Symbolfoto - 2008 Olympic Games Beijing, China August 8-24, 2008 Photo: Victah Sailer@Photo Run Victah1111@aol.com 631-741-1865 www.photorun.NET
Olympia in China – Keine Chance für den Sport? Von KLAUS BLUME
China ist eine Wintersportnation, und dies ist der Beginn einer neuen Ära für den Wintersport.“
Mit diesen unfassbaren Worten begründete IOC-Präsident Thomas Bach die Vergabe der Olympischen Winterspiele 2022 an Peking.
„Es ist verantwortungslos, uns unter den aktuellen Bedingungen dort hinzuschicken. Das ist Willkür.“ Das entgegnet Wolfgang Maier, der Alpin-Direktor des Deutschen Skiverbandes (DSV), dem IOC.
Olympia in China, in einer Gegend, in der es – wenn überhaupt – nur alle Jahre mal schneit. Doch solche Lappalien würden nun wirklich keine Rolle spielen, sagt Dagmar Freitag, ehedem Vize-Präsidentin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Sie habe obendrein gehört, so die aktive SPD-Politikerin, die Olympischen Sommerspiele würden demnächst im reichen Wüstenstaat Katar stattfinden.
Doch jetzt ist erstmal das Geschrei um Olympia in China nicht zu überhören.
Der chinesische Konzeptkünstler Ai Weiwei, zum Beispiel, wettert via New Yorker Nachrichtenagentur AP:„China hat die Heuchelei und Untätigkeit des Westens in Menschenrechtsfragen gesehen, deshalb ist es noch kühner, skrupelloser und rücksichtsloser geworden.“ Aber, Weiwei war zuvor auch an der Gestaltung des sogenannten „Vogelnestes“ beteiligt, in dem 2008 in Peking die Sommerspiele eröffnet wurden, und in dem am Freitag die Winterspiele feierlich beginnen werden. Da habe man sich wohl falschen Träumen hingegeben, räumt Weiwei kleinlaut ein.
Dennoch, das Geschrei bleibt unüberhörbar. Als es jedoch vor Jahren um Olympia 2022 ging, war sich der Westen zu fein – vor allem aber zu bequem, um überhaupt ernsthaft mitzubieten. Ob Norwegen mit Lillehammer, Schweden mit Göteborg und Stockholm oder Deutschland mit München und Garmisch-Partenkirchen – nirgendwo war die Bevölkerung bereit, olympische Gäste im eigenen Vorgarten zu begrüßen. Als es in München hieß, man könne in einem solchen Falle sogar eine vierspurige Autobahn von der Landeshauptstadt bis nach Garmisch bauen, zogen sich die Bewohner der Olympiastadt von 1936 schmollend hinter ihre hohen Berge zurück. Bleibt ja, wo ihr seit und rührt euch nicht!
Dabei wäre es für Deutschland ein Klacks gewesen, anstelle Pekings den olympischen Zuschlag zu erlangen – um, gewissermaßen sogar über Nacht, Olympische Winterspiele auf die Beine zu stellen. Es gibt schließlich in diesem Lande vier (!) Rodel- und Bobbahnen – allesamt Weltcup-tauglich!
Es gibt mit der legendären Kandahar-Piste in Garmisch eine spektakuläre Abfahrtsstrecke; mit den Skisprungschanzen in Oberstdorf und Partenkirchen wunderbare Olympia-Anlagen; mit der Eisschnelllauf-Halle in Inzell ein herrliches Rekord-Oval. Mit dem Biathlon-Stadion in Ruhpolding eine Anlage, um die uns die ganze Welt beneidet und in Oberstdorf ein Langlauf-Stadion, das jeden in seinen Bann zieht.
Aber nein – man will sich ja diese Idylle nicht auch noch mit wildfremden Menschen teilen. Mein Vorgarten bleibt mein Vorgarten! Basta. Sollen sie doch nach China gehen und dort ihre Millionen-Geschäfte machen!
So, wie ein seit Jahrzehnten weltumspannender amerikanischer Konzern, der den Chinesen die Überwachungs-App für die moslemischen Uiguren erarbeitet haben soll. Jener Konzern, der seit Jahrzehnten darauf bedacht ist, ausschließlich in der amerikanischen Elite-Akademie ausgebildete Offiziere in seinem Stab zu beschäftigen. Es heißt über diese amerikanischen App auch, ein Hacker könne sie auf dem Weg zum eigentlichen Empfänger genüsslich mitlesen. Also auch jene medizinischen und Reisepass-Informationen, die alle Besucher vor der Einreise den chinesischen Behörden übermitteln müssen.
In meinem lange Reporterleben habe ich Olympische Winterspiele in Kanada und Frankreich, in Norwegen, in den USA, in Japan und Italien und sonstwo erlebt und jedesmal feststellen können: Erfolgt der erste olympische Wettkampf, erlischt alles Geschrei.
Dann regiert der Sport. Ich befürchte nur, diesmal wird das Geschrei nicht erlöschen, sondern von Tag zu Tag lauter werden.
Kaus Blume
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