4 Strecken führen auf das Marathon–Podium - 10 – 20 – 30 – 40 km und ansteigende Geschwindigkeiten sind der Schlüssel - Lothar Pöhlitz in der Leichtathletik Coaching-Academy ©Helmut Winter
4 Strecken führen auf das Marathon–Podium – 10 – 20 – 30 – 40 km und ansteigende Geschwindigkeiten sind der Schlüssel – Lothar Pöhlitz in der Leichtathletik Coaching-Academy
(© Lothar Pöhlitz) – Wer eines Tages aufs Marathon–Podium will muss sich vor allem mit dem Trainingsumfang, mit Geschwindigkeiten, Streckenlängen, Kraftausdauer und der Laufökonomie beschäftigen. Klar ist sicher für alle dass das Fundament die aerobe Basis ist.
Dass aber aerobe Qualität für die Umsetzung immer höherer Geschwindigkeiten auf immer längeren Strecken d i e Voraussetzung ist und welche Faktoren noch direkten Einfluss auf die Leistung haben bleibt zu oft ein ungelöstes Problem. Die Enttäuschung nach dem Rennen ob der nicht erfüllten Erwartungen wirkt oft lange nach.
Auf der Suche nach einem anderen, vielleicht erfolgreicherem Weg, sollen hier mit einen neuen, einfachen Denkansatz – 4 Strecken bestimmen das Marathon – Ergebnis, Anregungen gegeben werden. Es sollen leistungsambitionierten – vor allem jungen Langstrecklern und ihren Trainern die den Marathon im Visier haben Denkhilfen für den längerfristigen Aufbau der Voraussetzungen für im Endeffekt schnelle 42,195 km gegeben werden.
Auch wenn es um Training für den Straßenlauf geht sollte man weiterhin für jede Trainingseinheit Kilometer & Geschwindigkeiten festlegen.
Für den Marathon ist alles Training darauf auszurichten dass in den letzten 10 Wochen auch 2 – 2 ½ Stunden Läufe immer besser bewältigt werden können. Für alle Mittel- und Langstrecken wird selbstverständlich das Ziel verfolgt möglichst viele wettkampfnahe Belastungen – d.h. ab 75 % der Wettkampfstreckenlänge – zu realisieren, auch Marathonläufer müssten ihre Reserven im wsA – Training, in „MSL – Marathonspezifischen Läufen“ um 35 km erschließen.
Modernes Training verfolgt aber auch das Ziel – unabhängig von der Wettkampfstreckenlänge – TE zu bewältigen die um 10 % oberhalb der Renntempo-Zielgeschwindigkeit liegen.
Das bedeutet für einen Marathoni der beispielsweise 2:08 (= 3:02 min/km) laufen will, das er 1000 / 2000 oder 3000 m – Programme um 2:45 min/km können muss.
Das Leistungsprofil der Weltbesten Männer und Frauen
* Die 15 km Leistungen der Männer / Frauen lassen den Schluss zu dass sie über eine aerobe vL 3 – Schwelle um 6,00 / 5,30 m/s bzw. die 30 km eine vL2 – Schwelle um 5,70 / 5,05 m/s verfügen
Die aerobe Basis ist das Fundament
Die Basis, der erste Schritt gilt immer dem Aufbau die aeroben Voraussetzungen. Dafür müssen in einem systematischen Aufbau zunächst immer mehr aerobe Kilometer gelaufen werden. In solchen Zeiträumen sollten täglich hohe Umfänge, aber nie sehr langsam gelaufen werden. Geschwindigkeiten unter 80 % vom Renntempo sind im Leistungsbereich – vom Long Jog einmal abgesehen – dem Regenerationstempo nahe. Das heißt dass die Basisarbeit für ein Leistungsziel von beispielsweise 2:10 (5,41 m/s = 3:05 min/km) sich mindestens an 4,50 m/s = 3:42 min/km orientieren sollte.
In Abhängigkeit vom erreichten durchschnittlichen Jahresumfang sollen junge Langstreckler zunächst erst einmal Ø 130 km / Jahr anstreben. Das ist die Ausgangsposition für mehr. Wer sich über Ø 160 km/Jahr In seinen Trainingsaufzeichnungen freuen kann und dabei im Umgang mit den 4 Strecken 10 – 20 – 30 – 40 km – Erfahrungen gesammelt hat widmet sich schwerpunktmäßig der Umsetzung in Trainingseinheiten mit höheren Geschwindigkeiten. Das bedeutet die Geschwindigkeiten streckenabhängig und aufgabenbezogen zu wählen weil Leistungsentwicklungen immer an Streckenlängen und Geschwindigkeiten gebunden sein müssen und niemand will ja das junge Langstreckler in ihrem Aufbau auf den unterschiedlichsten Strecken nicht erfolgreich sind.
