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07
11
2021

Dr. Dr. Lutz Aderhold - Foto: privat

Femoropatellares Schmerzsyndrom (Chondropathia patellae) – Kniebeschwerden – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

By GRR 0

Ein Großteil der Kniebeschwerden des Läufers bezieht sich auf das „Gleitlager“ zwischen Kniescheibe und Schienbein (Taunton et al. 2003; Collado u. Fredericson 2010; Fields 2011; Lopes et al. 2012; Engelhardt et al. 2018). Die Kniescheibe (Patella) verteilt den Druck, den der große Oberschenkelmuskel (M. quadriceps femoris) auf das Kniegelenk ausübt.

Die Kombination aus einseitigem Zug verschiedener Quadrizepsanteile und veränderter Statik und Belastung während des Laufens kann entzündliche Reaktionen auslösen. Eine verminderte Stabilisationsfähigkeit der Muskulatur kann außerdem ursächlich dazu beitragen.

Die Kniescheibe läuft dann nicht mehr in der Mitte des „Gleitlagers“ und reibt an der Unterseite gegen den Oberschenkelknochen. Der Kniescheibenknorpel kann erweichen und degenerieren (Chondromalazie).

Als weitere Ursache ist auch ein Sturz auf die Kniescheibe mit Prellung (Kontusion) in Betracht zu ziehen. Durch die hohen punktuellen Belastungen treten die Schmerzen oberhalb oder hinter der Kniescheibe auf. Die Beschwerden sind besonders nach Hügelläufen verstärkt, können aber auch schon bei normalem Gehen, z. B. beim Treppensteigen, auftreten.

Die Schmerzen verschlimmern sich oft in der Hocke. Eine Druckempfindlichkeit besteht seitlich und um die Kniescheibe herum, zudem ist ein Patella-Anpressschmerz auslösbar. Reiben und Knirschen bei Beugung und Streckung weisen auf einen Knorpelschaden hin. Möglicherweise liegt eine leichte Schwellung des Kniegelenks vor.

Therapie

Das Lauftraining muss reduziert oder unterbrochen werden, bis der Schmerz nachlässt. Über eine funktionelle Kräftigung des Quadrizeps soll eine Balancierung des Zugs auf die Patella erreicht werden (Wolff u. Brechtel 2000). Hier haben sich der Einsatz von Zugapparat, Trampolin, Wackelbrett und Kreisel unter physiotherapeutischer Anleitung bewährt.

Ein zusätzliches Muskelaufbautraining der Strecker, aber auch der ischiokruralen Muskulatur der Oberschenkelrückseite unter gleichzeitiger Verbesserung der Dehnfähigkeit ist sinnvoll. Auch eine muskuläre Stabilisierung des Beckens ist ratsam. Ergänzend zur Behandlung sollten Schuhe und Einlagen individuell angefertigt werden. Auch spezielle Tape-Techniken oder eine Knieschiene können die hohe lokale Belastung reduzieren.

In der akuten Entzündungsphase können Antiphlogistika gegeben und physikalische Maßnahmen (Eis, Ultraschall) verordnet werden. Glukosamin und Chondroitin können die Knorpelreparation unterstützen.

Aderhold L, Weigelt S. Laufen! Vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. München: Elsevier 2018.

Tipp

Reduzieren Sie die Trainingsbelastung unter die Schmerzgrenze oder setzen Sie ganz aus. Insbesondere auf intensives Hügeltraining und Treppenläufe sollten Sie verzichten. Diese Verletzung benötigt Zeit zum Ausheilen und erfordert vom Sportler große Geduld.

Bei anhaltender Symptomatik trotz konservativer Behandlung ist an eine Operation zu denken.

Weitere Hinweise und das Literaturverzeichnis finden Sie in: Aderhold L, Weigelt S. Laufen! Vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. München: Elsevier 2018.

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

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