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2010

Im Rennen der Männer war nach 5 km schon klar, dass der Weltrekord in Berlin bleibt, wobei auch die zu erwartenden Temperaturen im zweiten Teil von deutlich über 20°C den verhaltenen Beginn in 15:03 erklären mögen.

33. Bank of America Chicago Marathon 2010- „Same procedure as last year“! Der (Welt-)Rekord bleibt aber in Berlin – Helmut Winter berichtet

By GRR 0

Mit Samuel Wanjiru (KEN) und Liliya Shobukhova (RUS) setzten sich beim 33. Bank of America Chicago Marathon die Vorjahressieger durch, die sich durch ihre Siege auch den Sieg in den Marathon-Majors-Wertungen so gut wie gesichert haben. Aber der im Vorfeld angekündigte Angriff auf Haile Gebrselassies Marathonweltrekord blieb aus, in Grenzen auch den etwas zu hohen Temperaturen im zweiten Teil des Rennens geschuldet.

Dabei gelang es der Russin Shobukhova aber trotzdem, mit 2:20:25 eine sehr gute neue persönliche Bestmarke aufzustellen, die zugleich auch neuer russischer Rekord ist. Beeindruckend die Konstanz der Titelverteidigerin, die im ersten Teil sofort ein sehr gleichmäßiges Tempo fand (die ersten drei 5 km-Abschnitte: 16:33, 16:33, 16:33!) und dies auch nicht steigerte, als sich die Äthiopierinnen Daska (Siegerin Dubai 2010) und Baysa (Siegerin Paris 2009 und 2010) absetzten und bei 25 km einen Vorsprung von 20 Sekunden aufwiesen.

Irina Mikitenko hatte zu diesem Zeitpunkt mit dem Ausgang des Rennes schon nichts mehr zu tun, bereits bei 5 km lag sie über eine halbe Minute hinter der Spitze. Nach dem Rennen zeigte sich Irina in bester Verfassung und meinte, dass ihr durch den Trainingsrückstand insbesondere das Tempo aktuell fehlte, so fühlte sie sich auch am Ende noch sehr gut.

In der Tat lief sie ein sehr gleichmäßiges Rennen mit annähernd gleichen Hälften (1:13:05, 1:13:35). Nach der langen Verletzungspause ist sie jedenfalls wieder auf dem Weg zu alter Leistungsstärke. Mit ihrer Zeit von 2:26:40 verpasste Irina die deutsche Jahresbestzeit knapp, aber schon beim nächsten Auftritt sollte sie diese Zeit nach den Eindrücken von Chicago deutlich steigern können.

Die beiden Äthiopierinnen an der Spitze der Frauen brachen in der Schlussphase deutlich ein, nach gut 35 km holte Shobukhova die allein führende Baysa ein, die anschließend stark nachließ und mit 18:51 fast zwei Minuten langsamer war als auf den vorhergehenden 5 km-Abschnitten. Sie konnte sich mit 2:23:40 gerade noch vor der Drittplatzierten Maria Konovalova (RUS) in 2:23:50 ins Ziel retten. Shobukhova ist somit auch die Siegerin der aktuellen Marathon Majors Serie, auf die Frage, was sie mit dem vielen Geld nun anstelle, gab es allerdings auf der Pressekonferenz keine klare Antwort.

Shobukhova ist momentan sicher die stärkste Marathonläuferin, mit beeindruckender Konstanz und einem starken Finish, das allerdings in diesem Jahr mit 6:59 auf dem Schlusspart nach 40km nicht ganz so spektakulär ausfiel wie im letzten Jahr (6:36). Man darf schon jetzt gespannt sein, wie das Debut von Mary Keitany in New York ausfällt und ob der Russin in ihr eine starke Gegnerin erwächst.

Im Rennen der Männer war nach 5 km schon klar, dass der Weltrekord in Berlin bleibt, wobei auch die zu erwartenden Temperaturen im zweiten Teil von deutlich über 20°C den verhaltenen Beginn in 15:03 erklären mögen. Danach zog das Tempo aber stark an und mit einem 5 km-Abschnitt in 14:30 war man mit 29:33 bei 10 km schon fast wieder im Soll, zumindest was den Steckenrekord von Wanjru aus dem Vorjahr anbetraf (2:05:41).

Eine recht große Gruppe mit allen Favoriten erreichte die Halbmarathonmarke am Beginn der legendären Route 66 in 1:02:37, nach knapp 30 km ging der letzte Tempomacher aus dem Rennen, und die Spitze fiel auseinander. Zunächst gab es eine Dreiergruppe an der Spitze mit Kebede, Wanjiru und Lilesa – alles Läufer mit Bestmarken unter 2:06 -, in der Kebede immer wieder mit Temposteigerungen die Gruppe auseinander riss. Wanjiru fiel kurzfristig zurück, wobei ihn einmal sogar Kebedes Landsmann Lelisa wieder an den Führenden heranführte. Bei 35 km konnte dann Lelisa einer weiteren Temposteigerung Kebedes nicht mehr folgen, Wanjru bekam gleichfalls Probleme, kämpfte sich aber wieder an den kleinen Äthiopier heran.