Parallel müssen das Herz, die Belastbarkeit und die Laufmuskulatur aufgebaut werden
Die Herzleistung ist eines Tages für ausreichend Sauerstoff in der Laufmuskulatur und den Abtransport von Kohlendioxid und Milchsäure mit dem Ziel im Laktat-steady-state immer schneller zu laufen nicht nur für Spitzenläufer zuständig. Dafür müssen eine hochleistungsfähige Laufmuskulatur und eine starkes Herz möglichst früh und parallel zur aeroben Ausdauer aufgebaut werden.
Das Herz wächst mit seinen Aufgaben. Ruhiges laufen im DL1 immer länger erledigt diese gewünschten Anpassungen, erhöht die Größe und Anzahl der Mitochondrien, verbessert die Muskeldurchblutung (Kapillarisierung) und Sauerstoffverarbeitung und den Umgang mit Glykogen, Fett, Eiweiß und Laktat.
Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass zielgerichtete Anpassungen reizwirksames Training voraussetzen. Orientiert man die Geschwindigkeiten eines solchen DL1 – Basistrainings beispielsweise an 60 – 70 % der HFmax ist sicher logisch dass mit der Verbesserung des aeroben Grundniveaus (vL 2 – Schwelle) die Geschwindigkeiten auf den verschiedenen Streckenlängen zu erhöhen sind.
Am Ende der ersten 6 – 8 Basiswochen, die in ihrer Länge von den nachfolgenden 6 + 12 entscheidenden Wochen auf die Marathonvorbereitung bestimmt werden, soll der Wochentrainingsumfang erreicht sein, der in den nächsten Wochen als Spitzenumfang, oft wiederholbar, als realistisch angesehen wird.
Wettkämpfe in dieser Phase sind möglich wenn sie als Trainingswettkämpfe in das Vorbereitungssystem passen und nicht zu Umfangs- bzw. Intensitätsreduzierungen in der jeweiligen Woche führen.
Um das Gesamtsystem funktionsfähig zu machen ist in dieser Ausbildungsetappe ein zielgerichtetes Training der Laufmuskulatur, auch für die später benötigte Belastbarkeit, wichtig. Der Pflege der ererbten Anlagen, der individuellen Muskelstruktur bzw. für zukünftige Langstreckler der aeroben Kapazität muss eine große Aufmerksamkeit gelten. Langstreckler die einen – wenn auch geringen Anteil an schnellkontrahierenden Muskelfasern nicht trainingswirksam reizen vernachlässigen ihre Möglichkeiten für später z.B. in der Unterdistanzleistungsfähigkeit.
Gleichermaßen muss der Entwicklung einer „Ganzkörper – Kraftausdauer“, der Stärkung der Fuß-/Beinkraft und vor allem des „Zentrums“, aber auch der Beweglichkeit / Geschmeidigkeit (Vergrößerung der Bewegungsamplituden für leichteres Laufen) 2-3x wöchentlich die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Läufer mit einer optimalen Laufökonomie (geringer Energieverbrauch bei schnellstmöglichem Tempo für eine Strecke) und einem sehr guten Tempogefühl werden im Straßenlauf eines Tages zu den Besten gehören.
Nach der Basisphase bereiten 6 Wochen auf die Marathon – UWV vor
Nach bisherigen Marathon – Erfahrungen umfasst die Marathon-UWV der Elite 10 – 12 Wochen, „wenn möglich gut organisiert ohne Störungen“. Für Neulinge besser 12 Wochen mit einer Erholungswoche „in der Mitte“, für Profis mit einem hohen Ausgangsniveau im Prinzip, auch mit 3 – 5 Wochen im Höhentraining, 10 Wochen.
Diese 6 Wochen-Vorbereitung ist für das Gelingen der für das Rennen entscheidenden 10-12 Wochen äußerst wichtig. Es stehen der Trainingsumfang – der dann etwas später in der 4.Woche vor dem Marathon seine Höchstwerte erreicht -, die Verlängerung der Strecken im vL2 – Schwellentempo (hier 20 km), die Unterdistanzintensivierung – Schaffung von Geschwindigkeitsreserven für das Renn-tempo, das Athletik-Belastbarkeitstraining und die Vorbereitung auf die Marathon-spezifischen Läufe (MSL) zwischen 35 – 40 km im Mittelpunkt.
