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13
09
2011

Racedirector Michael Brinkmann mit einigen Topathleten vor dem Start. ©Helmut Winter

10. Volksbank Münster Marathon – Schwülwarmes Spätsommerwetter störte die Leistungsbilanz eines prächtigen Marathon-Jubiläums in Münster – Helmut Winter und Werner Philipp berichten

By GRR 0

Mit einer großen Party in der Stadt und auf dem Land, vom schönen Prinzipalmarkt bis zu den Landgemeinden Gievenbeck, Nienberge und Roxel, feierten die Münsteraner die 10. Ausgabe ihres Marathons, bei dem ca. 7000 Aktive über die volle Distanz oder im Rahmen von Marathonstaffeln an den Start gingen. Eigens eingerichtete „Power Points" mit Moderatoren und Musik heizten Läufer und Zuschauer an diversen Punkten der Strecke zusätzlich an, und die Stimmung war in allen Belangen prächtig.

Konzentrieren wir uns hier auf den sportlichen Teil. Und der konnte mit den Glanzleistungen auf den Festmeilen nicht ganz mithalten, was vor allem dem schwülwarmen Spätsommerwetter geschuldet war. Nach den tollen Leitungen im letzten Jahr mit dem Streckenrekord von 2:10:25 durch Patrick Muriuki (KEN) hatte Münster den Anschluss an internationale Standards gewonnen. Eine Bestätigung oder sogar eine weitere Steigerung dieser Leistung wäre insb. für die sportliche Wahrnehmung dieser Veranstaltung in der internationalen Laufszene wichtig.

Dies wurde aber vom überaus rührigen Team unter Racedirector Michael Brinkmann vielleicht doch etwas zu halbherzig betrieben, man konzentrierte sich bei der Jubiläumsausgabe verstärkt auf das Feiern. Und diesbezüglich war die Veranstaltung am Sonntag ein grandioser Erfolg, allen, die das organisiert und realisiert haben, ein ganz großes Lob. In diesen Kriterien hat Münster die Großen der Szene fast eingeholt. Begeisterung, Einsatz, aber auch das Augenmaß bei den Helfern waren beispielhaft.

Schon vor dem Start um 9 Uhr am Hindenburgplatz deutete sich an, dass die Verbesserung der Streckenrekorde wegen der hohen Luftfeuchte und dem Leistungspotential der verpflichteten Topathleten recht schwer werden würde. Dazu frischte in der zweiten Hälfte des Laufs in den ländlichen Gemeinden der Wind beachtlich auf und hatte dabei nur bedingt kühlende Wirkung. Deshalb muss man den Topathleten das Bemühen, mit sehr guten Leistungen zum Erfolg der Jubiläumsveranstaltung beizutragen, hoch anrechnen. Bis zur Halbzeit der Läufe sahen die Rennverläufe bei Frauen und Männer auch sehr viel versprechend aus.

Unterstützt von den beiden Tempomachern Timothy Keino (PB 10 km 29:14) und Josephat Kiprono fand eine neunköpfige Gruppe schnell zu einem flotten Tempo und passierte die 5 km Marke in guten 15:30. Auf der Promenade und dem verwinkelten Kurs durch die Innenstadt wurde das Tempo sogar gesteigert, und man erreichte in 30:46 die 10 km nach sehr schnellen 15:16 für den letzten 5 km Abschnitt. Diese Temposteigerung zeigte Wirkung und die Spitzengruppe fiel auseinander. Die Spitze hatte den Verpflegungspunkt nach 14,5 km noch nicht erreicht, da waren die Pacemaker schon allein mit einem einzigen Athleten, der Ambitionen hatte, die volle Distanz zu absolvieren.

