer schneller
Ein wichtiges Basis-Maß sind 15 km „schneller“
Die 4 wichtigsten Dauerlaufbereiche
EL Strecke / Minuten HF-Orientierung* AL
Schl./min.
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20´ 20 30´ 175 – 185* 20´
20´ 45 60´ 165 – 180* 20´
15´ 65 75´ 150 – 165* 15´
90 120 180´ 130 – 150* ———
© Lothar Pöhlitz
Herzfrequenzen sind individuell und sollen von der maximalen Herzfrequenz (HFmax) abgeleitet werden
Wer keine Zeit für eine anspruchsvolle persönliche Bestleistung im neuen Jahr vergeuden will oder sich am Cross im November / Dezember erfolgreich beteiligen will, beginnt nach der Übergangsperiode möglichst früh zunächst mit einem 3wöchigen Aufbau, 1x täglich mit ruhigen Dauer-läufen, 2-3 x in der Woche Ganzkörperathletik / Kraft und einen längeren Geländelauf bis 75 Minuten. In den Wochen 4-6 werden Umfang und 2x wöchentlich die Geschwindigkeiten weiter erhöht, mehrmals schon 2x täglich trainiert und im Anschluß an mittellange DL auch schon Rasendiagonalen eingefügt, so daß die 6.Trainingswoche, als die bisher höchste Belastungswoche und dem bisher längsten Long run protokolliert werden kann. Danach beginnt der Ernst des Leistungsläufers.
Vorbereitender Belastungsaufbau in Fahrtspielen
Geschwindigkeitsaufbau von 80 90 % HFmax hin
Beispielprogramme Laufpausen* HFmax*
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10 x 3´- 4´ 1 – 2´ 90 %* 6 x 5 – 6´ 2 – 3´
4 x 7 – 8´ 2,5 – 4´
3 x 10´ 4 – 5´
2 x 15´ 5´
© Lothar Pöhlitz
Achtung: die HFmax ist individuell und kann zwischen 170 – 200 Schl./min variieren
* Laufpausen sind individuell „schneller“ als Trabpausen, um 3:50-4:30 min/km
Die nächsten 6-8 Wochen sind für die Sommerleistung entscheidend. Um in dieser Phase das Leistungsniveau systematisch aufzubauen ist eine weitere Belastungserhöhung Im Sinne des 10000 m Zieles wichtig.
Innerhalb einer Umfangsstabilisierung mit 2 „Gipfelwochen“ am besten im Trainingslager werden 2-3 Qualitäts – TE platziert, von denen einmal lange Tempoläufe „Pflicht sind“ (z.B. Summe 10-12 km = 6 x 2000 m 4 x 3000 m 4000 + 3000 + + 2 x 1000 m oder ähnliches) und eine zweite TE die auf die Unterdistanzleistungsfähigkeit (5000 m oder 3000 m) auszurichten ist.
Wie im letzten Abschnitt sollten die Ausprägung der aeroben Schwelle (vL3), der Laufökonomie immer länger durch „Leicht“- Lauftechnik unterstützt und die Erarbeitung des Tempogefühls für das Renntempo als wichtige Aufgaben angesehen werden. Auch Berganläufe sind mögliche Qualitäts – TE. In diese Phase passt ein weiteres Höhentraining bis zu 5 Wochen Dauer.
Die Herausforderung ist das spezielle Ausdauertraining
Der Geschwindigkeitsbereich zwischen 95 – 105 % vom Renntempo-Ziel ist der entscheidende Trainingsbereich für das Wettkampfergebnis – vorausgesetzt man hat die umfangreiche Basisarbeit für die Ganzkörperfitness, für ein starkes „Zentrum“, für starke Füße und Fußgelenke und die nötige Leichtlauftechnik rechtzeitig erledigt und stabilisiert eine „Ganzkörperbereitschaft“ ganzjährig.
Für das individuelle 10000 m Ziel könnte das folgende Trainingsprofil Orientierung sein, dabei sind Trainingsumfänge zwischen 8-15 km und möglichst kurze Pausen (die längerfristig erarbeitet wurden) für den Erfolg wichtig.
Für die konkrete Berechnung setzen sie ihr realistische Wettkampfziel gleich 100% und errechnen auf dieser Basis die Trainingsgeschwindigkeiten.
* 10-15 x 800 m / 105 % / Lp: 400 m in 90“ – 2´
* 8-10 x 1000 : 1000 m (DL-TW) / 105 : 95 %
* 8 x 1200 m / Lp: 90“- 2 / 100 %
* 4000 (90 %) + 3000 (95 %) + 2000 (100 %) + 5 x 400 (105 %) /Lp: 4´/ 3´/ 2´/ 1´
* 4-6 x 2000 m (95-100%) / Lp: 400 m
* 2 x 4000 m (100 %) / Lp: 5´
* Beispiel für einen Belastungsaufbau von 95 zu 110 % hin
25 x 400 m (95 %) Lp: 45“
15 x 400 m (105 %) Lp: 45“-1´
10 x 400 m (110 %) Lp: 400 m in 1:30 – 2´
Nicht zu unterschätzen ist das man nach einem auch mental grenzwertigen Rennen – auch mit einer neuen Bestleistung oder Medaille – eine ausreichende Regeneration – nicht selten bis zu 2 Wochen – braucht und für neue Ziele versucht noch besser zu trainieren.
Die Besten zeigen das Im Jahr nur wenige 10000m-Versuche sinnvoll sind.
Lothar Pöhlitz
———————————————————————————————————*Lothar Pöhlitz – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler / DLV-Bundestrainer 1980 – 1998 Mittelstrecke, Langstrecke, Marathon / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / Langjährige Lehre an der Trainerakademie und DLV-Trainerschule
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