Nahrungs ergänzung für Ausdauersportler – Teil 1 Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
In der heutigen Zeit gibt es zwar viel verfügbares Wissen über eine gesunde Ernährung, nur es hapert oft an der Umsetzung.
Es wird immer wieder behauptet, dass eine ausgewogene Ernährung unseren täglichen Bedarf an Vitaminen, Fettsäuren und Mineralstoffen abdecken würde. Die Nationale Verzehrstudie II hat gezeigt, dass die bundesdeutsche Durchschnittskost mit energiereichen aber nährstoffarmen Nahrungsmitteln in großen Teilen der Bevölkerung zu einer Minderversorgung einzelner Nährstoffe führt.
Kritische Nährstoffe sind nach dieser Studie:
- Vitamin D,
- Folsäure (Vitamin B9),
- Vitamin E,
- Vitamin B12,
- Vitamin C,
- Kalzium,
- Magnesium,
- Zink,
- Eisen und
- Jod.
Es herrscht ein „Mangel im Überfluss“. Ein guter Mikronährstoffstatus ist die Basis für die Vorbeugung von chronischen Erkrankungen und für eine optimale physische und mentale Leistungsfähigkeit. Mit unserer „normalen“ Ernährung lässt sich das nicht immer gewährleisten, die ist nämlich meist zu energiereich, zu fett, zu salzig, zu süß und zu ballaststoffarm. Als Hauptursache für Mängel gelten Ernährungsgewohnheiten und Bequemlichkeit. Über das, was wir essen, entscheiden häufig nicht der Verstand, sondern unsere Gefühle. Das kann Langeweile, Ärger, Stress, Einsamkeit, Angst und Frust sein.
Bis ein Mangel sichtbar wird, vergeht viel Zeit, weil eine unzureichende Versorgung lange keine Symptome macht. Man sollte also nicht erst dann substituieren, wenn typische klinische Zeichen eines Mangels auftreten. Die Ermittlung eines ausreichenden Bedarfs in den verschiedenen Lebens- abschnitten und bei Krankheiten ist immer noch eine wissenschaftliche Herausforderung. Die Festlegung eines sogenannten Upper Level (UL) wie auch einer Untergrenze ist für viele Nährstoffe bisher wenig wissenschaftlich begründet.
Für alle Mikronährstoffe haben Ernährungsgesellschaften von Deutschland (D), Österreich (A) und der Schweiz (CH) Zufuhrempfehlungen als DACH-Referenz- werte festgelegt. Diese stellen allerdings nur eine Mindestanforderung zur Vermeidung von Mangelerscheinungen dar. Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (European Food Safety Authority – EFSA) gibt Tolerable Upper Intake Levels (tolerierbare tägliche Höchstmenge – UL) an, die bei der Einnahme als sicher gelten.
Viele Lebensmittel werden heute mit Vitaminen, Mineralstoffen, Probiotika, Prä- biotika, Omega-3-Fettsäuren, Phytosterinen u. a. angereichert und mit positivem Effekt für die Gesundheit beworben (Functional Foods). In der EU ist die Angabe der gesundheitlichen Wirkungen funktioneller Lebensmittel mit den sogenannten „Health Claims“ geregelt. Die zugelassenen gesundheitlichen Aussagen umfassen gut 200 Formulierungen. Der vorgegebene Wortlaut ist strikt einzuhalten. Diese zunehmende Vitaminisierung muss kritisch bewertet werden. Eine ungesunde Ernährung lässt sich damit nicht ausgleichen. Die orthomolekulare Medizin widmet sich der Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten mittels Nah- rungsergänzungsmitteln (NEM).
Völlig unklar ist, ob die synthetischen Vitamine genauso wirken wie die natürlichen Vitalstoffe, die in den Nahrungsmitteln im Verbund mit vielen anderen Komponenten wie z.B. den sekundären Pflanzenstoffen ihre Wirkung entfalten. Die zusätzliche Einnahme von NEM unter dem Motto „viel hilft viel“ als „Schrotschusstherapie“ kann nicht befürwortet werden. Dagegen gilt als gesichert, dass eine Ernährung mit reichlich Gemüse und Obst das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Stoffwechselkrankheiten senkt. Fünf faustgroße Portionen Gemüse und Obst am Tag sind optimal, allerdings erreichen das die wenigsten Menschen. Wer ausgewogen isst, braucht keine Functional Foods. Auch vorgemixte dickflüssige Drinks als sogenannte Smart Foods haben nichts mit natürlicher Ernährung zu tun.