10 km bei 95 – 105 / 110 % vom Renntempo
Eine Entwicklung der 10 km Leistung – als wichtiger „Zubringer“ für den Marathon – stellt die Aufgaben sowohl die Unterdistanzleistung (z.B. 5 km), die aerobe Schwelle (vL 3) dafür, als auch die Überdistanzleistung (z.B. den Halbmarathon) zu entwickeln. Tempo-Dauerläufe bis 15 km (TDL), DL-TW, Intervalle, lange TL, Fahrtspiele oder 20 km Überdistanzen sind dafür bewährte Trainingsformen. Der Tempo-Dauerlauf über 15 km hat sich als Kontrolllauf auf einer flachen Strecke oder auch auf der Bahn als Test zur ersatzweisen Ermittlung der aeroben vL 3- Schwelle bewährt. Unter dem Gesichtspunkt der Unterdistanztrainings für z.B. HM sollte die Elite nicht versäumen nicht nur 10 x 1000 m in 2:50 (für 28:20) anzustreben sondern auch 4 x 3000 m in 8:30 zu können.
20 km bei 85 – 100 % v. RT zum Rennen hin ansteigend
Die 20 km Strecke ist in einem langfristigen Aufbau zum Marathon hin bedeutend auch wenn sie nur die halbe Belastungszeit der 42 km ausmacht. Zusammen mit der 10 km Orientierung spielen bereits früh anspruchsvolle Läufe zwischen 60 – 120 Minuten eine wichtige Rolle in der Marathonvorbereitung. Läufe zwischen 18 – 22 km im DL2 – d.h. oberhalb 85 % v. RT sollten sie zu einer ihrer „Lieblingstrainings-einheiten“ küren. Im Rahmen einer Marathon – UWV (letzte 10-12 Wochen) sollen sie zum Rennen hin regelmäßig (siehe Abbildung) immer schneller realisiert werden. Wenn Eliteläufer danach noch in der Lage sind dem noch 45 – 60 Minuten im DL1 anzuschließen erleben sie auch mental was in den 2 Std.-Rennen demnächst auf sie zukommen wird.
Aus der Geschwindigkeitsanalyse (Abb.) wird deutlich dass innerhalb der UWV regelmäßig ein 20 km TDL in der Geschwindigkeit von 85 – 90 – 95 – 100 – 105 % vom RT ansteigend absolviert wurde. Das unterstreicht dass auch im Marathontraining ein geschwindigkeitsgeführter Belastungsaufbau zielführend ist.
Wenn Tempodauerläufe „schnell“ frühzeitig aus irgendwelchen Gründen (z.B. Geschwindigkeitsüberhöhung) abgebrochen werden müssen sollte der „fehlende Rest“ oder auch mehr bei herabgesetzten Tempo zu Ende gebracht werden damit die bereits absolvierte Vorbelastung trotzdem trainingswirksam genutzt wird.
Abb 1: Trainingsanalyse: Geschwindigkeitsaufbau und Steckenlängen in einer Marathon – UWV (Walter Schmidt)
30 km bei 80 – 90 / 95 % vom Renntempo
Die Strecken zwischen 25 – 35 km haben für das Marathonergebnis eine viel größere Bedeutung als man sie in der Trainingspraxis oft wahrnimmt. Eigentlich beginnt bei 30 km im Bereich von 75 % der Wettkampfstreckenlänge gerade so das wettkampfnahe Training. Wettkampfrelevant ist es aber nur wenn es auch für das angestrebte Renntempo schnell genug ist. Das heißt dass innerhalb einer ansteigenden Geschwindigkeit zum Rennen hin immer wieder TE um 85 – 90 % eingefügt werden sollten. (siehe Abb. Marathon – UWV – Analyse). Das setzt aber voraus das längerfristig 25 – 30 km zwischen 80 – 85 % vorbereitend zu absolvieren sind. Wenn dann im letzten langen Lauf – etwa 10-14 Tage vor dem Rennen – 30 km nahe dem Renntempo – Ziel möglich sind ist man sicher überzeugt sein Ziel erreichen zu können.
40 km bei 75 % v. RT beginnen und 85 % anstreben
„MSL“ – Marathonspezifische Läufe ab 35 km – da sind es ja immer noch 7,2 km bis zum Ziel – sind dafür zuständig dass in Marathon – Endphasen nicht nur Minuten verloren, sondern Minuten gewonnen oder mögliche Siege oder Medaillen erkämpft oder aufs Spiel gesetzt werden können. Wer diese Strecken auslässt hat sein Gesamtsystem im umfassenden Sinnen nicht optimal auf den Marathon vorbereitet.