Der hatte mit „3108" zwar keine niedrige Startnummer, war also kurzfristig gemeldet worden, Elijah Kipkemoi Yator ist aber mitnichten ein Nobody aus dem schier unerschöpflichen Reservoir kenianischer Läufer, die in Europa mit Straßenläufen ihren Unterhalt verdienen. Bereits 2003 in seinem ersten Marathon lief Yator als Dritter in La Rochelle seinen Hausrekord von 2:11:34 und absolvierte seinen letzten Marathon im Mai in Düsseldorf; bei ähnlich ungünstigen Bedingungen wie in Münster lief er in 2:14:17 auf Platz 4. Diese Zeit wurde an einem Infopunkt an der Strecke in Münster als seine Bestzeit verkauft, die er am Ende sogar verbessert hätte.

In 46:03 passierte Yator mit seinen „Hasen" die 15 km, wieder hervorragende 15:17 für die letzten 5 km. Seine Verfolgergruppe umfasste noch 5 Läufer, die an dieser Stelle 20 Sekunden zurücklagen und sich sichtbar bemühten, die Lücke zu schließen. Darunter Richard Chepkwony mit der Startnummer 1, der 2009 in 2:12:02 Streckenrekord an gleicher Stelle lief, Nicholas Maiyo, der 2:10-Mann aus Äthiopien Elanso Girma, sowie vor allem der Favorit Joel Kiprop, der 2009 in Karlsruhe den Streckenrekord auf beachtliche 2:09:08 schraubte.

Für die Läufer ging es nun aus der Stadt heraus, zunächst in den Ortsteil Gievenbeck und dann über Land nach Nienberge. Yator lief die km-Abschnitte zwischen 3:04 und 3:09, erreichte in 1:01:39 die 20 km und nach 1:04:59 die Halbmarathonmarke am Ortseingang von Nienberge. Dort stiegen seine beiden Tempomacher aus, die gute Arbeit geleistet hatten, denn man lag bestens im Soll für eine Zeit um 2:10. Im letzten Jahr beim Rekord war man in 1:05:27 durchgegangen und den zweiten Part mit 1:04:58 sogar schneller gelaufen. Bis auf die äußeren Bedingungen bestanden somit beste Perspektiven auf eine gute Zeit am Ende.

Die Verfolgergruppe war mittlerweile auf vier Läufer reduziert und der Abstand bei der Halbdistanz war auf 0:43 angewachsen. Dabei war Favorit Joel Kiprop schon weit zurück und erreichte das Ziel auf dem Prinzipalmarkt nicht.

Der Führende war nun bis auf das Führungsfahrzeug mit der laufenden Uhr allein auf weiter Flur und folgte einer blauen Linie, die offenkundig unter strenger Einhaltung der Straßenverkehrsordnung aufgebracht worden war. Er konnte zunächst sein Tempo halten und passierte nach 1:17:14 die 25 km Marke (15:35). Es ging nun über asphaltierte Feldwege, wobei der kräftige Wind dazu beitrug, dass seine km-Splits zum Teil über 3:10 lagen. Nach weiteren 15:51 wurden die Matten der Zeitmessung bei 30 km in 1:33:05 überlaufen.

Seine Verfolger konnten aber vom leichten Nachlassen an der Spitze nicht profitieren und wurden selbst noch langsamer; auf 1:30 war mittlerweile der Vorsprung angestiegen. Bis zur 35 km-Marke konnte Yator an der Spitze sein aktuelles Tempo halten, 1:48:54 dort bedeuteten 15:49 für die letzten 5 km. Sein Vorsprung auf seine Verfolger war hier 1:50, aber an einen Streckenrekord war schon nicht mehr zu denken.