Die gesundheitliche Wirkung der meisten NEM ist nicht nachgewiesen. Die Ein- nahme von NEM ist weit verbreitet, wobei Nutzen und Risiko kontrovers diskutiert werden. Etwa ein Drittel der Bevölkerung nimmt regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel ein, bei den Leistungssportlern sind es mehr als die Hälfte. Gut zwei Milliarden Euro geben die Deutschen für NEM aus. Sämtliche Präparate helfen sofort, allerdings nur dem Hersteller und dem Apotheker. Die Vermarktung von NEM ist ein lukratives Geschäft. Die Anzahl der jährlich zur Markteinführung angemeldeten Präparate zeigt ein stetiges Wachstum.
Dabei besteht ein Informationsdefizit bezüglich der Inhaltsstoffe, welches auf eine erhebliche Sorglosigkeit im Umgang mit Supplementen schließen lässt. Nahrungsergänzungsmittel müssen weder – wie bei Arzneimitteln üblich – zugelassen werden, noch ist ein Wirksamkeits- und Unbedenk- lichkeitsnachweis gefordert. Sie müssen lediglich beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gemeldet werden. Rechtlich gehören die NEM zu den Lebensmitteln. Über die langfristigen Folgen einer regelmäßigen Einnahme dieser Produkte ist wenig bekannt.
Nahrungsergänzungsmittel (NEM) sind isolierte, meist chemisch definierte Stoffe oder Stoffgemische mit Nährstoffcharakter oder physiologischen Wirkungen. Sie haben aber keine pharmakologische Wirkung, sind also keine Arzneimittel.
Inhaltsstoffe von NEM sind:
- Vitamine und Provitamine,
- Vitaminoide,
- Mengen- und Spurenelemente,
- Fettsäuren und Phospholipide,
- Aminosäuren und deren Abkömmlinge sowie Peptide,
- Kohlenhydrate,
- sekundäre Pflanzenstoffe sowie
- Pflanzenextrakte und Produkte tierischen Ursprungs.
Verbindliche Höchstmengen für die einzelnen Inhaltsstoffe existieren derzeit weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene. Vorsicht ist insbesondere bei höheren Dosen von Vitamin A, D und K sowie Bor und Selen geboten. Zudem hört man immer wieder, unsere Böden seien an Nährstoffen verarmt. Tatsache ist ein echter Mangel an Jod und Fluorid, was zur Empfehlung von jodiertem und fluoridiertem Speisesalz geführt hat.
Die richtige Dosierung von Vitalstoffen ist entscheidend, das wusste schon Paracelsus (Schweizer Arzt, 1493–1541): „Alle Dinge sind Gift und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.“ Selbst reines Wasser, wenn es übermäßig zugeführt wird, kann zu ernsthaften Folgen (Hyponatriämie mit Hirnödem) führen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat Empfehlungen bzgl. der Richtwerte für den Tagesbedarf an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen für gesunde, nicht Sport treibende Personen herausgegeben. Die Referenzwerte enthalten einen 20–30-prozentigen Aufschlag. Die DGE-Empfehlungen vermeiden einen Mangel, stellen aber keine optimale Versorgung dar.
Sinnvoll kann eine zusätzliche Zufuhr von Vitaminen und Mineralstoffen sein
- für Schwangere und Stillende,
- für Kinder,
- für alte Menschen, für Veganer,
- für Raucher und Alkoholiker,
- für Fast-Food-Fans,
- für Krankheiten mit Nährstoffmangel,
- bei Diäten bzw. Fasten und
- bei starker Stressbelastung, Leistungssport.
Magnesium
Während ein Kaliumdefizit selten gegeben ist, ist die Zufuhr von Magnesium in der deutschen Durchschnittsbevölkerung häufig deutlich zu niedrig. Magnesium ist ein wichtiger Regulator des Energiestoffwechsels und an jeder Reaktion beteiligt, die mit „Energie“ zu tun hat: Bildung, Speicherung und Nutzung. Magnesium ist wichtig für die Muskel- und Nerven-Funktion und gilt als Antistressmineral (Salz der inneren Ruhe), weil es die Freisetzung von Adrenalin und Noradrenalin reduziert. Magnesium stabilisiert die Herzfunktion und ist am Zucker-, Fett- und Knochenstoffwechsel beteiligt. Migränepatienten profitieren von einer guten Magnesiumversorgung.
