Konstanze Klosterhalfen ©Victah Sailer
Konstanze Klosterhalfen im Frühjahr 2017: Germany´s Next Top … Runner – Helmut Winter berichtet
Konstanze Klosterhalfen (rechts) agierte im Mittelteil des Rennens mit der späteren Siegerin Sifan Hassan an der Spitze des Feldes. (c) Screenshot RAISport
Von welchem Niveau ihr Lauf und ihre Leistung über 1500 m in Rom war, läßt sich anhand einiger Fakten kurz diskutieren.
Konstanze war mit einer Bestzeit über 1500 m von 4:06:91 nach Rom angereist, wobei sie sich allerdings im Winter in der Halle schon auf 4:04:45 verbessern konnte. Mit 4:07,07 lief Amand Eccleston (USA) in Rom in etwa Konstanzes frühere Bestzeit. In welcher Art die Deutsche ihre Bestleistung im Sinne des Wortes „pulverisierte“, zeigt ein Screenshot der TV-Übertragung (RAISport), in dem die Positionen von Klosterhalfen und Eccleston durch Kreise nach einer Laufzeit von 3:43,8 markiert sind.
In diesem Moment bog Klosterhalfen auf die Zielgeraden ein, während sich die USA-Läuferin noch im Scheitelpunkt der Kurve befand. Dieses Bild veranschaulicht sehr deutlich, in welches neue Regime von Leistungsniveau sich die junge deutsche Nachwuchshoffnung am Donnerstagabend katapultiert hat.
Das war in allen Belangen in der Tat sensationell!
Während vorne Sifan Hassan (NED) zur Weltjahres-Bestleistung über 1500 m stürmt, erreicht Konstanze Klosterhalfen die Zielgerade. Die Roten Kreise markieren die aktuelle Positionen von Klosterhalfen und Eccleston, was den Abstand zur vorigen Bestzeit der Deutschen illustriert. (c)RAISport
Der nächste anmerkenswerte Aspekt ist die Renngestaltung der jungen deutschen Läuferin, die sich in dem Weltklassefeld glänzend verkaufte.
Dabei zeigt ein Blick auf Konstanzes Splits eine sehr angemessen konstante Renngestaltung. In der Tat sind ihre 500 m Splits auf der 1500 m Strecke mit 1:19,9, 1:20,0 und 1:19,4 nahezu perfekt gleichmässig. Ihr schnellster 100 m-Abschnitt (nach dem Start) eingangs der letzten Runde in 15,2 sec hatte renntaktische Gründe. Und selbst ihre letzte Runden in glatten 64 Sekunden zeugt von einer perfekten Renneinteiltung. Dass sich vor ihr Sifan Hassan mit einer Ausnahmeleistung von 61,0 Sekunden für die letzte Runde absetzen konnte, verzerrte etwas die Leistung von Klosterhalfen im Schlusspart.
Handgestoppte Zwischenzeiten 1500 m von Klosterhalfen: | ||||||
Strecke | Splits | LAP 100 m |
ersten 400 m |
letzten 400 m |
LAP 500 m |
LAP 300 m |
100 m | 15,1 | 15,1 | ||||
200 m | 31,3 | 16,2 | ||||
300 m | 47,2 | 15,9 | 47,2 | |||
400 m | 1:03,9 | 16,7 | 1:03,9 | |||
500 m | 1:19,9 | 16,0 | 1:19,9 | |||
600 m | 1:35,9 | 16,0 | 48,7 | |||
700 m | 1:51,5 | 15,6 | 1:04,3 | |||
800 m | 2:08,0 | 16,5 | 1:04,1 | |||
900 m | 2:24,4 | 16,4 | 48,5 | |||
1000 m | 2:39,9 | 15,5 | 1:20,0 | |||
1100 m | 2:55,3 | 15,4 | 1:03,8 | |||
1200 m | 3:10,5 | 15,2 | 1:02,5 | 46,1 | ||
1300 m | 3:26,5K 3:25,3H |
16,0K 14,8H |
||||
1400 m | 3:42,8K 3:40,6H |
16,3K 15,3H |
||||
1500 m | 3:59,3K 3:56,3H |
16,5K 15,7H |
1:04,0K 1:01,0H |
1:19,4K | 48,8 |
Welchen Leistungsschub die in Königswinter beheimatete, hoch aufgeschossene Läuferin allein in den letzten drei Wochen genommen hat, zeigt der Vergleich mit dem Leistungsspektrum einiger ihrer Vorgängerinnen.
Danach hat sie bereits heute zu den deutschen Topläuferinnen Sabrina Mockenhaupt, Irina Mikitenko oder Kristina da Fonseca Wollheim über Distanzen von 800 m bis 5000 m aufgeschlossen oder diese sogar übertroffen.
Über 1500 m im Speziellen hatte keine deutsche Läuferin mehr die 4 Minuten-Schallmauer nach der Umstrukturierung der Verbände mit der Wiedervereinigung 1990 unterboten. Zuletzt lief Hildegard Körner aus Erfurt am 5.9.1987 eine Zeit von 3:58,67. Bezeichnender Weise war dies auch im Olympiastadion von Rom, vor fast genau 30 Jahren.
800 m | 1500 m | 5000 m | |
Konstanze Klosterhalfen | 1:59,65 | 3:59,30 | 14:51,38 |
Sabrina Mockenhaupt | 4:13,38 | 14:59,88 | |
Irina Mikitenko | 2:09,97 | 4:06,08 | 14:42,03 NR |
Kristina da Fonseca Wollheim | 2:01,13 | 4:01,42 | 14:58,43 |
Christiane Wartenberg | 1:57,6 | 3:57,71 NR | |
Uta Pippig | 15:04,87 | ||
Brigitte Kraus | 4:07,40 |
Dabei hat Konstanze mit ihren 20 Jahren und 4 Monaten die Zukunft noch vor sich. Es steht außer Frage, dass spätestens seit Donnerstagabend in Rom Deutschland wieder eine Läuferin hat, die ganz vorne in der Weltklasse mitrennen kann. Dass man noch einiges von dem Ausnahmetalent erwarten kann, deuten die aktuellen Leistungsentwicklungen an.
Gerne würde man von diesen Leistungen auch mehr in den Medien „sehen“ wollen, wo der Auftritt in Rom bei den öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten ignoriert wurde. Eigentlich hätte man aktuell profunde Gründe (übrigens nicht nur wegen Konstanze), auch hochklassige Leichtathletik zu zeigen, als sich im Monopol so gut wie ausschließlich auf den Fussball zu versteifen.
Helmut Winter