Insbesondere auch deshalb weil der wackere Kenianer nun zu schwächeln begann. Dies belegen sehr eindrucksvoll seine Splits auf den folgenden km: 3:13, 3:20, 3:16, 3:30, 3:24. 16:47 brauchte er von 35 nach 40 km in 2:05:41, und es war nur noch die Frage, ob noch eine Zeit unter 2:13 möglich war. Aber der „Tank" des Spitzenreiters war leer, in 2:13:10 rettete sich Yator ins Ziel und gewann den 10. Münster-Marathon. Durch sein verhaltenes Finale kamen die Verfolger etwas näher heran, Nicholas Kipsang Maiyo wurde eine Minute später in 2:14:11 Zweiter vor dem Äthiopier Elanso Girma in 2:14:17. Bester Deutscher Läufer dann auf Platz 10 Martin Butzlaff aus Magdeburg in 2:32:59, für den es löblicherweise eine Extraprämie gab. Gerade einmal 47 Athleten blieben am Ende unter der 3 Stundenmarke, für gut 3000 Starter und 2419 registrierte Finisher eine sehr bescheidene Zahl.

Dazu kommen noch 11 Frauen unter 3 Stunden, die gleichfalls mutig anliefen, später aber auch langsamer wurden, den Streckenrekord jedoch wesentlich knapper verfehlten. Mit schnellen 17:32 gingen Gladys Otero (KEN) und Zeineba Ayato (ETH) die ersten 5 km an, das war – wie sich später zeigte – für die beiden zu schnell. Sie brauchten am Ende 2:45 bzw. 2:37 bis ins Ziel. Verhaltener ging die spätere Siegerin Sviatlana Kouhan (BLR) an, die für die ersten 5 km knapp über 18 Minuten benötigte. Über 10 km in 36:23 bis zur Halbmarathonmarke lag Kouhan zwischen 30 und 40 Sekunden hinter der Spitze zurück, war aber bei der Halbdistanz mit 1:16:48 genau eine Minute schneller als die Durchgangszeit beim Streckenrekord.

Bei 30 km in 1:49:56 war der Abstand zur Spitze nur noch 10 Sekunden. Im Stadtteil Gievenbeck nach fast 35 km lief sie an die Spitze und hatte im Finale mit Abstand die größten Reserven. Sie siegte unangefochten in 2:35:36 und verpasste den Streckenrekord von 2:34:58 nur knapp. Zwei Minuten später erreichte auch die Zweitplatzierte das Ziel, Zeineba Ayato in 2:37:30 vor Faith Chemoi (KEN) in 2:42:53. Beste deutsche Läuferin war auf Platz 8 Eve Rauschenberg aus Haßloch in 2:51:28.

Beste Staffel waren die TV Mettingen Racers in 2:39:24, das liefen früher einmal engagierte Hobbyläufer allein, fünf der 1015 gestarteten Staffeln blieben unter 3 Stunden. Auch hier zeigten die äußeren Bedingungen Wirkung. Aber insgesamt erlebte der Münster-Marathon ein tolles Fest des Laufsports, auf dessen Fortsetzung am 9. September 2012 man sich schon heute freuen darf. Und wer immer noch das Klischee von den „sturen Westfalen" hegt, auch der sollte sich diesen Termin vormerken …..

Helmut Winter und Werner Philipp

 

Resultate:

Männer:

1. Elijah Kipkemoi Yator                          KEN   2:13:10
2. Nicholas Kipsang Maiyo                 KEN   2:14:11
3. Elanso Tamrat Girma                    ETH    2:14:17
4. Edward Mbundi                             KEN   2:14:44
5. Stanley Kipkirui Kipkosgei              KEN   2:17:31

Frauen:

1. Sviatlana Kouhan                          BLR    2:35:36
2. Zeineba Ayato                               ETH    2:37:30
3. Faith Jeruto Chemoi                      KEN   2:42:53

 

Splits der Spitze

5 km     15:30
10 km   30:46      (15:16)
15 km   46:03      (15:17)
20 km   1:01:39   (15:36)
 *HM     1:04:59*
25 km   1:17:14   (15:35)
30 km   1:33:05   (15:51)
35 km   1:48:54   (15:49)
40 km   2:05:41   (16:47)
*Ziel       2:13:10

author: GRR

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