Auch trotz einer sehr ausgewogenen Ernährung mit Vollkornprodukten, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und fettarmem Fleisch kann es zu einem Magnesiummangel kommen, denn über Schweiß und Urin wird der Mineralstoff vermehrt ausgeschieden. Außerdem ist der Kaliumhaushalt von Magnesium abhängig. Bei einem Magnesiummangel tritt vermehrt Kalium aus der Zelle aus und geht mit dem Urin verloren. Alkohol und Koffein (Kaffee, Tee, Cola-Ge- tränke) sind ausgesprochene Magnesium- und Kalziumräuber. Bei erhöhtem Konsum muss die Magnesium- und Kalziumzufuhr entsprechend angepasst werden.
Zeichen eines Magnesiummangels sind:
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Muskelschwäche, -verspannungen, -zuckungen, -zittern und -krämpfe
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Bewusstseinstrübung
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Müdigkeit und Konzentrationsschwäche
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Energiemangel
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geringe Ausdauer
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Unruhe und Nervosität
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Reizbarkeit
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Schlaflosigkeit
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Kopfschmerzen und Migräne
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Kribbeln in den Händen und Füßen
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Herzrhythmusstörungen
Ein Magnesiummangel ist relativ häufig, was sich z. B. in Wadenkrämpfen äußern kann. Ein Magnesiummangel ist häufig mit einem Vitamin-D-Mangel verbunden und umgekehrt. Sie unterstützen sich gegenseitig im Stoffwechsel.

Aderhold L, Weigelt S. Laufen! Vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. München: Elsevier 2018.
Die Normalwerte im Blutserum liegen bei 0,7–1,0 mmol/l. Bei intensiv Sporttreibenden werden häufig niedrige Werte gefunden. Anzustreben sind Werte, die wenigstens bei 0,8 mmol/l liegen. Dies erfordert bei Ausdauersportlern aufgrund des erhöhten Verlusts in den meisten Fällen eine Substitution. Als Präparat bietet sich Magnesiumorotat, z. B. als Kautablette, an. Eine billigere Alternative ist Magnesiumcitrat, das man in der Apotheke als Pulver kaufen kann. Ein halber, nicht gehäufter Teelöffel Magnesiumcitrat in Wasser aufgelöst führt ca. 200 mg Magnesium zu. Bei intensivem Ausdauersport können 200–600 mg/d Magnesium als Nahrungsergänzung zugeführt werden. Die Normalisierung erniedrigter Magnesiumwerte kann mehrere Monate in Anspruch nehmen. Eine Überdosierung ist selbst bei begleitender magnesiumreicher Ernährung nicht zu befürchten. Von Magnesiumeinnahmen während des Wettkampfs ist abzuraten, da zusätzliches Magnesium während der Belastung zu Magenkrämpfen und Durchfall führen kann. Krämpfe während des Wettkampfs können nur mit Natrium (zusätzliche Kochsalzgaben von 1–2 g ins Wettkampfgetränk oder „Schwedentabletten“ behoben werden. Belege für eine Leistungsverbesserung bei vorliegenden Normalwerten durch eine zusätzliche Magnesiumaufnahme fehlen.
Eisen
Eisen ist wesentlicher Bestandteil von Hämo- und Myoglobin, den Regulatoren des Sauerstofftransports zu den Zellen. Außerdem ist Eisen wichtig für die Entgiftungsenzyme der Leber, beim Energiestoffwechsel, der Kollagensynthese und der Produktion von Hormonen und Neurotransmittern. Die Eisenmangelanämie ist die häufigste Mikronährstoff-Mangelerkrankung. Ursächlich ist ein erhöhter Bedarf während Schwangerschaft und Stillzeit, im Wachstum und Leistungssport, bei Einnahme von Arzneimitteln wie Antazida und Tetracyclinen, bei Blutverlusten z. B. durch die Menstruation, besonderer Ernäh- rung (Vegetarier, Kaffee, Tee) und bei Resorptionsstörungen.
