Jacob Ingebristsen - 2020 Tokyo Olympic Games Tokyo, Japan July 29-August 8, 2021 Photo: Jean-Pierre Durand@PhotoRun Victah1111@aol.com 631-291-3409 www.photorun.NET
1500 Meter: „Vielleicht holt Ingebrigtsen die Goldmedaille nach Europa zurück“ – KLAUS BLUME fragt Paul-Heinz Wellmann
Mit einem einzigen langen Schritt, fast beiläufig und beinahe schon im Weggehen, hatte Jakob Ingebrigtsen seinen Halbfinal-Lauf über 1500 Meter in Tokio beendet. Womit er seine Zeit von 3:32,13 Minuten stärker interpretiert hat, als mit Worten.
Denn jeder konnte nun hochrechnen – vor allem Timothy Cheruiyot, sein kenianischer Kontrahent im Endlauf am heutigen Samstag – was wohl möglich gewesen wäre, hätte der junge Norweger auf den letzten vierzig Metern mit vollem Schwung durchgezogen: 3:28 Minuten – oder sogar noch schneller?
„Der Weltrekord von 3:26 Minuten ist auf einmal gar nicht mehr so fern, wie es uns noch vor diesem Halbfinale schien“, sagt Paul-Heinz Wellmann, der Leverkusener Olympiadritte (3:39,33 Minuten) von 1976. Nur eine subjektive Interpretation? Die Norwegerin Ingrid Kristiansen, 1987 Weltmeisterin über 10 000 Meter und einst auch eine der besten Skilangläuferinnen Skandinaviens, schreibt im angesehenen. Osloer DAGBLADET dazu: „Karsten Warholms fantastischer Weltrekord über 400 Meter Hürden wird auch Jakob Ingebrigtsen beflügeln. Hätte Karsten verloren, würde es sicher auch für Jakob schlecht laufen. Aber so . . .“
Eine Aussage, die überrascht. Denn Ingrid Kristiansen, die Grand Dame der Langstrecke, wurde gerade im hohen Norden auch immer wegen ihrer zurückhaltenden Noblesse verehrt. Umso mehr verblüffen jetzt ihre klaren Worte. Aber auch Paul-Heinz Wellmann favorisiert den schnellen Norweger: „Für mich ist er ein klarer Medaillenanwärter. Vielleicht holt er sogar die Goldmedaille wieder nach Europa zurück.“ Was auf der klassischen 1500-Meter-Distanz zuletzt 1992 in Barcelona, im damals glühend heißen Katalonien, dem Spanier Firmin Cacho gelang.
Paul-Heinz Wellmann (m) – Foto: EVL Halbmarathon
Doch der Weltrekord steht nun schon 23 (!) Jahre lang bei 3:26 Minuten, gelaufen vom marokkanischen Doppel-Olympiasieger Hicham El Guerrouj am 14. Juli 1998 in Rom. Er könne sich nicht vorstellen, dass es am Samstag in Tokio ein verbummeltes Spurtrennen geben wird, so, wie 2016 in Rio de Janeiro, als der Amerikaner Matthew Centrowitz – ein Schützling des umstrittenen Nike-Trainers Alberto Salazar – nach matten 3:50 Minuten die Goldmedaille gewann. „Diesmal“, legt sich Paul-Heinz Wellmann fest, „ wird es ein sehr schnelles Rennen geben, auf einer sehr schnellen Bahn. Aber es scheint ein offenes Rennen zu werden, das uns bevorsteht. Ein Rennen, in. dem neben Ingebrigtsen und den Afrikanern vor allem die Briten zu beachten sein werden.“ Und dann, darüber sind sich auch andere ehemalige Medaillengewinner einig, wird es einen Spurt geben – einen Spurt, der vielleicht sogar bis zum Weltrekord reicht.
Schade nur, dass an diesem wahrscheinlich historischen Rennen kein deutscher Läufer beteiligt sein wird, weil niemand von ihnen im Endlauf steht. So wird denn der deutsche Rekord über 1500 Meter von Thomas Wessinghage, gelaufen vor 41 Jahren auf dem Koblenzer Oberwerth, noch eine ganze Zeit lang Bestand haben.
Allerdings sind Wessinghages 3:31,58 Minuten auch von ganz besonderer Qualität.
Klaus Blume
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