Dr. Dr. Lutz Aderhold - Foto: privat
Kniearthrose: Leitlinie betont Eigen verantwortung und Bewegung – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Kniearthrose gilt als Volkskrankheit. Obwohl Laufen Arthrose nicht fördert, sind auch Läufer, insbesondere im fortgeschrittenen Alter, betroffen.
Die Überarbeitung der medizinischen Leitlinie „Prävention und Therapie der Gonarthrose“ gibt wissenschaftlich fundierte Empfehlungen für die Behandlung der Kniearthrose, die zu den häufigsten Gründen für Schmerzen und eingeschränkte Beweglichkeit zählt.
Die neue Leitlinie stellt neben der Diagnostik und speziellen medizinischen Therapien insbesondere die Rolle der Eigenverantwortung in den Mittelpunkt. Bewegung, Gewichtsreduktion und eine individuell angepasste Therapie sind zentrale Bestandteile.
Kniearthrose – medizinisch als Gonarthrose bezeichnet – ist eine chronische degenerative Gelenkerkrankung. Sie betrifft etwa ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung. Im Verlauf der Gonarthrose kommt es zu einem schrittweisen Abbau des Knorpels, der als Puffer zwischen den Knochen dient und eine schmerzfreie und reibungslose Bewegung des Gelenks ermöglicht. Wird dieser Knorpel beschädigt oder abgenutzt, reiben die Knochen direkt aufeinander, was zu starken Schmerzen, Entzündungen und eingeschränkter Beweglichkeit führt.
Die Erkrankung entwickelt sich in der Regel schleichend und führt zu einer stetigen Verschlechterung der Lebensqualität und Mobilität der Betroffenen. Besonders gefährdet sind Frauen, ältere Menschen sowie solche mit Übergewicht, Fehlstellungen oder früheren Knieverletzungen. Gonarthrose ist nicht heilbar, lässt sich aber durch eine individuell abgestimmte Therapie wirkungsvoll behandeln. Ein zentrales Anliegen der Leitlinie ist es, Patientinnen und Patienten zu befähigen, ihre Behandlung aktiv mitzugestalten.
Die wichtigsten Aspekte der aktiven Patientenrolle sind:
-
Aufklärung und Eigenverantwortung: Patientinnen und Patienten sollen durch gezielte Aufklärung und Motivation aktiv in die Behandlung eingebunden werden, denn der Therapieerfolg hängt maßgeblich von ihrer Mitwirkung und Eigenverantwortung abhängt.
-
Informieren und Akzeptieren: Es ist wichtig, dass Betroffene sich darüber im Klaren sind, dass sie langfristig mit ihrer Erkrankung leben müssen und lernen, mit den damit verbundenen Herausforderungen umzugehen.
-
Therapieansatz: In vielen Fällen handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die nicht zwingend operativ behandelt werden muss. Vorrangig kommt eine konservative Therapie zum Einsatz, insbesondere durch gezielte Physiotherapie als tragende Säule der Behandlung.
-
Konservative Maßnahmen: Im Mittelpunkt stehen bewegungstherapeutische Ansätze, die Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit fördern. Diese individuellen Trainingsprogramme tragen entscheidend zur Funktionsverbesserung und Schmerzreduktion bei.
-
Gesunder Lebensstil und Prävention: Ein aktives Gewichtsmanagement ist essenziell, insbesondere zur Entlastung der Gelenke bei Übergewicht. Empfohlen werden eine überwiegend pflanzliche, ausgewogene Ernährung mit Fisch und weniger Fleisch, sowie regelmäßige körperliche Aktivität – beispielsweise durch Gehen oder Radfahren.
-
Vermeidung ungünstiger Belastungen: Kniebelastende und unphysiologische Bewegungen im Alltag, Beruf oder beim Sport sollten nach Möglichkeit vermieden werden.
Neben der Patientenaufklärung und Mitentscheidung gibt es folgende Neuerungen:
-
Individuelle Therapie statt Einheitslösung: Alter, Lebenssituation und persönliche Ziele der Patientinnen und Patienten werden stärker berücksichtigt. Biomarker werden zur Diagnostik und Prognosebestimmung nicht empfohlen. Auch die Magnetfeldtherapie, Ultraschall, transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) Akupunktur und die Arthroskopien mit Spülung gehören nicht zu den empfohlenen Therapien.
-
Nachhaltigkeit im Fokus: Erstmals fließen auch umwelt- und ressourcenschonende Aspekte in die Bewertung von Behandlungsmöglichkeiten ein.
-
Medikamentöse Therapie: Hier werden wissenschaftlich fundierte Hilfestellungen gegeben, die den behandelnden Ärzten helfen sollen, Wirkungsstärken realistisch einzuschätzen und die Risiken von Medikationsfehlern und Nebenwirkungen zu senken. Schmerzmittel sind individuell auszuwählen. Eine Empfehlung für Glukosamin, Hyaluronsäure, Plättchen-Reiches-Plasma (PRP), Blutegel und topische Phytotherapie wird nicht gegeben.
-
Tapes und Manuelle Therapie: als neue Kapitel hinzugefügt. Tapes werden nicht routinemäßig empfohlen (z.B. bei Instabilität). Keine Empfehlung gibt es für Massagen, Vibrationstherapie, Traktionsbehandlung, Elektrotherapie und Ergotherapie. Die manuelle Therapie soll in Kombination mit Bewegungstherapie erfolgen. Orthesen sollten nicht dauerhaft eingesetzt werden.
-
Allgemeine Knieendoprothetik: In diesem neu erstellten Kapitel werden die Indikationsstellung, Risikofaktoren- und perioperatives Management, unterstützende Technologien, Metallhypersensitivität und Mindestmengen behandelt.
-
Patientenleitlinie: Erstmalig wurde eine Patientenleitlinie erstellt, um die Information der Patienten zu verbessern.
Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Literatur:
Leitlinie Gonarthrose: Prävention und Therapie der Gonarthrose
Entwicklungsstufe: S3 | Stand: 31. Juli 2024
AWMF-Registernummer: 187 – 050
Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) vom 21.05.2025
Dehnen – neue wissenschaftlich fundierte Empfehlungen – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Urlaub – Zeit zum ausspannen und erholen – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Risiken und präventive Aspekte des Langstreckenlaufs – Ein Update – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
.
EN