Zeichen eines Eisenmangels sind:
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Blutarmut (Anämie)
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Appetitlosigkeit
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Blässe
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Müdigkeit
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Konzentrationsschwäche
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Muskelschmerzen
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Leistungsschwäche und -abfall
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Kälteempfindlichkeit
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erhöhte Infektanfälligkeit
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rissige Haut
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brüchige Nägel
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Haarausfall
Frauen, Kinder, Jugendliche und Sportler sind häufig von einem Eisenmangel betroffen. Ein Eisenmangel verringert die Anzahl der Mitochondrien, damit sinken die oxidative Kapazität und die Ausdauerleistung. Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Konzentrationsstörung, Antriebslosigkeit und auch depressive Verstimmung (Mangel an Dopamin und Serotonin) können Symptome eines Eisenmangels sein.
Bei Langstreckenläufern – und insbesondere den Läuferinnen – kommt es häufiger zu erniedrigten Eisenparametern. Erhöhte Eisenverluste treten durch die vermehrte Schweißproduktion, über den Magen-Darm-Trakt (Blut im Stuhl), über die Niere (rote Blutkörperchen, seltener Hämoglobin und Myoglobin im Urin) und bei starker Monatsblutung auf. Bei der „Läuferinnen-Triade“ kommt es aufgrund des niedrigen Östrogenspiegels zu einer verminderten Eisenaufnahme über die Nahrung. Eine vegane Ernährung begünstigt ebenfalls einen Eisenmangel. Bei Ausdauersport sollten die Ferritinwerte bei Männern um 120 µg/l und bei Frauen um 60 µg/l liegen. Eine Eisenunterversorgung liegt bei Ferritinwerten unter 30 µg/l vor. Zur Diagnostik von Eisenmangelzuständen werden neben dem Blutbild meist die Marker Transferrin, Transferrinsättigung und Ferritin bestimmt.
Ursachen für die Entstehung eines niedrigen Ferritinwertes können sein: trainingsbedingte Blutverdünnung, Eisenverluste über Schweiß und Urin, unzureichende Eisenaufnahme (Vegetarier), Blutverluste über den Darm und durch Menstruation, Anstieg des Myoglobins im Muskel, Anstieg der Erythrozyten und vergrößerte Eisenspeicherung in der Leber.
Eisen wird aus Fleisch und Fisch am besten resorbiert (zweiwertiges Eisen). Pflanzliche Lebensmittel enthalten dagegen überwiegend dreiwertiges Eisen, was schlechter aufgenommen werden kann. Vegetarier können durch Vitamin C (Orangensaft, Obst zum Dessert) die Eisenaufnahme verbessern, denn Vitamin C erleichtert die Umwandlung von dreiwertigem in zweiwertiges Eisen. Auch mit Lactoferrin kann die Eisenaufnahme im Darm gefördert werden. Lactoferrin reduziert außerdem freie Radikale und chronische Entzündungen.
Phosphate (in Cola-Getränken) und Gerbsäure (im schwarzen und grünen Tee) hemmen die Eisenaufnahme. Auch Milchprodukte hemmen die Eisenverfügbarkeit. Entgegen früheren Annahmen hemmt die in Getreide enthaltene Phytinsäure die Aufnahme von Eisen, Zink, Kalzium und Magnesium nicht. Da Sauerteigbakterien Phytinsäure abbauen, sollten Sie bevorzugt Brot auf Sauerteigbasis essen. Dinkel hat gegenüber normalen Weizen ein um 40 Prozent niedrigeren Phytinsäuregehalt. Phytinsäure hat aber auch positive Wirkungen. Sie verzögert die Aufnahme von Zucker und senkt damit den Cholesterin- und Triglyzeridspiegel.
Gerade Langstreckenläuferinnen müssen auf eine ausreichende Eisenzufuhr achten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Männer und Frauen eine tägliche Eisenzufuhr von 10–20 mg, Schwangere benötigen 30 mg/Tag. Zu berücksichtigen ist, dass der Eisenbedarf mit zunehmendem Energieumsatz steigt. Zur Substitution sollten nur zweiwertige Eisensalze verwendet werden, da sie besser resorbiert und vertragen werden. Bei gleichzeitiger Einnahme von Vitamin C ist die Eisenresorption verbessert, daher werden Kombinationspräparate Vitamin C plus Eisen angeboten. Nahrungsergänzende Eisenpräparate sollten nur auf ärztliche Empfehlung eingenommen werden. Eisenmangelzustände können auch durch Infusionen mit Ferinject® behandelt werden.
