Entspannung - Foto: Scheck
In Wettkampfphasen Prophylaxe und Regeneration* nicht übersehen – © Lothar Pöhlitz*
Mit steigender Belastung und nach grenzwertigen Rennen nimmt die Bedeutung des Komplexes Prophylaxe (Maßnahmen zur Vorbeugung) und möglichst schneller Wiederherstellung nach hohen Trainings- und Wettkampfbelastungen (Regeneration), zu.
Je schneller und tiefer die Regenerationsprozesse ablaufen, umso schneller kann die nächste wirk-same Trainingseinheit bzw. ein Wettkampf folgen. Eine besondere Bedeutung kommt dieser Aufgabe innerhalb von Wettkampfserien zu.
Im Jugendtraining beschränken sich in der Mehrzahl der Vereine die Möglichkeiten zur Beschleunigung der Regeneration außerhalb des Trainings im Wesentlichen auf den Schlaf, Ernährung und Selbstbehandlungen durch die Sportler. Eine wichtige, oft unterschätzte Rolle für den Leistungsfortschritt spielen die aktiven Erholungsmaßnahmen unmittelbar nach hohen Belastungen, Kontrollläufen oder Wettkämpfen. Das ist eine oft unterschätzte Aufgabe der Trainingslehre.
Mit beginnendem zweimal täglichem Training stellt sich die Aufgabe, nicht nur Maßnahmen zur Prophylaxe und Regeneration „zu Hause“ einzusetzen, sondern zielgerichtet auch den ganzen erholungs-fördernden Komplex der Physiotherapie beim „Physio“ ganzjährig zu organisieren und die aktiven Maßnahmen unmittelbar (in den ersten 30´ – 2 Std.) nach Wettkämpfen oder hohen Trainingsbelastungen besser als bisher zu nutzen.
Individuelle Schwachstellen in der Bewegungsstruktur, mus-kuläre Dysbalancen, schwache Muskeln, sollten möglichst schnell im Training aufgearbeitet werden.
Die wesentlichsten Ursachen für Verletzungen und Trainingsausfäl-le bei steigender Belastung liegen in der ungenügenden Belastbarkeit (in Versäumnissen aus dem Grundlagentraining – die in jedem Moment der sportlichen Leistungsentwicklung, vor allem auch bei Quereinsteigern nachgeholt werden müssen!) in nicht ausreichenden Maßnahmen einer begleitenden gesundheits- und leistungsgerechten Lebensführung sowie zielgerichteter Regeneration. Möglichst früh müssen feste Gewohnheiten gelehrt werden, die ein Teil zur Verwirklichung des Ziels individueller Höchstleistungen sind und zum Training gehören.
Dem Ärgernis sich ständig wiederholender Erkältungen bei Läufern / innen muss mit Maßnahmen der Infektprophylaxe schon in jungen Jahren begegnet werden. Dies ist vor allem mit witterungsangepasster Sportkleidung als Regen-, Kälte- und Windschutz, mit einer sport-gerechten, belastungsabhängigen Ernährung, aber auch mit Strahlen- und Hitzeschutz, möglich. Sportlern ist immer wieder deutlich zu machen, dass man sich die meisten Erkältungen nicht während der Belastung, sondern in den Pausen, nach dem Training und nach Wett-kämpfen oder auch nach dem Schwimmen/Aquatraining, einfängt.
Wie oft sieht man Sportler, die unabhängig vom Wetter (besonders auch beim Cross im Winter oder kalten Winden im Sommer) nach dem Wettkampf erst einmal sich mit Freunden und Bekannten (und auch Trainern!) lange über den Wettkampfverlauf unterhalten, im Wind stehen, bevor sie sich den wärmenden Trainingsanzug wieder anziehen.
Vorbeugend helfen Impfschutz, sowie Abhärtungsmaßnahmen (Kaltwasseranwendungen, Sauna) und eben entsprechende Sport-kleidung. Besondere Maßnahmen zum Schutz vor „Lichtschäden oder sogar Hautkrebs durch UV-Strahlen“ vor allem im Gesicht – Nase, Stirn – sind nicht nur beim Höhentraining erforderlich! Die werden oft erst nach Beendigung des Leistungssports bzw. im Alter sichtbar.
Durch das in den letzten Jahren verstärkt eingesetzte Wassertraining ist auch die Gefährdung durch Pilzerkrankungen an den Füßen wieder angestiegen. Das Tragen von „Badelatschen“ auch beim Duschen, ein gewissenhaftes Abtrocknen, vor allem der Zwischenzehen-räume und eine Desinfektion von Schuhen und Socken senken die Infektionsmöglichkeiten.
Der aktiven Erholung unmittelbar nach hohen Belastungen im Training und nach Wettkämpfen mit dem Ziel einer beschleunigten Wiederher-stellung für den nächsten Wettkampf oder die nächste wichtige TE kommt die erste Priorität zu. Dem möglichst schnellen Flüssigkeits-ausgleich (mit der „schnellen Flasche“ in den ersten 30 Minuten danach – z.B. 150-250 ml mit Maltodextrin 19 + ein wenig Kalium) und der Kohlenhydrat- und Proteinaufnahme (Mischkost bevorzugen, weil Vita-mine, Mineralien und Spurenelemente im Hochleistungstraining am Regenerationstempo wesentlich beteiligt sind) in den ersten zwei Stunden, zu.
