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29
01
2010

Doch Norris ist anders als die anderen. Er kann nicht sehen.

5. Internationalen ÖGER Antalya Marathon – Jeffrey Norris beim Runtalya 2010 – Doch Norris ist anders als die anderen. Er kann nicht sehen.

By GRR 0

Es gibt Menschen, die tun verrückte Dinge. Und es gibt Jeffrey Norris. Im Fürstentum Monaco hat der Nürnberger neulich 392 Kilometer in sechs Tagen zurückgelegt – zu Fuß. Einen wie Norris nennt man im Fachjargon Ultraläufer. Doch Norris ist anders als die anderen. Er kann nicht sehen.

Vor 17 Jahren verlor der heute 49-Jährige sein Augenlicht Mit elf Jahren flüchtete Norris mitsamt seiner deutschen Mutter und zwei Brüdern vor dem alkoholkranken und gewalttätigen Vater aus den USA nach Deutschland.

Als sein Opa starb, brach für ihn der letzte Schutzwall vor dem zerrütteten, lieblosen Umfeld weg, in dem er als Kind aufwuchs.
«Die Zeit hat mich zum Nachdenken gebracht, aber die Gedanken gingen in die falsche Richtung», meint er. Eines Tages geriet er an den Falschen, vier Tage später wachte er im Krankenhaus mit sieben Frakturen im Gesicht auf, das fast zu Brei geschlagen war.

Viel schmerzhafter als die Schläge war für ihn, dass sich seine Netzhaut ablöste.

Er sah dabei zu, wie er erblindete. «Wie eine Sonnenfinsternis» sei das für ihn gewesen, erklärt er. Heute ist er dankbar dafür. So grotesk es klingen mag: Die Blindheit hat ihm ein neues Leben geschenkt. Sie war sein Glück.

Norris läuft, und läuft und läuft. Für gute Zwecke – und um andere zu begeistern. Er weilte auf einer Kur, als er seine Leidenschaft fürs Laufen entdeckte. «Ich wollte mich einer Wandergruppe anschließen, aber die hielt es für zu gefährlich, mich mitzunehmen», verrät er. «Ein Mann hat das mitbekommen und angeboten, dass ich mit ihm laufen könne. Einen Tag später trug ich Turnschuhe, am Tag danach kaufte ich mir Laufschuhe», erinnert er sich.

Wenn Norris läuft, bevorzugt er, seine Hand auf das Schulterblatt seines «Guides» zu legen. «Dadurch bekomme ich dessen Reaktionen und Richtungswechsel viel unmittelbarer mit, es vereinfacht das Laufen ungemein für mich. Bei dieser Variante ist aber ein großes Vertrauen wichtig»,

«Natürlich würde ich lieber sehen, als blind zu sein, aber ich würde mein jetziges Leben niemals gegen mein altes eintauschen wollen», sagt Norris noch – und man sieht plötzlich nicht mehr einen Blinden vor sich, sondern einen faszinierenden Menschen auf einer mystischen Mission.

ÖGER Antalya Marathon 2010

author: GRR

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