Zink
Zink, Eisen, Kalzium, Mangan und Kupfer stören sich gegenseitig bei der Aufnahme. Eine gleichzeitige Gabe von Zink- und Eisensalzen kann zu einer verminderten Resorption von Zink führen. Daher wird eine zeitversetzte Einnahme empfohlen. Eine übermäßige Zinkzufuhr kann den Selenstatus beeinträchtigen und eine rein vegane Ernährung begünstigt einen Zinkmangel. Zink kann schlechter gespeichert werden als Eisen und muss deshalb permanent zugeführt werden. Oft wird tatsächlich nur ein Viertel bis ein Fünftel des Zinks aus der Nahrung vom Körper aufgenommen.
Zink ist vor allem wichtig für den Proteinstoffwechsel und das Immunsystem. Bei einem Infekt finden sich häufig niedrige Zinkspiegel. Ein Zinkmangel behindert die Proteinsynthese und den Laktatabbau. Zink hat weitere wichtige Funktionen im Glukose-Insulinstoffwechsel, bei Zellwachstum/-entwicklung und Zellschutz, Fortpflanzung, Alkohol- und Schwermetallentgiftung, Vitamin-A-Stoffwechsel, Hormonproduktion und Säure-Basen-Haushalt.
Für Ausdauersportler wird eine tägliche Aufnahme von 20–30 mg Zink empfohlen (bei Infekten 50 mg über den Tag verteilt), was durch Lebensmittel meist kaum erreicht werden kann. Je höher der Trainingsumfang ist, desto leichter kann es zu einem Zinkmangel kommen, was zu verzögerter Regeneration und erhöhter Infektanfälligkeit führen kann. Durch die Gabe von Zink und Vitamin C kann die Wundheilung und ein Infektionsverlauf positiv beeinflusst werden.
Selen
Selen (Se) zählt zu den essentiellen Spurenelementen. Im Körper findet sich Selen vor allem in Nieren, Leber, Skelettmuskeln und Erythrozyten. Selen schützt vor oxidativen Prozessen (Cofaktor der Glutathionperoxidase) und spielt bei der Zelldifferenzierung und im Stoffwechsel der Schild- drüsenhormone eine wichtige Rolle. Selen trägt damit zur Aufrechterhaltung eines physiologischen Redoxpotenzials und zur Entgiftung von aggressiven Sauerstoffverbindungen bei (antioxidative Wirkung).
Glutathionperoxidase hemmt die Bildung von entzündungsfördernden Prostaglandinen und Leukotrienen. Bei der Abwehr der Radikale wirkt die Glutathionperoxidase eng mit Vitamin E zusammen. Selen stimuliert die Lymphozytenproliferation und steigert die Aktivität der natürlichen Killerzellen. Außerdem soll Selen an der Entgiftung von Schwermetallen (Quecksilber, Kad- mium, Blei) mitwirken und ist als Co-Faktor von Enzymen aktiv. Selen ist wichtig zur Zellreparatur und -erneuerung sowie für den Krebsschutz.
Deutschland gehört aufgrund der niedrigen Selengehalte seiner Böden und den geringen Selenkonzentrationen in Nahrungsmitteln zu den Selenmangelgebieten. Etwa 70 Prozent der deutschen Bevölkerung nehmen zu wenig Selen zu sich.
Für einen optimalen Zellschutz und zur Schadstoffentsorgung wird eine tägliche Selenaufnahme von 100–200 µg empfohlen.