Die für mehr als 2 Stunden erforderliche mentale Stärke entwickelt sich nicht ohne zu „üben“. Willensspannkraft, die Überzeugung von der eigenen Stärke ist das Ergebnis von Trainingserfolgen, positiven Bewährungssituationen, dem besiegten inneren Schweinehund, von erfolgreichen TE über 35 – 40 km. Hier braucht der Sportler die Trainerbegleitung, die „Flaschen wie beim Rennen“, die Geschwindigkeitsführung, die Hinweise zur Leichtlauftechnik und Laufökonomie oder auch die Hilfen bei gesundheitlichen oder klimatischen (Hitze, Wind, Regen) Problemen.
Aus der nachfolgenden Trainingsanalyse (Abb.) erkennt man, dass in den letzten 10 Wochen allein 5 x 35 + 40 km (2:3) Läufe und 6 x 30 km absolviert wurden!
Unter 80 % vom RT bringt wenig Gewinn ist aber trotzdem hilfreich
Aus der Trainingsanalyse Geschwindigkeitsentwicklung und Streckenlängen in einer Marathon – UWV (Abb.) wird deutlich, dass Geschwindigkeiten unter 80 % im Prinzip keinen echten Beitrag zur Marathonleistung leisten, von TE zur Regeneration einmal abgesehen. Das bedeutet zugleich dass Läufer im Leistungsbereich um 2:10 Std:min ihre Regenerations – Dauerläufe – „leicht“ lieber etwas schneller absolvieren, zwischen 3:45 – 4:00 Minuten oder 60 – 70 % vom RT-Ziel laufen weil damit eine mechanische Entlastung ihres „Fahrgestells“ möglich ist. Auch Regenerations-geschwindigkeiten sind individuell, vom Grundleistungsniveau abhängig. Das Ziel ist immer gleich: möglichst schnell nach der Belastung aktiv und passiv, d.h. umfassend zu regenerieren.
Wer am Ende um 1 mmol/l Laktat erreicht hat und sich wieder wohlfühlt hat alles richtig gemacht. Die ersten 30 – 60 Minuten sind die Wichtigsten!
Ein Blick nach Kenia
(Renato Canovas – Long – Distance Model) unterstreicht am Beispiel einer Elite – Vorbereitung auf einen 2:05 – Marathon die erforderlichen Trainingsleistungen. Dabei sind die langen Intervall – Teil – Strecken im Trainingsumfang zwischen 23 – 29 km pro TE und die Geschwindigkeiten im DL – Training oberhalb 25 km – 40 km besonders zu beachten:
Claudio Berardelli – ebenso erfolgreicher Italiener im Dienste Kenias fügte dem einmal hinzu:
Wer sich optimal auf einen Wettkampf vorbereiten will, muss Training, Ernährung und Schlaf als gleich wichtig ansehen. Schlafdefizit führt dazu im Training kürzertreten zu müssen, nach besserer Regeneration kann man mehr trainieren, aber man sollte dann auch mehr essen.
Sichere das alle drei Faktoren in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen.
Eine der effektivsten Trainingsbelastungen – auch in der Marathonvorbereitung – sind Pyramiden im hügeligen Gelände, beispielsweise können dabei schnelle Belastung und Trabpausen so abwechseln:
1´ / 1´ + 2´ / 1´ + 3´/ 1´ + 4´/ 1´ + 5´ / 1´ + 4´ / 1´ + 3´ / 1´ + 2´/ 1´ + 1´ schnell
Mein Fazit für eine optimale Marathonvorbereitung:
- Entwickle Deine aerobe Schwelle bei 3mmol/l Laktat (vL 3) in einem ersten Schritt so, dass Du in dieser Geschwindigkeit 15 km laufen kannst
- Wenn Du 30 km in einer aeroben Geschwindigkeit bei 2 mmol/l Laktat (vL 2) schaffst und mehrere Marathonspezifische Läufe (MSL) zwischen 80 – 90 % vom Renntempo absolviert hast kannst Du an einen erfolgreichen Marathonstart glauben. Die „MSL“ – die Strecken oberhalb 35 km sind als wettkampfspezifisches Marathontraining für den Erfolg wesentlich.
- In einer langfristigen – etwa 18 – 24 monatigen Marathon – Vorbereitung – sind langfristig die Voraussetzungen für eine optimale Energiebereitstellung über den Fettstoffwechsel und die Ganzkörper – Kraft zu schaffen damit im Rennen bei optimaler Laufökonomie und gutem Tempogefühl die persönliche Bestleistungsstrategie – vor allem in den Endphasen – auch zu realisieren ist.
Abbildungen: Pöhlitz
Lothar Pöhlitz in der Leichtathletik Coaching-Academy
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