Im Rahmen dieser Duelle geriet die Zeit etwas aus dem Fokus und mit 15:34 für den Abschnitt von 35 km nach 40 km (den Kebede in früheren Rennen sehr schnell lief) war auch an den Streckenrekord nicht mehr zu denken, der Weltrekord war sowieso nie in Gefahr. Und am Ende gab dann eine gewisse Überraschung, denn der durch eine Magenverstimmung während der Schlussphase der Vorbereitungen auf Chicago geschwächte Wanjiru schloss auf den letzten 500 m auf der Steigung der Rooseveld-Avenue nicht nur zum wiederholten Male zu Kebede auf, sondern ließ diesen faktisch fast Stehen und setzte sich auf dem abschüssigen Schlusspart des Columbus-Drive bis ins Ziel mit einem Vorsprung von 19 Sekunden in 2:06:24 ab. Dritter wurde Lilesa in 2:08:10.

Angesichts des Wetters waren die Spitzenzeiten durchaus akzeptabel, Chicago hatte nun zum wiederholten Male diesbezüglich kein Glück. Aber bei der Klasse des Elitefelds sind acht Zeit unter dem internationalen Qualifikationsstandard von 2:13 eher bescheiden.

Beeindruckend allerdings die Finisherzahlen: Von gut 45.000 gemeldeten Läuferinnen und Läufer gingen gut 38.000 an den Start, das Ziel erreichten ca. 36.000 Sportler (19.973 Männer, 16.186 Frauen).

In Chicago – und auch bei anderen Läufen in den USA – hat man fast die „Gleichstellung“ auf den Straßen erreicht. Ein Blick auf die beeindruckenden Läufermassen zeigt dies sofort.

Der Chicago-Marathon hat somit beim Kampf um die schnellsten Stecke (Mittel der zehn schnellsten Zeiten) kaum Boden zu Berlin (Race Director Mark Milde/Berlin kann sich freuen), Rotterdam und London aufholen können. Eindrucksvoll erscheint aber die Vorstellung Wanjirus, dessen Leistungsvermögen vor dem Start recht zwiespältig eingeschätzt wurde. Wanjiru hat sich in bestechender Form gezeigt und damit seine Ankündigungen in einem Interview im Sommer umgesetzt, in Chicago keinen Rekord aufstellen zu wollen, sondern nur zu gewinnen. Das hat er am Sonntag eindruckvoll erreicht.

In dem gleichen Interview gab aber Sammy auch das Statement ab, den Rekordlauf dann im Januar 2011 in Dubai zu starten. 2:02 war als Endzeit im Gespräch. Obwohl er sich auf Nachfrage  nicht mehr zu dieser Aussage äußern wollte und diesbezüglich auf seinen Manager verweist, ist nicht ganz ausschließen, dass Sammy wieder das Zeug hat, ganz schnell zu laufen. Und zeigt dies schon bald.

Durch Hailes Start beim New York City Marathon werden beim Dubai-Marathon wieder Plätze frei. Vielleicht ja auch einer für Sammy und den Angriff auf den Weltrekord. In Chicago hat es auch diesem Jahr dazu wieder nicht gereicht.

Helmut Winter aus Chicago

 

Männer

 

1.     Wanjiru, Sammy                  (KEN)             02:06:24   (HM: 1:02:37)

      (5km-Splits: 15:03, 14:30,14:58, 14:48, 15:10;15:08, 14:42, 15:34, 6:31)

2.   Kebede, Tsegaye                  (ETH)      02:06:43

3.   Lilesa, Feyisa                       (ETH)       02:08:10

4.   Korir, Wesley                       (KEN)       02:08:44

5.   Kipruto, Vincent                  (ETH)        02:09:08

6.   Cheruiyot, Robert-Kiprono  (KEN)          02:09:28

7.   Moiben, Laban                     (KEN)       02:10:48

8.   Hartmann, Jason                  (USA)      02:11:06

9.   Harroufi, Ridouane              (MAR)      02:13:01

10. Sayenko, Mike                    (USA)      02:14:27

 

Frauen

 

1,   Shobukhova, Liliya              (RUS)        02:20:25   (HM: 1:10:00)

      (5km-Splits: 16:33, 16:33, 16:33, 16:42, 16:41, 16:54, 16:44, 16:46, 6:59)

2.   Baysa, Astede                 (ETH)        02:23:40

3.   Konovalova, Maria            (RUS)       02:23:50

4.   Davila, Desiree                 (USA)       02:26:20

5.   Mikitenko, Irina                    (GER)       02:26:40   (HM: 1:13:05)

      (5km-Splits: 17:09, 17:25, 17:19, 17:23; 17:22, 17:24; 17:32, 17:31, 7:35)

6.   Daska, Mamitu                 (ETH)       02:28:29

7.   Lewy-Boulet, Magdalena    (USA)       02:28:44

8.   Yoshida, Kaori                   (JPN)        02:29:45

9.   Chaofeng, Jia                    (CHN)      02:30:35

10. Moody, Tera                      (USA)       02:30:53

author: GRR

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