Jod
Ein großer Teil der Bevölkerung leidet unter einer Mangelversorgung mit dem essenziellen Spurenelement Jod. Es ist insbesondere Baustein für die körpereigene Synthese der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Die Schilddrüsenhormone erhöhen den Energieumsatz, beeinflussen den Stoffwechsel zahlreicher anderer Hormone, regulieren den Wärmehaushalt und steuern das Wachstum. Die Bedeutung der Schilddrüsenhormone im Energiestoffwechsel und bei der Proteinbiosynthese verdeutlicht die Bedeutung einer ausreichenden Jodzufuhr im Rahmen der Sportler-Ernährung.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für Erwachsene eine tägliche Jodaufnahme von 150–200 µg, in der Schwangerschaft und Stillzeit von 230–260 µg am Tag. Die durchschnittliche Jodaufnahme in der deutschen Bevölkerung liegt aber nur bei 100 µg pro Tag. Ursächlich ist der niedrige Jodgehalt der pflanzlichen und tierischen Nahrungsmittel. Die landwirtschaftlich genutzten Böden sind extrem jodarm, so dass eine rein vegetarische Ernährung den Jodmangel fördert. Außerdem beeinträchtigt ein hoher Kaffee- und Teekonsum die Jodverwertung, ebenso Alkoholabusus und Rauchen. Ein gleichzeitig bestehender Selenmangel und eine Eisenmangelanämie beeinflussen den Stoffwechsel der Schilddrüsenhormone negativ.
Eine gute Versorgung mit Jod kann über den regelmäßigen Verzehr von Meeresfisch (ein- bis zweimal wöchentlich) sowie von Milch- und Milchprodukten und die Verwendung von jodiertem Speisesalz, Meer- oder Steinsalz (15–25 mg Jod/kg Salz) erreicht werden. Wer vegan lebt kann auch auf Algen ausweichen.
Folsäure (Vitamin B9)
Bis zu 90 Prozent der deutschen Bevölkerung sind mit Folsäure bzw. Folaten unterversorgt. Folsäure ist von Bedeutung für die gesunde Entwicklung des Fötus in der Schwangerschaft. Sie ist neben Vitamin B12 wichtig für die Entgiftung der nerven- und gefäßtoxischen Aminosäure Homocystein (Risikofaktor für Herzinfarkt, Schlaganfall, Osteoporose, Demenz). Darüber hinaus brauchen wir Folate für die Produktion der Neurotransmitter wie Serotonin und Dopamin sowie die Produktion der roten Blutkörperchen. Folsäure ist am Eiweißaufbau sowie Zellwachstum und -teilung beteiligt.
Junge Frauen sollten Folsäure und Vitamin B12 einnehmen, um Störungen im Folsäurehaushalt vorzubeugen. Grundsätzlich ist die Folsäureeinnahme eine gute Vorsorgemaßnahme für alle mit einer gemüsearmen Ernährung, regelmäßigem Alkoholkonsum, Medikamenteneinnahme und chronischen Erkrankungen.
Cobalamin (Vitamin B12)
Obwohl unser Körper Vitamin B12 speichern kann, ist ein Vitamin-B12-Mangel häufig anzutreffen. Zu den wichtigsten Aufgaben von Vitamin B12 gehören die Ausreifung von Zellen, der Abbau des Zellgiftes Homocystein, sowie der Aufbau unserer Erbanlagen und des Nervensystems. Außerdem ist es wichtig für den Energiestoffwechsel in den Mitochondrien. Risikogruppen für einen Mangel sind ältere Menschen, Patienten mit Magen-Darm-Erkrankungen oder Hashimoto-Thyreoiditis, Diabetes-Typ-1 und Nierenerkrankungen. Auch die Einnahme von Säureblockern und Metformin sowie eine vegane oder vegetari- sche Ernährung können zu einem Mangel führen. Die Folgen können Nervenstörungen, Abgeschlagenheit, Blutarmut (perniziöse Anämie) und erhöhte Homocystein-spiegel sein.
Die tägliche Zufuhr sollte bei 50–200 µg am Tag liegen, bei Mangel bis 1000 µg.
Vitamin D
Vitamin D wird in der Haut durch UVB-Strahlung aus Cholesterin gebildet und ist strenggenommen ein Hormon. Vitamin D ist nicht nur für den Kalzium- und Knochenstoffwechsel wichtig, es ist für die Funktion fast aller Organe notwendig und wirkt entzündungshemmend sowie immunmodulierend. Von besonderer Bedeutung ist es für das Immunsystem, und bei schlechter Versorgung erhöht sich das Risiko für Infektions-, Autoimmun-, Herz- Kreislauf-Erkrankungen, metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus, Demenz, Depressionen und auch Krebs (die Studienlage hierzu ist allerdings nicht einheitlich).