Gleichermaßen bedeutend ist das langsame Auslaufen über einen Zeitraum von 15 – 30 Minuten (oder wenn möglich auch unspezifische Regeneration mit Ergometer oder Schwimmen) unmittelbar nach dem Wettkampf oder der Belastung im Training.
Nach Marathonläufen müssen die in der Regel angebotenen bzw. selbst organisierten Behandlungen und Regenerations-Massagen unbe-dingt genutzt werden
Je früher die muskuläre Belastbarkeit wiederhergestellt ist, um so schneller kann die nächste belastungswirksame TE angefügt oder um so erfolgreicher kann der nächste Wettkampf (z.B. auch Wettkampfserien bei EM, WM oder OS) gestaltet werden. Bei solchen Aufgaben haben sich z.B. an Ruhetagen die zwischenzeitlichen zwei (morgens und abends) leichten, lockeren, kurzen Regenerations-DL (bis 30´), auch mit STL, bewährt, weil sie den Sportler gleichzeitig beschäftigen, ablenken, sie die Gegner beim Joggen treffen und sich zunehmend spürbar wieder besser fühlen!
Besonders in der Zeit des Jugendtrainings muss der Überzeugungsarbeit zur zentralen Rolle des ausreichenden Schlafs (~ 8 Std./Tag) als wichtigstes Mittel der Regeneration und damit zur Leistungsentwicklung eine größere Aufmerksamkeit zukommen. Das tolle dabei ist, das Schlaf außer Zeit nichts kostet! Im Schlaf ist besonders das Wachstumshormon aktiv, erholt sich die Muskulatur, das Nervensystem und das Immunsystem. Die Bedeutung dieser Systeme für die Regene-ration muss man nicht nur jungen Sportlern besonders verdeutlichen.
Oma sagt immer „der Vormitternachtsschlaf ist der Beste“
Nachfolgend sollen vor allem die Sportler auf ihre Möglichkeiten entsprechender eigener Zusatzbeiträge zur ihrer Leistungsentwicklung aufmerksam gemacht werden:
Physioprophylaktische Maßnahmen als Selbstanwendung durch die Sportler
(Fragen Sie auch ihren Arzt oder Physiotherapeuten)
* Wechselduschen (2-4 x, warm beginnen, kalt enden – 3 Minuten warm – 10 sec. kalt im Wechsel)
* Entspannungsbäder (~ 36° – ~ 40° C / 10 – max. 20 Minuten), nach hochbelastenden TE – auch mit Zusätzen
* Bürstenmassagen (mittelharte Naturbürste), bis zur leichten Hautrötung, günstig ^ beim Duschen, vor allem Beine, beginnend mit den Füßen, von unten nach oben zum Herzen hin, streichen, aber auch Ganzkörpermassage
* Fußbäder („Wanne“ möglichst bis zum Knie – vor – und nach der Belastung 34–38° C 6 – 12 Minuten, durchblutungsfördernde Zusätze)
* Wechselfußbäder (nach der Belastung, 2 Gefäße erforderlich, kalt mit Salzzusatz – wie im Meer – und warm 34-36° C ohne Zusatz im Wechsel)
Teilselbstmassage und Lockerungsübungen (vor allem Füße, Beine, Oberkörper / ausstreichen – kneten – dehnen – lockern durchschütteln – ~ 10-12 Minuten)
* Sauna (1x wöchentl.-1-3 Durchgänge max. 15´ – Pausen 15´ – max. 90°)
* Höhensonne (vor allem im Winter – nach der 1.TE – Sonnenbrille tragen, Abstand 1 ½ m, mit 1 Minute beginnen, bis 10 Minuten täglich um 1 Minute steigern, max. 15 Tage, dann 6-8 Wochen Pause!)
* Wirbelsäulengymnastik 2-4x wöchentlich etwa 15 Minuten, möglichst zwei Übungsprogramme im Wechsel durchführen
Fußgymnastik – täglich, die Füße sind das wichtigste Gut des Läufers und Gehers (lockern – kräftigen – dehnen – ausstreichen)
* Dehnungsprogramme und Lockerung täglich vor und nach dem Training, auch vor und nach DL günstig (wenn möglich muskuläre Dysbalancen durch Physiotherapeuten feststellen lassen und gezielt beseitigen)
* Aktive unspezifische Regeneration (Ergometer / Schwimmen) unmittelbar nach hohen Belastungen oder Wettkämpfen
* Flüssigkeitsausgleich, während und unmittelbar nach dem Training ausreichend Schlaf, im Trainingslager auch Mittagsruhe Zwischen 2 TE / Tag möglichst 4, besser 5 Std. Pause
Lothar Pöhlitz
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*Lothar Pöhlitz – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler / 18 Jahre – 1980-1998 DLV-Bundestrainer Mittelstrecke – Langstrecke – Marathon / 3x Olympiatrainer für Deutschland 1984 in Los Angeles, 1988 in Seoul und 1996 in Atlanta
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