Vitamin D reduziert Entzündungen, senkt das LDL-Cholesterin und die Triglyzeride, steigert die Muskelproteinsynthese, die Testosteronbildung und die körperliche Leistungsfähigkeit. Sportler mit einem guten Vitamin D-Status haben weniger Muskelverletzungen und weniger wiederkehrende Infekte. Vitamin D hemmt mTOR und fördert damit die Balance zwischen AMPK und mTOR, den zwei wichtigsten Schalter für Gesundheit und Langlebigkeit. Vitamin D ist wirklich ein Tausendsassa. Die Wirkung von Vitamin D wird von zahlreichen Mikronährstoffen beeinflusst, insbesondere von Magnesium, Vitamin A, Vitamin B2, Vitamin K2, Kalzium, Eisen, Kupfer und Bor.
Ein Vitamin-D-Mangel ist heutzutage weit verbreitet und wird vor allem auch bei Übergewichtigen beobachtet. Im Sommerhalbjahr sind 60–70 Prozent der Erwachsenen unterversorgt, im Winterhalbjahr circa 80 Prozent. Von den Kindern weisen 50 Prozent im Sommer und 60 Prozent im Winter einen Vitamin-D-Mangel auf. Ein Mangel von Vitamin D gilt auch als Ursache für das gehäufte Auftreten von Erkältungskrankheiten in den Wintermonaten. Ein Vitamin- D-Mangel ist häufig mit einem schweren Verlauf von COVID-19 verbunden und Patienten mit einem Post-COVID-Syndrom zeigen häufig niedrige Vitamin-D-Spiegel.
Der Körper kann zwischen November und April bedingt durch den niedrigen Sonnenstand nur wenig Vitamin D bilden. In dieser Zeit ist eine Substitution mit Vitamin D, auch in Kombination mit Vitamin K2, zu empfehlen. Vitamin K2 wird nur selten bestimmt, obwohl häufig eine Mangel besteht. Nicht zu verwechseln mit Vitamin K1, das für die Blutgerinnung von Bedeutung ist und mit der Nahrung ausreichend auf- genommen wird. Was nutzt das durch Vitamin D vermehrt resorbierte Kalzium, wenn es aus Mangel an Vitamin K2 nicht im Knochen sondern in den Gefäßen landet? Vitamin D ohne Vitamin K2 schadet Ihnen, es verstärkt die Verkalkung der Blutgefäße und hilft nicht gegen Osteoporose. Vitamin K2 stimuliert zusammen mit Vitamin D die Osteocalcinbildung und damit den Knochenaufbau. Osteocalcin ist außerdem ein Wirkverstärker von Insulin.
Im Sommerhalbjahr sollten Sie täglich je nach Hauttyp 10–20 Minuten ohne Sonnenschutz in die Sonne gehen. Das ganze Jahr können Sie regelmäßig fetten Seefisch (Lachs, Makrele) genießen und damit Ihren Vitamin D-Status verbessern. Weitere gute Quellen sind Eier, Leber und Käse.
Männer haben in Deutschland im Winter durchschnittlich einen Spiegel von 12,4 ng/ml, Frauen von 14 ng/ml. Im Sommer schaffen es deutsche Frauen und Männer auf knapp 24 ng/ml. Im Winter und Frühling hat ein Großteil der Bevölkerung einen Vitamin-D-Mangel. Der Vitamin-D-Spiegel sollte ganzjährig im Bereich von 40–100 ng/ml liegen, 20 ng/ml gilt als untere Grenze. Dafür sind für eine 70 kg schwere Person 4.000 IE pro Tag erforderlich. Stillende Mütter brauchen 6.000 IE/Tag. Kinder und Jugendliche, die sich nicht genügend im Freien bewegen benötigen 1.000 bis 2.000 IE täglich (1.000 IE pro 12–15 kg Körpergewicht).
Maßnahmen zur Verbesserung des Vitamin-D-Spiegels:
- kontrolliertes Sonnenbaden (je nach Hauttyp),
- Verzehr Vitamin-D-haltiger Lebensmittel,
- individuelle Zufuhr über Nahrungsergänzungsmittel (NEM).
Aminosäuren
Glutamin ist die häufigste Aminosäure des menschlichen Körpers. Sie macht 20 Prozent der freien Aminosäuren im Blutplasma aus.
Glutamin
- ist von Bedeutung bei der Regulation des Protein- und Glykogenstoffwechsels,
- ist beteiligt an der Regulation des Stoffwechsels der freien Fettsäuren,
- beeinflusst die Glukoneogenese,
- hat einen anabolen Effekt auf die Proteinsynthese,
- ist am Ammoniakabbau beteiligt und
- stärkt Ihren Darm und Ihr Immunsystem.
Bei extremer physischer Belastung nimmt die Glutamin-Konzentration ab. Diese Aminosäure ist aber ein wichtiger Baustoff für das Immunsystem. Eine ausreichende Versorgung – insbesondere nach intensiven Belastungen – ist deshalb von Bedeutung, um Infektionen und einem Muskelabbau vorzubeugen. Glutamin steigert die Immunkraft der Darmzellen und reduziert die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut (Leaky-Gut-Syndrom), verhindert Bakterienwanderung und -austausch und erhält so die natürliche Darmwand-Barriere. Die schnellste Methode, Ihrem Darm und Ihrem Immunsystem zu helfen, ist die Zufuhr von Glutamin.
Arginin ist die stickstoffreichste Amino- säure. Sie ist am Laktat- und Ammoniakabbau beteiligt (das gilt auch für die Glutaminsäure, Ornithin und die Asparaginsäure) und wirkt deshalb der muskulären und mentalen Ermüdung entgegen. Außerdem ist Arginin an der zellulären Immunantwort und der Bildung des Wachstumshormons (STH) beteiligt. Arginin ist Baustein für Stickstoffmonoxid (NO), das durch Ausdauersport vermehrt gebildet wird und für den Stoffwechsel (Mitochondrien-Bildung) und die kardio- vaskuläre Gesundheit von Bedeutung ist (Medizin Nobelpreis 1998). NO relaxiert die Gefäßmuskulatur, fördert die Durchblutung, senkt den Blutdruck und schützt die Gefäße vor Entzündungen und Atherosklerose. Zur Bildung von NO sind neben Arginin auch Zink, Eisen, Vitamin B2, Vitamin B3 und Folat notwendig. Arginin wirkt außerdem zellschützend und anti- oxidativ. Durch die Kombination mit Citrullin wird der NO-Haushalt noch besser moduliert. Bewegung und Sport steigert die NO-Bildung. Auch bei mus- kulären Verspannungen, Migräne und Tinnitus ist Arginin und Citrullin ein Ver- such wert.
Die verzweigtkettigen Aminosäuren (BCAA – Branched Chain Amino Acids) Leucin, Isoleucin und Valin sind von großer Bedeutung für den Muskelstoffwechsel. Bei längeren Belastungen werden diese Aminosäuren auch zur Energiegewinnung Glukoneogenese) herangezogen. Die Gabe von verzweigtkettigen Aminosäuren soll die Muskelproteinsynthese steigern, den Muskelabbau verringern und einer vorzeitigen Ermüdung entgegenwirken. BCAA mehren die Anzahl der Mitochondrien, stimulieren die Sirtuine (siehe Kapitel 2), reduzieren die Bildung von freien Radikalen und stärken das Immunsystem. Zur Verwertung benötigen Sie Biotin, Pantothensäure und Vitamin B6.
Im Leistungssport bewirkt eine Aminosäureaufnahme, dass
- die muskuläre Regeneration und der Muskelaufbau beschleunigt,
- das Immunsystem stabilisiert und
- die Glykogenresynthese verbessert werden.
Unter Belastung stellen Aminosäuren das Substrat für die Glukoneogenese. Lange Ausdauerbelastungen können zu einem starken Eiweißabbau führen. Gerade bei den langen Ausdauerbelastungen ist die Versorgung mit Aminosäuren während und nach der Belastung von Bedeutung. Molkenprotein enthält einen hohen Anteil an BCAA und ist für die Substitution optimal geeignet.
Proteine eine wichtige Rolle im Stoffwechsel und beim Muskelaufbau spielen, ist eine zusätzliche Aufnahme bei hoher Trainings- oder Wettkampfbelastung gerechtfertigt. Grundsätzlich sollte man für den Muskelaufbau eher Proteinpräparate anstelle selektiver einzelner Aminosäuren verwenden.
Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Fortsetzung in Teil 2
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